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Ernst Röhm

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Ernst Röhm

Ernst Julius Röhm (* 28. November 1887 in München; † (ermordet) 1. Juli 1934 ebenda) war ein führender Nationalsozialist und langjähriger Führer der Sturmabteilung (SA).

Frühzeit

Ernst Röhm wurde 1887 als drittes Kind des bayerischen Eisenbahn-Oberinspekteurs Julius Röhm und dessen Frau Emilie (geb. Baltheiser) geboren. Er hatte einen älteren Bruder und eine jüngere Schwester. Röhm legte 1906 sein Abitur am Maximiliansgymnasium in München ab und wurde danach – seinem Jugendwunsch, Soldat zu werden, entsprechend – Fahnenjunker der bayerischen Armee. 1907 besuchte er die Offiziersschule, und 1908 wurde er Offizier. Während des Ersten Weltkriegs war er zuerst als Adjutant, dann als Kompanieführer des Bayerischen 10. Infanterieregiments an der Westfront. Er wurde dreimal verwundet und erhielt unter anderem das Eiserne Kreuz 1. Klasse. Durch seine erste Verwundung verlor er ein Stück des Nasenbeines. Nach seiner dritten Verwundung vor Verdun holte man ihn als Generalstabsoffizier in die Bayerische 12. Infanteriedivision, wo er sich besonders während des deutschen Rückzugs aus Flandern 1918 als hervorragender Organisator erwies.

1919 schloss er sich dem „Freikorps Epp“ unter Franz Ritter von Epp an. Dieses Freikorps war beteiligt an der gewaltsamen Niederschlagung der Münchner Räterepublik. Im Juli 1919 wurde das Freikorps in die Bayerische 7. Division eingegliedert. Zusammen mit anderen paramilitärischen deutschnationalen Gruppen bildete es später unter Hauptmann Mayr die „Eiserne Faust“, eine von Ernst Röhm mitbegründete Geheimorganisation. Wegen seiner Kontakte zu den verschiedenen Splittergruppen der rechtsnationalen Szene, die Röhm durch seine fortwährende Tätigkeit für die Reichswehr als Beschaffer von nach dem Vertrag von Versailles verbotenen Waffenbeständen und über seine Tätigkeit im militärischen Nachrichtendienst aufbauen konnte, war er für eine solche Funktion prädestiniert. Im Zuge der Tätigkeit für die „Eiserne Faust“ kam er auch in Kontakt mit einem damaligen V-Mann der Reichswehr, Adolf Hitler. Bald darauf trat Hitler in die Deutsche Arbeiterpartei (DAP) ein, und noch im selben Jahr wurde auch Ernst Röhm dort Mitglied. Noch während Röhm für die bayerische Regierung arbeitete, sammelte er eine große Anzahl Waffen an, was ihm den Beinamen „Maschinengewehr-König von München“ eintrug.

Röhm und die NSDAP

Ein Jahr nach dem Eintritt in die DAP wurde Ernst Röhm eines der ersten Mitglieder der NSDAP, welche unter Hitlers Führung aus der DAP hervorgegangen war. Mit Hilfe Röhms knüpfte Hitler erste Kontakte zu bayerischen Militärs und Politikern; auch konnte Röhm einige jener Personen überzeugen, der NSDAP beizutreten. Röhm spielte eine wichtige Rolle beim weiteren organisatorischen Aufbau der Partei. Am 9. November 1923 war er maßgeblich am Hitler-Putsch beteiligt, wofür er eine fünfmonatige Haftstrafe zu verbüßen hatte und aus der Reichswehr ausgeschlossen wurde. SA und NSDAP wurden in der Folge des Putschversuches verboten.

Nach der Freilassung aus der Festungshaft begann er mit dem eigentlichen Aufbau der SA zu einer Vorstufe jener paramilitärischen Kampforganisation, welche sie nach 1930 und wiederum unter seiner Anleitung endgültig werden sollte. Nachdem er mit Hitler über die Rolle der SA in der wieder neu gegründeten NSDAP in Streit geraten war, trat er 1925 von seinen Tätigkeiten zurück. Röhm konnte mit der von Hitler nach dem gescheiterten Putsch von 1923 proklamierten Legalitätstaktik, dem Arrangement innerhalb der parlamentarischen Struktur, nicht viel anfangen. Seine politische Einstellung blieb radikal antikapitalistisch und revolutionär. Für ihn gab es kein Arrangement mit für seine Begriffe korrupten Mächten wie der Großindustrie oder der Reichswehr. Die SA sollte eine autonome Macht darstellen, welche nicht der Parteipolitik untergeordnet war. Röhm stand damit teilweise offen in Gegnerschaft zur Parteiführung der NSDAP.

Sein Leben ab dem Rückzug aus der NSDAP 1925 bis zum Wendepunkt im Jahre 1928 wurde bislang nicht detailliert beschrieben. 1928 war Röhm, der sich selbst immer nur als „Soldat“ und nie als „Politiker“ sah, dann im Vorfeld des Chacokriegs von dem deutschen General Hans Kundt nach Bolivien geholt worden, um im Range eines bolivianischen Oberstleutnants als Militärinstrukteur tätig zu sein. Auch diese Periode ist kaum beschrieben. 1930 kehrte er nach Deutschland zurück und übernahm am 1. April 1931 den ihm von Hitler, der sich mittlerweile zum „Obersten SA-Führer“ gemacht hatte, angebotenen Posten als Stabschef der SA. Er baute sie zu einer breit angelegten Bewegung aus. Röhm forderte die Auflösung der Reichswehr in einer von der SA gestellten „revolutionären Volksmiliz“. Er wollte damit seine Vision einer zweiten nationalsozialistischen „Volksrevolution“ vorantreiben. Dadurch geriet er erneut mit Hitler und dessen Gefolgsleuten aus SS und Reichswehr in Streit. Zwar gibt es aus dieser Zeit schriftliche Zeugnisse über Versuche Röhms, die Notwendigkeit eines parallelen Existierens von SA und SS neben der Reichswehr zu begründen, doch dürften solche Bekenntnisse kaum seinen Überzeugungen entsprochen haben. Röhm entfernte sich immer mehr von der offiziellen Parteilinie und betrachtete die SA als „eine nationalsozialistische Kampforganisation neben der NSDAP“, die von der Partei „völlig unabhängig“ sei.

Im April 1932 wurde die SA von Reichskanzler Heinrich Brüning erneut verboten, nachdem es zu gewalttätigen Übergriffen von SA-Anhängern gekommen war. Im Juni wurde das Verbot von dessen Nachfolger Franz von Papen wieder aufgehoben. Daraufhin kam es im Vorfeld der Reichstagswahlen im Juli zu bürgerkriegsähnlichen Unruhen mit gesamt etwa 300 Toten und über 1100 Verletzten. Vor den Reichstagswahlen im März 1933 schreckte die SA auch nicht vor Folter zur Einschüchterung politischer Gegner zurück.

Die Ernennung Adolf Hitlers zum Reichskanzler im Januar 1933 feierte die inzwischen auf über 400.000 Mitglieder angewachsene SA mit großen Aufmärschen und Fackelzügen.

Röhm-Putsch

Hauptartikel: Röhm-Putsch

Nach einer Rede vor Mitgliedern der SA, in deren Verlauf der damalige Reichskanzler Hitler mit einem starken SS-Aufgebot aufmarschiert war, kam es zu einem Gespräch zwischen Hitler und Röhm. Röhm vereinbarte mit Hitler, dass er die gesamte SA für vier Wochen in den Urlaub schicken würde. Am Morgen des 29. Juni 1934 gab Röhm den Stabsbefehl heraus, schickte seine SA ab dem 1. Juli in den Urlaub und kündigte an, in Bad Wiessee eine Kur anzutreten. Am Nachmittag des selben Tages wurden Röhm, weitere führende Mitglieder der SA und sonstige Gegner Hitlers auf Befehl Hitlers und Betreiben der SS unter Heinrich Himmler, Hermann Göring und Reinhard Heydrich in das Gefängnis München-Stadelheim gebracht und dort zwischen dem 30. Juni und dem 2. Juli getötet. Von Seiten der SS waren zuvor Gerüchte über einen Putschversuch durch Röhm und seine homosexuellen Neigungen verbreitet worden. Ernst Röhm wurde am 1. Juli ohne Gerichtsverhandlung durch Angehörige des SS-Führungskorps (Theodor Eicke und Michel Lippert) in der Haft ermordet. Diese Aktionen wurden im Nachhinein durch das von Carl Schmitt initiierte „Staatsnotwehr“-Gesetz legitimiert. Der Röhm-Putsch wurde von Hitler auch zur Beseitigung politischer Gegner benutzt.

Diese Aktion ist auch als die „Nacht der langen Messer“ bezeichnet worden.

Homosexualität

Ernst Röhm wurde in der Bevölkerung vor allem wegen seiner relativ offen gelebten Homosexualität bekannt. Diese wurde von Hitler als weiteres Argument für sein Vorgehen gegen Röhm propagandistisch verwertet. Dabei betonte er, erst 1934 von der Homosexualität seines engen Vertrauten (Röhm war einer der wenigen Duzfreunde Hitlers) erfahren zu haben. Der zeitgenössische politische Witz kommentierte dies mit den Worten: Der Führer zeigte sich schockiert, als er von Röhms Homosexualität erfuhr – wie schockiert wird er erst sein, wenn er erfährt, daß Göring dick ist und Goebbels humpelt.... Nach der Ermordung Röhms nahm die bis dahin noch nicht so gezielt betriebene Verfolgung Homosexueller durch die Nazis drastisch zu. Der § 175 wurde 1935 verschärft, und es kam danach in fast allen großen Städten zur Schließung von Homosexuellentreffpunkten, zu Razzien und Bespitzelungen.

Siehe auch

Literatur

  • Kurt Gossweiler: Die Röhm-Affäre; Hintergründe – Zusammenhänge – Auswirkungen, 1983
  • Alexander Zinn: Die soziale Konstruktion des homosexuellen Nationalsozialisten, Frankfurt/Main 1997, ISBN 3631307764
  • Ernst Röhm: Die Geschichte eines Hochverräters, München, Eher, 1928
  • Ronald Smelser: Die braune Elite. Darmstadt, Wissenschaftliche Buchgesellschaft, 1989
  • Lothar Machtan: Hitlers Geheimnis. Das Doppelleben eines Diktators. Frankfurt, Fischer 2003