Präsidentschafts- und Parlamentswahl in Ecuador 2006
Die Wahlen in Ecuador 2006 fanden am 15. Oktober 2006 statt. Gewählt wurden der Präsident und Vizepräsident (direkt), die 100 Mitglieder des Nationalkongresses, die fünf Vertreter Ecuadors im Andenparlament und Mitglieder der Provinz- und Stadträte. Die Stichwahl um das Amt des Präsidenten wird am 26. November stattfinden.
Insgesamt waren 9.165.125 Ecuadorianer wahlpflichtig, davon 143.352 als im Ausland registierte. Außerhalb Ecuadors wurden erstmals Wahllokale eingerichtet, in insgesamt 36 Konsulaten in 21 Ländern. In Deutschland waren in den Konsulaten in Hamburg und in Berlin 527 Personen wahlberechtigt. Die Wahlbeteiligung am 15. Oktober 2006 betrug angesichts gesetzlicher Wahlpflicht für alle Bürgerinnen und Bürger zwischen 18 und 65 Jahren etwa 72%. Etwa 16,2% der abgegebenen Stimmzettel der Präsidentschaftswahl waren leer oder ungültig.
Die Wahlen verliefen insgesamt ruhig und ohne besondere Zwischenfälle. Ausnahmen bildete einerseits der kleine Kanton Muisne in Esmeraldas, wo Stimmzettel verbrannt wurden und Bürger gegen die Anreise Ortsfremder zu den Wahlen demonstrierten. Andererseits kam es im spanischen Murcia, wo etwa 30.000 ecuadorianische Emigranten wählten, zu Tumulten, da Wahlwillige befürchteten, angesichts langer Schlangen ihrer Wahlpflicht nicht nachkommen zu können. Hier gab es einige Verletzte.
Da am Wahlabend das Rechenzentrum der für die Auswertung der Schnellauszählung kontratierten brasilianischen Firma EVote ausfiel, waren zwei Tage nach den Wahlen lediglich 70% der Stimmen der Präsidentschaftswahl im Schnellverfahren und etwa 45% regulär ausgezählt. Ergebnisse der Parlamentswahlen und der Wahlen von Lokal- und Regionalabgeordneten wurden noch nicht bekanntgegeben. Der Wahlorganisator, das Oberste Wahlgericht Ecuadors, kündigte am 16. Oktober den Vertrag mit EVote wegen Nichterfüllung und begann selbst mit der Auszählung der Stimmen. Die Staatsanwaltschaft der Provinz Pichincha verfügte, dass die Unterlagen und der Teamleiter von EVote das Land nicht verlassen dürfen. Gegen die Mitglieder des Obersten Wahlgerichts wurden Korruptionsvorwürfe laut, da sie für den Vertragsabschluss vorgeschriebene Gutachten und Befugnisse nicht eingeholt haben sollen.
Präsidentschaftswahlen
Die folgenden 13 Kandidaten traten im ersten Wahlgang an. Nach der Auszählung von 87% der Stimmen zeichnet sich ab, dass Álvaro Noboa und Rafael Correa die Stichwahl am 26. November erreicht haben.
- Álvaro Noboa (Partido Renovador Institucional Acción Nacional)
- Rafael Correa (Alianza País/Partido Socialista – Frente Amplio)
- Gilmar Gutiérrez (Partido Sociedad Patriótica)
- León Roldós (RED/Izquierda Democrática)
- Cynthia Viteri (Partido Social Cristiano)
- Fernando Rosero (Partido Roldosista Ecuatoriano)
- Luis Macas (Pachakutik)
- Marco Proaño (Movimiento de Reivindicación Democrática)
- Luis Villacís (Movimiento Popular Democrático)
- Marcelo Larrea (Movimiento Alianza Tercera República)
- Jaime Damerval (Concentración de Fuerzas Populares)
- Carlos Sagnay (Integración Nacional Alfarista)
- Lenin Torres (Movimiento Revolucionario Participación Popular)
Wahlen zum Nationalkongress
Bei den Wahlen zum Nationalkongress sind insgesamt 100 Sitze zu vergeben. Diese sind im vorhinein auf die 22 Provinzen des Landes aufgeteilt. Jede Provinz stellt mindestens zwei Abgeordnete. Diese Zahl erhöht sich entsprechend der Einwohnerzahl. In der einwohnerreichsten Provinz Guayas werden 18 Abgeordnete gewählt.
Die registrierten Parteien und politischen Bewegungen können nach Hinterlegung ausreichender Unterstützungsunterschriften in jeder Provinz Kandidaten nominieren. Die Höchstzahl der jeweils nominierten Kandidaten entspricht der Anzahl zu wählender Abgeordneter. Am Wahltag hat jeder Wähler soviele Stimmen, wie in seiner Provinz Abgeordnete zu wählen sind. Diese können sowohl an einzelne Kandidaten verschiedener Listen als auch an eine komplette Liste vergeben werden.
Bei der Auswertung, die ebenfalls jeweils auf Provinzebene durchgeführt wird, werden zunächst die Stimmen jener Wahlzettel, deren Stimmen auf Kandidaten mehrerer Listen entfallen, in Listenstimmenäquivalente umgerechnet. Anschließend werden die Listenstimmenäquivalente zu den Listenstimmen addiert. Entsprechend der so ermittelten Gesamtstimmzahl pro Liste werden nun die Sitze auf Provinzebene auf die Listen verteilt. Hierbei kommt das Verfahren von d'Hondt zur Anwendung. Die Sitze für die einzelnen Listen werden dann an die Kandidaten mit den höchsten Stimmzahlen bzw. bei gleicher Stimmenzahl an diejenigen mit höherem Listenplatz vergeben. Die Stimmanteile auf nationaler Ebene sind für die Besetzung des Parlaments nicht von Bedeutung.
Folgende Parteien sind in mindestens elf der 22 Provinzen mit Kandidatenlisten registiert: Partido Social Cristiano (PSC), Movimiento Popular Democrático (MPD), Partido Renovador Institucional Acción Nacional (PRIAN), Partido Sociedad Patriótica (PSP), Izquierda Democrática (ID), Red Ética y Democracia (RED; meist in Bündnis mit ID), Pachakutik, Partido Roldosista Ecuatoriano (PRE), Unión Demócrata Cristiana (UDC), Partido Socialista – Frente Amplio (PS-FA), Movimiento de Reinvindicación Demócrata (MRD) und Concentración de Fuerzas Populares (CFP).
Weblinks
- http://www.tse.gov.ec - Offizielle Homepage des Obersten Wahlgerichts (spanisch)
- http://www.ciudadaniainformada.com - Wahlportal der Organisation Participación Ciudadana (spanisch)
- http://www.votebien.ec - Wahlportal der Tageszeitung "Diario HOY" (spanisch)
- http://www.mivotointeligente.com - Übersicht über alle Kandidaten und Stimmzettel (spanisch)
- Michael Langer, Ecuador im Wahljahr 2006: viele Kandidaten – wenig Programm, Kurzberichte aus der internationalen Entwicklungszusammenarbeit der Friedrich-Ebert-Stiftung, 8. Mai 2006 (PDF-Datei).