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Vergaser

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Der Vergaser ist ein Maschinenbauteil zum Vermischen von Kraftstoff und Luft, um ein brennbares Gemisch zum Betrieb von Otto-Verbrennungsmotoren zu erzeugen und um die dem Zylinder zugeführte Gemischmenge zu steuern. Streng genommen ist der Vergaser ein Zerstäuber, denn der Kraftstoff erfährt keine Zustandsänderung (Vergasung), sondern wird feinstmöglich zerstäubt.

Das stöchiometrische Luft-Kraftstoff-Mischungsverhältnis liegt für die heute üblichen Otto- und Dieselkraftstoffe bei ca. 14,7 kg Luft auf 1,0 kg Kraftstoff. Dieses Verhältnis stellt den Lambda-Wert 1 dar. Das Luftverhältnis errechnet sich aus der Luftmasse im Zylinder und der stöchiometrischen Luftmasse. Bei einer niedrigen Verhältniszahl (weniger Luft als beim stöchiometrischen Luft-Kraftstoff-Verhältnis im Zylinder) spricht man von "fettem" Gemisch, bei einer höheren Verhältniszahl von "magerem" Gemisch. Um genau dieses Mischungsverhältnis zu erreichen, insbesondere hinsichtlich eines möglichst geringen Schadstoffausstoßes sowie bei möglichst niedrigem Verbrauch, ist der Vergaser zumindest im PKW-Bereich inzwischen praktisch komplett von Einspritzanlagen verdrängt worden. Der Vergaser spielt trotz allem noch eine Rolle im Zweitaktmotorenbau, insbesondere bei leichten Motoren für Roller, Kleingeräte und Kettensägen, bei Oldtimern, und nach wie vor bei vielen Motorrädern, die noch ohne Katalysator betrieben werden.

Einfacher Vergaser aus den 1930er Jahren mit Choke-Einrichtung

Erste Vergaser

Die Ungarn Donát Bánki und János Csonka entwickelten und patentierten 1893 zunächst den sog. Bánki-Csonka Motor und als dessen Bestandteil den Vergaser. Die ersten Vergaser waren der Oberflächenvergaser und der Bürstenvergaser. Während beim Oberflächenvergaser einfach nur die Flüchtigkeit des Kraftstoffes ausgenutzt wurde - Schlaglöcher waren für die Gemischbildung hilfreich - war der Bürstenvergaser, der auf den deutsch - österreichischen Techniker Siegfried Marcus zurückgeht und bei dem eine Bürste rotierend über einer offenen Wanne den Treibstoff zerstäubte, technisch aufwendiger. Diese Vergasertypen wurden, auch aufgrund ihrer Unzuverlässigkeit und Gefährlichkeit (Vergaserbrand), nur relativ kurze Zeit bei den ersten Verbrennungsmotoren verwendet.

Sie wurden durch Vergaser mit Schwimmerkammer (Spritzdüsenvergaser) ersetzt. Diese Erfindung ist Wilhelm Maybach zugeschrieben. Die ersten Schwimmervergaser waren oftmals Steigstromvergaser. Aufgrund der schlechten Qualität der Vergaser kam es öfter zu Überfettungen; der Motor blieb stehen, da seine Gemischbildung außerhalb eines zündfähigen Gemisches erfolgte. Beim Steigstromvergaser kann der Kraftstoff hierbei aus dem Vergaser ins Freie auslaufen statt in den Motor.

Verschiedene Vergasertypen

Schieber-Vergaser an einer BMW R 60/6
Gleichdruck-Vergaser an einer BMW R 100 RS

Bei der Kategorisierung von Vergasern unterscheidet man heute nach mehreren Merkmalen:

1. Richtung des Ansaugluftstromes (Durchströmungsrichtung)

  • Fallstromvergaser
  • Schrägstromvergaser
  • Flach- oder Gleichstromvergaser
  • Steigstromvergaser

2. Nach Anzahl und Funktion der Mischkammern (Bauform)

  • Einfachvergaser
  • Doppelvergaser
  • Dreifach- bzw. Vierfachvergaser; diese Vergaserbauarten bedienen sich einer meist mittig angebrachten Schwimmerkammer zur Versorgung mehrerer Ansaugrohre.
  • Register- oder Stufenvergaser, siehe Registervergaser.
  • Doppelregistervergaser. Beispiele: Mercedes 250 (/8, W123), 250 S, 280 S (W108), BMW 2500, 525, 528 (erste 5er Serie ohne "i"): vier Mischrohre; zwei kleine für den Leerlauf von je drei Zylindern, und zwei große für den Lastbetrieb von jeweils drei Zylindern

3. Art des Drosselorganes (Funktionsprinzip)

  • Kolbenschiebervergaser, siehe Bild des Bing-Vergasers an der BMW R 60/6. Der Kolben wird mittels Gasgriff und Bowdenzug direkt hochgezogen.
  • Flachschiebervergaser (Beispiel: BMW R 90 S mit Dellorto-Vergasern)
  • Drosselklappenvergaser

4. Vorherrschender Druck / Steuerdruck

  • Gleichdruckvergaser - Hinter der Drosselklappe sitzt ein Kolben, der den Luftweg weitgehend versperrt. Dieser Kolben wird über eine Membrane bewegt und gibt so je nach Druckverhältnissen den gesamten Querschnitt frei. Der Kolben wird damit indirekt, infolge Druckdifferenzen, passend angehoben. Damit wird verhindert, dass das Gemisch bei Vollgas und niedrigen Drehzahlen zu sehr abmagert. Die mechanische Rückkopplung im Gleichdruckvergaser sorgt für eine bessere Gemischbildung verglichen mit anderen Vergasertypen und geringeren Verbrauch. Der Gleichdruckvergaser wird besonders häufig bei Motorrädern eingesetzt, jedoch sind auch ältere Mercedes-Vierzylinder (200, 220, 230 Bj. 1965 bis 1980) und viele englische Automobile (SU-Vergaser) mit Gleichdruckvergasern ausgerüstet worden.

Zusatzeinrichtungen

Tupfer (Kaltstarthilfe)

An einfachen Vergasern für Zweitakt-Motoren findet man oft einen sogenannten "Tupfer". Durch Drücken eines Stiftes am Schwimmerkammerdeckel wird der Schwimmer nach unten gedrückt. Hierdurch wird die Schwimmerkammer mit Benzin überflutet und das erste Gemisch zum Start angefettet, damit es besser zündet. Ein Tupfer darf in aller Regel nur kurz, für zwei oder vier Sekunden, betätigt werden; zu langes "Tupfen" flutet den Ansaugtrakt mit Sprit und verhindert dann evtl. einen Start, weil die Zündkerze genässt werden kann.

Vorwärmung

Um zu verhindern, dass die Düsen bei kühler Witterung vereisen, wurde vor allem bei PKW-Vergasern die angesaugte Luft mit einem Wärmetauscher vom Auspuff ausgenutzt, um das Vergasergehäuse aufzuwärmen, oder aber die Ansaugluft im Winterbetrieb von heißen Auspuffkrümmer-Flächen abgesaugt (z.B. VW Käfer und Mercedes-Benz). Dies kann auch mit Hilfe der Kühlflüssigkeit oder einer elektrischen Heizung erreicht werden (Teillastkanal-Beheizung).

Beschleunigungspumpe

Manche Vergaser besitzen eine Beschleunigungspumpe. Diese spritzt beim Öffnen der Drosselklappe zusätzlich Kraftstoff ein. Dadurch wird das Abmagern des Gemisches ausgeglichen, das durch das Absinken des Unterdruckes (resp. infolge der fallenden Gasgeschwindigkeit) während der Bewegung der Drosselklappe auftritt. Oftmals ist diese Anreicherung eine kleine Kolbenpumpe, die bei Öffnen des Gasweges zusätzlich einen Spritzer Kraftstoff spendet, um ein unerwünschtes "Beschleunigungsloch" zu vermeiden. Stetes Verändern der Gaspedalstellung hat auch stets einen kleinen "Spritzer" zur Folge.

Choke

Der Choke ist eine (oft per Bowdenzug) handgesteuerte Einrichtung, mit der das Gemisch während der Start- und Warmlaufphase des Motors mit Benzin angereichert, also "fetter" gemacht wird. Dieses geschieht, indem im Luftstrom vor dem Schieber oder der Drosselklappe ein weiterer Schieber eine Verengung des Luftquerschnitts erzielt, was eine Anreicherung der durchströmenden Luft mit mehr Kraftstoff bewirkt. Fahrzeuge mit Choke sind allerdings im Betrieb störanfällig, weil oftmals vergessen wird, den Choke nach kurzer Warmlaufphase wieder zu öffnen, was zu schlechtem Motorlauf und extremem Mehrverbauch führt. Um dieses Problem zu beheben, werden in einigen Vergasern die Choke-Klappen mit den Schiebern mit angehoben, sodass der Choke-Schieber immer mindestens so hoch hängt wie der gasbetätigte Schieber (Bing-Vergaser für BMW) oder man automatisiert den Choke über eine Temperatur-Steuerung per Startautomatik.

Startautomatik (z.B. VW-Modelle)

Um sie in Gang zu setzen, muss man das Gaspedal in der Regel einmal ganz durchtreten. (Es gibt auch vollautomatische Startautomatiken (Pierburg 2E2), die sich automatisch bei kaltem Motor einschalten). Dabei wird die Drosselklappe geöffnet und zugleich von einer temperaturbeeinflussten Bimetallfeder die Startklappe (Lufklappe) zunächst bis auf einen kleinen Spalt geschlossen. Ist der Motor in Betrieb, bewirkt eine Pulldown-Einrichtung (sie arbeitet mit Unterdruck), dass beim Gasgeben die Starterklappe mit geöffnet wird. Die Bimetallfeder wird (anfangs nur mit Strom, bei Vergasern ab Bj. ca. 1970 auch mit Kühlwasserumlauf) beheizt, damit die Startklappe sich öffnet. Das dauert solange, bis der Motor betriebswarm ist (Vergaser- oder Wassertemperatur 60 Grad C).

Volllastanreicherung

Zum Erreichen der Maximalleistung muss das Gemisch über das üblicherweise angestrebte stöchiometrische Verhältnis zwischen Kraftstoff und Luft (Lambda=1) hinaus angefettet werden. Dazu dient ein zusätzlicher Kraftstoffkanal, der bei entsprechender Gasgeschwindigkeit im Vergaser zusätzlichen Kraftstoff in den Gasstrom einleitet.

Höhenkorrektur

Die Luft in größeren Höhen enthält, entsprechend dem niedrigeren Luftdruck und damit abnehmender Dichte, weniger Sauerstoff. Da Vergaser nur "mengenmäßig" eingestellt werden und nicht wie viele Einspritzanlagen die angesaugte Luftmasse erfassen, sinkt die Motorleistung in größerer Höhe. Das ist schon bei Betrieb auf hohen Bergen (z.B. bei Passfahrt mit Kfz) zu spüren. Teilweise (selten) haben Vergaser deshalb eine automatische Einrichtung, um den sinkenden Sauerstoffgehalt der Luft in größeren Höhen auszugleichen. Eine barometrische Dose verändert dazu die Gemischbildung. Bei älteren Fahrzeugen vor Baujahr 1970 ist diese Einrichtung oftmals Option. Sie sollte, wenn vorhanden, für eine geplante Gebirgsfahrt aufs Vorhandensein und auf Funktion überprüft werden.


Teillastanreicherung

Um einen verhältnismäßig niedrigen Verbrauch zu erzielen und trotzdem bei Last genügend Kraft zu haben, gibt es die unterdruckgesteuerte Teillastanreicherung. Sie wird auch dazu benutzt, dass beim Öffnen der Drosselklappe kein "Loch" entsteht. Damit wird auch der Übergang von Leerlauf zum Gasgeben gesteuert.