Radar

Radar ist ein Akronym von Radio Detection and Ranging (deutsch: Entdeckung und Entfernungsmessung mittels Funkwellen) ist die Bezeichnung für ein Entdeckungs- oder Ortungsverfahren sowie für ein dafür verwendetes Gerät.
Ein Radargerät ist ein Gerät das elektromagnetische Wellen (üblicherweise Mikrowellen im MHz- und GHz-Bereich) gebündelt als Primärsignal aussendet, danach die von Objekten reflektierten "Echos" als Sekundärsignal empfängt und nach verschiedenen Kriterien auswertet, meist um eine Ortung zu ermöglichen. So können Informationen über weit entfernte Objekte gewonnen werden. Es gibt unterschiedliche Radarprinzipien, siehe auch Harmonisches Radar und Überhorizontradar.
Verschiedene Informationen können aus den empfangenen Wellen herausgelesen werden:
- aus dem Winkel gegenüber Norden ergibt sich die relative Richtung des angepeilten Objektes
- aus der Zeit zwischen Absenden und Empfangen kann die Entfernung berechnet werden (siehe Lichtgeschwindigkeit)
- aus der reflektierten Frequenz kann berechnet werden, ob und wie sich das Objekt relativ zum Beobachter nähert oder entfernt (siehe Doppler-Effekt)
- aus dem Verfolgen der einzelnen Messvorgänge ergibt sich die bereits zurückgelegte Bahn bzw. Strecke des Objektes
- bei guter Auflösung des Radars können sogar Bilder des Objekts erzeugt werden.
Die aus dem Deutschen kommende ursprüngliche Bezeichnung Funkmeßtechnik wurde nach dem Zweiten Weltkrieg in der Bundesrepublik Deutschland durch den Begriff Radar ersetzt. In der DDR wurde in der Fachsprache weiterhin von Funkmeßtechnik gesprochen.

Geschichte

Heinrich Hertz stellte 1886 beim experimentellen Nachweis von elektromagnetischen Wellen fest, dass Radiowellen von metallischen Gegenständen reflektiert werden.
Elf Jahre später wiederholte der Inder Jagadish Chandra Bose die Hertzschen Versuche in Kalkutta, diesmal jedoch mit einer kürzeren Wellenlänge als Hertz. Auf der Basis dieser Versuche entwickelte Bose unter anderem den Wellenleiter.
Die ersten Versuche der Ortung mittels Radiowellen führte 1904 der deutsche Hochfrequenztechniker Christian Hülsmeyer durch. Sein Telemobiloskop konnte die Laufzeit von Wellen, die von einem Schiff zurückgeworfen wurden, messen und wurde am 30. April 1904 zum Patent angemeldet.
Der Titel der Patentschrift Nr. 165546 lautete:
- „Verfahren, um entfernte metallische Gegenstände mittels elektrischer Wellen einem Beobachter zu melden.
Vorliegende Erfindung hat eine Vorrichtung zum Gegenstand, durch welche die Annäherung beziehungsweise Bewegung entfernter metallischer Gegenstände (Schiffe, Züge oder dergleichen) mittels elektrischer Wellen einem Beobachter durch hör- oder sichtbare Signale gemeldet wird [...]“
Der 23-jährige Christian Hülsmeyer wollte eigentlich Lehrer werden. Bei Experimenten im Physiksaal des Bremer Lehrerseminars kam er auf eine - für die Entwicklung der Radartechnik - bahnbrechende Idee.
Beim Experimentieren mit den Hertz'schen Spiegelversuchen stellte Hülsmeyer fest, dass von einem Sender ausgesandte und von Metallflächen zurückgeworfene elektrische Wellen zur Ermittlung entfernter metallischer Objekte verwendet werden können - sein besonderes Interesse galt Schiffen.
Wahrscheinlich unbeeinflusst von Hülsmeyers Patent wurden 1911 in den USA die Grundprinzipien des Radars vom Science Fiction-Autor und Erfinder Hugo Gernsback in seinem Science Fiction Roman Ralph 124C 41+ skizziert. Der Roman basiert in seiner ursprünglichen Fassung auf einer Folgeserie, welche in der Technikzeitschrift Modern Electrics zwischen April 1911 und März 1912 herausgegeben wurde.
Die Suche nach neuen physikalischen Prinzipien zur Lösung des Problems der Erkennung und Standortbestimmung von Luft- und Seezielen führte Mitte der 1930er Jahre in mehreren Ländern nahezu gleichzeitig zur Entwicklung der Radartechnik (Funkmesstechnik, radiolokacia).
Geschichte der Radarentwicklung in Deutschland
Der Durchbruch zur breiten Anwendung kam für die Radartechnik erst im Zweiten Weltkrieg. Dr. Rudolf Kühnhold, der wissenschaftliche Direktor der Nachrichten-Versuchsabteilung der deutschen Marine, trieb die Entwicklung entscheidend voran. 1934 gelangen Dr. Rudolf Kühnhold im Kieler Hafen die ersten Versuche mit einem von ihm entwickelten Apparat, dem sogenannten Dezimeter-Telegraphie-Gerät bzw. DeTe-Gerät. Bei seinen Versuchen konnte er nicht nur wie geplant Schiffe, sondern auch über den Hafen fliegende Flugzeuge orten.
Noch war die Entfernung, in der das Radar arbeitete, für die militärische Nutzung nicht geeignet, doch in den folgenden Monaten ging die Entwicklung schnell voran. Bereits im Oktober gelangen Entfernungsmessungen über rund 40 Kilometer.
Im Zweiten Weltkrieg erlangte die Radartechnik in der Seekriegs-, vor allem aber auch in der Luftkriegsführung große Bedeutung und wurde meist in Verbindung mit Flakstellungen eingesetzt. Der erste militärisch erfolgreiche radargeleitete Abfangeinsatz der Geschichte erfolgte am 18. Dezember 1939, als britische Bomber zum Angriff auf deutsche Kriegsschiffe in der Deutschen Bucht anflogen. Die nach der Ortung der Bomber aufsteigenden Abfangjäger fügten den Bombern schwere Verluste zu.
Ein Hersteller von Radargeräten war die GEMA (Gesellschaft für elektroakustische und mechanische Apparate mbH) mit Sitz in Berlin. Die GEMA hatte auch eine Zweigstelle in Wahlstatt/Schlesien (bei Liegnitz). Die GEMA verlagerte zum Ende des Krieges ihre Produktion nach Ostholstein und dort nach Pelzerhaken und Lensahn. Bis zum Kriegsende blieb weiter der Auftrag Funkmeßgeräte zu produzieren und zu reparieren. In Pelzerhaken wurden die Gebäude der Nachrichtenmittelversuchsanstalt bzw. des Nachrichtenmittelversuchskommandos genutzt. In Lensahn bezog man die Reichsgetreidehalle und die ehem. Rübenschnitzelfabrik. In Pelzerhaken hatte schon vorher ab 1934 die GEMA die Entwicklung ihrer Funkmeßgeräte betrieben. Hans Karl Freiherr von Willisen und Paul Günther Erbslöh entwickelten und erprobten hier Freya, Mammut, Wassermann und auch Seetakt und Seeartgerät. Mit dem Kriegsende wurde die GEMA als Rüstungsbetrieb aufgelöst. Der Secret Service leitete die Demontage und den Abtransport als Reparationsleistung.
Geschichte der Radarentwicklung in England

Während sich die Radarentwicklung in Deutschland am Anfang mit dem Erkennen von Schiffszielen beschäftigte, war in England die Erkennung von Flugzeugen der Ausgangspunkt der Entwicklung.
Bereits in der Ionosphären-Forschung hatte man Funkimpulse verwendet und aus der Laufzeit bis zum Eintreffen des reflektierten Signals die Höhe der Ionosphäre bestimmt. Diese Methode wurde nun für die Funkortung weiterentwickelt. Der Leiter der Radioversuchsstation in Slough Robert Watson-Watt und sein Mitarbeiter der Physiker Arnold Wilkins legten am 12. Februar 1935 ihren Bericht Erkennen und Orten von Flugzeugen durch Funk vor, in dem sie bereits alle wesentlichen Grundzüge des Radars beschrieben.
Bereits am 26. Februar 1935 wurde der erste Feldversuch durchgeführt. Der BBC-Sender in Daventry sendete ein Signal mit 49 m Wellenlänge. Dies war auf die Flügelspannweite üblicher Bomber-Flugzeuge abgestimmt, die bei ungefähr der Hälfte dieser Länge lagen und somit Halbwellendipole darstellten. Hiervon wurden gute Reflektionseigenschaften erwartet. Eine mobile Empfangsstation, ausgerüstet mit einem für damalige Zeit sehr modernen Kathodenstrahl-Oszilloskop, befand sich in ca. 1 Meile Entfernung. Das über diesem Gebiet fliegende Testflugzeug erzeugte tatsächlich durch die an seinem Rumpf reflektierten Funkwellen einen zusätzlichen Leuchtpunkt auf dem Schirm des Oszilloskops. Das Flugzeug konnte bereits bei diesem ersten Test bis zu einer Entfernung von 13 km verfolgt werden.
Nach diesen erfolgreichen Testergebnissen wurde die englische Radarentwicklung mit hohem Aufwand begonnen. Bereits im Januar 1936 waren für alle Aspekte der Radarortung (Entfernung, Höhenwinkel und Ortungsrichtung) Lösungen gefunden worden. Sogar das Prinzip eines Zielfolgeradars konnte am 20. Juni 1939 Winston Churchill praktisch demonstriert werden.
Im Jahre 1937 begann man, an der Ostküste der britischen Insel ein Kette von 20 Küsten-Radar-Stellungen, die sogenannte Chain Home zu installieren. Sie arbeitete bei 10 bis 13,5 m Wellenlänge (22-30 MHz), sendete 25 Pulse pro Sekunde mit 200 kW Leistung und hatte eine Reichweite von 200 km. Ab Karfreitag 1939 war diese Radarkette im 24-Stunden Dauerbetrieb.
Den Deutschen blieb die Installation der hohen Masten natürlich nicht verborgen. Anfang Mai und im August 1939 unternahmen sie deshalb zwei elektronische Aufklärungsflüge mit dem Luftschiff LZ 130 Graf Zeppelin II über dem Ärmelkanal, um den Stand der englischen Radartechnik zu erkunden. Sie haben jedoch keine Radarsignale gefunden. Dies lag daran, dass die deutsche Radarentwicklung im Bereich von 1,5 bis 0,5 m Wellenlänge stattfand, die Radarstationen an der englischen Kanalküste, die seit Karfreitag 1939 im Einsatz waren, den für die deutschen Ingenieure völlig abwegigen Bereich von 10 m Wellenlänge benutzten.
Chain Home hatte zwar ein hohe Reichweite, konnte aber keine Tiefflieger entdecken. Deshalb wurde zusätzlich Chain Home Low, eine Tiefflug-Radarkette mit 80 km Reichweite bei 1,5 m Wellenlänge (200 MHz) installiert.
Die Radarkette erwies sich als wichtiger Vorteil in der Luftschlacht um England, da die Angriffe rechtzeitig erkannt und die Verteidigung besser koordiniert werden konnte.
Es wurden alsbald auch Radargeräte für den Einsatz in Flugzeugen entwickelt. Nachdem die ersten Geräte aufgrund ihrer Wellenlänge von minimal 50 cm nur mäßig brauchbar waren, gelang zwei britischen Forschern am 21. Februar 1940 der Aufbau des ersten Laborgerätes eines Magnetrons zur Erzeugung von 10 cm Wellen. Hieraus wurde das H2S-Gerät entwickelt, ein Bordradar für Flugzeuge, mit dem die Konturen der Landschaft wie auf einer Karte dargestellt wurden. Der erstmalige Einsatz erfolgte am 30. Januar - 31. Januar 1943 bei einem Bombenangriff auf Hamburg.
Es gab ein einfaches Mittel, um die Nutzung von Radar zu stören. Beide Seiten, Deutschland und England, hatten dieses Mittel unabhängig voneinander entdeckt und hielten diese Entdeckung dann streng geheim, um damit nicht der Gegenseite die Methode zu verraten, wie wiederum das eigene Radar gestört werden könnte. Es handelte sich hierbei um Stanniolstreifen (Düppel (Radartäuschung) genannt), die auf die halbe Wellenlänge der verwendeten Radargeräte zugeschnitten und von Flugzeugen in großer Menge abgeworfen wurden. Es waren dann die Engländer, die diese Methode dann noch bei der Operation Gomorrha, dem Bombenangriff auf Hamburg am 24. Juli 1943, einsetzten. Es wurden 92 Mio Streifen, das entspricht 40 Tonnen, abgeworfen. Die Entwicklung eines geeigneten Gegenmittels hatte auf deutscher Seite dann Erfolg. Das Würzlaus-Gerät konnte die Geschwindigkeit des Radarziels anhand des Dopplereffekts bestimmen. Langsam fliegende oder stillstehende Objekte, wie die Stanniolstreifen, wurden dann einfach ausgeblendet.
Geschichte der Radarentwicklung in der Sowjetunion
Die Tatsache einer eigenständigen Entwicklung in der Sowjetunion wird von westlichen Quellen kaum erwähnt, dabei zeichnet sich diese durch eine Reihe interessanter Lösungen aus. Die sowjetische Radarentwicklung erfolgte unter den Bedingungen der internationalen Isolierung der UdSSR und später der Evakuierung von Konstruktions- und Produktionskapazitäten nach Osten.
Die Wiege der sowjetischen Funkmesstechnik (radiolokacia) stand in Leningrad/Petersburg, wo Popow 1895 die ersten Radiosignale übertragen hatte. In den 1920er Jahren erbrachten russische und ukrainische Wissenschaftler theoretische Vorleistungen bezüglich der Anwendung der Rückstrahlortung mittels elektromagnetischer Wellen. Bontsch-Brujewitsch, Arenberg und Wwedenski untersuchten das Reflexionsverhalten elektromagnetischer Wellen. Durch Mandelstam und Papaleksi erfolgten phasometrische Entfernungsmessungen zur Bestimmung der Höhe der Ionosphäre mit elektromagnetischen Impulsen. Für die Femsehtechnik wurden Generator- und Modulatorröhren entwickelt, die auch für die neue Technik Anwendung finden konnten. In Charkow fanden Versuche statt, die später zur Anwendung des Magnetronverfahrens zur Erzeugung von Höchstfrequenzwellen führten.
Die Idee der Anwendung von Funkwellen zur Entdeckung und Standortbestirnmung von Flugkörpern entstand gleichzeitig in zwei Verwaltungen des Volkskommissariats für Verteidigung - in der Militärtechnischen Verwaltung 1930 im Plan für ein Aufklärungsmittel der Flakartillerie und in der Verwaltung Luftverteidigung 1932/33 zur Verbesserung der Luftraumaufklärung. Ende 1933 wurden auf Initiative des Militäringenieurs M.M.Lobanow im Zentralen Radiolaboratorium Untersuchungen zur Rückstrahlortung mit Dezimeterwellen begonnen. Unter Leitung von J.K.Korowin wurde erstmals ein Flugzeug mit einer Versuchsanordnung geortet, die aus einem 60-cm-Dauerstrichsender, einem Superregenerativ-Empfänger und 2 Parabolantennen für Senden und Empfang bestand. Im Januar 1934 fand unter Leitung des Akadermiemitglieds A.F.Joffe eine Beratung namhafter Spezialisten statt, die die Ideen des Ingenieurs P.K.Ostschepkow für ein System der Luftraumaufklärung mittels elektromagnetischer Wellen unterstützte. In der “Zeitschrift der Luftverteidigung”, Heft 2/1934, veröffentlichte Ostschepkow seine Gedanken über ein Aufklärungssystem der Luftverteidigung, die Vorteile der Irnpulsmethode für die Ortung von Luftzielen und die Idee einer Rundblickstation, die gleichzeitig Entfernung und Seitenwinkel eines Flugkörpers bestimmt.
• RUS-1, der elektromagnetische “Vorhang” Noch 1934 begannen umfangreiche Arbeiten zur Realisierung der Funkortung unter Nutzung der Dauerstrichstrahlung. Im August 1934 wurde die Versuchsanordnung “Rapid” erprobt, die aus einem 200-W-Sender auf der Wellenlänge 4,7 m und zwei im Abstand von 50 bzw. 70 km Entfernung aufgebauten Empfangsanlagen bestand. Der Durchflug eines Flugzeuges in 5200 m Höhe konnte anhand der Schwebungen, die durch Interferenz von direkter und reflektierter Welle gebildet wurden, zuverlässig registriert werden. Daraus entstand später das System “Rewen”, welches 1939 als RUS-1 (radioulowitel samoljotow) in die Ausrüstung der Roten Armee übernommen wurde. Zu Kriegsbeginn 1941 waren in der Luftverteidigung Moskaus und Leningrads 41 Gerätesätze RUS-1 zur Bildung eines elektromagnetischen “Vorhangs” eingesetzt.
• Impulsfunkmeßstation RUS-2 Anfang 1935 begannen im Physikalisch-Technischen Institut der Akademie der Wissenschaften unter Leitung von J.B.Kobsarew Arbeiten, die zur Konstruktion der ersten sowjetischen Impulsfunkmeßstation führten. Noch im selben Jahr wurde der Beweis erbracht, dass man mit einem Impulsgerät auf der Wellenlänge von 4 m eine Ortungsentfernung von 100 km erreichen kann. Es folgten erfolgreiche Versuche mit Uda-Yagi-Antennen und die Entwicklung spezieller Impulssenderöhren (IG-7, IG-8). Bis 1939 entstand so die mobile Impulsfunkmeßstation “Redoute”, die nach erfolgreicher Truppenerprobung im Juli 1940 als RUS-2 in die Ausrüstung übernommen wurde. In ihrer ursprünglichen Variante bestand die RUS-2 aus einer drehbaren Kabine mit dem 50-kW-Sender und der Sendeantenne auf einem Kraftfahrzeug ZIS-6, einer Kabine mit Empfangsantenne, Empfangsapparatur und einer Elektronenstrahlröhre als Sichtgerät auf einem Kraftfahrzeug GAZ-3A sowie einem Stromversorgungsgerät auf der Pritsche eines weiteren GAZ-3A. Die für Senden und Empfang gleichartigen Antennen, die synchron bewegt wurden, bestanden aus einem aktiven Strahler, einem Reflektor und fünf Direktoren für die Wellenlänge von 4 m. Mit der Realisierung des Sendens und Empfangens mit nur einer Antenne mittels eines Antennenumschalters konnte die gesamte Apparatur auf einem Fahrzeug untergebracht und die Drehung auf die Antenne beschränkt werden. Bis Kriegsbeginn 1941 wurden 15 Geräte der Einantennenvariante ausgeliefert.
Die RUS-2 ermöglichte die Entdeckung von Luftzielen in großer Entfernung und in allen damals geflogenen Höhen und die Bestimmung ihrer Entfernung und ihres Azimuts, der ungefähren Geschwindigkeit und des Bestandes von Flugzeuggruppen (auf der Grundlage der Interferenzen) sowie die Darstellung der Luftlage im Radius bis 100 km. Sie spielte eine große Rolle bei der Luftverteidigung Moskaus und Leningrads. Im Jahre 1943 erfolgte der Einbau eines Freund/Feind-Kennungsgerätes und eines Höhenmeß-Zusatzes auf der Grundlage der Goniometermethode. 1940-1945 wurden 607 RUS-2 in verschiedenen Varianten ausgeliefert, darunter auch eine Einantennen-Variante in Transportkisten RUS-2s („Pegmatit“). Die Impulsfunkmeßstation RUS-2 war Ausgangspunkt der Entwicklung mehrerer Generationen von mobilen und stationären Meterwellen-Funkmessgeräten in der Sowjetunion (P-3, P-10, P-12, P-18, P-14, Oborona-14, Njebo).
· Dezimeterwellenradar für die Flak Die erste sowjetische Dezimeterwellenanlage entstand ab 1935 unter Leitung von B.K.Schembel im Zentralen Radiolaboratorium. Zwei 2-m-Spiegel, je einer für Senden und Empfangen auf Wellenlängen von 21 bis 29 cm, waren nebeneinander auf einer Plattform angeordnet. Bei einer ausgestrahlten Leistung von 8 bis 15 W und einer Empfängerempfindlichkeit von 100 µV wurde ein Flugzeug in 8 km Entfernung entdeckt. Bei Erprobungen auf der Krim konnte die Reflexion von 100 km entfernten Bergen beobachtet und zur Entfernungsmessung erstmals die Frequenzmodulation angewendet werden.
Im Jahr 1937 führte man zur genaueren Bestimmung der Winkelkoordinaten das Verfahren der signalgleichen Zone mittels rotierendem Dipol ein. In den folgenden Jahren wurde an der Schaffung eines Richtgeräts für die Flak in Leningrad und Charkow gearbeitet. Dabei entstand eine ganze Serie verschiedener Magnetrons für den Dezimeter- und Zentimeterwellenbereich. 1940 erfand Degtarjow das Reflexklystron.
Die Konstruktion eines Funkmesskomplexes für die Flak wurde praktisch 1940 abschlossen. Der Komplex bestand aus einem Dauerstrichgerät für die Bestimmung der Winkelkoordinaten auf der Wellenlänge 15 cm mit 20 W Leistung und einem Impulsgerät zur Entfernungsmessung auf der Wellenlänge 80 cm mit 15 kW Impulsleistung. Wegen der Evakuierung des Betriebes im Herbst 1941 kam es allerdings nicht zur Aufnahme der Serienproduktion; einige Versuchsgeräte setzte man in der Luftverteidigung Moskaus und Leningrads ein.
Flugzeugradar
Arbeiten zur Schaffung eines Radars für Jagdflugzeuge begannen 1940. Im Versuchsgerät „Gneis-1“ wurde im Sender ein Klystron mit der Wellenlänge 15-16 cm verwendet, das aber infolge der Kriegseinwirkungen nicht mehr hergestellt werden konnte. Deshalb wurde unter Leitung von W.W.Tichomirow das Funkmessgerät „Gneis-2“ zum Einsatz in zweimotorigen Flugzeugen Pe-2 mit einem Röhrensender der Wellenlänge 1,5 m und einer Auffassungsentfernung von 4 km entwickelt. Die ersten Versuchsmuster bestanden ihre Bewährungsprobe im Dezember 1942 bei Stalingrad. Die Aufnahme in die Bewaffnung erfolgte 1943.
Einsatzgebiete




Radargeräte wurden für verschiedene Verwendungszwecke entwickelt:
- Frühwarnstationen, die vor anfliegenden Flugzeugen warnen, wie das Freya-Radar, entweder ein festes oder ein mobiles (Fahrzeuggestütztes) Radar
- Radargeräte zur Zielverfolgung, als "Schüsseln"; siehe Würzburg-Riese
- Bomber bekamen Bordradar, um auch bei Nacht am Boden Einzelheiten erkennen zu können
- Nachtjäger bekamen Radar, um bei Nacht gegnerische Flugzeuge angreifen zu können
- Schiffsradar, um feindliche Schiffe und Flugzeuge zu entdecken oder um Kollisionen zu vermeiden.
- Wetterradar, Erkennung und Ortung von Schlechtwetterfronten
- Radargeräte zur Messung der Geschwindigkeit im Straßenverkehr mit Geräten u. a. der Fa. Multanova und Traffipax.
- Kfz-Technik. Seit 1998 (ADC in der Daimler S-Klasse)und 2000 (Bosch im 7-er BMW) sind für Fahrzeuge der gehobenen Mittelklasse und der Oberklasse radarbasierte Abstandshalter ACC (Adaptive Cruise Control)erhältlich. Allerdings ist die Marktdurchdringung noch relativ dünn (ca. 30.000 Systeme pro Jahr weltweit ab 2003). Der Generationenwechsel in Richtung kostengünstiger Systeme hat 2003/2004 begonnen. Analysten sehen durch die gekoppelte Nutzung solcher Systeme mit sog. "Notbrems"-Funktionalitäten ein enormes Wachstumspotenzial von >500.000 Systemen / Jahr bis 2012. Diese Funktionalitäten werden in PSS1 bis PSS3 (Predictive Safety System) abgebildet, für dessen richtungsweisende Entwicklung Bosch im Januar 2005 den ADAC "Gelben Engel" für den Bereich "Innovation" verliehen bekam. Ein weiteres Anwendungsgebiet stellen Nahbereichsfunktionen dar. Die entsprechende Frequenzzulassung für die "hoffnungsvollste" Technologie (24 GHz, Kurzpuls im Bereich 350-400 Pikosekunden) wurde Ende 2004 erteilt. Allerdings ist diese Zulassung an etliche Auflagen gekoppelt, weswegen die Marktführer (Bosch, Raytheon, Siemens, etc.) an Technologien für das 77-79 GHz-Band arbeiten.
- Bahntechnik. Mit Einführung elektronischer Stellwerke und fahrerlosem Fahrbetrieb bei den Bahnen eröffnen sich neue Anwendungsbereiche. Mit Radargeräten wird z.B. erkannt, ob ein Fahrzeug auf einem Bahnübergang liegengeblieben ist oder ob, (bei fahrerlosem Fahrbetrieb in Bahnhöfen), ein Hindernis vor dem Zug ins Gleis fällt. Auch die Geschwindigkeit des Zugs wird mit Radargeräten hochgenau gemessen. Entsprechende Geräte werden z.B. von der Firma Honeywell gebaut. Sie arbeiten im ISM-Band bei 24 GHz nach dem Doppler- dem CW- oder FMCW-Verfahren.
- Miniatur-Radargeräte als Bewegungs- oder Füllstandsmelder
- Wissenschaftliche Forschung: Kartierung von Himmelskörpern mit undurchsichtiger Atmosphäre wie dem Planeten Venus, Vermessung des Sonnensystems
Nach dem Zweiten Weltkrieg kam auch die Lenkung radargesteuerter Waffen wie Flugabwehrraketen dazu. Außerdem wurde das Radar auch für die zivile Schiff- und Luftfahrt eingesetzt. Die heutige Passagierluftfahrt wäre ohne Luftraumüberwachung durch Radar nicht denkbar. Auch Satelliten und Weltraumschrott werden heute durch Radar überwacht.
Als die Radargeräte leistungsfähiger wurden, entdeckte auch die Wissenschaft diese Technologie. Wetterradargeräte helfen in der Meteorologie oder an Bord von Flugzeugen bei der Wettervorhersage. Mittels großer Stationen können vom Boden aus Radarbilder vom Mond, der Sonne sowie einigen Planeten erzeugt werden. Umgekehrt kann auch die Erde vom Weltraum aus durch satellitengestütze Radargeräte vermessen und erforscht werden.
Technische Funktion
Bei Radargeräten unterscheidet man prinzipiell zwischen Puls- und CW-Radargeräten.
Ein Pulsradargerät sendet Impulse mit einer typischen Länge im unteren Mikrosekundenbereich und wartet dann auf Echos. Die Entfernung wird durch die Formel
r = Entfernung
c0 = Lichtgeschwindigkeit
t = Zeit
ermittelt. Je nach Reichweite des Radargerätes wird nun einige Mikro- bis Millisekunden empfangen, bevor der nächste Impuls ausgesendet wird. Bekannteste Anwendungsgebiete sind Luftraumüberwachung und Wetterradar. Dreht sich die Antenne, kann mit einer entsprechenden Anzeige eine Karte reflektierender Objekte erzeugt werden. Durch digitale Signalverarbeitung (Festzeichenunterdrückung, MTI) können feststehende Objekte elektronisch ausgeblendet werden. Transponder an Flugzeugen können zur Identifikation beitragen, indem sie dem auftreffenden Radarsignal beim Reflektieren aktiv ein charakteristisches Digital-Muster hinzufügen, das die vom Operator zugewiesene Flugzeug-Kennung, die Höhe über Grund und die Geschwindigkeit über Grund, die vom Flugzeug gemessen sind, kodieren. Mit einer entsprechenden Auswerte-Elektronik lässt sich auch die relative Geschwindigkeit der georteten Objekte, deren Höhe und auch die Größe ermitteln. Auswertungen von Oberwellen für die Luftraumüberwachung erlauben Rückschlüsse auf den Flugzeugtyp, der das Echo generiert hat. Stationäre Pulsradargeräte erreichen Leistungen bis zu 100 MW als Spitzenimpulsleistung.
Ein Anflugradar an Flughäfen sendet zwei senkrecht aufeinander stehende Fächer aus, diese dienen der Kontrolle von Anflugrichtung und -winkel und gestattet Piloten bei schlechter Sicht eine sog. Instrumentenlandung. Dabei wird ihnen jede Abweichung vom idealen Landekurs an Bord angezeigt (sog. Instrument Landing System, ILS).
Das Bodengestützte STCA (Short Term Collision Avoidance) System zur Kollisionsvermeidung verwendet das Luftraumüberwachungsradar. Es berechnet aus Geschwindigkeit, Position und Orientierung von Flugobjekten die Wahrscheinlichkeit eines nahen Vorbeifluges (near miss) oder gar Zusammenstoßes von Flugzeugen und warnt optisch und akustisch den Fluglotsen.
Impulsradar
Um in Impulsradar-Geräten die hohen Sendeleistungen im Megawattbereich zu erzeugen, welche zur Ortung z. B. über einige 100 km nötig sind, werden auch heute Magnetrons verwendet. Dazu wird ein Magnetron z. B. mittels Hochspannungs-Schaltröhren, Thyratrons oder neuerdings auch Halbleiterschaltern gepulst betrieben. Die in den Schaltröhren entstehende Röntgenstrahlung führte zu Strahlenschäden des Bedien- und Wartungs-Personals an unzureichend abgeschirmten militärischen Radar-Geräten u.a. auch der NVA und der Bundeswehr.
Da die Sendefrequenz eines Magnetrons sich in Abhängigkeit von Temperatur und Betriebszustand ändern kann, wird bei Messungen der Relativgeschwindigkeit die Frequenzreferenz beim Empfang aus der Sendefrequenz abgeleitet.
CW-Radar
Ein CW-Radar (CW = Continuous Wave, Dauersender) kann z. B. auch zur Geschwindigkeitsmessung genutzt werden. Dabei wird über eine Antenne eine konstante Frequenz abgestrahlt, die vom Ziel (beispielsweise einem Auto) reflektiert wird und mit einer gewissen Dopplerverschiebung zurückkommt. Durch einen Vergleich der gesendeten mit der empfangenen Frequenz kann die Geschwindigkeit bestimmt werden. Diese CW-Radargeräte können keine Entfernungen messen. Die erforderlichen Sendeleistungen sind sehr gering und werden mit Gunn-Dioden erzeugt. Die Radargeräte der Verkehrs-Polizei ("Radar-Fallen") sind solche CW-Radargeräte. Bewegungsmelder arbeiten mitunter ebenfalls nach diesem Prinzip.
FMCW-Radar
Eine weitere Art sind die FMCW (frequency modulated continous wave) Radare, auch "Modulated CW-Radar" oder FM-Radar-Geräte. Sie senden mit einer sich ständig ändernden Frequenz. Die Frequenz steigt entweder linear an, um bei einer bestimmten Frequenz abrupt auf den Anfangswert wieder abzufallen (Sägezahnmuster), oder sie steigt und fällt abwechselnd mit konstanter Änderungsgeschwindigkeit. Durch die lineare Änderung der Frequenz und das stetige Senden ist es möglich, neben der Differenzgeschwindigkeit zwischen Sender und Objekt auch gleichzeitig deren absolute Entfernung voneinander zu ermitteln. Radar-Höhenmesser von Flugzeugen und Abstandswarngeräte /-radare in Autos arbeiten nach diesem Prinzip.
Siehe auch
- Bildgebende Radarverfahren
- passives Radar
- Primärradar
- Sekundärradar
- Radarkuppel
- Stealth
- Überhorizont-Radar
- Niederschlagsradar, Wetter Radar
- Radargeräte als Verkehrsüberwachung
- Harmonisches Radar
- Radarschirm
- Ground Controlled Approach
- Bodenradar (Flugsicherung)
- Bodenradar (Geophysik)
- Ionosonde
- Lidar
- Active Electronically Scanned Array
- Cosecans²-Antenne
Literatur
- Harry von Kroge: GEMA-Berlin - Geburtsstätte der deutschen aktiven Wasserschall- und Funkortungstechnik, 1998, ISBN 3-00-002865-X
- Robert Buderi: The invention that changed the world. Simon & Schuster, New York 1996, ISBN 0-684-81021-2
- Fritz Trenkle: Die deutschen Funkmessverfahren bis 1945. Hüthig, Heidelberg 1986, ISBN 3-7785-1400-8
- Brian Johnson: Streng geheim: Wissenschaft und Technik im Zweiten Weltkrieg. Wiener Verlag, Wien 1978, ISBN 3-89350-818-X
- Ulrich Kern: Die Entstehung des Radarverfahrens. Zur Geschichte der Radartechnik bis 1945. Dissertation, Stuttgart 1984
- David Pritchard: Durch Raum und Zeit: Radarentwicklung und -einsatz 1904–1945. Stuttgart 1992
- Frank Reuter: Funkmeß. Die Entwicklung und der Einsatz des RADAR-Verfahrens in Deutschland bis zum Ende des Zweiten Weltkriegs. Opladen 1971
- M.M.Lobanow: Die Anfänge der sowjetischen Funkmesstechnik , Verlag Sowjetskoje Radio (ru), Moskau 1975
- J.D.Schirman u.a. Theoretische Grundlagen der Funkortung , Militärverlag der DDR, Berlin 1977