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Blauertsche Bänder

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Als Blauertsche Bänder bezeichnet man das psychoakustische Phänomen, dass die Anhebung oder Absenkung einzelner Frequenzbänder eines komplexen Frequenzgemisches, z. B. Musik oder Terzbandrauschen, vom Gehör für die vertikale Lokalisation des Schallgeschehens beim natürlichen Hören herangezogen wird. Jens Blauert selbst nennt sie "Richtungsbestimmende Bänder" oder "Richtungsbestimmende Frequenzbänder" in der Medianebene.

Begründet liegt dieses in der Übertragungsfunktion des Kopfes (Head-related transfer function, HRTF), die bei natürlichen Schallquellen, je nachdem, ob deren Schall von vorne, hinten, oben oder unten eintrifft, für eine spezifische Verfärbung des Klanges sorgt. Durch Mustererkennung kann das Gehör diesen verschiedene vertikale Hörereignisrichtungen zuordnen. Die vertikale Lokalisation ist erheblich ungenauer als z.B. die horizontale Lokalisation über Laufzeit- und HRTF-Differenzen zwischen den beiden Ohren. Die Fachliteratur nennt eine Lokalisationsschärfe von etwa 10° gegenüber 1° bei horizontaler Lokalisation.

Diese Verfärbungen kann man elektronisch simulieren und damit den Höreindruck erzeugen, der Schall käme von vorne, oben, hinten oder unten. Dieses funktioniert jedoch nur bei den dem Hörer vertrauten Klanggemischen. Bei Aufnahmen in Kunstkopf-Stereofonie sind die Verfärbungen und mit ihnen die Lokalisationsinformationen ohnehin enthalten.

Bei der Lautsprecherstereofonie (also in der Horizontalebene) können die originalen richtungsbestimmenden Bänder v (vorn), h (hinten) und o (oben) der Medianebene problemlos in zwei richtungslose Hörempfindungen umgedeutet werden, und zwar in "präsent" und "diffus". Das hat auch für Equalizer-Einstellungen der Sound-Bearbeitungen bei der Stereofonie und beim Surround-Sound von breitbandigen Signalen eine beachtenswerte Bedeutung. Dabei ist:

  • vorn v = im Klang präsent, nah, direkt, vordergründig - Bekannt ist dazu das Anheben der Frequenzen 300 bis 400 Hz und 3 bis 4 kHz. Auch durch Absenken von Frequenzen um 1 kHz erreichbar.
  • hinten h (und oben o) = im Klang diffus, entfernt und räumlich - Bekannt ist dazu das Anheben der Frequenzen um 1 kHz.

Bekannt ist in der Tontechnik auch das "Entmulmen" des Klangs mit dem "Badewannenfilter", bei dem um 1 kHz, also etwa in der Spektrummitte, breit (Q = 0,6 bis 1,4) bis zu 6 dB abgesenkt wird. So wird manchmal auch ein HiFi-Klang vorgegaukelt.

Siehe auch

Literatur

  • Jens Blauert: Räumliches Hören. Hirzel-Verlag, Stuttgart 1974, ISBN 3-7776-0250-7
  • Jens Blauert: Spatial Hearing -- The Psychophysics of Human Sound Localization (Revised Edition) The MIT Press / Cambridge, MA; London, UK, 1997, ISBN 0-262-02413-6