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Sersch Sargsjan

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Sersch Sargsjan (2010)
Unterschrift von Sersch Sargsjan
Unterschrift von Sersch Sargsjan

Sersch Asati Sargsjan (armenisch Սերժ Ազատի Սարգսյան Sersch Asati Sargsjan, in wissenschaftlicher Transliteration Serž Azati Sargsyan; * 30. Juni 1954 in Stepanakert, Bergkarabach, Aserbaidschanische SSR) ist ein armenischer Politiker, der von 2008 bis 2018 Staatspräsident Armeniens und vom 17. bis 23. April 2018 armenischer Ministerpräsident war.

Berufliche Laufbahn

Nach offiziellen Angaben studierte Sargsjan von 1970 bis 1979 an der philologischen Fakultät der Staatlichen Universität Jerewan, unterbrochen vom Militärdienst 1972–1974. Anschließend arbeitete er als Funktionär der KPdSU und der Jugendorganisation Komsomol in seiner Geburtsstadt Stepanakert (aserbaidschanisch Xankəndi) und in Bergkarabach. Sargsjan engagierte sich in der Bewegung für die Unabhängigkeit Bergkarabachs von der Aserbaidschanischen SSR bzw. Aserbaidschan, war von 1989 bis 1993 Chef der Selbstverteidigungskräfte der Republik Bergkarabach und zusätzlich von 1990 bis 1993 Abgeordneter der Nationalversammlung von Armenien. Seit 2004 ist er Präsident des armenischen Schachverbandes.[1]

Im Zusammenhang mit der Ermordung aserbaidschanischer Zivilisten (Massaker von Chodschali) in der Stadt Chodschali (Iwanjan) während des Bergkarabach-Krieges am 26. Februar 1992 sagte der damalige Anführer der Selbstverteidigungskräfte der Karabach-Armenier Sargsjan in einem Interview mit dem britischen Journalisten und Kaukasusforscher Thomas de Waal: „Bis Chodschali dachten Aserbaidschaner, dass die Armenier ihre Hand nicht gegen die Zivilbevölkerung erheben würden. Wir waren in der Lage, dieses Stereotyp zu durchbrechen.“ [2]

Von 1993 bis 2007 war Sargsjan Verteidigungsminister Armeniens (der offizielle Titel wechselte). Zwischen März 2007 und April 2008 bekleidete er das Amt des Ministerpräsidenten. Im Februar 2008 wurde er zum Nachfolger von Staatspräsident Robert Kotscharjan gewählt.[3] Obgleich die OSZE-Wahlbeobachter den Wahlgang als weitgehend fair bezeichneten, rief der Kandidat Lewon Ter-Petrosjan nach der Wahl zu Demonstrationen auf und forderte eine Annullierung der seiner Meinung nach gefälschten Wahl. Am 1. März 2008 wurde eine Massendemonstration gewaltsam aufgelöst.[4]

Bei den Präsidentschaftswahlen von 2008 war Sargsjan der Wunschkandidat von Kotscharjan und wurde mit 52,82 Prozent Stimmen zum armenischen Staatsoberhaupt gewählt. Sein Sieg wurde allerdings von blutigen Ausschreitungen überschattet. Der unterlegene Herausforderer Lewon Ter-Petrosjan wollte den Wahlausgang nicht akzeptieren und rief seine Anhänger zu Protestaktionen auf. Bei darauffolgenden Zusammenstößen mit der Polizei kamen mindestens acht Demonstranten ums Leben.[5] Am 9. April 2008 wurde Sargsjan als Staatspräsident Armeniens vereidigt. Bei den armenischen Präsidentschaftswahlen am 18. Februar 2013 wurde er im Amt bestätigt.[6] Bei der Bewertung der armenischen Präsidentschaftswahlen durch die Delegation der Parlamentarischen Versammlung des Europarates wurde die Präsidentschaftswahl 2013 durch die künstlich gesteigerte Wahlbeteiligung entschieden. Berichten zufolge war die Präsidentschaftswahl durch den unzulässigen Einsatz administrativer Ressourcen, Stimmenkauf, Einschüchterung von Wählern und Manipulation bei der Auszählung der Stimmen gekennzeichnet.[7]

Am 10. Oktober 2014 unterzeichnete er in Minsk ein Abkommen zum Beitritt Armeniens in die Eurasische Wirtschaftsunion.[8] In der Folge kam es deswegen mehrfach zu Demonstrationen gegen Sargsjan, an denen sich mehr als 10.000 Menschen beteiligten.[9]

Massenprotest gegen Sargsjan in Jerewan am Tag vor dessen Rücktritt als Ministerpräsident nach fünftägiger Amtszeit (22. April 2018)

Am 9. April wurde Armen Sarkissjan Sargsjans Nachfolger als armenischer Präsident, weil dieser laut Verfassung nach zwei Amtszeiten nicht mehr antreten durfte. Sargsjan wurde am 17. April 2018 Ministerpräsident mit deutlich größeren Befugnissen als sein Vorgänger Karen Karapetjan, da dieses Amt 2015 durch eine Verfassungsreform, bei der das bisherige semi-präsidiale in ein parlamentarisches System geändert wurde, stark aufgewertet wurde. Das Parlament erhält dadurch größere Kompetenzen, die Machtfülle des Staatsoberhauptes hingegen wird auf weitgehend repräsentative Funktionen reduziert. Nach seinem Amtsantritt kam es zu Massenprotesten in der Hauptstadt Jerewan und in weiteren Städten des Landes, an denen sich zum Teil rund 50.000 Demonstranten beteiligten.[10] Am 23. April 2018 beugte er sich den Protesten und reichte seinen Rücktritt vom Amt des Premierministers ein.[11][12][13]

Privates

Sargsjan ist mit der Musiklehrerin Rita Aleksandri Sargsjan (* 6. März 1962) verheiratet und hat zwei Kinder, darunter die Tochter Satenik (* 17. August 1986).

Neben seiner Muttersprache Armenisch spricht Sargsjan fließend Russisch. Daneben hat er gute Kenntnisse der türkischen bzw. aserbaidschanischen Sprache und er versteht rudimentär Englisch.

Commons: Sersch Sargsjan – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Verbands-Geschichte auf der Website des armenischen Schachverbandes, 2013, abgerufen am 1. August 2016 (englisch).
  2. Carnegie Endowment for International Peace: Интервью Томаса де Ваала с Сержем Саргсяном, министром обороны Армении (ныне президентом Армении). 15. Dezember 2000, abgerufen am 23. Januar 2018 (russisch).
  3. Vorwurf Wahlfälschung: Sarkissjan neuer Präsident Armeniens. N24.de, 20. Februar 2008, abgerufen am 1. August 2016.
  4. В Ереване полиция разогнала митинг оппозиции. NEWSru.com, 1. März 2008, abgerufen am 1. August 2016 (russisch).
  5. Aschot Manutscharjan: Der Berg-Karabach Konflikt aus armenischer Sicht. In: Erich Reiter (Hrsg.): Der Krieg um Bergkarabach (= Schriftenreihe zur internationalen Politik. Band 2). Böhlau Verlag, Wien/ Köln/ Weimar 2009, ISBN 978-3-205-78404-3, S. 67 f.
  6. Armenien hat gewählt: Sarkissjan bleibt Präsident. In: n-tv. 19. Februar 2013, abgerufen am 1. August 2016.
  7. Deutscher Bundestag,18. Wahlperiode, Drucksache 18/7129, Unterrichtung durch die Delegation der Bundesrepublik Deutschland in der Parlamentarischen Versammlung des Europarates, Tagung der Parlamentarischen Versammlung des Europarates vom 22. bis 26. April 2013 in Straßburg. 18.12.2015, Berlin.
  8. Beitritt Armeniens zur Eurasischen Wirtschaftsunion. In: Neue Zürcher Zeitung. 10. Oktober 2014, abgerufen am 1. August 2016.
  9. Armenier protestieren gegen Wirtschaftsunion. In: Frankfurter Rundschau. 10. Oktober 2014, abgerufen am 1. August 2016.
    Armenien: Proteste gegen Staatspräsident Sarkissjan. In: Deutschlandfunk. 25. Oktober 2014, archiviert vom Original am 25. Oktober 2014; abgerufen am 1. August 2016.
  10. 50.000 Demonstranten: Festnahmen bei Protest in Armenien. (zdf.de [abgerufen am 23. April 2018]).
  11. Andrew Roth: Serzh Sargsyan resigns as Armenia's prime minister after protests. 23. April 2018, abgerufen am 23. April 2018 (englisch).
  12. Nach Massenprotesten in Eriwan: Armeniens Ministerpräsident tritt zurück. In: Spiegel Online. 23. April 2018 (spiegel.de [abgerufen am 23. April 2018]).
  13. Amt zur Lage in Armenien, Pressemitteilung des Auswärtigen Amts vom 23. April 2018.