Lakh

Lakh (Hindi लाख lākh [ ]; von Sanskrit लक्ष lakṣa [ ]; englisch auch lac(k)) ist das südasiatische Zahlwort für „einhunderttausend“ oder eine unbestimmte Menge, besonders von Münzen oder Geldeinheiten.[1]
Anwendung
Im indischen Zahlensystem werden zunächst die drei niedrigsten Stellen und anschließend jeweils zwei Stellen gruppiert. 1 Lakh, also 100.000, wird als 1,00,000 ausgedrückt. Eine Stadt mit acht Millionen Einwohnern wie Bangalore hat „80 lakh people“, numerisch „80,00,000 people“. Als Pluralform kommt auch Lakhs vor.
Die Abkürzung lautet L. Komprimierte Formen wie ₹5L für 5 Lakh Rupien sind verbreitet. 100 Lakh, zehn Millionen Einheiten entsprechend, sind 1 Crore.
Verbreitung
Varianten des Zahlwortes Lakh kommen in mehreren Sprachfamilien Südasiens und in Ostafrika vor.
- Indoarische Sprachen
- Assamesisch লাখ lakh – Bengalisch লাখ lakh, লক্ষ lokkho – Dhivehi lakka – Gujarati લાખ lākh – Hindi लाख lākh – Kashmiri lach – Konkani लाख lākh, ಲಕ್ಷ lakṣa – Marathi लाख lākh, लक्ष lakṣa – Nepali लाख lākh – Oriya ଲକ୍ଷ lôkhyô – Panjabi ਲੱਖ, لکھ lakkh – Romani लाख lakh – Sanskrit लक्ष lakṣá – Sindhi لک lakhu – Singhalesisch ලක්ෂ laksha – Urdu لاکھ lākh
- Iranische Sprachen
- Paschtunisch لاکھ lakh
- Dravidische Sprachen
- Kannada ಲಕ್ಷ laksha – Malayalam ലക്ഷം laksham – Tamil லட்சம் laṭcham – Telugu లక్ష lakṣha – Tulu ಲಕ್ಷ laksha
- Indisches Englisch
- Schon in einer frühen gedruckten Quelle, der 1613 erschienenen Pilgerfahrt von Samuel Purchas, heißt es in zeitgenössischer Schreibung: „Euery Crow is a hundred Leckes, and euery Lecke a hundred thousand Rupias“; deutsch: „Jede Crore ist einhundert Lakh, und jede Lakh einhunderttausend Rupien“. 1975 schrieb die Bangladesh Times: „The Finance Minister said that the government had already increased the ceiling of private investment for setting up industries from Tk 25 lakh to Taka three crore“; deutsch: „Der Finanzminister sagte, dass die Regierung bereits die Höchstgrenze privater Investitionen zur Gründung von Industriebetrieben von Tk 25 Lakh auf Taka drei Crore erhöht habe.“[2]
- Swahili
- In Tansania mit seiner traditionellen Präsenz indischer Kaufleute[3] werden 100.000 Schillinge als 1 Lakh, Laki oder Lakhi bezeichnet.[4]
Eigene Schreibungen und Aussprachen erlangte Lakh als Fremdwort in Ostasien, etwa im Japanischen mit 洛叉 (Kanji), らくしゃ (Hiragana), rakusha (Romaji), ラーク rāku (Katakana) oder im Hochchinesischen mit 洛叉 luòchā.
In der Sprache des vom indischen Theravada-Buddhismus geprägten Thailand ist ลักขะ lakkha aus dem mittelindischen Pali oder ลักษะ laksa aus dem Sanskit als Zahlwort erloschen. Es blieb aber als Bezeichnung für den Stellenwert in der thailändischen Zahlschrift, z. B. einstellig หลักหน่วย lak nuai, zweistellig หลักสิบ lak sip, dreistellig หลักร้อย lak roi. Erhalten ist Lakh im verwandten Sinne von „Markierung“, auch „Pfahl im Glücksspiel“, in หลักเมือง, Lak Müang, dem Namen für die kultisch verehrten Stadtpfeiler, sowie in der Bezeichnung für Meilensteine wie in หลักสี่, Lak Si.
Herkunft
Die Etymologie des Wortes ist nicht gesichert. Lakh kann weitläufig mit den ebenfalls in der indoeuropäischen Ursprache wurzelnden deutschen Wörtern Lachs oder legen verwandt sein, nicht jedoch mit Lack.
Der Sprachwissenschaftler Paul Thieme vertrat in den 1950er Jahren die These, das Wort lākh stamme über das altindische lakṣā von ur-indogermanisch *loḱs- „Lachs“ ab und habe zunächst „unübersehbare Menge“, erst dann „100.000“ bedeutet. Möglich sei auch ein Bezug zum Nomen lakṣá „Spieleinsatz“, das zunächst unter Fischern für einen wertvollen Losanteil an der Fangbeute benutzt worden sein könnte.[5] Dafür, so der Germanist Willy Krogmann, komme hingegen die indogermanische Wurzel *legh „legen“ in Betracht, die für lakṣá eine Ursprungsbedeutung „Einlage“ vermuten lasse.[6] Thiemes Vorschag, auch lākṣā „roter Lack“ heranzuziehen, wurde verworfen. Unter Zustimmung seiner Fachkollegen führte Manfred Mayrhofer die Etymologie von lākṣā auf die indoeuropäische Farbbezeichnung *reg- „färben, röten“ zurück und lobte an Thieme seinen „Reichtum an Ideen […] und immer geistvollen Etymologien.“[7]
Auch wegen einiger Parallelen in anderen Sprachen stieß Thiemes Vorschlag, Lakh mit „Lachs“ zu verbinden, auf die Zustimmung anderer Forscher. Im Altägyptischen wird „100.000“ durch die Hieroglyphe der Kaulquappe bezeichnet; ihr Name hfn hat zugleich die Bedeutung „unzählig“. Im Chinesischen dient das Zeichen für Ameise auch für „10.000“, im Semitischen hat das Wort für Rind auch die Bedeutung „1000“.[8] Nur der italienische Indogermanist Vittore Pisani fand den Ansatz indiskutabel.[9] Der linguistische Zusammenhang blieb ungeklärt. Kluges Etymologische Wörterbuch der deutschen Sprache führte den Hinweis auf das Zahlwort von der 17. Auflage (1957) bis zur 21. Auflage (1975), zuletzt „ohne etymologische Sicherheit“.[10]
Die Wurzel *loḱs- bezog sich allerdings ursprünglich nicht auf den Lachs (Salmo salar), der in Indien nicht vorkommt. Gemeint waren Unterarten der Meerforelle (Salmo trutta trutta), die im Zuge indoeuropäischer Wanderungen ins nordöstliche Europa ihren Namen an Salmo salar abgaben.[11] Die Herkunft von altindisch lakṣā war Teil der Debatte um das Lachsargument und damit um die indogermanische Urheimat.
siehe auch
Einzelnachweise
- ↑ Oxford English Dictionary, 2. Auflage 1989, s. v.
- ↑ zitiert nach dem Oxford English Dictionary, 2. Auflage 1989, s. v.
- ↑ dazu etwa Nina Grube: Die indische Diaspora in Tansania zwischen Transnationalismus und Lokalität. Hamburg 2008
- ↑ Pat Caplan: African Voices, African Lives. Personal narratives from a Swahili village. London, New York 1997, Ss. 3, 214, Digitalisat. – Jan Blommaert: State Ideology and Language in Tanzania. Second and Revised Edition. Edinburgh 2014, S. 127, Digitalisat
- ↑ Paul Thieme: Der Lachs in Indien. In: Zeitschrift für vergleichende Sprachwissenschaft, Band 69, 1951, S. 209–216. Ders.: Die Heimat der indogermanischen Gemeinsprache. In: Akademie der Wissenschaften und der Literatur, Abhandlungen der geistes- und sozialwissenschaftlichen Klasse, 1953, Nr. 11, Wiesbaden 1954, S. 535–614. Ders.: The Indo-European Language. In: Scientific American, Oktober 1958, S. 74
- ↑ Willy Krogmann: Das Lachsargument. In: Zeitschrift für vergleichende Sprachwissenschaft, Band 76, 1960, S. 173
- ↑ Manfred Mayrhofer: Altindisch lakṣā. Die Methoden einer Etymologie. In: Zeitschrift der Deutschen Morgenländischen Gesellschaft 105 (1955), S. 175–183. Aus semantischen Gründen sei dieser Vorschlag Thiemes zweifellos akzeptabel, „undoubtedly acceptable“, jedoch nicht aus etymologischen, meinten Vacláv Blažek u. a.: Old Prussian Fish-names. In: Baltistica 39 (2004), S. 112–114. Die Lack-Hypothese Thiemes ist erwähnt in Thomas W. Gamkrelidse, Wjatscheslaw W. Iwanow: Die Frühgeschichte der indoeuropäischen Sprachen. In: Spektrum der Wissenschaft, Dossier: Sprachen, 2006, S. 50–57, online. Zur Lack-Hypothese ablehnend auch Walter Porzig: Die Gliederung des indogermanischen Sprachgebiets. Heidelberg 1954, S. 184
- ↑ Willy Krogmann: Das Lachsargument. In: Zeitschrift für vergleichende Sprachwissenschaft, Band 76, 1960, S. 173f. Zustimmend auch Vacláv Blažek u. a.: Old Prussian Fish-names. In: Baltistica, Band 39, 2004, S. 112–114. Karl Menninger: Zahlwort und Ziffer. Eine Kulturgeschichte der Zahl, 3. Auflage, Göttingen 1979, S. 132, Digitalisat.
- ↑ „non […] nemmeno da discutere“, Vittore Pisani, in: Paideia, Band 6, 1951, S. 184, zitiert nach Paul Thieme: Die Heimat der indogermanischen Gemeinsprache. In: Akademie der Wissenschaften und der Literatur, Abhandlungen der geistes- und sozialwissenschaftlichen Klasse, 1953, Nr. 11, Wiesbaden 1954, S. 553 Anm. 4
- ↑ Friedrich Kluge: Etymologisches Wörterbuch der deutschen Sprache, 17. Aufl. 1957 bis 21. Aufl. 1975, alle s. v. Lachs
- ↑ A. Richard Diebold jr.: The Evolution of Indo-European Nomenclature for Salmonid Fish: The Case of, Huchen’ (Hucho spp.). Washington 1985, ISBN 0-941694-24-0 (= Journal of Indo-European Studies, Monograph Series 5)