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Oskar Dirlewanger

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Dr. Oskar Dirlewanger (* 26. September 1895 in Würzburg; † 7. Juni 1945 in Altshausen, Württemberg) war ein deutscher Offizier in Armee und Waffen-SS, bei Ende des Zweiten Weltkriegs stand er im Rang eines SS-Oberführers.

Oskar Dirlewanger

Leben

Er kämpfte im 1. Weltkrieg zuletzt als Leutnant und erhielt die Eisernen Kreuze beider Klassen. Nach dem Kriegsende schloss er sich verschiedenen Freikorps an und kämpfte im Ruhrgebiet, Sachsen und im Juni 1921 in Oberschlesien. Zwischen seinen militanten Einsätzen studierte er an der Handelshochschule in Mannheim Wirtschaftswissenschaften. Wegen antisemitischer Hetze wurde er jedoch 1921 relegiert. Im Jahr 1922 promovierte er zum Dr. rer. pol. Im darauf folgenden Jahr trat er in die NSDAP ein (Mitglieds-Nr. 1 098 716). Seit 1928 leitete er eine Strickwarenfabrik in Erfurt. Weil die Inhaber Juden waren, ruhte seine Mitgliedschaft in der NSDAP seit 1923.

Nachdem er 1931 die Tätigkeit in Erfurt aufgegeben hatte, erhielt er 1932 eine Stelle als hauptamtlicher SA-Führer in Esslingen am Neckar und 1933 als "Alter Kämpfer" eine Anstellung am Heilbronner Arbeitsamt.

Im Jahr 1934 wurde er u. a. wegen "Unzucht" mit einem dreizehnjährigen Mädchen zu zwei Jahren Zuchthaus verurteilt (Urteil des LG Heilbronn vom 21. September 1934). Er verlor dadurch seine Stellung, seinen Doktortitel und alle militärischen Auszeichnungen. Nach der Entlassung kam er in das Schutzhaftlager Welzheim, das er aber nach Intervention seines Freundes, des späteren SS-Obergruppenführers und Chefs des SS-Hauptamts, Gottlob Berger, bald wieder verlassen konnte.

Dirlewanger nahm als Mitglied der Legion Condor am spanische Bürgerkrieg teil.

Zweiter Weltkrieg

Bei Beginn des Zweiten Weltkriegs im September 1939 meldete er sich freiwillig zur Waffen-SS (SS Nr. 357 267) und erhielt den Rang eines Obersturmführers.

Auf seine Anregung hin wurde das Sonderkommando Dirlewanger für Vorbestrafte wie ihn selbst von der SS im KZ Oranienburg aufgestellt. Sein Stellvertreter wurde Kurt Weiße, bereits wegen Belästigung von Kindern gerichtsnotorisch, der ihm was sadistische Gewaltinszenierungen, Vergewaltigungen und Morde betraf, in nichts nachstand. Das Sonderkommando Dirlewanger rekrutierte sich zu Beginn aus Soldaten der Waffen-SS, die wegen kleiner Delikte wie Wilderei verurteilt und in die Einheit zur Bewährung versetzt wurden. Im späteren Verlauf wurde, neben zugeteilten straffällig gewordenen Angehörigen der Wehrmacht und Waffen-SS, auch gezielt Personal (politische Häftlinge, Asoziale, Kriminelle) in Konzentrationslager angeworben. Im Kriegsverlauf wurden der Sondereinheit auch Hilfstruppen (Ukrainer und Russen) zugeordnet.

Die Truppe von Dirlewanger wurde hinter der Front - erst in Polen, dann in Russland - gegen tatsächliche oder vermeintliche Partisanen eingesetzt. Diese Einsätze waren von äußerster Brutalität und Verrohung der Soldaten geprägt. Immer wieder kam es zu Massenvergewaltigungen und anderen Exzessen, bei denen in der Regel Minderjährige und Kinder die Opfer waren. Von Zeit zu Zeit nahm hieran auch Dirlewangers Förderer und Freund Gottlob Berger teil, der für derlei Orgien aus Berlin anreiste. Dirlewanger selbst frönte seinen Leidenschaften: Alkohol, Sadismus und Kampfrausch. Die Ausschreitungen waren so groß, dass sich selbst die zuständigen SS-Stellen im August 1942 zu Ermittlungen des SS-Hauptamtes veranlasst sahen. Diese wurden im Januar 1945 auf Befehl von Heinrich Himmler eingestellt.

Bei der Niederschlagung des Warschauer Aufstandes kam die Einheit Dirlewanger in vorderster Front zum Einsatz und zeichnete sich erneut durch besondere Grausamkeit aus. Dirlewanger erhielt für diesen Einsatz am 30. September 1944 das Ritterkreuz des Eisernen Kreuzes. Weiterhin war er an der Niederschlagung des slowakischen Aufstandes im Oktober 1944 beteiligt.

In der Folge wurde die Einheit an verschiedenen Fronten im Osten eingesetzt. Bei Kriegsende war die Einheit von Dirlewanger als 36. Waffen-Grenadier-Division der SS an der Oderfront eingesetzt. Dirlewanger gelang es schließlich sich abzusetzen und der russischen Gefangenschaft zu entgehen, in die ein großer Teil seiner Einheit geriet.

Nach Kriegsende

Dirlewanger ging nach Württemberg zurück und versuchte Beutegut, das er bei seinen Eltern gelagert hatte, zu verstecken, um ein Abtauchen vorzubereiten. Er wurde von befreiten polnischen Fremdarbeitern Anfang Juni 1945 im oberschwäbischen Altshausen, Kreis Saulgau, in Württemberg (französische Besatzungszone) festgenommen und vor Ort eingesperrt. Er verstarb am 7. Juni 1945 vermutlich an den Folgen von Misshandlungen durch seine Wärter.

Bis in die 1960er Jahre kursierten Gerüchte, dass Oskar Dirlewanger den Krieg überlebt habe. Es wurde unterstellt, er sei Leibwächter des damaligen Präsidenten Nasser von Ägypten. Aus diesem Grund ordnete im November 1960 ein französisches Gericht die Exhumierung der Leiche an, um zu klären, ob eine Strafverfolgung notwendig ist oder nicht.

Auszeichnungen

Literatur

  • Rolf Michaelis: Die SS-Sturmbrigade "Dirlewanger". Vom Warschauer Aufstand bis zum Kessel von Halbe. Band II, Verlag: Rolf Michaelis, 1. Auflage 2003, ISBN 3930849321
  • Klaus Michael Mallmann / Michael Paul (Hrsg.): Karrieren der Gewalt. Nationalsozialistische Täterbiographien ; Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Stuttgart, 2004; ISBN 3-534-16654-X
  • Hellmuth Auerbach: Die Einheit Dirlewanger, Vierteljahreshefte für Zeitgeschichte 1962, S. 250 ff.