Geschichte der Oberpfalz
Die Geschichte der Oberpfalz ist durch eine Abfolge von wirtschaftlichem Aufschwung und Niedergang, Kriegen, Religionswechsel, Seuchen, Zuwanderung, Bevölkerungswachstum und Entvölkerung gekennzeichnet. In der Mitte Europas gelegen, war die Oberpfalz Durchzugsgebiet unzähliger Völkerschaften, angefangen von den Kelten, Römern, Germanen, Slawen, Ungarn, Tschechen, Schweden, Franzosen und US-Amerikanern. Und so mancher Eroberung folgten auch neue Ideen und Beziehungen.
Frühe Besiedlung

Der Regensburger Donaubogen ist bereits seit der Steinzeit besiedelt. Anfang 2006 wurden etwa 100 m östlich der Mauern des späteren Legionslagers keltische Gräber mit teilweise hochwertigen Grabbeigaben gefunden. Sie wurden auf etwa 400 v. Chr. datiert. Nach dem Zurückdrängen der Markomannen bis etwa 170 n. Chr. wurde auf Anordnung von Kaiser Mark Aurel ab ca. 175 das Legionslager Castra Regina (Lager am Regen) errichtet. Dieser Steinbau mit seiner etwa 10 Meter hohen Mauer, den vier Toranlagen und zahlreichen Türmen ist heute noch gut im Grundriss der Regensburger Altstadt erkennbar. Ein Vermächtnis der römischen Kolonisation ist der Baierwein, der auch heute noch zwischen Regensburg und Wörth an der Donau angebaut wird. Dagegen blieb das oberpfälzische Berg- und Waldland nördlich der Donau in frühgeschichtlicher Zeit die Heimat keltischer und germanischer Stämme. Pollenanalysen legen für die Zeit um das Jahr Null eine Weidewirtschaft nahe, während der Ackerbau hier erst 1000 Jahre später flächendeckend vordrang. Der Burgberg von Kallmünz dürfte ein keltisches Oppidum beherbergt haben. Eine aus der Bronzezeit (ca. 2000–1900 v. Chr.) stammende, ausgedehnte vorgeschichtliche Anlage (ca. 50 ha) belegt mit Siedlungszeugnissen aller Perioden die Attraktivität dieses Felssporns zwischen Naab- und Vilstal. Vor der Burgruine ragt ein weiterer Wall (ca. 1200 v. Chr.) auf, der im Volksmund „Ungarnwall“ genannt wird und damit vermutlich der Bevölkerung der Umgebung gut zweitausend Jahre später bei den Ungarneinfällen als Rückzugspunkt diente. Außer diesen Siedlungsfunden und dem historisch belegten Stamm der Narister oder Varisker, die aber keinesfalls die Vorläufer der späteren Bajuwaren darstellen, ist in der Region in der Tat wenig antikes nachgewiesen worden.
In Lauterhofen, Sulzbach, Nabburg und Cham konnten durch archäologische Grabungen die Baiern als Gründer nachgewiesen werden, der Start der Besiedlung dürfte um das Jahr 680 stattgefunden haben, also unter der Herrschaft Herzog Theodos II. und deutlich später als südlich der Donau. 725 greifen die Franken in Thronstreitigkeiten der Agilolfinger ein und verhelfen Herzog Hugbert zur Macht.[1] Karl Martell erhielt dafür einen Teil des Nordgaus, um welchen Teil es sich genau handelte, ist leider nicht dokumentiert. Bei der fränkischen Reichsteilung von 741 wurde weder Bayern noch der Nordgau als Herrschaftsgebiet erwähnt, im Gegensatz zu Alemannien und Thüringen, die sehr wohl aufgeführt wurden. Das heißt, Bayern war bis 740 kein Teil des Fränkischen Reichs. 744 griffen die Frankenkönige Herzog Odilo an, besiegten ihren eigenen Schwager, zwangen ihn die fränkische Oberhoheit anzuerkennen und nahmen ihm den restlichen Nordgau ab, nur das Umland von Cham verblieb bei Bayern. Die fränkische Reichsgrenze rückte damit unmittelbar an die bayerische Residenz Regensburg heran, Interventionen in Bayern waren somit ohne großen Aufwand möglich und schon 788 endete die ehemals "königgleiche" Herrschaft der Agilolfinger. Die Ortsnamen mit den Endungen -ing, -hausen, -hofen und -stetten lassen bayerische Siedlungen erwarten, so gab es zunächst einige in der Gegenden um Cham, Amberg, Schwarzenfeld und wenig später auch um Schwandorf, Neumarkt, Sulzbach-Rosenberg und Vohenstrauß, ergänzt von einigen frühen Militärstützpunkten. Mit Ausnahme des Chamer Beckens erscheint die Besiedlung aber sehr lückenhaft gewesen zu sein. So berichtet Thietmar von Merseburg im Jahr 1003, dass König Heinrich II. nach Speinshart gekommen wäre, um Bären und Wisente zu jagen, die andernorts als Folge der regen Siedlungstätigkeit bereits ausgerottet waren. Speinshart lag allerdings nördlich der bayerischen Besiedlung.
Besonders bedeutsam für die nördliche und südöstliche Oberpfalz war die slawische Siedlungstätigkeit. Die Slawen kamen auf der Flucht vor den Awaren über den Böhmerwald in die Region, nach anderer Lehrmeinung aus Pannonien (Westungarn) entlang der Donau nach Nordwesten, und gründeten kleine, verstreute Dörfer und Weiler (Bavaria Slavica) in klar umgrenzten Siedlungskammern. Auch eine adelige Oberschicht konnte mittlerweile nachgewiesen werden (Barbaraberg bei Speinshart, Flednitz). Noch heute erinnern viele Ortsnamen in der Oberpfalz an diese frühen slawischen Siedlungen, typische Ortsnamensendungen sind hier -itz, -as und -au, deren Bewohner hauptsächlich von Jagd, Viehzucht und Fischerei lebten.

Nach 817 wurde Bayern unter Ludwig dem Deutschen wieder neu gegründet und der Nordgau mit dem Stammland vereinigt. Abseits der Residenzen Sulzbach und Nabburg blieb das Land wild. So durften zum Beispiel noch zur Zeit Karls des Großen keine Waffen in das Gebiet östlich der unteren Naab verkauft werden. Die Franken fürchteten den Schmuggel von Waffen in das Mährerreich, das sie nicht vollständig unter ihre Kontrolle bringen konnten. Zeitgenössische Berichte deuten darauf hin, dass die Oberpfalz eine militärische Sperrzone war. Auch gibt es Berichte, wonach sie damals als Aufmarschgebiet und Kriegsschauplatz für die Kämpfe des bayerischen Herzogs gegen die Ungarn diente. Schlachten sind 948 bei Floß und 949 bei Luhe bekannt.
In relativ kurzer Zeit entstanden Burgen, Klöster und Städte in großer Anzahl. Dass in der Oberpfalz so viele Burgen gebaut wurden, hatte mehrere Gründe. Zum einen gab es dort eine Vielzahl konkurrierender Dynastengeschlechter, zunächst die Welfen und Popponen, zum anderen war die Oberpfalz ein Grenzland, das auf ein gut funktionierendes Verteidigungsnetz angewiesen war. Große Reichsburgen in Cham, Nabburg und Eger wurden durch kleinere Burgen und Vorposten, z. B. die Burgen in Parkstein, Flossenbürg und Stefling, ergänzt. Aus der Lage in der Grenzregion des Reiches ergab sich, dass Städte und Märkte und sogar Kirchen ebenfalls für Verteidigungszwecke befestigt waren. Die Burgen in der Oberpfalz dienten aber auch als Rückzugsraum des landfremden Adels, die Franken im Nordgau waren für dessen eigentliche Bewohner Besatzer.
10. bis 12. Jahrhundert
Ursprünglich war die Oberpfalz königliches Gebiet und wurde von den königlichen Beauftragten verwaltet. Nach den Luitpoldingern folgten die Babenberger Grafen von Schweinfurt, bis sich Heinrich von Schweinfurt gegen den König erhob und sein Herrschaftsgebiet, zu dem auch der damalige Nordgau gehörte, aufgesplittet wurde. Die Niederlage des Schweinfurters und das Aussterben seiner Sippe hatten für die Oberpfalz gravierende Folgen. Der Markgraf hatte exzellente Verbindungen zu den slawischen Herrschern Osteuropas, er war mit Herzog Boleslaw von Polen verbündet und seine Tochter Judith von Schweinfurt war Herzogin von Böhmen. Diese Tradition brach um 1050 ab und zeitgleich verschwanden auch die dokumentierten und archäologischen Nachweise der Slawen in Nordbayern. Damit entstand ein Machtvakuum in Süddeutschland, das die salischen Herrscher, insbesondere Heinrich III., bewusst offen ließen, anstatt neuen Erbadel zu installieren, wurde ein Amtsadel von Markgrafen und landfremden Herzögen begünstigt. Die Grafen von Sulzbach, die Ortenburger und die Grafen von Andechs waren reich- und kaisertreu.

Zu einem nachhaltigen Anwachsen der Bevölkerung kam es im 11. und 12. Jahrhundert, als durch den Bevölkerungsanstieg (ausgelöst durch Verbesserungen in der Landwirtschaft und ein milderes Klima) in Deutschland das Land für Siedlungen und Ackerbau knapp geworden war und zunehmend deutsche Siedler nach Osten strömten, um neue Siedlungsräume zu erschließen. Die Oberpfalz war nicht nur Durchzugsgebiet sondern auch selbst eines der Ziele. Bauern, Handwerker und Händler aus Schwaben, Bayern und Rheinfranken schufen im Hochmittelalter die dichte Kulturlandschaft, die noch heute für das Landschaftsbild prägend ist. Diese intensive Rodungs- und Siedlungstätigkeit, die vom späten 10. Jahrhundert bis 1350 andauerte, fand ihren Niederschlag in Ortsnamen mit Endungen wie -richt, -ried und -reuth. Doch diese Deutung ist problematisch, denn ausgesprochen werden die Endungen als -rath und -riad, z. B. Etzenricht wird im Dialekt als Azzariad bezeichnet. Im Tschechischen bedeuten Hrad aber einfach Burg. Es ist gut möglich das dieses Fremdwort zeitweise in den örtlichen Dialekt aufgenommen worden ist und genauso wie Kulm, das tschechisch Berg oder Hügel bedeutet, sogar als Ortsbezeichnung verwendet wurde. Denn die -reuth Orte wurden meist mit einem deutschen Vornamen kombiniert. Eindeutiger ist die Lage da bei Namen, die auf -grün, -ficht, -thann oder -wald enden. Hier wurde der Wald gerodet. Namen mit den Adjektiven Schön-, Reich- und Gut- als Vorsilbe hatten zudem werbenden Charakter, Lokatoren mussten sich um Siedler bemühen, die Bezeichnung war da das einfachste Mittel.
Im 12. Jahrhundert kam ein neues Element in der Kultur der Oberpfalz zum tragen, die Gründung und Expansion von Klöstern. Ein erster Versuch, das Kloster Chammünster war angeblich bereits 739 von Herzog Odilo begründet worden, es ging aber im Zug der Ungarneinfälle 200 Jahre später wieder unter. Die slawischen Bewohner im Norden der Region werden noch um das Jahr 1000 als Heiden bezeichnet, trotzdem dürfte das Motiv der Missionierung keine große Rolle gespielt haben. Inwieweit der Landesausbau ein Ziel der Gründung war ist fraglich, denn die Klöster profitierten vor allem von Schenkungen von Dörfern und Grundbesitz, als Gründer von Dörfern und Städten traten die Mönche eher selten auf. Der wesentliche Auslöser waren die um ihr Seelenheil fürchtenden Adeligen, insbesondere diejenigen, deren Erbe nicht gesichert war. So entstanden die Benediktinerklöster Kastl (1103), Weißenohe (1109), Michelfeld (1119) und Ensdorf (1121). Danach folgten die Zisterzienser mit den Abteien Waldsassen (1133) und Walderbach (1140), die Prämonstratenser mit Speinshart (1145) und schließlich die Zisterzienserinnen mit Pielenhofen (1240). Nicht alle diese Abteien waren so begütert wie das reichsunmittelbare Kloster und Stift Waldsassen, aber Bettelklöster gab es in der Oberpfalz bis zur Reformation nicht. In Regensburg lagen die Dinge allerdings grundsätzlich anders, die spätere Reichstadt bleibt daher außerhalb der Betrachtung.
Die Bischofskirche von Bamberg, 1007 von Kaiser Heinrich II. auf ehemals Schweinfurter Ländereien gegründet, erhielt ebenfalls maßgeblichen Einfluss auf das gesamte Gebiet von Auerbach-Kemnath bis nach Nittenau. Die Bamberger erhielten den Auftrag, die Slawen in Oberfranken und der westlichen Oberpfalz zu christianisieren, und wurden strategisch zu einem bedeutenden Faktor der königlichen Macht. Der größte Teil der Oberpfalz gehörte aber religiös seit 739 zum Bistum Regensburg. Als Hauptvögte der Bamberger Kirche wurde das Grafengeschlecht der Sulzbacher zu einem einflussreichen Adelsgeschlecht. Nach dem Aussterben der Sulzbacher 1188 fiel das Erbe an die Staufer, die aus dem Gebiet zwischen Eger, Nürnberg und Regensburg einen Brücke nach Böhmen und ins staufische Mitteldeutschland formten und ein wirtschaftlich prosperierendes Reichsland schufen. Die späten Staufer verzichteten dann in der nördlichen Oberpfalz sogar auf Markgrafen und herrschten hier direkt. Neben den Staufern gab es etliche konkurrierende Adelsgeschlechter und geistliche Grundherrschaften, die die Gelegenheit nutzten, um ihre Besitztümer und ihren Einflussbereich ebenfalls zu vergrößern.
Wittelsbachische Herrschaft und Landesteilung

Ab der Mitte des 12. Jahrhunderts gewannen zunehmend die Wittelsbacher an Einfluss in der südlichen Oberpfalz. Nach der Absetzung Heinrichs des Löwen 1180 wurde Otto von Wittelsbach, bis dahin Pfalzgraf von Bayern und damit kaiserlicher Stellvertreter in Bayern, von Kaiser Friedrich Barbarossa mit dem Herzogtum Bayern belehnt. Damit begann die 750-jährige Herrschaft der Wittelsbacher in Bayern und der Oberpfalz. Sein Sohn, Ludwig I. der Kelheimer (1183–1231) erhielt 1214 zusätzlich noch die Pfalzgrafschaft bei Rhein und begründete damit die bis ins 20. Jahrhundert andauernde Verbindung zwischen Bayern und der Rheinpfalz. Ludwigs Enkel Ludwig II. der Strenge (1253–1294) ererbte nach dem Ende Konradins 1268 die staufischen Besitzungen im südöstlichen Schwaben und im bisher staufischen Nordgau.
1255 hatten Ludwig II. und sein jüngerer Bruder Heinrich XII. das bisher gemeinsam regierte Erbe geteilt, sodass das größere, reichere und fruchtbarere Niederbayern an Heinrich, Oberbayern und die Pfalz jedoch an Ludwig fielen. Ludwig folgten seine beiden Söhne Rudolf I. und Ludwig IV. nach. Die beiden Brüder lagen beständig im Streit miteinander, der 1317 mit dem Rückzugs Rudolfs endete. 1329 übergab Ludwig, seit 1314 römisch-deutscher König und seit 1328 auch Kaiser, im Hausvertrag von Pavia, die Rheinpfalz und den größeren, nördlichen Teil des Nordgaues an Rudolfs Erben. In der Folgezeit entwickelte sich für dieses Land der Pfalz zu Baiern die Bezeichnung Obere Pfalz (lateinisch: Palatinatus superior oder Palatinatus Bavariæ) und somit sein heutiger Name. Hauptstadt der Oberen Pfalz wurde Amberg, von wo aus die Verwaltung durch Statthalter aus Heidelberg erfolgte. Das südwestliche Gebiet verblieb bei der bayerischen Linie.
Zwischen Wittelsbachern und Luxemburgern

Rudolfs Söhne Rudolf II. (1329–1353) und Ruprecht I. (1329–1390) sowie deren Neffe Ruprecht II. (1329–1398) regierten zunächst gemeinsam. 1338 teilten sie das pfälzische Territorium jedoch untereinander auf, wobei der größere Teil der Oberpfalz an Rudolf, der größere Teil der Rheinpfalz an die beiden Ruprechte fiel. Die pfälzische Kurstimme führten die beiden Brüder abwechselnd. Die Wittelsbacher standen damals im Konflikt mit den Luxemburgern, die seit 1310 auch Könige von Böhmen waren. 1346 wurde der Luxemburger Karl IV. gegen Kaiser Ludwig IV. zum Gegenkönig erhoben und konnte sich nach dessen Tod im folgenden Jahr allgemein durchsetzen. Dem von den Wittelsbachern unterstützten Gegenkönig Günther von Schwarzburg war 1349 kein Erfolg beschieden.

1349 war auch das Jahr, in dem die Große Pest die Oberpfalz erreichte. Während manche Gebiete (so etwa Prag, Mailand und Krakau) von der Seuche fast verschont blieben, gab es in der Oberpfalz zahlreiche Opfer. Pestgräber werden hier häufig bei Bauarbeiten gefunden und etwa die Hälfte der mittelalterlichen Dörfer wurden noch vor dem 16. Jahrhundert wieder aufgegeben. Zudem setzte eine Landflucht ein, da in den Städten eine große Nachfrage nach Handwerkern und Arbeitskräften bestand. Dem im 15. Jahrhundert beginnenden Hussitensturm musste die Oberpfalz somit deutlich geschwächt entgegentreten. Als im Laufe des 13. Jahrhunderts die Wasserkraft der Flüsse genutzt wurde, um Blasbälge und schwere Hämmer für die frühen Eisenhütten anzutreiben, begann der Aufstieg dieser Region zu einem europäischen Eisenzentrum, dem Ruhrgebiet des Mittelalters. Von Amberg und Sulzbach aus gingen Halbfertigprodukte, "Halbzeug", per Achse nach Nürnberg und per Schiff zum Umschlagplatz Regensburg. Die "Große Hammereinung " von 1387 unterzeichneten allein 68 Hammermeister, die sich zu einem kartellartigen Verbund zusammenschlossen und somit die vertragliche Grundlage für dieses aufstrebende Gewerbe schafften. Für die vielen eisenverarbeitenden Handwerkszweige vom Blechschmied bis zum Plattner, vom Nagelschmied bis zum Werkzeugschlosser, war das Oberpfälzer Eisen die Rohstoffgrundlage. Die Blütezeit reichte bis zum Ausbruch des 30-jährigen Krieges. Die Region galt damals als eines der besten und einträglichsten Fürstentümer Europas.[2]
Karl IV., seit 1347 auch böhmischer König, gelang es 1349, den Pfalzgrafen Rudolf II. auf seine Seite zu ziehen, indem er dessen Tochter Anna heiratete. Annas Morgengabe wurde nicht als Geldzahlung geleistet sondern die pfälzischen Orte Neidstein, Velden, das Eisenerzbaugebiet um Auerbach und Plech, Hartenstein an Karl verpfändet. Somit gelangte Karl erstmals in den Besitz von oberpfälzischen Gebieten und kam damit seinem Ziel näher, seine böhmischen Länder durch sichere Straßen mit den reichspolitisch wichtigen Städten Nürnberg und Frankfurt aber auch mit dem lukrativen europäischen Handelsnetz zu verbinden.
Da Anna bereits 1353 noch vor ihrem Vater verstarb, konnte Karl sich die gewonnenen Territorien nicht durch Erbrecht sichern.[3] Sowohl Rudolf II. als auch Ruprecht I. waren jedoch bei Karl IV. stark verschuldet; so war ihm die Schaffung eines gebietlich zusammenhängenden Besitzes möglich. Die wirtschaftliche Stärke Böhmens ermöglichte Karl von den „ewig geldbedürftigen Pfalzgrafen“ umfangreiche Ländereien zu erwerben, insbesondere Störnstein, Neustadt an der Waldnaab, Hirschau, Hohenstein, Hersbruck und Auerbach.[4]
Als Rudolf 1352 starb, setzte Karl gegenüber den übrigen Erben durch, dass der Großteil der nördlichen Oberpfalz an ihn fiel. Auch die bisher verpfändeten Gebiete gingen endgültig in böhmischen Besitz über. Anlässlich seiner Kaiserkrönung in Rom wurde das sogenannte neuböhmische Gebiet zwischen Nürnberg und dem Böhmerwald mit einem Majestätsbrief Karl IV. vom 5. April 1355 der böhmischen Krone unterstellt. Karl schuf für Neuböhmen eine modern anmutende Verwaltung, die direkt dem böhmischen König unterstellt war. An der Spitze der erstmals eingeführten königlichen Beamten stand ein Landeshauptmann mit Sitz in Sulzbach.[5] Die Oberpfalz erlebte damals eine wirtschaftliche Blütezeit, weshalb sie teilweise als das Ruhrgebiet des Mittelalters bezeichnet wird.
Ab 1373 änderte Karl IV. seine Hausmachtpolitik und strebte einen Zugang zur Ostsee an. Im Austausch für die wittelsbachische Mark Brandenburg trat er im Vertrag von Fürstenwalde den größeren Teil von Neuböhmen mit der Hauptstadt Sulzbach, Hirschau, Hersbruck und Floss an den ehemaligen Markgrafen von Brandenburg Otto V. ab, der es mit Bayern-München vereinigte. Das restliche Neuböhmen mit der neuen Hauptstadt Auerbach verblieb noch fast drei Jahrzehnte bei Karls Nachfolger Wenzel, es war aber nur noch eine Kette von Burgen und Städten, die sich von Bärnau bis Erlangen zog. Als Wenzel 1400 von den deutschen Kurfürsten abgesetzt wurde, eroberte der neue König, Ruprecht III., seit 1398 Kurfürst von der Pfalz, Auerbach und zerschlug Neuböhmen vollends. Nach dem Tode König Ruprechts im Jahre 1410 wurde das pfälzische Territorium unter seinen vier Söhne aufgeteilt, wobei Ludwig III. und Johann die wichtigen Gebiete um Neumarkt, Amberg und Neunburg vorm Wald erhielten. Ludwig, der älteste Sohn, erhielt zusätzlich zur Kurstimme auch das Kurpräzipium, d. h. das unteilbare Gebiet um die Residenzstädte Heidelberg und Amberg, das über zwei Jahrhunderte hinweg den Zusammenhang der Oberen Pfalz mit der Rheinpfalz sicherstellte.
Hussitenkriege
Ab 1422 fielen die Hussiten mehrfach in die Oberpfalz und das angrenzende Fichtelgebirge ein, die größten Einfälle waren in den Jahren 1427 und 1428 zu beklagen, weitere folgten 1433 und – letztmals – 1434. Die Bedrängnis durch die Hussiten war groß, viele Stadt- und Befestigungsanlagen wurden deswegen verstärkt. Auch Märkte erhielten damals die Erlaubnis, Stadtmauern zu bauen, ein Recht, das ursprünglich nur den Städten vorbehalten war. Der Bau der Befestigungsanlagen führte Märkte, Städte und Gemeinden fast in den Ruin, so hoch waren die Baukosten für die Mauern und Türme. Aus alten Urkunden ist ersichtlich, dass Kommunen von der Steuerpflicht befreit und mit umfangreichen Privilegien bedacht wurden, damit sie sich den Schutz gegen die Hussiten leisten konnten.
Die Oberpfalz war am 21. September 1433 Schauplatz der berühmten Schlacht bei Hiltersried. Adelige, Bürger und Bauern aus der ganzen Oberpfalz stellten sich unter Führung von Johann von Pfalz-Neumarkt einem Teil des hussitischen Heeres entgegen, und es gelang, die gefürchtete hussitische Wagenburg zu zerstören und den Hussiten eine vernichtende Niederlage beizubringen. In der Folge ließen die Einfälle der Hussiten in der Oberpfalz nach, was jedoch weniger dieser militärischen Niederlage als internen Zerwürfnissen und einem Vergleich des Reiches mit Böhmen geschuldet war.
Reformation


Beginnend mit der Stadt Weiden 1522,[6] konnte der Protestantismus in der Oberpfalz Fuß fassen. Der Weidener Geistliche Johann Weber setzte sich für die Ideen Luthers ein. Nach einer Untersuchung durch den Rat der Stadt auf Anordnung des Landesfürsten stellte sich heraus, dass die Bürgerschaft gänzlich hinter der lutherischen Lehre stand, worauf ein länger andauernder Disput mit der kirchlichen Leitung in Regensburg folgte. Mehrere Geistliche wurden nach Weiden versetzt, sie alle folgten Luthers Lehren. Die Kurfürsten waren der neuen Religion gegenüber zunächst neutral eingestellt. Kurfürst Ottheinrich bekannte sich 1556 zum Luthertum. Sein Nachfolger Friedrich III. wandte sich dem Calvinismus zu, doch wurde dessen Verbreitung zunächst durch die lutherischen Sympathien von Friedrichs Sohn Ludwig, der in Amberg Statthalter war, und die seit etwa 1488 bestehenden oberpfälzischen Stände begrenzt. Erst unter Ludwigs Nachfolgern Johann Kasimir und Friedrich III. wurde der Calvinismus offiziell in der Oberpfalz eingeführt und konnte sich vor allem in der Oberschicht durchsetzen, während das Volk oft lutherisch blieb. Zur fehlenden Akzeptanz des Calvinismus mag einerseits ein Mangel an einheimischen Geistlichen, andererseits die Strenge der neuen Lehre, die sich etwa in der Entfernung der Bilder aus den Kirchen niederschlug.
Zwischen 1552 und 1554 brachte der Zweite Markgrafenkrieg neues Leid und Not über die Bevölkerung. Besonders berüchtigt waren die Truppen des Markgrafen Albrecht Alcibiades, die plündernd und raubend durch die Oberpfalz zogen. Ab 1537 verlor die vorher reichsunmittelbare Abtei Waldsassen mit dem Stiftland ihre Unabhängigkeit und wurde zunächst von Administratoren verwaltet und schließlich 1571 aufgelöst und ins kurpfälzische Territorium eingegliedert.
Dreißigjähriger Krieg
Anfang des 17. Jahrhunderts war Kurfürst Friedrich V. das Haupt der Protestantischen Union. 1619 wurde er von den aufständischen böhmischen Ständen zum König gewählt, doch beendete seine Niederlage gegen kaiserliche Truppen in der Schlacht am Weißen Berg am 8. November 1620 den Traum von Kurpfalz-Böhmen als protestantische Führungsmacht. Aufgrund seiner kurzen Regentschaft in Böhmen trägt Friedrich V. auch den Beinamen Winterkönig.

Mit der Niederlage Friedrichs V. endete die kurpfälzische Herrschaft über weite Teile der heutigen Oberpfalz, als das Gebiet 1621 von bayerischen Truppen besetzt und Herzog Maximilian I. von Bayern als kaiserlicher Kommissar eingesetzt wurde. 1628 kam das Fürstentum der Oberen Pfalz offiziell wieder zum bayerischen Staatsverband. Die Herzogtümer Pfalz-Neuburg und Pfalz-Sulzbach blieben unangetastet.
Dies führte zu einer Zäsur in der oberpfälzischen Geschichte, denn die Eingliederung in den bayerischen Staat führte sowohl zur Verlagerung des Machtzentrums von Amberg nach München und der Haupthandelswege weg von Nürnberg, Amberg, Pilsen und Prag. Wien und München prosperierten, während Prag und Amberg zurückfielen. Die eigenständige geschichtliche Entwicklung der Oberpfalz war damit beendet. Maximilian sah in der Oberpfalz ein erobertes Land; dementsprechend gering war sein Interesse, die Region zu fördern. Maximilian und seine neuen oberpfälzer Untertanen beäugten einander mit Misstrauen.
Der Dreißigjährige Krieg traf die Oberpfalz besonders hart, denn aufgrund ihrer geografischen Lage und der unmittelbaren Nähe zu Böhmen war sie ständig das Durchzugsgebiet kaiserlicher und schwedischer Truppen, die rücksichtslos plünderten und brandschatzten. Auch Aufforderungen des bayerischen Kurfürsten Maximilian an seine militärischen Befehlshaber, besser Regiment zu halten und Übergriffen der Soldaten auf die Bevölkerung entgegenzuwirken, zeigten keinen Erfolg. Nach diesem langen Krieg war das Land weitgehend zerstört und hatte jegliche wirtschaftliche Bedeutung und Leistungskraft verloren. Krieg, Hunger und Pest hatten die Bevölkerung dezimiert. Aus alten Steuerbüchern ist zu entnehmen, alles stehe öd, weil die Untertanen an Pest gestorben, von dem Kriegsvolk verdorben oder weggezogen sei. Aus dem Steuerbuch von Weiden ist überliefert, dass von 530 Einwohnern nur 316 den Krieg überlebten. Die Stadt war völlig ausgeplündert. Weiden verkam, wie der Großteil der oberpfälzischen Städte, zu einer unbedeutenden Ackerbaugemeinde. Insgesamt wurde die Oberpfalz weithin für lange Zeit zu einem reinen Agrarland und eine wenig beachtete bayerische Provinz.
Einen Sonderfall bildete die Landgrafschaft Leuchtenberg, die zwar im Gegensatz zur restlichen Oberpfalz katholisch geblieben war, aber deren Herren im Jahr 1646 im Mannesstamm ausstarben. Auch die Landgrafschaft wurde von den Verheerungen des Krieges heimgesucht, da sich die Landsknechte kaum um die Religion der Bewohner der gerade besetzten Gebiete kümmerten. 1646 erbte Albrecht VI., ein Bruder Herzog Maximilians, der mit einer Tante des letzten Leuchtenbergers verheiratet gewesen war, den Besitz. Er bezeichnete sich allerdings nicht als Landgraf, sondern als Herzog von Leuchtenberg. Schon 1650 ging das Gebiet im Rahmen eines Tausches an seinen Neffen Maximilian Philipp Hieronymus (Bayern-Leuchtenberg) und nach dessen Tod 1705 an den bayerischen Kurfürsten. Der jeweilige bayerische Herrscher führte danach unter anderem den Titel Landgraf von Leuchtenberg.
Der Versuch einer Versöhnung zwischen Katholiken und Protestanten ging von Herzog Christian August von Pfalz-Sulzbach aus. Während er selbst 1656 zum Katholizismus konvertierte erlangte er die Unabhängigkeit von seiner Neuburger Verwandtschaft. Doch seine ehemaligen Glaubensgenossen hatte der Fürst nicht vergessen: Unter seiner Regentschaft wurde die Regelung, dass die Untertanen die Konfession ihres Regenten haben sollen, aufgehoben und das Simultaneum eingeführt. Man konnte also frei wählen, ob man katholisch oder protestantisch war, musste sich aber damit abfinden die Ortskirche mit der jeweils anderen Religionsgemeinschaft zeitlich zu teilen. Eine Regelung, die zwar für einigen Ärger in den folgenden Jahrhunderten führte, aber kostensparend war und bis nach 1900 in vielen Gemeinden praktiziert wurde.[7]
18. Jahrhundert
Die religiöse Lage blieb auch nach dem 30-Jährigen Krieg sehr angespannt. 1684 vertrieb Ferdinand August, gefürsteter Graf von Störnstein aus dem böhmischen Haus Lobkowitz, die Juden aus Neustadt a.d. Waldnaab. Vier Familien werden die Stammväter der jüdischen Gemeinde von Floß. 1687 erteilt die Regierung von Pfalz-Sulzbach die Genehmigung, vier Häuser auf dem späteren Judenberg zu errichten. Bald entstehen dort weitere Wohngebäude, die alle in jüdischem Besitz waren. Bis in die Mitte des 19. Jahrhunderts wohnte kein Jude im Zentrum von Floss, der Floßbach teilte den Ort in einen christlichen und einen jüdischen Bereich, der jüdische Teil war auch eine eigene politische Kommune, die noch im 19. Jahrhundert Bestand hat. Die Flosser Juden lebten größtenteils vom Wollhandel und mussten jährlich Schutzgelder zahlen. Schon 1692 legte die jüdische Gemeinde einen eigenen Friedhof an. 1721 wurde eine Synagoge aus Holz errichtet, doch ein Großbrand am 26. April 1813 zerstörte den Judenberg mit der Synagoge. Zwischen 1815 und 1817 wurde eine neue Synagoge und 1814 ein simultanes Schulgebäude errichtet. Zum damaligen Rabbinatsbezirk gehörten die Nachbarorte Neustadt an der Waldnaab, Weiden in der Oberpfalz und zeitweilig auch die Städte Waldsassen und Tirschenreuth. Einen eigenen Artikel gibt es zum Judentum in Regensburg.
Nachdem bereits von 1708 bis 1714 Kurfürst Johann Wilhelm aus der wittelsbachischen Nebenlinie Pfalz-Neuburg kurzzeitig mit der Oberpfalz belehnt worden war, erbte Karl Theodor der ursprünglich nur Sulzbacher Herzog war, 1742 das Kurfürstentum Pfalz mit allen Nebenländern. Doch für seinen Oberpfälzer Besitz interessierte sich der Herrscher nicht, er regierte mit großer Prachtentfaltung in Mannheim und Düsseldorf. 1777 erbte der Kurfürst von der Pfalz, u. a. auch Herzog von Pfalz-Sulzbach und Herzog von Pfalz-Neuburg, nach dem Aussterben der bayerischen Linie der Wittelsbacher das Kurfürstentum Bayern.[8] Damit waren alle wesentlichen Teile der heutigen Oberpfalz (Obere Pfalz, Pfalz-Neuburg, Pfalz-Sulzbach und die Landgrafschaft Leuchtenberg) mit Ausnahme Regensburgs im neuen Doppel-Kurfürstentum Kurpfalz-Bayern vereinigt. In der Folge wurde 1791 die Sulzbacher Regierung aufgelöst und der Amberger unterstellt. 1799 wurden schließlich das Fürstentum der Oberen Pfalz, das Herzogtum Pfalz-Sulzbach und die Landgrafschaft Leuchtenberg zur Provinz Oberpfalz zusammengefasst und Regierung und Hofkammer in Amberg in eine Landesdirektion (Generalkommissariat) umgewandelt. 1803 wurden auf Grundlage des Reichsdeputationshauptschlusses weitere kleinere Gebiete der Oberpfalz einverleibt. 1806 wurde die gefürstete Grafschaft Neustadt-Störnstein Teil des neuen Königreichs Bayern und der Oberpfalz angegliedert.
Entstehung des heutigen Bezirks
In den Jahren 1806 bis 1808 wurde das Königreich Bayern in 15 (staatliche) Kreise eingeteilt, deren Namen sich gemäß französischem Vorbild nach Flüssen richteten. Bei der Bildung der neuen Kreise wurde auf historisch-gewachsene Zusammenhänge bewusst keine Rücksicht genommen. Der die südliche Oberpfalz und Teile Niederbayerns umfassende Regenkreis bestand zunächst aus 13 Landgerichten und (seit 1809) der kreisunmittelbaren Stadt Straubing. 1810 wurde er erheblich vergrößert, unter anderem durch das Fürstentum Regensburg. Danach wurde Regensburg Sitz des Generalkreiskommissariats. Der Regenkreis gab aber auch Gebiete an den Unterdonaukreis ab. Aus den 14 Landgerichten der mittleren und nördlichen Oberpfalz wurde der Naabkreis gebildet. Hauptstadt war die jetzt kreisunmittelbare Stadt Amberg. Das Gebiet des bis 1808 als Verwaltungseinheit weiterbestehenden Pfalz-Neuburg wurde auf die beiden genannten Kreise sowie auf den Altmühlkreis aufgeteilt. Bei der Neugliederung der Kreise 1810 wurde der Naabkreis aufgelöst. Die nördlichen Landgerichte kamen zum Mainkreis, die südlichen zum Regenkreis. Dabei verlor Amberg nach über 450 Jahren seine Funktion als oberpfälzischer Regierungssitz.
Bei der von König Ludwig I. veranlassten Gebietsreform vom 29. November 1837, bei der man sich auf die historisch-gewachsenen Landesbezeichnungen und landschaftlichen Zusammenhänge besann, erfolgte nach Zusammenlegung der vormals zum Obermainkreis gehörenden Landgerichte des 1810 aufgelösten Naabkreises (Ebnath, Eschenbach, Kemnath, Neustadt a. d. Waldnaab, Tirschenreuth, Waldsassen) mit dem Großteil des Regenkreises die Umbenennung in Kreis Oberpfalz und Regensburg. Zum 1. April 1932 wurden die Regierungsbezirke Niederbayern und Oberpfalz und Regensburg zum Regierungsbezirk Niederbayern und Oberpfalz mit dem Sitz der Regierung in Regensburg zusammengelegt.

Die letzte Kriegshandlung in der Oberpfalz war die Schlacht bei Regensburg 1809, danach blieb die Region für über 100 Jahren von kriegerischen Ereignissen verschont. Gleichzeitig waren nach dem Wiener Kongress 1814/15 sämtliche Grenzen der Oberpfalz (außer der zu Böhmen) aufgehoben oder wirtschaftlich bedeutungslos. Damit konnte die Erholung der Region endlich wieder einsetzen. Die Nähe zu Franken, die niedrigen Löhne, die Verfügbarkeit von Rohstoffen (Kaolin, Eisenerz, Braunkohle) und die liberale bayerische Wirtschaftspolitik führten zu einer ersten Industrialisierungswelle, ganz im Gegensatz zum immer noch stark agrarisch geprägten Südbayern. Beispiele dafür sind die Porzellanfabrik Tirschenreuth (Gründung 1838), die Maxhütte (Sulzbach-Rosenberg) (1851), die Fa. Nachtmann (Gründung in Waldmünchen 1834) und die Maschinenfabrik Reinhausen (1868). Zeitgleich erfolgte die bahntechnische Erschließung der Oberpfalz durch die 1856 gegründete Bayerische Ostbahn, die ihr Streckennetz in rasender Geschwindigkeit von Regensburg (1859) nach Cham (1861) und Mitterteich (1864) ausdehnten. Die Gesellschaft wurde zwar 1875 verstaatlicht, verfügte aber in dem Jahr schon über 900 km Streckenkilometer. Ebenfalls im 19. Jahrhundert vervielfachte sich die Bevölkerungszahl mancher Kommunen, so lebten in Amberg im Jahr 1800 5763 Menschen, 1910 waren es schon 25.242 Bürger.[9]

20. Jahrhundert
Im Rahmen der Novemberrevolution wurde die Wittelsbacher Monarchie abgesetzt. In Folge rief am 8. November 1918 Kurt Eisner, Schriftsteller und Journalist, Gründungsmitglied der USPD, in Bayern einen Volks- bzw. Freistaat aus, den Freien Volksstaat Bayern. Wie sich schnell herausstellte war diese Bezeichnung eine reine Worthülse, Bayern verlor 1919 die Reservatrechte aus dem Kaiserreich und wurde den anderen Ländern gleichgestellt. Die drakonischen Steuererhöhungen der jungen Republik, wie etwa das Reichsnotopfer, die Hyperinflation und die chaotischen Regierungswechsel führten zu einer ablehnenden Haltung Bayerns einschließlich der Oberpfalz gegenüber der Reichsregierung. Das politische Spektrum in der Weimarer Republik war in Bayern gänzlich anders als im restlichen Reich. Parteien wie die liberale DDP, die nationalliberale DVP, das katholische Zentrum und die nationalkonservative DNVP waren in Bayern Randerscheinungen oder inaktiv. Stattdessen dominierte die Bayerische Volkspartei, die Schwesterpartei des Zentrums und der unmittelbare Vorgänger der heutigen CSU. Zwischen 1919 und 1932 erzielte sie bei Reichstagswahlen im Wahlkreis Niederbayern/Oberpfalz Wahlergebnisse zwischen 43,6 % und 56,9 %. Um Platz 2 stritten sich die SPD hier mit dem liberal-konservativen Bayerischen Bauernbund, der 1928 mit 24,7 % sein Spitzenergebnis erreichte und 1932 auf knapp unter 10 % abrutschte. Die NSdAP erreichte in den beiden Reichstagswahlen im Jahr 1932 erst 20,4 % und dann 18,5 % in Niederbayern und der Oberpfalz. Die Wählerschaft in der Oberpfalz war also durchgehend konservativ-klerikal, bayerisch-patriotisch und sozialliberal eingestellt. Rechtsextreme, deutschnationale Gruppen hatten hier keine Chance. Die Wende kam erst mit der Machtergreifung 1933, die letzte halbwegs demokratische Wahl im März brachte den Nazis 39,2 % in Ostbayern ein, die Anzeichen von Terror und Diktatur waren für die Wähler schon unverkennbar, etwa durch den Reichstagsbrand und die Reichstagsbrandverordnung im Februar.[10] Zum 1. April 1932 wurden die Regierungsbezirke Niederbayern und Oberpfalz und Regensburg zum Regierungsbezirk Niederbayern und Oberpfalz mit dem Sitz der Regierung in Regensburg zusammengelegt. Der von Nationalsozialisten auf Initiative von Hans Schemm 1933 geschaffene Gau Bayerische Ostmark umfasste neben Niederbayern und der Oberpfalz auch noch Oberfranken. Diese ahistorische Struktur, die sich über drei grundverschiedene Landesteile erstreckte, war eigentlich nur eine Parteiorganisation der NSDAP, de facto aber das tatsächliche Machtzentrum der Region von 1933-45. Gauhauptstadt war Bayreuth. Als Hauptverbindungsachse dieses Gaues wurde die Bayerische Ostmarkstraße von Oberfranken nach Passau erbaut. 1942 erhielt der Gau den Namen „Gau Bayreuth“.[11] Der schwärzeste Moment der Oberpfälzer Geschichte begann mit der Gründung des KZ Flossenbürg 1938, mindestens 30.000 Menschen fanden hier und in den über ganz Nordbayern und Böhmen verstreuten Außenlagern bis 1945 den Tod.
Ab 1943 wurde Regensburg über 10-mal von den Alliierten bombardiert, die Kriegsschäden beschränkten sich aber auf die Außenbezirke, Industrie- und Bahnanlagen. Regensburg konnte so seine wertvolle historische Bausubstanz größtenteils in die Gegenwart retten. Mit dem Anrücken der amerikanischen Truppen im Frühjahr 1945 gerieten die meisten oberpfälzischen Städte ins Schussfeld. Am 23. Februar erwischte es Neumarkt das erste Mal, 5. April wurden Weiden und Grafenwöhr bombardiert, am 8. massiv Grafenwöhr, am 9. Amberg, am 11. wieder Amberg und vor allem Neumarkt und am 16. wieder Weiden. Am 17. April wurde Schwandorf komplett zerstört, es soll 1250 Todesopfer gegeben haben. Nach dem Angriff auf Cham am 18. April wurde die Bombardierung weitgehend eingestellt, der Einmarsch der Amerikaner begann. Am 19. April wurde der Kasernenstandort Grafenwöhr erobert, am 22. dann die größten Städte im Norden Amberg und Weiden, diese weitgehend kampflos während in Neumarkt heftig gekämpft wurde, am Ende wurden die Ruinen zur Plünderung freigegeben. Am 23. April erfolgt die Erlösung für das KZ Flossenbürg und am gleichen Tag wird das Ruinenfeld von Schwandorf besetzt. Am 25. erreichen die Amerikaner Donaustauf, am 26. Furth im Wald und am 27. April wird Regensburg kampflos übergeben. Bis auf einige Widerstandsnester von SS und Wehrmacht im Osten des Landkreises Tirschenreuth, die erst am 3. Mai aufgeben, ist der 2. Weltkrieg für die Oberpfälzer vorbei.[12] Seit 1945 sind US-amerikanische Truppen in der Oberpfalz stationiert, der Truppenübungsplatz Grafenwöhr hat eine Fläche von 226 km². Auf dem Areal, einem der größten Truppenübungsplätze Europas, wird mit scharfer Munition geschossen.

Normalerweise schrumpft die Bevölkerung während eines Krieges, durch die Gefallenen, die zivilen Opfer und durch den Rückgang der Geburtenrate. Aber der 2. Weltkrieg und seine Folgen waren hier die Ausnahme von der Regel. Lebten am 17.05.1939 noch 694 742 gemeldete Einwohner in der Oberpfalz, so waren es am 13.09.1950 erstaunliche 906 822 Menschen, das sind 30 % Zuwachs. Schon in den letzten Kriegsmonaten hatte ein Strom von Flüchtlingen die Oberpfalz erreicht, vornehmlich aus Schlesien, Ostpreußen, Böhmen und Mähren. Die Menschen flohen vor der anrückenden Roten Armee, die vom NS-Regime als Hauptgegner betrachtet und nach Kräften verleumdet worden war. Schon kurz nach Kriegsende begann zudem eine wilde Vertreibung von Deutschen aus der neu erstandenen Tschechoslowakei. Im Potsdamer Abkommen ereignete sich dann der endgültige Erdrutsch, die osteuropäischen Staaten konnten die Deutschen aus ihren alten und neu hinzugewonnenen Territorien ausweisen. In den Folgejahren strömten Millionen von Menschen durch die Oberpfalz, weitgehend mittel- und vor allem obdachlos. Allein im Jahr 1946 wurden 1,2 Millionen Menschen in den Durchgangslagern in Wiesau und Furth im Wald aufgenommen.[13] Die meisten Vertriebenen konnten nicht in der Oberpfalz bleiben, der Wohnraum war knapp, die Erwerbssituation eher schlecht. Doch ein Bevölkerungswachstum von 30-50 % in Städten mit Industrie und Gewerbe war keine Seltenheit. Auf dem Land war der Zuzug deutlich geringer, die Flüchtlinge und Vertriebenen verließen die Oberpfalz und zogen in westdeutsche Ballungszentren.
Mit der Bayerischen Verfassung von 1946 wurden die Regierungsbezirke (ehemaligen Kreise) in der Form vor 1932/33 wiederhergestellt. Der Zusatz und Regensburg für die Oberpfalz entfiel. Die Trennung wurde jedoch erst 1956 vollständig vollzogen, als die Regierung von Niederbayern aus Regensburg nach Landshut umzog. Auch nach Trennung beider Regierungsbezirke gibt es bis heute Institutionen, deren Zuständigkeiten sich über das Gebiet beider Regierungsbezirke erstrecken. So etwa das Verwaltungsgericht Regensburg, die Handwerkskammer Niederbayern-Oberpfalz, die Tochtergesellschaften der DB Regio AG und Regionalbus Ostbayern, das Regionalstudio Ostbayern des Bayerischen Rundfunks und der Tourismusverband Ostbayern.
Einen letzten Einschnitt in die Geschichte der Oberpfalz bildete die Gebietsreform in Bayern, die in den Jahren 1971 bis 1980 durchgeführt wurde und das Ziel hatte, leistungsfähigere Gemeinden und Landkreise zu schaffen. Das sollte durch größere Verwaltungseinheiten (Gemeindefusionen) erreicht werden, die nach Ansicht der Bayerischen Staatsregierung effizienter arbeiten würden. Im Rahmen der Neugliederung Bayerns in Landkreise und kreisfreie Städte, die am 15. Dezember 1971 beschlossen wurde und am 1. Juli 1972 in Kraft trat, wurden aus vorher 19 Landkreisen insgesamt 7 neue Landkreise. 2 von ehemals 5 kreisfreien Städten verloren ihre Kreisfreiheit. Die Zahl der Gemeinden schrumpfte bis 1978 um 2/3 auf aktuell 223 Kommunen. Überregional bekannt wurde die Oberpfalz durch den Widerstand gegen die Wiederaufarbeitungsanlage Wackersdorf. Die eigentlichen Bauarbeiten dauerten von 1985 bis 1989, begleitet von unzähligen Demonstrationen, Ausschreitungen und Konfrontationen mit der Polizei sowie einer umfassenden Berichterstattung. Nach dem Tod des bayerischen Ministerpräsidenten Franz Josef Strauß 1988, einem der Hauptbefürworter der WAA, wurde das Projekt schnell fallen gelassen. Nach der Projekteinstellung konnte das Gelände von den Managern der WAA innerhalb weniger Wochen an Industriefirmen vermietet oder veräußert werden.[14] BMW schloss zum Jahresende 1989 einen Vertrag zum Kauf eines Teilgeländes (50 ha)[15] ab. Vom Industriepark Wackersdorf profitiert heute vornehmlich die Gemeinde Wackersdorf, die deshalb zu den reichen Kommunen in Bayern gehört. Erschlossen wird die Oberpfalz heute im Wesentlichen durch die A 93 (Fertigstellung im Dezember 2000) und die A 6 (auch Via Carolina genannt, Fertigstellung im September 2008).
Anmerkungen
- ↑ Wilfried Menghin, Die Langobarden, Konrad Theiss Verlag, Stuttgart, S. 196
- ↑ http://www.bayerische-eisenstrasse.de/index.php?id=3085
- ↑ Heribert Sturm: Des Kaisers Land in Bayern, S. 208f.
- ↑ Fritz Schnelbögl: Das „Böhmische Salbüchlein“ Kaiser Karl IV., S. 20
- ↑ Heribert Sturm: Des Kaisers Land in Bayern, S. 210
- ↑ http://www.weiden-stmichael.de/geschichte
- ↑ http://simultankirchenradweg.de/karte.htm
- ↑ Max Braubach: Johann Wilhelm. In: Neue Deutsche Biographie. (NDB). Band 10. Duncker & Humblot, Berlin 1974, ISBN 3-428-00191-5, S. 516–518 (deutsche-biographie.de).
- ↑ Quelle: Statistisches Jahrbuch der Stadt Amberg (PDF; 1,9 MB), 13. Ausgabe, 2010/2011, S. 28.
- ↑ http://www.wahlen-in-deutschland.de/wrtwniedbayobpfal.htm
- ↑ Helmut W. Schaller, Bayerische Ostmark, 1933–1945, in: Historisches Lexikon Bayerns (online).
- ↑ "Sie kommen, Die letzten Kriegstage in der Oberpfalz 1945" Buch- und Kunstverlag Oberpfalz, Amberg, 2. überarbeitete Auflage 2015
- ↑ http://wiki-de.genealogy.net/Grenzdurchgangslager_in_Bayern
- ↑ Ein seltenes Glück – Das teuerste Industriegelände, das je in Deutschland zu vergeben war, wird nun von kleinen und großen Unternehmen besiedelt. – (Der Spiegel vom 24. Juli 1989)
- ↑ Autositze statt Autonome – Neue Nutzung für Gelände der atomaren Anlage Wackersdorf – (Neue Zürcher Zeitung vom 17. November 2003)
Literatur und Quellen
- Ackermann, Konrad: Die Oberpfalz. Grundzüge ihrer geschichtlichen Entwicklung. Druckhaus E. Kastner, Wolnzach 1987.
- Benker, Gertrud: Heimat Oberpfalz. Pustet, Regensburg 1965.
- von Destouches, Joseph: Statistische Beschreibung der Oberpfalz vor und nach der neusten Organisation. 3 Teile. Seidelsche Kunst- und Buchhandlung, Sulzbach 1809 (Digitalisat SUB Göttingen)
- Schiener, Anna: Kleine Geschichte der Oberpfalz. Verlag Friedrich Pustet, Regensburg 2011.
- Schöberl, Matthias: Vom pfälzischen Teilstaat zum bayerischen Staatenteil. Landesherrliche Durchdringungs- und Religionspolitik kurpfälzischer und kurbayerischer Herrschaft in der Oberen Pfalz von 1595 bis 1648. Dissertation, Universität Regensburg 2006 (Volltext).
- Becker, Hans-Jürgen (Hg.): Der Pfälzer Löwe in Bayern. Zur Geschichte der Oberpfalz, Universitätsverlag Regensburg, 1997.
- http://www.stiber-faehnlein.de/xhistorisch/pest.htm