Zum Inhalt springen

Zustandsraumdarstellung

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Dies ist eine alte Version dieser Seite, zuletzt bearbeitet am 12. März 2006 um 20:30 Uhr durch 217.162.176.206 (Diskussion). Sie kann sich erheblich von der aktuellen Version unterscheiden.

Der Zustandsraum in der Automatisierungstechnik bezeichnet eine Regelungsstruktur im Zeitbereich. Hierbei werden inneren Einzelzustände des Systems zu einem Vektor zusammengefasst, dem Zustandsvektor, der als Ortsvektor eines Punkts im (zwei- oder mehrdimensionalen) Zustandsraum interpretiert wird. Der Zustandsvektor bewegt sich zeitlich auf einer Kurve, der Trajektorie, durch den Zustandsraum. Für ein gegebenes Eingangssignal geht dabei durch jeden Punkt des Zustandsraums genau eine Trajektorie, was (im zweidimensionalen Fall) graphische Darstellungen ermöglicht. Es handelt sich mathematisch gesehen um einen Phasenraum.

Vorteile gegenüber einer Systemcharakterisierung im Frequenzbereich, z.B. durch die Übertragungsfunktion, ergeben sich durch die Uneingeschränktheit der Allgemeinheit, da die Laplace-Transformation bestimmte Anfangsbedingungen voraussetzt, die in der Zustandsraumdarstellung frei gewählt werden können. Auch wird durch die Übertragungsfunktion (ebenso wie durch die Impuls- oder Sprungantwort im Zeitbereich) lediglich das Ein-/Ausgangsverhalten beschrieben, nicht jedoch das, was innerhalb des Systems geschieht. Dies ist aber beispielsweise im Hinblick auf die Stabilität interessant: Es kann – je nach Struktur des Systems und Wahl des Eingangssignals – zu einer Resonanzkatastrophe im Innern des Systems kommen, ohne dass sich dies (rechnerisch) im Ausgangssignal zeigt. Die Zustandsraumbeschreibung schafft hier Abhilfe.

Zustandsgleichungen

Für zeitkontinuierliche Systeme lauten die linearen Grundgleichungen in vektorieller Form:


Der Zustand x ist der Zustandsvektor. Über die Matrizen A und B sind die Verkettungen der einzelnen Zustände, samt die Zugriffe über die Steuervariablen (Eingangsgrößen) u darstellbar. Die Matrix A wird als Systemmatrix, B als Steuermatrix bezeichnet. Mittels der Koppel- oder Beobachtungsmatrix C sind die Verkettungen der Ausgangsgrößen beschreibbar. Die Durchgangsmatrix D beschreibt die Durchgriffe des Systems, sie ist bei nicht sprungfähigen Systemen Null.

Einen wichtigen Sonderfall stellen Systeme mit einer Ein- und einer Ausgangsgröße dar (SISO Single Input, Single-Output Systeme). Hier sind und Vektoren und ein Skalar. Es werden dann häufig die Formelzeichen , und d verwendet.

In vielen Fällen interessiert anstelle eines kontinuierlichen Verlaufs nur der Systemzustand zu diskreten Zeitpunkten, beispielsweise den Abtastzeitpunkten bei Regelung durch einen Digitalrechner. In diesem Fall ist x anstelle einer vektorwertigen Funktion der Zeit eine Folge von Vektoren. An die Stelle der Zustandsdifferentialgleichung tritt dann eine Differenzengleichung.

Die Typen der linearen Grundgleichungen:

System-Typ Zustandsraum-Modell
Kontinuierlich Zeitinvariant
Kontinuierlich Zeitvariant
Diskret Zeitinvariant
Diskret Zeitvariant
Laplace-Transformierte
Kontinuierlich Zeitinvariant

Z-Transformierte
Diskret Zeitinvariant

Ähnlichkeitstransformation

Die Zustandsraum-Darstellung ist nicht eindeutig. Zum gleichen System existieren viele Zustandsraum-Darstellungen. Anstatt der gewohnten Zustandsvariablen kann man auch einen neuen Satz an Zustandsvariablen benutzen, falls man durch beschreiben kann. , wobei eine reguläre, lineare Transformationsmatrix ist, d.h. muss durch ohne Hinzufügen von Eingängen oder Ableitungen beschreibbar sein.

Es gilt dann:

Die neue Zustandsraumdarstellung beschreibt das gleiche System. Es ist deshalb selbstverständlich, dass alle Systemeigenschaften bei der Transformation unverändert bleiben.

Übertragungsfunktion

Die "Übertragungsfunktion" eines kontinuierlichen zeitinvarianten Zustandsraum-Modells kann auf folgende Weise hergeleitet werden:

durch die Laplace-Transformation erhält man

welches durch in der Ausgangs-Gleichung substituiert wird

und die Übertragungsfunkion ergibt

Allgemeine Lösung im Zeitbereich

Die allgemeine Lösung im Zeitbereich erhält man durch:

Schwierigkeiten kann dabei die Matrixexponentialfunktion bereiten, die analog zur skalaren Exponentialfunktion definiert ist durch die Potenzreihe

Um hier einen geschlossenen Ausdruck angeben zu können, ist es hilfreich, mittels Hauptachsentransformation auf Diagonalgestalt zu transformieren. Für eine Diagonalmatrix der Form

ergibt sich dann die Matrixexponentialfunktion zu

Normalformen

Normalformen werden benutzt, um strukturelle Eigenschaften eines Systems klar hervor zu heben. Oft besitzt ein System in der Zustandsraumdarstellung Zustandsvariablen, welche sich nicht bemerkbar machen im Übertragungsverhalten des Systems. So kann es z.B. sein, dass sich Pole und Nullstellen kürzen, so dass diese keinerlei Einfluss auf haben. Diesen Fall nennt man eine nicht Minimalrealisation des Systems, und dies führt dazu, dass das System entweder nicht steuerbar, nicht beobachtbar, oder gar beides nicht ist.

Die gegebene Übertragungsfunktion kann mit folgendem Ansatz in eine Zustandsraumdarstellung transferiert werden:

Die gegebene Übertragungsgfunktion wird in die Zähler- und Nennerfaktoren ausmultipliziert

.

Die Koeffizieten können nun einfach direkt in die Zustandsmatrizen eingetragen werden:

.

Diese Zustandsraum-Realisierung wird Regelungsnormalform genannt, wenn das Model steuerbar ist.

Siehe auch:

Kontrolltheorie | Regelungstechnik