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Perser (Volk)

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Die Perser waren ursprünglich ein westiranisches Volk in der Region nördlich des (nach ihnen benannten) persischen Golfs, im Gebiet der Persis (die heutige iranische Provinz Fars). Heute bezeichnet man allgemein alle persischsprechenden Menschen iranischer Herkunft als Perser. In Zentralasien nennt man sie Tadschiken, im Kaukasus nennt man sie Tat. Die arabische Bezeichnung für die Perser ist Adscham (Nichtaraber). Im Laufe der Geschichte haben die Perser auch arabische und türkische Elemente aufgenommen, die jedoch die iranische Identität nicht verdrängen konnten.

Ursprung des Wortes Perser

Das Wort Perser bzw. Farsi hat seinen Ursprung im Wort Persis, einer Region im Süden des heutigen Iran und einstiges Zentrum des persischen Weltreiches.

Das Wort war ursprünglich der Name nur eines einzigen iranischen Stammes. Doch nach dem Siegeszug der Makedonen, die alle iranisch-stämmigen Menschen im Perserreich Perser nannten, wurde dieser Begriff immer mehr zur Selbstbezeichnung aller persischsprechenden Menschen der Region, die iranischer Abstammung waren.

Die Araber, die im 7. Jht. n. Chr. Persien im Zeichen des Islam eroberten, konnten den Buchstaben "P" nicht aussprechen bzw. schreiben, im arabischen Alphabet gibt es kein "p". Somit wurde das alte griechisch-persische Parsi zu Farsi, obwohl das persische Alphabet (erweitertes arabisches Alphabet) ein "p" kennt. Heute ist dieser Begriff sowohl der Name der Bevölkerung, als auch umgangssprachlich der Name der persischen Sprache.

Bis zum Siegeszug der Araber war das Wort Parsi keine Selbstbezeichnung der Perser. Wie alle iranischen Stämme bevorzugten auch sie die Identität ihrer arischen (=iranischen) Vorfahren, und bezeichneten sich selbst Iranier und ihr Land Iran (mit verschiedenen Aussprachen: Aryana, Eran, Eron, Iran-Shahr, etc.) So bezog sich der Prophet Zarathustra direkt auf die iranischen Völker, und auch der persische Dichter Ferdousi erzählt in seinem Schahnama von Iran und Iraniern. Das Wort Arier darf in diesem Fall jedoch nicht mit dem nationalsozialistischen Bild des Ariers verwechselt werden.

1936 bat der damalige Staat Persien die internationale Gemeinschaft, das Land fortan nur noch Iran zu nennen - unter massiven Protesten des Nachbarstaates Afghanistan, welcher, wie heute auch Tadschikistan, ebenfalls den Begriff kulturell für sich beansprucht.

Heute unterscheidet man zwischen:

  • Iraner = Staatsbürger der Islamischen Republik Iran
  • Iranier = Menschen mit iranischer Abstammung, d.h. Nachkommen der einstigen iranischen Baktrier, Perser, Meder, Sogdier, Parther, etc. Im engeren Sinn handelt es sich dabei hauptsächlich um die heutigen Perser (Tadschiken), Kurden, Paschtunen und Belutschen. In der persischen Mythologie bezieht sich das Wort nur auf die Perser.
  • Perser = persischsprachige Menschen iranischer Herkunft. Die Kurden und Paschtunen sind demnach keine Perser.
  • Tadschiken = Alt-türkische Bezeichnung für Perser, die in Zentralasien leben. Heute bezieht sich das Wort fast ausschließlich auf die persischsprachige, iranische Bevölkerung in Tadschikistan, Usbekistan und Afghanistan. Im Gegensatz zum Wort Perser hat sich das Wort Tadschik bis heute nicht als Selbstbezeichnung jener Bevölkerung durchgesetzt. Möglicher Ursprung des Wortes ist wahrscheinlich der alt-chinesische Begriff Ta-Hia (Baktrien).
  • Adscham = arabischer Name für das Volk der Perser bzw. alle Nichtaraber; Selbstbezeichnung der persischstämmigen Bevölkerung in Bahrain, Kuwait, UAE und im restlichen arabischen Sprach- und Kulturkreis.

Geschichte

Datei:Persepolis1.jpg
Die antike Hauptstadt der Perser: Persepolis
Datei:Persepolis2.jpg
Darius der Große

Erstmals wurden die Perser nachweislich von den Assyrern in ihren Inschriften aus dem Jahre 843 v. Chr. erwähnt, wo sie in die nordöstlichen Teil Assyriens eindrangen. Die Perser, die sich selbst Artaioi nannten, waren die direkten Nachkommen der Aratti, ein arisches Volk aus dem Osten des antiken Iran (wahrscheinlich die Region Sistan, im Grenzgebiet der heutigen Staaten Afghanistan und Iran). Ca. 1000 v. Chr. wanderten die Aratti in Persis ein (daher der moderne Name Perser). Nach ihrem Sesshaftwerden eroberten sie das Reich von Elam und lösten das medische Reich um 550 v. Chr ab. Das Perserreich entwickelte sich zu einer der bedeutendsten Zivilisationen in Vorderasien und prägte die Geschichte der Menschheit. Nach ihrer Niederlage gegen die Makedonen und Griechen unter Alexander dem Großen wurden sie hellenisiert, behielten aber ihren großen kulturellen Einfluss über Jahrhunderte hinweg.

Die heutigen Perser sind jedoch, wie oben schon angesprochen, nicht identisch mit dem antiken Volk der Perser. Somit kann die Geschichte der Perser nicht auf die Geschichte eines einzigen Volkes miniminiert werden. Für die genauere Geschichte der einzelnen iranischen Völker, den Vorfahren der heutigen Perser, siehe:

Antike

Frühes Mittelalter

  • Abu Muslim Khorassani, persischer Patriot und Widerstandskämpfer
  • Kalifat der Abbasiden, mit dem Kalifat der Abbasiden übernahmen die Perser die Macht in der islamischen Welt
  • Persische Dynastien der:
    • Barmakiden
    • Bujiden, erste unabhängige persische Dynastie nach der Islamisierung in Westpersien
    • Samaniden, erste unabhängige persische Dynastie nach der Arabisierung in Ostpersien
    • Ghuriden, die letzte persische Dynastie in Ostpersien vor der türkischen Eroberung

Spätes Mittelalter bis Neuzeit

Neuzeit

Sprache, Kultur und Religion

Religion

Datei:Persische Kunst.jpg
Persische Miniaturmalerei

Die meisten heutigen Perser bekennen sich zum imamitischen Islam. Diese Tradition geht nicht nur auf die imamitischen Safawiden zurück, die im späten Mittelalter diese Richtung des schiitischen Islam radikal verbreiteten, sondern reicht über die schiitische Dynastie der Bujiden viel weiter zurück, bis zu den Anfängen des Islam in Persien. Heute wird die Kultur der Perser mit dem Schiismus identifiziert. Man bezeichnet allgemein schiitische Perser Farsen, während sunnitische Perser (in Zentralasien) Tadschiken genannt werden. (Genaueres unter: Tadschiken)

Sprache

Ein Großteil der Perser spricht das Neupersische, das eine mit vielen arabischen Wörten durchsetzte und in syrisch-aramäischer Schrift (arabischer Schrift) geschriebene Form des indogermanischen Persisch ist. Somit gehören auch die heutigen Perser zur indogermanischen (indoeuropäischen) Völkerfamilie.

Kultur

Die Perser haben das Bild des Orient maßgeblich geprägt. Das wohl bekannteste Werk der muslimisch-persischen Literatur in der westlichen Welt ist die Geschichtensammlung 1001 Nacht (pers. Hazar-o yak-Schab هزار و يكشب).

Das Herz der persischen Kultur jedoch war und ist die Kunst der Dichtung. Nirgendwo sonst hat die Poesie eine so große Bedeutung im alltäglichen Leben der Menschen, wie im persischen Kulturkreis. Persische Dichter haben maßgeblich an der Entwicklung der neupersischen Sprache und der neupersischen Indentität beigetragen, u.a.:

Ebenfalls Perser/Tadschiken waren einige der berühmtesten Wissenschaftler, Gelehrte und Künstler des Mittelalters:

  • der Arzt Ibn Sina (Avicenna), der heute als Vater der modernen Medizin gilt
  • der Mathematiker Khwarismi; von seinem Namen und seinen Werken sind die Beriffe Algebra und Algorithmus abgeleitet
  • der Dichter und Mathematiker Omar Chayyām
  • der Astronom und Geschichtsschreiber Biruni
  • der Maler Behzad

Perser heute

Weltweit beträgt die Zahl der ethnischen Perser (einschließlich der Tadschiken) mehr als 60 Millionen. Etwa 35-40 Millionen Perser leben im Iran (51% des Landes). In Afghanistan leben 8-10 Millionen Perser/Tadschiken (35% des Landes), weitere 7-10 Millionen Tadschiken leben in Zentralasien. Sie sind das vorherrschende Volk im heutigen Iran und in Tadschikistan. In Afghanistan bilden sie die zweitstgrößte ethnische Gruppe nach den Paschtunen,da die Paschtunen sich wie die Kannickel vermehren. Zudem gibt gibt es bedeutende Gemeinden in Bahrain, im Irak, in Usbekistan, und seit dem Ende des 2. Weltkriegs auch in Europa und in den USA, etwa 3 Millionen

In der Zeit der Islamisierung Persiens floh eine beträchtliche Anzahl von Persern nach Zentralasien, China und auf den indischen Subkontinent, wo sie auch heute noch als eigene ethnische Gruppe (Parsi) bestehen und wo sich Religion, überkommene Bräuche und Sprache besser erhalten haben als im eigentlichen Kerngebiet, das heute fast vollkommen islamisiert ist.

Siehe auch

Iranier · Arier/Iraner · Tadschiken

Literatur

  • Josef Wiesehöfer: Das frühe Persien. Geschichte eines antiken Weltreichs. C.H. Beck, München 1999. ISBN 3406433073
  • Jahanshah Derakhshani: Die Arier in den nahöstlichen Quellen des 3. und 2. Jahrtausends v.Chr. International Publications of Iranian Studies, Teheran 1999 (2. Aufl.). ISBN 964-90368-6-5
  • Richard Frye: Persien. Kindler, Zürich 1962, Magnus, Essen 1975.