Arbeitsvorbereitung
Arbeitsvorbereitung (auch Auftragsvorbereitung oder kurz AV genannt, in der Schweiz ist AVOR üblich, Fertigungsplanung und -steuerung) sind alle vorbereitenden Maßnahmen zur wirtschaftlichen Fertigung von Erzeugnissen. Ein Gebiet der Arbeitsvorbereitung - die Arbeitssteuerung - ist weitestgehend deckungsgleich mit der Produktionsplanung und -steuerung, die wiederum ein Bestandteil der Produktionswirtschaft darstellt. Die Arbeitsvorbereitung beschäftigt sich mit der unmittelbaren Vorbereitung und Beauftragung der Teilefertigung und Montage. Man unterteilt die Arbeitsvorbereitung häufig in:
- Die Arbeitsplanung: Dazu zählen alle einmalig auftretenden Planungsmaßnahmen zur Sicherstellung der wirtschaftlichen Herstellung der Teile, Baugruppen oder Erzeugnisse.
- Die Arbeitssteuerung: Die Arbeitssteuerung ist zuständig für alle Maßnahmen zur Auftragsabwicklung, für die von der Arbeitsplanung die entsprechenden Voraussetzungen geschaffen wurden. Dazu gehört in erster Linie die Beauftragung der Fertigung (meist einer Fertigungskostenstelle), die Versorgung mit dem erforderlichen Produktionsmaterial, die Lagerung oder der Transport der gefertigten Teile, Baugruppen oder Erzeugnisse.
Die Begriffe Fertigungsplanung und Arbeitsplanung sind inhaltlich Synonyme. Mit Fertigungssteuerung bezeichnet man einen Teilaspekt der Arbeitssteuerung (siehe unten), wobei eine klare Trennung im Sprachgebrauch und in der Praxis selten zu finden ist. Die tatsächlich verwendeten Begriffe sind teilweise auch branchenabhängig (z. B. ist in der Baubranche Arbeits... üblicher).
Arbeitsplanung
Zu den einmalig auftretenden Planungsmaßnahmen ist langfristig die Planung des gesamten Fertigungs- und Montagesystems eines Unternehmens zu nennen. Diese technisch- organisatorisch-betriebswirtschaftliche Aufgabe wird vielfach auch mit Fabrikplanung bezeichnet.
Zur Arbeitsplanung im engeren Sinne gehören:
- die Wahl der geeigneten Produktionsprozesse
- die Planung des Arbeitsplatzes und Materialflusses
- die Konzeption von Fertigungshilfsmitteln
- die Materialplanung[1]
- die Kostenplanung
- die Programmierung von Fertigungseinrichtungen (z. B. CNC-Steuerung)
- die Kalkulation der Erzeugniskosten (aufbauend auf dem Arbeitsplan)
- der Aufbau von Arbeitsunterlagen
- Arbeitsanweisungen
- Arbeitspläne: Planung der Arbeitsvorgänge sowie vor allem der Vorgabezeitermittlung (Zeitwirtschaft) und
- Fertigungsstücklisten
Unter Konzeption der Fertigungshilfsmittel gehören vor allem für das Fertigprodukt spezifische Vorrichtungen, Werkzeuge, Messmittel, usw.
Arbeitssteuerung
Zu den wesentlichen Hauptaufgaben der Arbeitssteuerung zählt man:
- Materialdisposition und -bereitstellung,
- Termin- und Kapazitätsplanung, sowie die
- Fertigungssteuerung bzw. Werkstattsteuerung.
Basis für die Auftragsdurchführung sind die von der Arbeitsplanung in den Arbeitsplänen festgelegten Arbeitsabläufe und Vorgabezeiten. Weitere wichtige Daten sind die in der aktuellen Situation zur Verfügung stehenden Kapazitäten von Mitarbeitern, Maschinen und Betriebsmitteln, d. h. die Anzahl verfügbarer Arbeitsstunden in den zukünftigen Zeiträumen.
Materialdisposition und -bereitstellung
Der Materialbedarf ergibt sich aus dem Fertigungsprogramm bzw. dem Produktionsprogramm, das mit Hilfe der Fertigungsstückliste aufgelöst wird. Die Materialdisposition ist für die Versorgung der Produktion mit Material verantwortlich, insbesondere dafür, dass das benötigte Produktionsmaterial, die Teile und Baugruppen rechtzeitig und in ausreichender Menge am Fertigungsort bereitstehen. Die Materialdisposition muss dabei eng mit der Beschaffung der Kaufteile bei den Lieferanten und der Materialwirtschaft abgestimmt sein (s. a. Bedarfsermittlung ). Ebenfalls müssen für die gefertigten Teile und/oder Baugruppen die richtigen Behälter und Ladehilfsmittel in ausreichender Anzahl sowie alle benötigten Produktionshilfsmittel und Werkzeuge am Arbeitsplatz zur Verfügung stehen.
Termin- und Kapazitätsplanung
Für die in Eigenfertigung hergestellten Komponenten werden nun im Rahmen der Terminplanung zunächst die Einsteuertermine und die Fertigstellungstermine aller Erzeugniskomponenten bestimmt. Dies geschieht mit Hilfe einer sog. Durchlaufterminierung. Die anschließende Kapazitätsplanung gibt einen Überblick über die aus den vorliegenden Fertigungsaufträgen sich ergebende Kapazitätsbelastung für alle Kapazitätseinheiten (z. B. Arbeitsplätzen, Maschinen, etc.). Da sich häufig beim ersten Planungsdurchlauf keine ausgeglichene Kapazitätsbelastung ergibt, d. h. Perioden mit zu geringer Auslastung werden z. B. von Perioden mit zu hoher Auslastung abgelöst, muss vor Auftragsfreigabe ein Kapazitätsabgleich und ggf. eine terminliche Verlegung der Fertigungsaufträge veranlasst werden. Für diese sehr rechenintensive Aufgabe werden heute vielfach PPS-Systeme (EDV-Software-Systeme zur Produktionsplanung und -steuerung) eingesetzt.
Fertigungssteuerung
Als nächste Hauptfunktion der Arbeitssteuerung ist die Fertigungssteuerung zu sehen. Hierzu gehört nach der Verfügbarkeitsprüfung aller benötigten Ressourcen (Personal, Material, Betriebsmittel, etc.) der rechtzeitige Auftragsstart (auch Freigabe), der bis dahin nur geplanten Fertigungsaufträge. Dies löst normalerweise den Ausdruck der notwendigen Auftragsbegleitpapiere aus, wie z. B. Laufkarten, Materialentnahmescheine und Lohnscheine. Diese Unterlagen gehen zur Verteilung in die verschiedenen Fertigungsstellen (bzw. Kostenstellen) des Unternehmens.
Die Arbeitsvorgänge der freigegebenen Fertigungsaufträge werden innerhalb eines Regelkreises terminiert und auf den zugeordneten Arbeitsplätzen eingelastet und nach Arbeitsfortschritt rückgemeldet (Betriebsdatenerfassung).
Arbeitsvorbereitung in der Praxis
Der zeitliche Umfang der oben genannten Aufgaben kann je nach Unternehmen bzw. Fertigungsart und Fertigungstyp sehr unterschiedlich sein. In Unternehmen der Einzel- und Kleinserienfertigung ist der Umfang arbeitsplanerischer Tätigkeiten (Arbeitsablaufplanung, Vorgabezeitkalkulation usw.) vielfach vorherrschend. Bei Serienfertigung ist oftmals die Arbeitssteuerung bestimmend. In Unternehmen mit Massenfertigung werden zumeist Spezialanlagen zur Produktion eingesetzt. Hier liegt der Aufgabenschwerpunkt in Entwicklung, Aufbau und ständiger Optimierung von Fertigungsmitteln, d. h. im Bereich Fabrikplanung. Die Herstellung von variantenreichen Produkten in Serien-, bzw. Massenfertigung (z. B. Automobilindustrie) ist darüber hinaus zumeist mit großem Aufwand für die Materialdisposition verbunden.
Begriffsabgrenzung
Mit Arbeitsvorbereitung wird vielfach auch die Stelle oder Abteilung genannt, deren Aufgabengebiet die Arbeitsvorbereitung ist.
Siehe auch
- AHP-Leitstand
- Arbeitsstudium
- Belastungsorientierte Auftragsfreigabe
- REFA
- Rüstzeit
- Stechuhr
- Zeitsystem
Quellen
- ↑ Eversheim W., Organisation in der Produktionstechnik, Band3–Arbeitsvorbereitung, VDI-Verlag, Düsseldorf 1989, S. 3
Literatur
- Eversheim W., Organisation in der Produktionstechnik, Band1–Grundlagen, VDI-Verlag, Düsseldorf 1990, ISBN 3-18-400934-3
- Eversheim W., Organisation in der Produktionstechnik, Band3–Arbeitsvorbereitung, VDI-Verlag, Düsseldorf 1989, ISBN 3-18-400840-1
- Eversheim W., Organisation in der Produktionstechnik, Band4 – Fertigung und Montage, VDI-Verlag, Düsseldorf 1989, ISBN 3-18-400841-X
- Sonnenberg H., Betriebslehre und Arbeitsvorbereitung, Band I – Betriebswirtschaftliche Grundlagen, Band II – Kostenrechnung, Arbeitsstudium, Band III – Planungsstudie eines Produktionssystems, Vieweg-Verlag, Braunschweig 1981
- Tschätsch H., Praktische Betriebslehre, Lehr- und Arbeitsbuch, Vieweg-Verlag, Braunschweig/ Wiesbaden, 1996, ISBN 3-528-13829-7
- Meisterhans H., Betriebslehre für Techniker, 2. Auflage, Europa-Lehrmittel-Verlag, Haan-Gruiten, 1992, ISBN 3-8085-5012-0
- Julia K. Voigtmann und Hans-Joachim Bergstädt, Simulation von Bauprozessen für die Arbeitsvorbereitung, TIEFBAU 1/2007, S. 14–16, Wissensportal der TU Dresden (PDF)
- Karlheinz Roschmann: Fertigungssteuerung: Einführung und Überblick. Carl Hanser Verlag München Wien, 1980
- Jan Bahlmann: Planung und Steuerung technischer Betriebe. Dinklage, 1998