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Stadtgemeinde Tschernjachowsk

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Vorlage:Infobox Ort in der Kaliningrader Oblast

Tschernjachowsk (russisch Черняховск, deutsch Insterburg; 1945 bis 1946 Jinsterburg, russisch И́нстербург) ist eine Stadt in der russischen Exklave Kaliningrad zwischen Polen und Litauen. Sie hatte 2004 43.300 Einwohner.

Geografische Lage

Insterburg verdankte seinen Namen dem Fluss Inster (ältester Name Instrut / Instrud: Mehrere linguistische Deutungen, die wahrscheinlichste sei Mündung / Einfluß; vgl. litauisch: istras, intaka), der sich bei der Stadt mit dem Fluss Angerapp (prußisch angurys ape: Aal-Fluss) zum Pregel, dem größten Fluss Ostpreußens vereinigt. Heute liegt die Stadt im Zentrum der russischen Exklave Kaliningrad und ist vom Verwaltungszentrum 88 Kilometer entfernt. Nach Kaliningrad (Königsberg) besteht sowohl eine gute Straßenverbindung, ab Talpaki (Taplacken) vierspurig, als auch eine Eisenbahnlinie. Nach Süden führt eine Fernstraße zum Grenzübergang nach Polen, der sich beim 57 Kilometer entfernten Schelesnodoroschny (Gerdauen) befindet.

Geschichte

Hist. Stadtwappen

Der Deutsche Orden unter seinem Hochmeister Dietrich von Altenburg errichtete um 1336 anstelle der von ihm zerstörten heidnischen Burg Unsatrapis (prußisch unzei: an, auf, über/ trapt, trapuns: treten; litauisch trapte: Floß, Teil eines Holzfloßes; vermutlich eine hölzerne Brücke) eine Festung namens Instierburg, die zum Ausgangspunkt der Feldzüge gegen Litauen wurde. Die Litauer waren es dann, die erstmals die Burg 1376 zerstörten. Die wieder aufgebaute Burg fiel 1457 erneut der Brandschatzung durch Polen zum Opfer. Auch danach baute der Orden die Burg wieder auf, die er zunächst als Komtursitz und ab 1347 als Amtssitz eines Pflegers nutzte.

Der preußische Herzog Albrecht säkularisierte im Zuge der Durchsetzung der Reformation 1525 die Ordensburg und machte sie zu einem weltlichen Hauptamt. Das noch von Wildnis geprägte Umland ließ er von Litauern besiedeln. Dem daraus entstandenen Ort zu Füßen der Burg gewährte er 1541 das Marktrecht. Markgraf Georg Friedrich erhob am 10. Oktober 1583 den Marktflecken Inster zur Stadt. Wenige Jahre später, am 9. Juni 1590, vernichtete ein Brand 140 von den 149 vorhandenen Häusern. Auch im 17. Jahrhundert hatte die Stadt unter den ständigen Durchzügen kriegerischer Truppen von Schweden, Russen und Tataren zu leiden. 1689 starb in Insterburg die Pfarrwitwe Anna Beilstein, die als Ännchen von Tharau in das deutsche Liedgut einging. 1709 raffte die Pest einen Großteil der Bevölkerung hin. Um die Stadt wieder zu beleben, veranlasste Preußenkönig Friedrich Wilhelm I., angeworbene Salzburger und Schweizer Einwanderer anzusiedeln. 1723 wurde in der Burg das preußische Hofgericht untergebracht. Während des Siebenjährigen Krieges war Insterburg von 1758 bis 1762 von den Russen besetzt. 1812 machte Napoleon bei seinem Russlandfeldzug Quartier in der Stadt (Erinnerungstafel an der Herbergswand).

Nachdem Preußen 1815 seine Territorialverwaltung neu geordnet hatte, wurde Insterburg Verwaltungssitz des gleichnamigen Kreises und wurde dem Regierungsbezirk Gumbinnen zugeordnet. Die zwischen 1828 und 1835 erbaute Reichstraße 1 wurde durch Insterburg geführt, ab 1860 wurde Insterburg Eisenbahnknoten für die Strecken Königsberg - Kaunas und Tilsit - Lyck. Durch die guten Verkehrsanbindungen siedelten sich viele Industriebetriebe wie mehrere Maschinenfabriken und Eisengießereien und eine Flachsspinnerei an. 1885 lebten 20.914 Menschen in der Stadt.

Hindenburgstraße um 1890

Vor dem Ausbruch des Zweiten Weltkrieges war die Bevölkerung auf 49.000 Einwohner angewachsen. Im Juli 1944 wurde Insterburg durch einen britischen Bombenangriff erheblich zerstört, die Burg brannte fast vollständig ab. Sowjetische Truppen eroberten die Stadt am 22. Januar 1945. Nach der Annexion des nördlichen Teils von Ostpreußen durch die Sowjetunion wurde die nicht geflohene deutsche Bevölkerung ausgewiesen und durch Bewohner aus allen Sowjetrepubliken ersetzt. Die Stadt wurde nach dem sowjetischen General Iwan Danilowitsch Tschernjachowski in Tschernjachowsk umbenannt. 1997 hatte die Stadt wieder 43.300 Einwohner. Seit der Auflösung der Sowjetunion und dem Beitritt der Nachbarländer in die EU liegt Tschernjachowsk in einer russischen Exklave und hat mit großen wirtschaftlichen Problemen und einer hohen Arbeitslosenquote zu kämpfen.

1996 eröffnete der Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge in Tschernjachowsk einen wiederhergestellen Friedhof aus dem 1.Weltkrieg. Die Anlage wurde, unter anderem, durch deutsche und russische Teilnehmer von Jugendlagern unter der Anleitung von Wolfgang Hegemeister restauriert. Lokalinitiativen in Zusammenarbeit mit der Insterburger Landmannschaft stellten in den letzten Jahren (seit mitte 1990er) einige Bauten (Bogenbrücke) und Denkmäler (Ulanen) wieder her. Ein Reiterstandbild erinnert seit 2007 an den Feldmarschall [[1]]Michael Barclay de Tolly, der unweit der Stadt 1818 starb.

Sehenswürdigkeiten

Partnerstadt

Seit 2002 besteht eine Städtepartnerschaft mit der rheinland-pfälzischen Stadt Kirchheimbolanden. Außerdem besteht eine Städtepartnerschaft mit der polnischen Stadt Grudziądz.

Bedeutende Persönlichkeiten

  • Martin Grünberg, * 1655 in Insterburg, Berliner Architekt
  • Eduard Heinrich von Flottwell, * 23. Juli 1786 in Insterburg, deutscher Jurist und Politiker
  • Carl Friedrich Wilhelm Jordan, * 8. Februar 1819 in Insterburg, deutscher Schriftsteller und Politiker
  • Ernst Wichert, *11. März 1831 in Insterburg, deutscher Schriftsteller
  • Hans Horst Meyer, * 17. März 1853 in Insterburg, deutscher Mediziner
  • Paul Schlenther, 20. August 1854 in Insterburg, deutscher Schriftsteller
  • Therese Malten, 21. Juni 1855 in Insterburg, deutsche Opernsängerin
  • Otto Koehler, * 20. Dezember 1889 in Insterburg, deutscher Verhaltensforscher
  • Hans Orlowski, * 1. März 1894 in Insterburg, deutscher Maler und Holzschneider
  • Alfred Gille, * 15. August 1901 in Insterburg, deutscher Politiker (GB/BHE)
  • Kurt Plenzat, * 17. Juni 1914 in Insterburg, deutscher Militär, Kampfflieger
  • Otto Rohse, * 8. Juli 1925 in Insterburg, deutscher Illustrator, Typograf, Grafiker, Buchgestalter, Briefmarkenkünstler
  • Traugott Buhre, * 21. Juni 1929 in Insterburg, deutscher Schauspieler
  • Fritz Vilmar, * 28. Juli 1929 in Insterburg, Politologe, Soziologe, Globalisierungskritiker
  • Harry Boldt, * 23. Februar 1930 in Insterburg, deutscher Olympiasieger im Dressurreiten
  • Wolfgang Brix, * 25. Juni 1930 in Insterburg, deutscher Politiker
  • Horst Ludwig Riemer, * 3. April 1933 in Insterburg, deutscher Politiker (FDP)
  • Ingo Insterburg, * 6. April 1934 in Insterburg, deutscher Komödiant und Musiker
  • Jürgen Schmude, * 9. Juni 1936 in Insterburg, deutscher Politiker (SPD)
  • Jürgen Pooch, * 21. Mai 1943 in Insterburg, deutscher Schauspieler
  • Axel Marquardt, * 1943 in Insterburg, deutscher Schriftsteller

Siehe auch