Wilhelm-Leuschner-Medaille

Die Wilhelm-Leuschner-Medaille ist die höchste Auszeichnung des Landes Hessen[1]. Sie wurde am 29. September 1964 durch den damaligen hessischen Ministerpräsidenten Georg August Zinn anlässlich des 20. Todestages von Wilhelm Leuschner gestiftet.
Eingangsworte
Die Eingangsworte des Erlasses lauten in ihrem vollen Wortlaut: Als ein Zeichen, dass wir das politische Erbe Leuschners, das politische Erbe, das uns die Opfer des 20. Juli hinterließen, ehren und mehren wollen, stifte ich an seinem 20. Todestage die Wilhelm-Leuschner-Medaille.[2]
Bestimmungen
Die Medaille ist als Auszeichnung für Personen bestimmt, die sich im Geiste Wilhelm Leuschners hervorragende Verdienste um die demokratische Gesellschaft und ihre Einrichtungen erworben haben.[3] Der Erlass wurde 2008 geändert. Seitdem kann die Medaille auch "zur Würdigung des Einsatzes für Freiheit, Demokratie und soziale Gerechtigkeit verliehen" werden.[4]
Vorschlageberechtigung
Vorschlageberechtigt für die Medaille ist in erster Linie der Präsident des Hessischen Landtags sowie die Mitglieder der Landesregierung.[5]
Verleihungspraxis
Die Wilhelm-Leuschner-Medaille wird vom hessischen Ministerpräsidenten persönlich mit einer von ihm unterzeichneten Urkunde verliehen, wobei er die Verleihung auch auf eine Dritte Person delegieren kann. Die Medaille selbst sowie die Verleihungsurkunde gehen dabei in das Eigentum des Beliehenen über. Nach dessen Tod, verbleibt die Medaille als Andenken seinen Hinterbliebenen.[6] Die eingehenden Vorschläge sind sodann auf dem Dienstweg an den Ministerpräsidenten zu senden. Sie sollen neben dem Vorschlag, den Lebenslauf, auch eine ausführliche Beschreibung der Verdienste und Angaben über die Würdigkeit des Auszuzeichnenden enthalten. Sodann beauftragt der Ministerpräsident den Chef der Staatskanzlei mit einer sogenannten Vorprüfung, ob alle Verleihungsvorraussetzungen erfüllt sind.
Entzug
Die Medaille kann auch wieder entzogen werden und zwar in dem Fall, in der sich der Beliehene durch sein Verhalten der Auszeichnung unwürdig verhält. Ausdrücklich geregelt wurde, dass eine Verurteilung wegen einer Übertretung oder einer fahrlässigen Straftat keine Unwürdigkeit begründet.[7]
Form, Beschaffenheit und Trageweise
Die in Silber geprägte Medaille hat einen Durchmesser von 55 mm und ist 2,5 mm stark.[8] Sie zeigt auf ihrer Vorderseite den nach rechts gewendeten Kopf Wilhelm Leuschners mit der Umschrift WILHELM LEUSCHNER. Im Revers das hessische Wappentier, ein bekrönter Löwe, mit der Umschrift FÜR VERDIENSTE UM DAS LAND HESSEN.[9] Die Wilhelm Leuschner-Medaille ist nicht zum Tragen bestimmt und stellt daher eine nicht-tragbare staatliche Auszeichnung dar. Der Entwurf der Medaille stammt von Hans Mettel, früher Direktor der Städelschule Frankfurt am Main.[10]
Sonstiges
Verlorengegangene Stücke werden nicht ersetzt. Der Inhaber ist jedoch berechtigt, auf eigene Kosten sich ein Ersatzstück zu beschaffen.[11] Erster Träger war der frühere hessische Innenminister und Landtagspräsident Heinrich Zinnkann.
Träger
- Karl Ackermann, Journalist und Verleger (1994)
- Benjamin Auerbach, Vorsitzender des Zentralrats der Juden in Deutschland
- Max Bach, Verleger (1980)
- Karl Eugen Becker, Gewerkschafter (2001)
- Luise Berthold, Philologin (1977)
- Horst Bingel, Schriftsteller (1984)
- Dieter Bingen, Politikwissenschaftler (2013)[12]
- Willi Birkelbach, Politiker (1973)
- Holger Börner, Ministerpräsident von Hessen (1993)
- Luca Giacomo Bortoli, Gastronom (2006)
- Erhard Bouillon,Vorstandsmitglied Hoechst AG (10. Dezember 1987)[13]
- Otto Braun, Unternehmer und Landtagsabgeordneter (1979)
- Karl Brozik, Repräsentant der Conference on Jewish Material Claims Against Germany (1997)
- Ignatz Bubis, Vorsitzender des Zentralrats der Juden in Deutschland (1993)
- Hans Cohrssen, Journalist (1995)
- Dante Cruicchi, italienischer Politiker (2004)
- Erhard Denninger, Rektor Johann Wolfgang Goethe-Universität in Frankfurt am Main (1999)
- Emil Dietz, Politiker (SPD) und Gewerkschafter (am 10. Dezember 1987)[13]
- Helga Einsele, Juristin (1979)
- Joachim Fest, Historiker und Autor (1999)
- Jutta Fleck, „Die Frau vom Checkpoint Charlie“, (1. Dezember 2007)[14]
- Werner Freers, Oberst (2003)
- Rudolf Friedrich, Landesbeauftragte der Spätaussiedler und Heimatvertriebenen (2008)
- Georg Gaßmann, Oberbürgermeister der Stadt Marburg (1980)
- Ludwig Gehm, Widerstandskämpfer (1970)
- Wolfgang Gerhardt, Politiker (FDP), (2011)[15]
- Katrin Göring-Eckardt, Vizepräsidentin des Deutschen Bundestages, 2010 für Verdienste um die Deutsche Einheit[16]
- Ekkehard Gries, Staatsminister (1996)
- Raphael Gross, Direktor Jüdisches Museum Frankfurt am Main (2013)[12]
- Alfred Grosser, Publizist (2004)
- Erich Großkopf, Politiker (1982)
- Jürgen Habermas, Philosoph (1985)
- Hermann Habich, Unternehmer und Arbeitgeberverbandsvertreter (2001)
- Peter Härtling, Autor (1996)
- Hildegard Hamm-Brücher, Politikerin (1984)
- Klaus Hänsch, Europaparlamentarier (SPD), (2000)
- Winfried Hassemer, Datenschutzbeauftragter (2008)
- Esther Haß Lehrerin (2003)
- Irmgard Heydorn, Sozialistin und Widerstandskämpferin. (1. Dezember 2007)[14]
- Benno von Heynitz,(1. Dezember 2007)[14]
- Helmut Hild, Pfarrer und Kirchenpräsident der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau (1973)
- Fritz Hoch, Politiker, (1969)
- Klaus-Jürgen Hoffie, Politiker, (2012)
- Hans-Joachim Jentsch, früherer Bundesverfassungsrichter, 2010 für Verdienste um die Deutsche Einheit[16]
- Robert Kempner, Jurist, Anklagevertreter Nürnberger Prozesse (1975)
- Ernst Klee, Journalist und Schriftsteller, (1. Dezember 2007)[14]
- Eugen Kogon, Professor für Politik und Publizist (Frankfurter Hefte) (1968)
- Oswald Adolph Kohut, Unternehmer und Politiker (FDP), (1977)
- Carmen Renate Köper, Schauspielerin (1999)
- Hans Krollmann, Staatsminister (1996)
- Joachim Langmann, Vorstandsvorsitzender der Merck KGaA (2006)
- Herbert Leuninger, Pressesprecher von PRO ASYL (1991)
- Herbert Lewin, Vorsitzender des Zentralrats der Juden in Deutschland, (1973)
- Robert H. Lochner, Journalist (1995)9
- Eugen Loderer, Gewerkschafter, Vorsitzender der IG Metall (1977)
- Anja Lundholm, Autorin, (1998)
- Arno Lustiger, Historiker, (1998)
- Emil Mangelsdorff, Musiker, (2001)
- Alfred Marchand, Gewerkschafter, (1997)
- Hans Matthöfer, ehemaliger Bundesminister, am 1. Dezember 2002[17]
- Tatiana von Metternich-Winneburg, Mitbegründerin des Rheingauer Musikfestivals, (2001)
- Wolfgang Mischnick, Politiker (FDP), (1975)
- Alexander Mitscherlich, Sozialwissenschaftler, (1973)
- Margarete Mitscherlich, Sozialwissenschaftlerin, (1982)
- Klaus Peter Möller, ehemaliger Landtagspräsident, (2011)[15]
- Harald Müller, Politikwissenschaftler (2013)[12]
- Rudolf Müller, Betriebsratsvorsitzender von Opel, (2006)
- Oswald von Nell-Breuning, Katholischer Theologe und Sozialphilosoph(1979)
- Moritz Neumann, Vorsitzender des Landesverbandes der Jüdischen Gemeinden in Hessen, (2011)[15]
- Fritz Neumark, Finanzwissenschaftler, (1980)
- Martin Niemöller, Geistlicher, (1972)
- Frank Niethammer, Ehrenpräsident IHK Frankfurt, (2000)
- Kurt Oeser, „Startbahnpfarrer“, (2000)
- Albert Osswald, Ministerpräsident (1989)
- Gerhard Pieschl, Weihbischof, (2006)
- Nora Platiel, Politikerin, Juristin und Widerstandskämpferin gegen den Nationalsozialismus (1969)
- Cuno Raabe, Oberbürgermeister der Stadt Fulda, (1967)
- Karl Rehrmann, Jurist und Ehrenlandrat Lahn-Dill-Kreis (10. Dezember 1987)[13]
- Marcel Reich-Ranicki, Literaturkritiker, (1992)
- Hans Reinowski, Politiker, (1977)
- Toby E. Rodes, Kommunikationsexperte, (2005)
- Petra Roth, Politikerin (CDU), Oberbürgermeisterin Frankfurt am Main, (2012)
- Wiltraut Rupp-von Brünneck, Juristin, Bundesverfassungsrichterin (1977)
- Alois Schardt, Programmdirektor des ZDF, (1990)
- Alfred Schmidt, Wirtschaftsminister, (2008)
- Elisabeth Schwarzhaupt, Politikerin (CDU), Bundesgesundheitsministerin, (1967)
- Christian Schwarz-Schilling, ehemaliger Bundesminister, (1. Dezember 2002)[17]
- Eduard Schick,Theologe, Bischof von Fulda (10. Dezember 1987)[13]
- Rosel Schmitt, (10. Dezember 1987)[13]
- Heinrich Schneider
- Paul Schuster, Gewerkschafter, (1996)
- Ernst Schütte, (1971)
- Elisabeth Selbert, Politikerin, (1978)
- Trude Simonsohn, Sozialarbeiterin, (1996)
- Ulrich Sonnemann, Sozialphilosoph, (1986)
- Karl Starzacher, 1995 bis 1999 Hessischer Staatsminister der Finanzen, im Jahre 2010 für Verdienste um die Deutsche Einheit[16]
- Erwin Stein, Richter am Bundesverfassungsgericht
- Dolf Sternberger, (1977)
- Barbara Stolterfoht, Politikerin, (2012)
- Johannes Strelitz
- Clarita von Trott zu Solz, Psychoanalytikerin, (1998)
- Bernhard Vogel, Politiker, (2009)
- Hans-Jochen Vogel, Politiker, (2009)
- Joseph Wagenbach, hessischer Landtagsabgeordneter (CDU), (1977)
- Hans Wagner, (1975)
- Ruth Wagner, 1999 bis 2003 Hessische Staatsministerin für Wissenschaft und Kunst, im Jahre 2010 für Verdienste um die Deutsche Einheit[16]
- Walter Wallmann, Ministerpräsident, (1996)
- Hanna Walz, Politikerin, (1982)
- Otto Wilke, Politiker, (1. Dezember 2002)
- Georg August Zinn, Ministerpräsident, (1971)
- Heinrich Zinnkann, Politiker, (1964)
- Konrad Zuse, Computerpionier (10. Dezember 1987)[13]
Literatur
- Hessendienst der Staatskanzlei der Hessischen Landesregierung (Hrsg.): Wilhelm Leuschner, Auftrag und Verpflichtung. Biographische Würdigung des Innenministers des Volksstaates Hessen und Widerstandskämpfers gegen den Nationalsozialismus. Dokumentation des Festaktes der Verleihung der Wilhelm-Leuschner-Medaille zum hessischen Verfassungstag am 1. Dezember 1992 in Schloss Biebrich. Lebenswege der Träger der Medaille. Wiesbaden 1993.
- Barbara Schüler: Im Dienste der Demokratie. Die Trägerinnen und Träger der der Wilhelm Leuschner-Medaille. Wiesbaden 2004.
Einzelnachweise
- ↑ Im Dienste der Demokratie - Die Trägerinnen und Träger der Wilhelm Leuschner-Medaille 1965 - 2011, Hessische Landesregierung, 2011, Seite 9
- ↑ Erlass über die Stiftung der Wilhelm-Leuschner-Medaille vom 29. September 1964, Gesetz- und Verordnungsblatt für das Land Hessen vom 20. Dezember 1965 Nr. 29, Artikel 1
- ↑ Erlass über die Stiftung der Wilhelm-Leuschner-Medaille vom 29. September 1964, Gesetz- und Verordnungsblatt für das Land Hessen vom 20. Dezember 1965 Nr. 29, Artikel 2
- ↑ Im Dienste der Demokratie - Die Trägerinnen und Träger der Wilhelm Leuschner-Medaille 1965 - 2011, Hessische Landesregierung, 2011, Seite 42
- ↑ Richtlinien für die Verleihung der Wilhelm-Leuschner-Medaille vom 29. September 1964, Punkt 1
- ↑ Erlass über die Stiftung der Wilhelm-Leuschner-Medaille vom 29. September 1964, Gesetz- und Verordnungsblatt für das Land Hessen vom 20. Dezember 1965 Nr. 29, Artikel 4
- ↑ Richtlinien für die Verleihung der Wilhelm-Leuschner-Medaille vom 29. September 1964, Punkt 5
- ↑ Im Dienste der Demokratie - Die Trägerinnen und Träger der Wilhelm Leuschner-Medaille 1965 - 2011, Hessische Landesregierung, 2011
- ↑ Erlass über die Stiftung der Wilhelm Leuschner-Medaille vom 29. September 1964, Gesetz- und Verordnungsblatt für das Land Hessen vom 20. Dezember 1965 Nr. 29, Artikel 3
- ↑ Im Dienste der Demokratie - Die Trägerinnen und Träger der Wilhelm Leuschner-Medaille 1965 - 2011, Hessische Landesregierung, 2011
- ↑ Richtlinien für die Verleihung der Wilhelm-Leuschner-Medaille vom 29. September 1964, Punkt 6
- ↑ a b c Ministerpräsident Volker Bouffier verleiht Wilhelm Leuschner-Medaille
- ↑ a b c d e f StAnz. 1/1988 S. 2
- ↑ a b c d Die nachstehende Seite ist nicht mehr abrufbar. (Suche in Webarchiven.) StAnz. 14/2008 S.910
- ↑ a b c Ministerpräsident Volker Bouffier verleiht höchste Auszeichnung des Landes. Pressemitteilung auf dem Landesportal Hessen, 4. November 2011.
- ↑ a b c d Bußer, Michael, Newsletter der Hessischen Landesregierung vom 5. November 2010
- ↑ a b Die nachstehende Seite ist nicht mehr abrufbar. (Suche in Webarchiven.) StAnz. 3/2003 S. 214