Wolfgang Thierse
Wolfgang Thierse (* 22. Oktober 1943 in Breslau) ist SPD-Politiker. Er war von 1998 bis 2005 Präsident des Deutschen Bundestages und ist seit 2005 Vizepräsident des Deutschen Bundestags.
Thierse ist verheiratet, hat zwei Kinder und ist katholisch. Er lebt im Berliner Ortsteil Prenzlauer Berg in einer Altbauwohnung am Kollwitzplatz.
Thierse in der DDR
Nach einer Ausbildung zum Schriftsetzer und dem Abitur begann Thierse 1964 sein Germanistikstudium an der Humboldt-Universität in Berlin (DDR), das er 1969 abschloss.
1975 wurde er Mitarbeiter im Ministerium für Kultur der DDR, 1977 Wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Akademie der Wissenschaften der DDR. Er blieb allerdings bis zur Wende 1989 parteilos. Im Oktober 1989 leistete er seine Unterschrift beim "Neuen Forum", aber trat 1990 in die SPD ein.
Am 18. März 1990 wurde er in die Volkskammer der DDR gewählt, der er bis zur Wiedervereinigung angehörte. Hier war er zunächst stellvertretender, dann Vorsitzender der SPD-Fraktion.
Nach dem Rücktritt Ibrahim Böhmes wurde er SPD-Vorsitzender in der DDR.
Thierse nach der Wiedervereinigung
Auf dem Vereinigungsparteitag der SPD wurde er zu einem der stellvertretenden Parteivorsitzenden der SPD gewählt.
Thierse gehörte zu den 144 Abgeordneten der DDR-Volkskammer, die am 3.Oktober 1990 als Vertreter in den Deutschen Bundestag gewählt wurden. Er wurde sogleich zu einem der stellvertretenden Fraktionsvorsitzenden der SPD-Fraktion gewählt.
Bei den Bundestagswahlen 1990 gewann er das Direktmandat in(Wahlkreis Berlin-Mitte-Prenzlauer Berg) und blieb daher Mitglied des Deutschen Bundestages (MdB).
Bei den Bundestagswahlen 1994 und 1998 wurde er jeweils über die SPD-Landesliste Berlin in den Bundestag gewählt, auf welcher er den ersten Listenplatz innehatte- wie bei den folgenden Bundestagswahlen auch.
Nachdem die SPD die Bundestagswahl 1998 gewonnen hatte und die stärkste Bundestagsfraktion stellte, wurde Thierse zum Präsidenten des Bundestages gewählt.
In seine erste Amtszeit fiel auch die Spendenaffäre der CDU, die ihn als Parlamentspräsidenten insoweit betraf, als er qua Amt für die Überwachung der Einhaltung des Parteiengesetzes und die Ahndung eventueller Verstöße verantwortlich war. Er verhängte eine Strafe in Höhe von 7,8 Millionen D-Mark gegen die CDU und ließ die staatlichen Zuschüsse an die CDU um insgesamt 41 Millionen D-Mark kürzen. Über diese Geschehnisse sagte er selbst, es wäre ihm lieber gewesen, er hätte sich nicht mit ihnen beschäftigen müssen. Die CDU reagierte auf diese Strafe harsch und kritisierte Thierse bitter, das Bundesverfassungsgericht allerdings bestätigte die Rechtmäßigkeit dieser Strafen.
Bei den Wahlen im Jahre 2002 gewann der zur Parteilinken der SPD gezählte Politiker wiederum das Direktmandat, diesmal in Berlin-Pankow. Nachdem die SPD erneut stärkste Fraktion wurde, wurde Thierse auch als Bundestagspräsident wiedergewählt.
Thierse gilt in der Bevölkerung als moralisch integerer, nachdenklicher und geschliffener Debattenredner.
Bei der Bundestagswahl 2005 gewann Thierse als Direktkandidat mit 41,9 Prozent den Wahlkreis Pankow. Zudem wurde er von seiner Partei auf Platz 1 der Berliner Landesliste gewählt.
Nach der Geschäftsordnung des Deutschen Bundestages (GOBT) wählt der Bundestag einen Bundestagspräsidenten für die Dauer von vier Jahren. Welcher Fraktion, der größten, der kleinsten, der Präsident angehören soll, darüber macht die GOBT keine Aussage. Es war allerdings über Jahrzehnte gebräuchlich, dass stets eine Person aus der größten Fraktion mit den Stimmen des ganzen Hauses gewählt wurde. Man wollte einen überparteilichen Präsidenten, also wählte man ihn auch mit den Stimmen aller Fraktionen. Mit dieser Tradition hat die Union bei der Konstituierung des 15. Deutschen Bundestages gebrochen. Thierse hatte der Union im Gefolge des Parteispendenskandals eine Zahlung von 20 Mio. € auferlegt. Die Union war darüber selbst 2002 noch so erbost, dass man mit dem Usus, dass das ganze Haus den Präsidenten wählt, brach. Thierse wurde ohne die Stimmen der Union gewählt.
2005 wurde in der SPD kurzzeitig überlegt, Thierse trotzdem vorzuschlagen, jedoch wurde von diesem Gedanken Abstand genommen.
So wurde in der konstituierenden Sitzung des 16. Deutschen Bundestages am 18. Oktober 2005 Norbert Lammert (CDU) zum neuen Bundestagspräsidenten gewählt. Er löste Thierse ab, der als einer von nun sechs stellvertretenden Bundestagspräsidenten kandidierte. Thierse wurde mit 68,9% der abgegebenen Stimmen zu einem der sechs Vizepräsidenten des Bundestags gewählt.
Auszeichnungen
Am 26. Februar 2004 erhielt Thierse die Ehrendoktorwürde der Philosophischen Fakultät der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster. Gewürdigt werden mit dieser Auszeichnung seine besonderen Verdienste um die Verständigung zwischen Ost- und Westdeutschland, die Stärkung des demokratischen Bewusstseins in den neuen Bundesländern und die Zurückweisung radikaler Strömungen in der Gesellschaft.
Er ist außerdem Träger des Ignatz-Bubis-Preises.
Weblinks
- eigene Webpräsenz
- Vorlage:PND
- "Ein wortgewaltiger Moralist" - Portrait Thierses auf tagesschau.de
Personendaten | |
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NAME | Thierse, Wolfgang |
KURZBESCHREIBUNG | deutscher Politiker (SPD), 1998-2005 Bundestagspräsident |
GEBURTSDATUM | 22. Oktober 1943 |
GEBURTSORT | Breslau |