Kristijonas Donelaitis
Kristijonas Donelaitis (er selbst nannte sich Christian Donalitius, * 1. Januar 1714 in Lasdinehlen bei Gumbinnen; † 18. Februar 1780 in Tollmingkehmen) war protestantischer Pfarrer einer deutsch-litauischen Gemeinde in Tollmingkehmen in Ostpreußen (Preußisch-Litauen) und ist Verfasser des ersten schöngeistigen Werks in litauischer Sprache.
Als Sohn eines Kölmers (Freibauern) geboren, besuchte er als Pauperschüler die renommierte Domschule (Kneiphof) in Königsberg. An gleicher Stelle studierte er unter pietistischen Professoren Theologie und besuchte das vom preußischen König gegründete Litauische Seminar, an dem die zukünftigen Pfarrer der litauischsprachigen Gemeinden Preußens ausgebildet wurden. Sein Hauptwerk Metai (dt. Jahreszeiten) entstand als Gelegenheitsdichtung, vermutlich zunächst zur Ausgestaltung seiner Predigten. Erst 1818 faßte Ludwig Rhesa die hinterlassenen litauischen Dichtungen zusammen. Donelaitis war im heutigen Litauen bis zu Beginn des 20. Jahrhunderts relativ unbekannt, gilt dort jetzt aber als Begründer der litauischen Nationalliteratur.
Donelaitis in Hexametern gefasste Dichtungen entstanden noch vor Klopstocks Messias. Vor ihm gab es in Preußen litauische Texte nur aus religiöser Veranlassung (Bibeln, Gebet- und Gesangbücher) und in einigen Eidesformeln. Die UNESCO nahm Metai 1977 in die Bibliothek der Literaturmeisterwerke Europas auf. Von Donelaitis sind auch einige Gedichte in deutscher Sprache überliefert.
Rezeption in Deutschland
Durch den preußischen Kultusminister Wilhelm von Humboldt angeregt, veröffentlichte der Königsberger Professor Ludwig Rhesa Donelaitis' Werk erstmals. Jakob Penzel schreibt in einer Würdigung in der Jenaischen Allgemeinen Literaturzeitung im August 1818 über Donelaitis:
"Er war ein großer Freund der Gartenkunst, schliff optische Gläser, verfertigte Thermometer und Barometer, die in ganz Preussen berühmt waren, baute Forte-Pianos, auf denen er selbst vortrefflich spielte; aber noch mehr Reiz als Musik hatte für ihn die verschwisterte Dichtkunst. Unter seinen nachgelassenen Papieren finden sich Hebräische, Griechische, Lateinische, Französische und Deutsche Gedichte. Aber sein Meisterwerk bleibt das hier zum ersten Mal abgedruckte Gedicht über die vier Jahreszeiten. Der Dichter, dem Dichten so sehr zum Naturbedürfnis geworden war, dass er auch oft mit seinen Freunden in Versen correspondirte...."
Weniger enthuasiastisch ist die Aufnahme bei seinen preußisch-litauischen Landsleuten. Friedrich Kurschat schreibt 1876:
"Christian Donalitius Littauische Dichtungen..... Dieselben sind zwar in ganz littauischer Ausdrucksweise geschriebene episch-idyllische Erzählungen, aber beim Volk nicht beliebt, weil darin das alltägliche prosaische Volksleben (in Hexametern) dargestellt wird, zum Theil aber in übetriebenen Formen und verzerrten Bildern, woran das Volk kein Wohlgefallen findet."
Die jüngste deutschsprachige Nachdichtung stammt von Hermann Buddensieg. Mitte der 1960er Jahre setzte sich Johannes Bobrowski (1917-1965) in dem Roman Litauische Claviere mit Donelaitis auseinander. 1976 hatte die Oper gleichen Namens von Rainer Kunad in Dresden Premiere.
METAI (Die Jahreszeiten)
In der Übersetzung von Ludwig Passarge, 1894
III. Die Freuden des Frühlings
- Wiederum stieg die Sonne herauf und weckte die Welt auf,
- Lachte der Werke des kalten Winters und warf sie in Trümmer.
- Leicht mit dem Eise zerrann, was der Frost phantastisch erbaute,
- Und der schäumende Schnee verwandelte rings in ein nichts sich.
- Lauer schon wehten die Lüfte und brachten Labung den Fluren,
- Weckten zur Auferstehung die Blumen aus traurigen Gräbern.
- Büsche und Heiden, alles erwachte zum fröhlichen Leben,
- Höhe und Tiefe der Ackerflur zog rasch sich den Pelz aus.
- Alles was weinend erstarb in des Herbstes starrendem Wehen,
- Alles was tief versteckt in den Teichen den Winter verbrachte.
- Oder was unter den Stümpfen des Waldes den Winter verschlafen,
- Alles das kroch in Scharen heraus, zu begrüßen den Frühling.
- .......
IV. Die Arbeiten des Sommers
- ........
- Dieser nichtsnutzige Plautschun, ein Jahr ist's her, daß beim Kaspar
- Eingeladen zur Talk, er sich so sinnlos betrunken,
- Daß er bei dunkler Nacht, im Feld sich verirrend, das Wetzzeug,
- Das noch neue, verlor, samt seiner schartigen Sense,
- Und in der Frühe des Morgens erst kam nach Hause geschlichen.
- Als er sodann den ganzen Tag im Schlafe gelegen,
- Fiel's ihm nicht ein das verlorne Gerät auf dem Felde zu suchen,
- Bis im folgenden Jahr die Wachtel wieder ins Heu rief.
- Sieh, da vermißte Plautschun die Sense zugleich mit dem Wetzzeug,
- Lief wehklagend umher bald hierhin, bald dorthin, bis schließlich
- Er in unmäßiger Wut einen birkenen Knüttel erfaßte,
- Und fast zu Tod schlug die Frau samt den Kindern, der Unhold.
- Als er sich ausgerast, unmenschlich fluchend und tobend,
- Sattelt' in seiner Manier er den elenden Klepper, den Einohr,
- Ritt dann nach Königsberg stracks, sich eine Sense zu kaufen.
- Aber hier gab es so viel der herrlichen Dinge zu schauen,
- Die er mit offenem Maul anstaunte, als bäurischer Dämel,
- Daß er alles vergaß, die neue Sense, das Wetzzeug.
- Aber den Klepper auch hatte er dort vertrunken beim Mikas;
- Und so kam er zu Fuß nach vierzehn Tagen nach Hause,
- Wo er die Wiese, halb niedergetreten - 's ist Schande zu sagen -
- Murrend und kriechend bloß mit der Sichel zu mähen versuchte.
- Aber die Nachbarn hatten schon alle den Roggen geerntet,
- Manche aßen sogar schon die frischgebackenen Fladen.
Originalauszug dieser Textstelle mit sprachlichen Erläuterungen auf Englisch:
http://www.utexas.edu/cola/depts/lrc/eieol/litol-6-R.html
Gedicht in deutscher Sprache
Der Gott der Finsternis
- Der Gott der Finsterniß, der abgefeimte Teufel,
- Erbauet gern den Thor durch eingehauchte Zweifel,
- Und dieser ranzt sogleich den Unflath in ein Buch;
- Zum Leyd der Redlichen, und seinem eignem Fluch.
- Die Hölle freuet sich bey diesen Kindesnöthen,
- Und jauchzet, wenn sie sieht den Trost des Glaubens tödten,
- Drauf fährt die Pestilenz, mit der verdammten Schrift,
- Aus des Verlegers Hand in alle Welt wie Gift.
Werke
- Die Jahreszeiten. Ein litauisches Epos. Nachdichtung und Geleitwort von Hermann Buddensieg. Leipzig: Insel 1970
- Sämtliche Dichtungen Mit lit.-dt. Glossar hrg. von Schleicher. St. Petersburg 1865
- Das Jahr in vier Gesängen, ein ländliches Epos aus dem Litauischen von Christian Donalleitis Königsberg 1818 EA Herausgegeben von Ludwig Rhesa
Literatur
- Adalbert Bezzenberger: Die litauische Literatur. In: Bezzenberger, A. u. a.: Die osteuropäischen Literaturen und die slavischen Sprachen. Berlin und Leipzig: Teubner 1908 Reihe: Die Kultur der Gegenwart. Teil 1 Abt. IX
Weblinks
| Personendaten | |
|---|---|
| NAME | Donelaitis, Kristijonas |
| ALTERNATIVNAMEN | Donalleitis, Christian |
| KURZBESCHREIBUNG | Schriftsteller |
| GEBURTSDATUM | 1. Januar 1714 |
| GEBURTSORT | Lasdinehlen, Deutschland |
| STERBEDATUM | 24. Dezember 1780 |
| STERBEORT | Tollmingkehmen,Deutschland |