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Axel Reitz

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Axel Reitz als Redner auf einer Kundgebung im April 2005 in Essen

Axel W. Reitz (* 10. Januar 1983 in Dormagen) ist ein ehemaliger Aktivist aus dem Spektrum der neonazistischen Freien Kameradschaften. Im März 2013 gab er im Rahmen einer Gerichtsverhandlung bekannt, sich politisch nicht mehr betätigen zu wollen.[1]

Werdegang

Axel Reitz (zweiter von rechts vorn) neben dem Redner Manfred Rouhs von der „Deutschen Liga für Volk und Heimat“, 1999

Axel Reitz begann seine politische Laufbahn als Mitglied der Jungen Union[1][2], wurde kurze Zeit darauf aber Mitglied der Jungen Nationaldemokraten, der Jugendorganisation der NPD und der NPD selbst.[3] Später gründete er mit Siegfried Lutz die Kameradschaft Köln, welche nachher in Kameradschaft Walter Spangenberg umbenannt wurde und damit fortan den Namen eines ermordeten SA-Mannes trug.[4] Nach dem Tod von Lutz übernahm Reitz 1999 die Führung der Organisation und war im Kampfbund Deutscher Sozialisten (KDS) aktiv.[5][6] Der KDS hatte bis zu dessen Sturz 2002 Kontakte zum Regime Saddam Husseins, den Axel Reitz als „orientalische Variante Adolf Hitlers“ ansah.[7] Laut dem Rechtsextremismusforscher Richard Gebhardt war Reitz zudem Mitinitiator des Aktionsbüros Westdeutschland.[8]

Riehs, Reitz und Worch 2004 in Köln

Axel Reitz wurde von Christian Worch, mit dem er persönlich bekannt ist, protegiert.[9] Bei Kundgebungen im gesamten Bundesgebiet traten beide oft zusammen als Redner auf. Reitz zeichnete zudem für die Anmeldung der Veranstaltungen verantwortlich und fungierte als Netzwerker.[7] Im Bundestagswahlkreis Erftkreis I erhielt er bei der Wahl 2009 als parteiloser Kandidat der NPD 1,5 % der Erststimmen.[10][11] Gegenüber dem Kölner-Stadtanzeiger bezeichnete er sich selbst als „Berufsdemonstrant“.[7] Im Mai 2012 wurde die von Reitz mitinitiierte Kameradschaft Walter Spangenberg verboten.[12]

Anfang März 2013 gab Reitz bei einem Prozess gegen mutmaßliche Mitglieder und Unterstützer des von den Behörden als kriminelle Vereinigung eingestuften Aktionsbüros Mittelrhein bekannt, dass er seine politischen Aktivitäten eingestellt habe und auch nicht wieder aufzunehmen beabsichtige, da er sich damit in eine "politische und persönliche Sackgasse" begeben habe.[1]

Konflikte mit dem Gesetz

Bereits als 14-Jähriger wurde Reitz von einem Richter wegen Verbreiten von Propagandamitteln verfassungswidriger Organisationen verwarnt.[13] Es folgten Bestrafungen wegen Verwenden von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen und Diebstahl. Durch Urteil des Landerichts Bochum vom 9. September 2005 wurde Reitz zudem wegen Volksverhetzung zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und neun Monaten verurteilt, weil er auf einer Kundgebung antisemitisch gegen den Bau einer Synagoge agitiert hatte.[14] Da aufgrund des Schuldspruchs eine vorherige Bewährungsstrafe von einem Jahr wegen Verstoß gegen das Versammlungsgesetz (Uniformverbot) widerrufen wurde, erhöhte sich die Haftdauer auf insgesamt zwei Jahre und neun Monate. Nach Verbüßung von zwei Dritteln der Haft wurde der Strafrest zur Bewährung ausgesetzt und Reitz im April 2008 entlassen.[15]

Am 13. März 2012 wurde Axel Reitz erneut inhaftiert, da er das von der Staatsanwaltschaft Koblenz als kriminelle Vereinigung eingestufte Aktionsbüro Mittelrhein unterstützt haben soll.[16] Knapp zwei Monate später wurde er aus der Untersuchungshaft entlassen.[12] Weil er gegenüber den Behörden ausgesagt haben soll, wird er von Teilen der Neonazi-Szene im Internet bedroht.[17]

Ansichten

Reitz bekundete in seiner Jugend, auf dieser Erde alleine Adolf Hitler zu glauben und zitierte den NSDAP-Funktionär Robert Ley (1937):

„Wir glauben, daß der Nationalsozialismus der allein seligmachende Glaube für unser Volk ist. Wir glauben, dass es einen Herrgott im Himmel gibt, der uns geschaffen hat […]. Und wir glauben, dass dieser Herrgott uns Adolf Hitler gesandt hat, damit Deutschland für alle Ewigkeit ein Fundament werde. Heil Hitler.“[18]

Als 16-Jähriger äußerte er im Rahmen eines Kampftags gegen die Reaktion:

„Diejenigen, die uns über Jahre hinweg bekämpft haben, uns aus der Arbeit gedrängt und ins Gefängnis gebracht haben, die werden eines Tages auf den Marktplatz gestellt und erschossen.“[7]

Filme

  • Peter Schran: Nebenan der braune Sumpf - Neonazis, ihre Mitläufer und Drahtzieher, 2005

Einzelnachweise

  1. a b c Der „Hitler von Köln“ steigt aus - 30-Jähriger sieht sein Leben in einer Sackgasse. Rhein-Zeitung, 1. März 2013, abgerufen am 2. März 2013.
  2. Ein Neonazi von nebenan. Kölner Stadt-Anzeiger, 24. September 2005, abgerufen am 7. April 2013.
  3. Redner mit dickem Vorstrafenregister. Soester Anzeiger, 9. Februar 2011, abgerufen am 2. März 2013.
  4. Freie Kameradschaft Köln. Soester Anzeiger, 28. Dezember 2007, abgerufen am 2. März 2013.
  5. Michael Klarmann 2007: „Kameradschaften als Strategieelement“, Bundeszentrale für Politische Bildung
  6. Verfassungsschutzbericht des Landes Nordrhein-Westfalen 1999, S. 100
  7. a b c d Ein Neonazi von nebenan. Kölner Stadtanzeiger, 24. September 2005, abgerufen am 2. März 2013.
  8. Richard Gebhardt, Rosen auf den Weg gestreut: Deutschland und seine Neonazis, PapyRossa Verlag 2007, S.77
  9. Uwe Backes und Eckhard Jesse, Extremismus & Demokratie, Band 20, Bouvier Verlag 2008, S. 212
  10. Wahlergebnis Erftkreis I
  11. Johannes Radke (Der Tagesspiegel, 10. Oktober 2007): Extremismus: Links hören, rechts denken,
    Alexander Voelkel (derwesten.de, 1. Juni 2009): NPD-Landtagskandidat: "Hitler von Köln" kandidiert im Siegerland,
    Fabian Weissbarth (Die Zeit, 31. März 2010): Störungsmelder: Berliner wollen Naziaufmarsch am 1. Mai verhindern,
    Ulrich Hagmann, Birgit Kappel (Report München, Bayerischer Rundfunk, 26. Juli 2010): Region in Angst: Wie Rechtsextreme Bürger terrorisieren
  12. a b Razzia bei „Spangenberg“-Nazis. taz, 10. Mai 2012, abgerufen am 23. Februar 2013.
  13. Der "Hitler von Köln" will raus aus der rechten Szene. Rhein-Zeitung, 3. August 2012, abgerufen am 2. März 2013.
  14. die tageszeitung: Axel Reitz im Knast, 29. Juli 2006
  15. Reitz, Axel. Netz gegen Nazis, abgerufen am 2. März 2013.
  16. 24 Neonazis bei Großrazzia verhaftet. Kölner Stadtanzeiger, 13. März 2012, abgerufen am 2. März 2013.
  17. Rechte Szene spekuliert über Reitz. Kölner Stadtanzeiger, 10. Juli 2012, abgerufen am 2. März 2013.
  18. ZDF-Sendung „Frontal21“ vom 8. Oktober 2002