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Staatsanwaltschaft (Deutschland)

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Die Staatsanwaltschaft (Abk. StA; auch: Amtsanwaltschaft) ist die Behörde, die für die Strafverfolgung und die Strafvollstreckung zuständig ist. Die Staatsanwaltschaft wird öfter auch Anklagebehörde genannt. Dies bezieht sich z.T. nur auf Deutschland.

Der Staatsanwaltschaft obliegt die Leitung des Ermittlungsverfahrens ("Herrin des Ermittlungsverfahrens"), die Erhebung der Anklage beim Strafgericht, die Vertretung der Anklage und nach einem Urteil die Strafvollstreckung (Ausnahme: Jugendrichter im Jugendstrafrecht).

Da die Staatsanwaltschaft keine eigenen Organe zur Durchführung von Ermittlungsmaßnahmen hat, wird von ihr oft als "Kopf ohne Hände" gesprochen. Die erforderliche "Handarbeit" wird dann von der Polizei in ihrer Funktion als Ermittlungsperson der Staatsanwaltschaft übernommen (§ 152 GVG). In der Praxis ist es so, daß die Polizei bei der Großzahl der Verfahren selbständig die erforderlichen Ermittlungen durchführt und die Akte der Staatsanwaltschaft dann "ausermittelt" vorlegt. Diese entscheidet dann, ob weitere Ermittlungen vorgenommen werden sollen oder ob sie abgeschlossen sind und die Sache eingestellt oder angeklagt werden soll.

Entgegen einer verbreiteten Meinung ist die Staatsanwaltschaft nicht gezwungen, unter allen Umständen eine Verurteilung des Angeklagten zu erzielen. Sie ist keine Partei im Strafprozeß und arbeitet weder mit dem Gericht zusammen noch gegen den Angeklagten oder seinen Verteidiger. Vielmehr ist die Staatsanwaltschaft schon im Ermittlungsverfahren gehalten, sowohl belastende als auch entlastende Umstände zu ermitteln (vgl. § 160 Abs. 2 StPO) und diese später gleichermaßen zu berücksichtigen. Dieses Prinzip wird allerdings in medienwirksamen Verfahren immer häufiger verletzt (z.B. Manager- Politikerprozesse). Der Titel "Objektivste Behörde der Welt" ist unter diesen Umständen - zumindest in Deutschland - zunehmend zur Fiktion geworden, die bestenfalls Jura-Studenten noch beizubringen ist: "Beihilfe" (§ 27 StGB), "Anstiftung" (§ 26 StGB) und "Untreue" (§ 266 StGB) sind dadurch zunehmend häufigere Ermittlungsmotive - die z.B. in dem Ausruf gipfeln: "§ 266 (d.h. Untreue) passt immer!".

Zur Erfüllung ihrer Aufgaben erhält die Staatsanwaltschaft weitreichende Befugnisse, hauptsächlich aus der Strafprozeßordnung (StPO). Diese Befugnisse sind für die Staatsanwaltschaft weit auslegbar und damit auch exzessiv anwendbar. Der § 6 Abs. 2 der "Europäischen Menschenrechtskonvention" (Unschuldsvermutung) - Gesetzeskraft seit 1952- gilt für die Staatsanwaltschaft nicht; sie ist auch nicht in der Strafprozeßordnung erwähnt.

Die Staatsanwaltschaft ist als Organ der Exekutive von den Gerichten unabhängig und den Richtern weder über- noch unterstellt. Die Staatsanwaltschaft ist im Gegensatz zu den Gerichten nicht unabhängig, sondern hierarchisch gegliedert. An ihrer Spitze steht ein Leitender Oberstaatsanwalt. Die Leitenden Oberstaatsanwälte der einzelnen Staatsanwaltschaften sind einem Generalstaatsanwalt unterstellt. Die Dienstaufsicht über die Generalstaatsanwälte steht dem jeweiligen Landesjustizministerium zu. Diese wird häufig nur unzureichend ausgeübt, da den ausübenden Dienststellen möglicherweise selbst ein Ermittlungsverfahren wegen "Strafvereitelung im Amt" droht.

Gemäß § 141 Gerichtsverfassungsgesetz (GVG) soll an jedem Gericht eine eigene Staatsanwaltschaft bestehen. Tatsächlich sind Staatsanwaltschaften aber fast ausschließlich bei den Landgerichten eingerichtet worden. Sie sind dort für das Landgericht selbst sowie für die Amtsgerichte dieses Landgerichtsbezirks zuständig. Ausnahmen finden sich in Berlin und in Frankfurt am Main, wo besondere Amtsanwaltschaften bei den Amtsgerichten eingerichtet worden sind.

In Ordnungswidrigkeitenverfahren nach § 115 OWiG (Verkehr mit Gefangenen) und § 8 RBerG (Verbotene Rechtsberatung u.ä.) ist die Staatsanwaltschaft die zuständige Verwaltungsbehörde nach § 36 OWiG.

In Zivilsachen wirkt die Staatsanwaltschaft bei den Verfahren zur Todeserklärung nach §§ 16 Abs. 2, 22, 30 Abs. 1 Verschollenheitsgesetz im Rahmen der Freiwilligen Gerichtsbarkeit (Aktenzeichen: Hs) mit. Außerdem vertritt die (General-)Staatsanwaltschaft teilweise Bund und Länder in Zivilprozessen gegen den Justizfiskus. In Ehesachen ist die Mitwirkung seit 1. Juli 1998 entfallen.

siehe auch: Staatsanwalt, Generalbundesanwalt, Ermittlungsperson der Staatsanwaltschaft