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Relativistische Effekte in der Chemie

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Der Relativistische Effekt beschreibt das ungewöhnliche Verhalten schwerer Elemente, die mit herkömmlichen Berechnungsmethoden für Molekülorbitale nicht zu erklären wären. Paradebeispiel hierfür ist der markante Unterschied von Silber und Gold. Aber auch der flüssige Aggregatzustand vom Quecksilber kann durch den relativistischen Effekt erklärt werden.

Vor dieser Erklärung wurde er auch als "Effekt des inerten Elektronenpaares" ("inert-pair effect") bezeichnet, weil das äußerste Elektronen(paar) auf im Valenz-S-Orbital anscheinend inert ist.

Theoretische Betrachtung

Bei den schweren Elementen ab der 6. Periode des Periodensystems haben die Elektronen in Nähe des Atomkerns so große Geschwindigkeiten, dass ein relativistischer Massezuwachs zur radialen Kontraktion der s- und p-Orbitale führt. Infolgedessen schirmen die Elektronen die Kernladung besser ab, und die Energieniveaus der d- und f-Orbitale werden angehoben.

Mathematisch muss man den nichtrelativistischen Hamilton-Operator gegen einen relativistischen ersetzen. Dies gelingt bei Atomen relativ gut mit der Diracgleichung anstelle der Schrödingergleichung. Bei den leichteren Elementen überwiegen Terme wie die Breit-Korrektur für die Elektron-Elektron-Wechselwirkung und die Quantenelektrodynamik (QED) der Vakuumpolarisation und Vakuumfluktuation. Ungefähr ab der Ordnungszahl 50 spielt letzterer Term keine Rolle mehr, da die Vakuumpolarisation und die Vakuumfluktation fast dieselben Werte annehmen. Innerhalb einer Gruppe des Periodensystems nimmt der Term für relativistische Effekte mit Z2 zu und erreicht in der 6. Periode eine nicht mehr zu vernachlässigende Größe. Daher müssen sie für Elemente ab Ordnungszahl 55 Beachtung finden.

Bei den Elementen der 5. Periode des Periodensystems spielt die Lanthanoidenkontraktion eine entscheidende Rolle, um das Verhalten zu beschreiben. Nach dieser müssten allerdings die s- und d-Energieniveaus vom Silber und Gold etwa gleich hoch sein. Beobachtet wird jedoch beim Gold eine Kontraktion des 6s- und eine Expansion des 5d-Niveaus.

Beispiele

Im nichtrelativistischen Fall wären die 5d- und 6s-Energienivaus vom Silber und Gold ähnlich. Durch den relativistischen Effekt werden die 6s-Nivaus jedoch kontrahiert und die 5d-Niveaus expandiert. Es entsteht eine Energiedifferenz, die der Wellenlänge von blauem Licht entspricht (gelbes Licht wird reflektiert). Gleichzeitig werden die Bindungslängen in Goldverbindungen verkürzt (um ca. 20 pm beim Gold-Dimer).

Die Neigung schwerer Elemente, Oxide zu bilden, folgt nicht den erwarteten Eigenschaften. So ist PbO die stabilste Sauerstoffverbindung des Blei, während Si, Ge und Zn stabile Dioxide der Form MeO2 bilden. Ebenfalls ist kein stabiles Bismut(V)Oxid bekannt, vom Phosphor, Arsen und Antimon sehr wohl.