St. Gertrud (Hamburg-Uhlenhorst)

Die evangelisch-lutherische St.- Gertrud-Kirche im Hamburger Stadtteil Uhlenhorst ist ein neugotischer Bau von Johannes Otzen. Die heutige St.-Gertrud-Kirche am Kuhmühlenteich entstand als Nachfolgerin der während des Großen Brandes von 1842 zerstörten Gertrudenkapelle.
Geschichte
Gertrudenkapelle

Der Standort dieser alten Kapelle von 1580 lag an der Kreuzung der Gertrudenstraße und der Lilienstraße in der Hamburger Altstadt, wo der nach ihr benannte Gertrudenkirchhof noch heute an sie erinnert. Die Kapelle war ein kleiner Zentralbau mit einem geschwungenen Dach und einem anschließenden schmalen Kirchenschiff.
St. Gertrud am Kuhmühlenteich
Die Gertrudenkapelle wurde durch den Großen Brand 1842 zerstört. Im Zuge der Stadterweitung Hamburgs entstanden auf der Uhlenhorst neue Wohngebiete, die auch einen neuen Kirchenbau nötig machten. Diesen widmete man der St.-Gertrud-Gemeinde. Die Stadt tauschte mit der Kirchengemeinde das Grundstück in der Nähe des heutigen Mönckebergbrunnens gegen das neue am Kuhmühlenteich. Von den Häusern Rosenstraße, Lilienstraße usw. gingen 750.000 Goldmark zur Hälfte an die Kirchengemeinde und dienten der Finanzierung des Rohbaus der Kirche. Die andere Hälfte ging an das Gertrudenstift in der Bürgerweide.[1]
Für die Arbeiten an dem Gotteshaus wurde der holsteinische Architekt Johannes Otzen verpflichtet, der sich während dieser Zeit bereits einen Namen mit dem Bau diverser Kirchen gemacht hatte und einer der meist beschäftigten Baumeister seiner Zeit war. Die Arbeiten an St. Gertrud dauerten von 1882 bis 1885, die Kirchweihe fand 1886 statt. Otzen entwarf eine neogotische Hallenkirche mit Sitzplätzen für 1150 Besucher, die er in dem von ihm bevorzugt genutzten Backstein errichtete. An der zierlichen Kirche mit dem 88 Meter hohen, schindelgedeckten Turm sollen 460 Sorten verschiedener roter, gelber und grüner Form- und Glasursteine verarbeitet worden sein, was die Logistik auf dem Bauplatz teilweise vor organisatorische Schwierigkeiten stellte. [2]
Auffällig ist neben dem reichen Bauschmuck die Nutzung von Kupfer zur Betonung von Baudetails, wie den niedrigen Seitentürmen, den Fenstersimsen und dem Dachreiter, dessen grüne Patina im Kontrast zum roten Stein steht. Auch für die Innenausstattung des 19 Meter hohen Kirchenschiffs entwarf Otzen die Pläne, auf seine Entwürfe gehen der Altar, die Kanzel, der Taufstein und auch das Gestühl zurück, so dass die Kirche ein harmonisches und geschlossenes Bild bietet. Die Kirche gilt als eines der schönsten Werke Otzens und als ein gelungenes Beispiel neogotischer Architektur der Gründerzeit.

Schäden im Zweiten Weltkrieg
Im Zweiten Weltkrieg erlitt das Kirchengebäude durch die Bombardierung kaum Schäden. Allerdings wurden die prächtigen Fenster des Chorraumes zerstört. Durch Feuchtigkeit, Kälte und Wind entstanden Folgeschäden. Auch die Orgel musste ersetzt werden. Die Gebäude um die Kirche herum waren durch Sprengkraft und Feuer der Bomben total beschädigt.[3]
Ein Teil der heutigen Fenster war ursprünglich für die St.-Nikolai-Kirche geschaffen worden. Dort wurden sie unter der Gefahr des drohenden Krieges ausgebaut und anschließend eingelagert, nach der Zerstörung der Nikolaikirche installierte man die Fenster stattdessen in St. Gertrud.
Renovierung des Kirchturms
Der Mörtel in den Fugen des gemauerten Kirchturms hatte nach 126 Jahren Risse bekommen. Daher wurde der Kirchturm im Jahr 2011 renoviert.[4] Der Turm der Kirche wird regelmäßig von Turmfalken als Nistplatz aufgesucht. Die Falkenbrut wird im August flügge. Die Sanierung des Turms wurde aus diesem Grund verzögert,[5] war aber am Ende des Jahres abgeschlossen.
Besuchsmöglichkeiten
Die Kirche ist an Sonntagen nachmittags auch außerhalb der Gottesdienste zugänglich.
Orgel
Die Orgel von St. Gertrud wurde 1967 von der Orgelbaufirma Alfred Führer (Wilhelmshaven) erbaut. Das Instrument hat 37 Register auf drei Manualen und Pedal. Die Spieltrakturen sind mechanisch, die Registertrakturen elektrisch. Das Instrument wurde zuletzt im Jahr 2004 durch die Orgelbaufirma Stefan Lincke überholt, mit einer Setzeranlage ausgestattet, und neu intoniert. [6]
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- Koppeln: II/I, III/I, I/P, II/P, III/P
- Spielhilfen: drei freie Kombinationen, Zungenabsteller. 4000-fache Setzeranlage
Turm, Uhr und Glocken
Über dem 88 Meter hohen Turm befindet sich ein 5 Meter hohes Kreuz mit Lilie. Der Turm ist bis zur Spitze gemauert. [7] Die Turmuhr hat einen Durchmesser von 3,20 Meter. Die Länge der Zeiger beträgt 1,6 bzw. 1,4 Meter.[8] Oberhalb der Turmuhr wurden Antennen eingefügt.
Die drei Glocken: Jesus in B, Paulus in D und Luther in F wurden von der Gemeinde der Heiligen Dreieinigkeitskirche, St. Georg gestiftet und am 3. Februar 1885 erstmals geläutet. Am 27. April 1917 wurden die zwei größeren Glocken für Kriegszwecke eingezogen. Als Ersatz wurden am 9. Juli 1922 drei neue Gussstahlglocken der Firma Schilling & Lattermann aus Apolda in Cis-Fis-A mit den beibehaltenen Namen Jesus, Paulus, Luther eingeweiht. Die alte kleine Bronzeglocke ging an St. Petri. Im Zweiten Weltkrieg wurden die Stahlglocken nicht eingezogen. Seit 25. November 1935 wird elektrisch geläutet. Die Glocken läuten nach einer Läuteordnung.[9]
Besucher
In Hohenfelde, Uhlenhorst und Eilbek sind rund 5.000 Gemeindemitglieder beheimatet. Die Kirche wird wegen ihrer idyllischen Lage im Grünen am Kuhmühlenteich auch als Hochzeitskirche gewählt. Orgelmusik wird in einem Konzertprogramm regelmäßig aufgeführt. [10]
In St. Gertrud wurde der Altkanzler Helmut Schmidt 1934 konfirmiert. Im Dezember 2007 wurde der Weihnachtsgottesdienst mit dem Bundespräsidenten Horst Köhler in St. Gertrud, nahe dem geographischen Mittelpunkt von Hamburg (etwa Lerchenfeld/Ecke Birkenau), [11] gefeiert und im Fernsehen übertragen.
Literatur
(chronologisch geordnet)
Beschreibungen
- C. Kall: Chronik der Kapelle St. Gertrud und ihrer Nachfolgerin der Kirche St. Gertrud sowie der Stiftung St. Gertrud. Hamburg 1888.
- F. Grundmann, T. Helms: Wenn Steine predigen – Hamburgs Kirchen vom Mittelalter zur Gegenwart. Medien Verlag Schubert, Hamburg 1993, ISBN 3-929229-14-5
- Heinz-Jochen Blaschke: Kirchenführer der Ev.-Luth. Kirche St. Gertrud in Hamburg. Fachverlag für Kirchenfotografie & Luftbildaufnahmen, Saarbrücken 2003.
Festschriften
- Gerhard Schade: Aus 80 Jahren Sankt Gertrud in Hamburg. Hamburg 1962. (Vom Datum der Grundsteinlegung aus gerechnet).
- Jürgen Strege: 100 Jahre St. Gertrud Hamburg. Hamburg 1986.
- Geschichtswerkstatt St. Gertrud (Hrsg.): 125 Jahre St. Gertrud, Hamburg, 1885-2010. Evangelisch-Lutherische Kirchengemeinde St. Gertrud, Immenhof 10, 22087 Hamburg, 2010.
Einzelnachweise
- ↑ Evangelisch-lutherische Kirchengemeinde St. Gertrud: Geschichte St. Gertrud. Faltblatt vom August 2000, S. 1
- ↑ Ein Meisterwerk der Neogotik wird saniert. In: Hamburger Abendblatt vom 8. Juni 2011, S. 19.
- ↑ Daniel Rehm: Zerstörung und Neuanfang. In: Geschichtswerkstatt St. Gertrud (Hrsg.): 125 Jahre St. Gertrud, Hamburg, 1885-2010. Evangelisch-Lutherische Kirchengemeinde St. Gertrud, Immenhof 10, 22087 Hamburg, 2010. S. 67-69.
- ↑ Ev.-Luth. Kirchengemeinde St. Gertrud: Retten Sie den schönsten Kirchturm östlich der Alster. St. Gertrud. Faltblatt, Hamburg 2011.
- ↑ Nistende Turmfalken verzögern Sanierung von St. Gertrud. In: Hamburger Abendblatt vom 2. Juli 2011, S. 12
- ↑ Informationen zur Führer-Orgel
- ↑ Friederike Ulrich: Eine Schönheit feiert Geburtstag. In: Hamburger Abendblatt vom 27. März 2010, S. 16
- ↑ Evangelisch-lutherische Kirchengemeinde St. Gertrud: Geschichte St. Gertrud. Faltblatt, Hamburg, vom August 2000, S. 2
- ↑ Herta Nickel: Die Glocken von St. Gertrud. In: Geschichtswerkstatt St. Gertrud (Hrsg.): 125 Jahre St. Gertrud, Hamburg, 1885-2010. Evangelisch-Lutherische Kirchengemeinde St. Gertrud, Immenhof 10, 22087 Hamburg, 2010. S. 25-27.
- ↑ Friederike Ulrich: Eine Schönheit feiert Geburtstag. In: Hamburger Abendblatt vom 27. März 2010, S. 16
- ↑ Harald Gevert: St. Gertrud im Herzen Hamburgs? In: Evangelisch-Lutherische Kirchengemeinde St. Gertrud (Hrsg): Gemeindebrief September-November 2011, S. 13
Weblinks
- Commons: St.-Gertrud-Kirche (Hamburg-Uhlenhorst) – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
- Website der Sankt-Gertrud-Kirche
- Geschichtswerkstatt St.Gertrud
- Kirchen in Nordelbien
Koordinaten: 53° 34′ 2″ N, 10° 1′ 40″ O