Bibliothek des Deutschen Bundestages
Die Bibliothek des Deutschen Bundestages (oft kurz Bundestagsbibliothek genannt) ist die Parlamentsbibliothek von Deutschland und nach der Library of Congress in Washington und der Kokuritsu Kokkai Toshokan (National Diet Library) in Tokio die weltweit drittgrößte Bibliothek dieser Art. Bis April 2002 war die Bibliothek in einer Vielzahl von Gebäuden in Bonn untergebracht. Danach fand der Umzug nach Berlin in das neu fertiggestellte Marie-Elisabeth-Lüders-Haus statt.
Geschichte
Die Bibliothek des Deutschen Bundestages begann ihre Tätigkeit im Jahre 1949. Der Bestand umfasste etwa 1000 Bände, die vom Parlamentarischen Rat übernommen wurden. Die Bibliothek war provisorisch in acht verschiedenen Liegenschaften in Bonn verteilt, die nicht für die Bibliotheksnutzung vorgesehen waren und aufgrund der Streuung der Standorte die Arbeit der Mitarbeiter erschwerten. Um dieses Problem zu beheben, gab es Überlegungen die Bibliothek im Schürmann-Bau in Bonn unterzubringen. Diese Überlegungen wurden dann überholt, als vom Bundestag beschlossen wurde die Regierung nach Berlin umzuziehen. In Berlin sollte es dann ein Neubau für die Bundestagsbibliothek im baulichen Gefüge des Band des Bundes geben, um den gesamten Bestand an einem Ort zusammenzuführen, der dann in Form des Marie-Elisabeth-Lüders-Hauses realisiert wurde.
Aufgaben
Die Hauptaufgabe der Bundestagsbibliothek ist die Informations- und Literaturversorgung des Deutschen Bundestages. Der Bestand umfasst über 1,3 Millionen Bände. Darunter sind nicht nur wissenschaftliche und Referenzliteratur, sondern auch Spezialsammlungen von Parlamentsmaterialien und Amtsdrucksachen. Die Bundestagsbibliothek bezieht die deutschen Amtsdrucksachen aufgrund von Pflichtexemplarregelungen von Bund, Ländern und Gemeinden. Darüber hinaus ist sie auch Depositarbibliothek für etwa zehn internationale und supranationale Organisationen.
Die Bundestagsbibliothek ist auch eine der drei offiziellen Ausbildungsbibliotheken des Bundes für Bibliothekare der Laufbahnen des höheren, gehobenen und mittleren Bibliotheksdienstes.
Benutzerkreis
Da die Bundestagsbibliothek für die Informations- und Literaturversorgung des Deutschen Bundestages zuständig ist, sind vor allem die Abgeordneten, die Fraktionen und die Bundestagsverwaltung die Hauptbenutzer. Zum Benutzerkreis zählen auch die im Raum Berlin ansässigen Bundes- und Landesbehörden, die Mitarbeiter der in Berlin vertretenen Zentralverbände, die diplomatischen Vertretungen sowie in- und ausländische Journalisten.
Aufgrund der zur Zeit geltenden scharfen Sicherheitsvorkehrungen ist die Bundestagsbibliothek eine nicht-öffentliche Bibliothek. Ein Zugang ist nur nach rechtzeitiger Anmeldung und mit begründetem Interesse möglich. Die Benutzung des Lesesaals und der Magazinbestände durch externe Nutzer ist ebenfalls eingeschränkt und nur bei nachzuweisendem wissenschaftlichem Interesse möglich. Zudem darf die Bibliothek nur als Präsenzbibliothek genutzt werden.
Bestände der Bibliothek
Zu den 1,3 Millionen Bände der Bibliothek gehört auch die Verwaltung der Bände aus den Handbibliotheken der Angehörigen der Bundestagsverwaltung und der Ausschüsse. Jährlich kommen ca. 21.000 neue Bände hinzu und die Bibliothek bezieht laufend 9.177 Periodika, von denen ca. 6.400 amtlichen und halbamtlichen Charakter tragen.
Organisation und Personal
Die Bundestagsbibliothek hat zur Zeit 91 Mitarbeiter, die sich auf vier Laufbahngruppen wie folgt aufteilen: Der höhere Dienst hat 14,5 Mitarbeiter, der gehobene Dienst 32,5, der mittlere Dienst 31 Mitarbeiter sowie 13 Mitarbeiter des einfachen Dienstes.
Gebäude der Bibliothek
Die Bibliothek des Deutschen Bundestages wurde in Gestalt eines Zylinders von 29m Außendurchmesser in die Südwestecke des Marie-Elisabeth-Lüders-Hauses eingefügt. Die durchgehend verglaste Rotunde ist durch eine ebenfalls durchgehende Glasfassade bedeckt. Somit tritt der Zylinder von außen nicht stark in Erscheinung. Mit dem durch die Spree getrennten Paul-Löbe-Haus, wo die Ausschüsse und die Abgeordneten des Deutschen Bundestags arbeiten, ist sie über eine verglaste Fußgängerbrücke verbunden.
Der äußere Zugang zur Bundestagsbibliothek befindet sich an der Nordseite; der Zugang für die Parlamentarier und ihre Mitarbeiter über die Fußgängerbrücke vom Paul-Löbe-Haus her. Von den Eingängen her gelangt man in eine große zentrale Halle und zum Eingang des Benutzungsbereichs der Bibliothek in der Rotunde.
Der Innendurchmesser des doppelwandigen Zylinders mit der Bibliothek beträgt 21 m. In dem etwa 3,5 m breiten Raum zwischen Innen- und Außenschale des Zylinders befinden sich Flucht- und Verbindungstreppen, Aufzüge sowie Kopier- und sonstige Nebenräume.
Die Bibliothek verteilt sich auf fünf Ebenen sowie auf zwei Untergeschosse:
- Auf der untersten Ebene befinden sich Beratungsplätze, Zettelkataloge und Benutzerarbeitsplätze
- Auf der zweituntersten Ebene befinden sich Auskunft, Buchausgabe- und rücknahme sowie Terminals für Recherchen im Online-Katalog
- Auf der nächsthöheren Ebene sind auf einer umlaufenden Galerie die Zeitschriftenauslage sowie Benutzerarbeitsplätze
- Die zweithöchste Ebene bietet weitere Lese- und Benutzerarbeitsplätze
- Buchstellflächen in Wandregalen und Steh-Anleseplätze sind auf einer schmalen umlaufenden Galerie auf der obersten Ebene zu finden
- In den zwei Untergeschossen befinden sich die ca. 8.000 Quadratmeter großen Magazine
Der Lesesaal hat einen Bestand von ca. 22.000 der gefragtesten Bände und bietet über 50 Leseplätze.
In etwas über 20 Metern Höhe schmückt unterhalb der Decke ein umlaufendes blaues Neon-Leuchtschriftband des italienischen Künstlers Maurizio Nannucci den Lesesaalbereich: Freiheit ist denkbar als Möglichkeit des Handelns unter Gleichen / Gleichheit ist denkbar als Möglichkeit des Handelns für die Freiheit.
An der zentralen Halle sind Lesesäle für Amtsdrucksachen, die Loseblattsammlung, die Kartenstelle sowie die Arbeitsräume der Mitarbeiter. Die ursprüngliche Idee des Architekten war es, die zentrale Halle und die anschließende Terrasse direkt von außen zugänglich zu machen. In der Halle sollte es eine kleine Gastronomie geben und die Möglichkeit geboten werden, Ausstellungen in der Halle veranstalten zu können. Diese Ideen wurden aufgrund der verschärften Sicherheitslage verworfen und die Terrasse sowie die draußen neben der Bibliotheksfassade zur Terrasse hinführenden großen Treppe bleiben lediglich als Staffage.
Die Konzeption des Benutzungsbereiches sollte zum Teil kritisch betrachtet werden. Da sich der Lesesaal in fünf Ebenen aufgeteilt wird, sind die Wege für die Mitarbeiter lang und zeitaufwendig. Die Geräuschbelästigung zwischen den offenen Ebenen, die durch die harten Betonoberflächen verstärkt wird, erweist sich als problematisch. Die voll verglaste Fassade mit dem Blick über die Spree zum Reichstag und zum Paul-Löbe-Haus hinüber ist durchaus reizvoll, aber bringt Probleme mit der Sonneneinstrahlung, Klimatisierung sowie Reinigung der großen Glasflächen mit sich.
Literatur
- Robert Klaus Jopp: Die Bibliothek des Deutschen Bundestages in Berlin im neuen Gebäude, in: B.I.T.online 7 (2004) Nr.4, S.287-290.