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Großbulgarisches Reich

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Die Wolgabulgaren waren der an der Wolga verbliebene Teil der Protobulgaren (letztere auch als Hunno-Bulgaren oder Großbulgarisches Reich umschrieben). Ihr Reich existierte vom 7. bis zum 13. Jahrhundert.

Sie waren überwiegend als ein Turkvolk anzusehen, das aus den Resten der Hunnen, verwandten turkstämmigen Volkssgruppen (Onoguren, Sabiren u.a.) entstanden ist. Dazu kamen noch zahlreiche slawisch-ugrische Volksgruppen hinzu. Als Alternativbezeichnung liegt uns auch aus der überwiegend turkvölkischen Turkologie Törk Bolğar (tatarisch), Turk Bolğar bzw. Türk Bulğar vor. Diese Bezeichnung stammt vom alttürkischenTürük-Bolqar/Turuk-Bulkha“ ab und hat die Bedeutung: „vermischte Turuk“. Das weist eindeutig darauf hin, dass schon die Vorfahren der Wolgabulgaren ein ausgesprochenes Mischvolk darstellten. Doch heute wird „Türük-Bolqar“ vielfach mit Türk-Bulgaren oder Turk-Bulgaren übersetzt. Dieses hat zwar eine gewisse Berechtigung, doch diese Übersetzung kam erst im Zuge des Panturkismus des 19. Jahrhunderts bei den Tataren Russlands auf.

Die Hunnen waren 454 aus Ungarn in die Schwarzmeer-Steppe (Altyn Oba Horde) abgezogen. Dabei standen sie unter der Herrschaft von 2 Familien-Klans (Kutriguren und Utriguren), die ihre Herkunft auf Attila und dessen Söhne zurückführten. Um 558-60 lösten sie sich im inneren Streit auf und wurden von den Awaren besiegt, die aber weiterzogen. Die besiegten Reste der Hunnen vermischten sich allmählich mit bereits benachbarten wie auch neu ankommenden türkischen und ersten slawischen Stammesgruppen, so dass sich das Volk der Protobulgaren bildete.

Das Großbulgarische Reich (560-922)

Ende des 6. Jahrhunderts bildeten sie unter Orchan das so genannte Großbulgarische Reich im Bereich der Flüsse Don und Wolga, das im Westen von Awaren und im Osten von den Westtürken Tardus bevormundet wurde. Orchan hatte als Onogur-Hunne noch einen „geschorenen Kopf“, wird jedoch heute als der erste Fürst jener „Protobulgaren“ betrachtet.

Sein Nachfolger war sein Neffe Kubrat Dulo, zu dessen Zeit (ca. 626) der Druck der Chasaren zunahm, die sich mit dem Tod des Khan Tung Sche-hu 630 (Ziebil?) langsam von den Westtürken ablösten. Kubrat hielt sich in seiner Jugend einige Zeit als Geisel oder Gast in Konstantinopel auf, so dass ihm gern byzantinische, zivilisierte Sitten nachgesagt werden. Zumindest galt er als "Freund" des damaligen byzantinischen Kaisers und trat um 619 eventuell zum Christentum über.
Mit dem Tod von Kubrat Khan ca. 642 zerstreuten sich seine Söhne, um den Chasaren auszuweichen:

1) Ein Teil unter Bajan blieb an der Wolga und unterwarf sich den Chasaren. Seine Gruppe, die „Schwarzen Bulgaren“ (Khara Bulkhar/Qara Bolqar) wurden noch eine Weile in russischen Inschriften erwähnt und verschwanden dann aus der Geschichte.

2) Ein Teil unter Kotrag wanderte nach Norden und gründete am Zusammenfluss von Wolga und Kama das Reich der „Weißen Bulgaren“ (Akh Bulkhar/Aq Bolqar), den eigentlichen Wolgabulgaren, das zunächst noch von den Chasaren abhängig war.

Wolgabulgarien nahm unter Khan Alamusch (Almush, Almas, Almış reg. 895-925) um 922 den Islam an (vgl. Ibn Fadlan) und entwickelte sich bald zu einer bedeutenden Handelsmacht, die insbesondere den Fernhandel (Luxusprodukte) zwischen der Kiewer Rus und den islamischen Ländern im Süden vermittelte. Diplomatische Beziehungen reichten unter Ibrahim (reg. 1006-1025) um 1024 bis Chorasan. Man betrieb in dem dicht besiedelten Land erfolgreich Ackerbau und gründete mehrere Städte wie Bolgar (beim heutigen Kasan), die Moscheen, Karawansereien und öffentliche Bauten besaßen. Zahlreiche Dörfer und kleine Festungen werden verzeichnet.
Schon im 12. Jahrhundert kam es zu mehreren militärischen Konflikten mit russischen Fürsten, die den Bestand des Staates bedrohten. Im Jahr 1236 wurde das Reich der Wolgabulgaren von der Goldenen Horde zerstört.

3) Ein Teil unter Asparuch wanderte auf den Balkan aus und gründete das heutige Donau-Bulgarien. Slawische Stammesgruppen schlossen sich Asparuch an, als seine Bulgaren gegen 680 die Donau überschritten. Es kam zu Kämpfen mit dem Heer und der Flotte des byzantinischen Kaisers Konstantin IV. im sumpfigen Donaudelta. Sie endeten mit einem Erfolg der Bulgaren, so dass sich die Byzantiner zu jährlichen Tributzahlungen entschlossen. Asparuch fiel 700/01 in einem Gefecht.
Die hunnischen und türkischen Volksgruppen vermischten sich mit den slawischen Gruppen, so dass z.B. slawische Schrift und alttürkischer Tierkreiskalender nebeneinander bestanden. Das Volk der „Blauen Bulgaren“ (Khökh Bulkhar/Qöq Bolqar), der Donaubulgaren, entstand. Ihre älteste Königsliste führt direkt auf Attilas Sohn Ernak zurück.
Die Macht der Donaubulgaren erreichte unter dem Khan Krum um 811 einen Höhepunkt, als dieser aus dem Haupt des byzantinischen Kaisers Nikephoros I. eine Trinkschale machte und beinahe Konstantinopel eroberte. Im 9. Jahrhundert traten die Donaubulgaren zum griechischen Christentum über.