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Benutzer:Gamma/Philosophie der Biologie

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Die Philosophie der Biologie (auch ‘‘'Biophilosophie'‘') ist ein Teilgebiet der Wissenschaftstheorie. Sie beschäftigt sich mit den philosophischen Voraussetzungen, Bedingungen und Bewertungen biologischer Theoriebildung, experimentellen Forschung und Anwendung. Neben den Methoden einer analytischen Wissenschaftstheorie gehören zur Biophilosophie auch wissenschaftshistorische und wissenschaftssoziologische Ansätze.

In einem weiteren Sinn wird in der Philosophie der Biologie auch diskutiert wie Modell und Methoden aus der Biologie die Philosophie selbst beeinflussen; beispielsweise mit dem Konzept der Evolutionären Erkenntnistheorie, in dem das Prinzip der biologischen Evolution auf die Möglichkeit von Erkenntnis angewendet wird. Die wachsende Bedeutung biologischer Fachbereiche wie der Gentechnologie oder der Molekularbiologie und deren zunehmende Technisierung und Ökonomisierung in den letzten Jahrzehnten, führte auch zu zahllosen und andauernden ethischen Problemen und Debatten. So gilt die Biologie mit ihren vielfältigen Gegenstandsbereichen und Methoden teilweise auch als die künftige pluralistische und offene „Leitdisziplin“ und „Jahrhundertwissenschaft“ und soll somit die Physik und den Physikalismus ablösen. [1] Die Übergänge der Philosophie der Biologie zur theoretischen Biologie sind fließend.

Bedeutung der Biophilosophie

Die Philosophie der Biologie ist in vielen Fällen daran beteiligt Forschungsfragen in der Biologie mit praktischer Bedeutung zu klären und zu lösen. Dabei geht es um allgemeine Probleme der Wissenschaftstheorie, oft aber auch um eine Klärung der Standpunkte, Theorien und Begriffe innerhalb der Biologie, aber auch um Kontroversen um die gesellschaftlichen Auswirkungen biologischer Erkenntnisse und Technologien.[2]

In der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts erhielt die Philosophie der Biologie einen großen Bedeutungsschub, der mit der wissenschaftlich-technischen Entwicklung in der Biologie, aber auch in der Entwicklung der Gesellschaft begründet wird. Die Naturschutzdebatte und das Aufkommen der Ökologie lenkte die Aufmerksamkeit auf die Frage der anthropologischen Ursachen auf das Naturgeschehen. Die Technisierung und Ökonomisierung der Biologie in der Biotechnologie und Gentechnologie fordert dagegen ethische, ontologische und epistemologische Antworten. Und zuletzt stellen die Ergebnisse der kognitiven Neurobiologie neue Fragen nach einer technischen Anwendbarkeit und nach dem Menschenbild innerhalb der Biologie.[3] Philosophen, die sich mit biologischen Themen beschäftigen, sind oft auch selbst ausgebildete Biologen. Ebenso haben mehrere Biologen wie Ernst Mayr, Richard Dawkins und Michael Gisehlin bedeutende Beiträge zur Biophilosophie geleistet. Seit 1985 erscheint die Zeitschrift „Biology und Philosophy“.

Die Philosophie der Biologie konzentriert sich oft auf die Evolutionsbiologie und vernachlässigt eher die physikalisch-chemisch orientierten Zweige der Biologie wie die Molekularbiologie. Die mag zum einen daran liegen, dass die westliche Philosophie lange platonisch geprägt war und eine Veränderlichkeit grundlegender Begriffe und Konzepte oft eine Herausforderung darstellen. Andererseits bereichert die Philosophie der Biologie auf diese Weise auch die Philosophie selbst. Wogegen die technisch und physikalisch-chemisch geprägten Disziplinen und ihrer philosophische Reflektion in den meisten Fällen schon durch allgemeinere wissenschaftstheoretische Arbeiten abgedeckt ist.[4] Einzigartige Konzepte und Bedingungen in der Biologie sind beispielsweise die Dualität von Phänotyp und Genotyp, das historische Element und die Einzigartigkeit und vielfältige Organisation vieler Untersuchungsobjekte, aber auch das Leben selbst, Teleologie (Zielgerichtetheit) und die Natürliche Selektion.

Nachdem Die Physik und insbesondere die Mechanik jahrhundertelang die Modelle und Methoden der Wissenschaftstheorie geprägt haben, stellt sich nun die Frage, welchen Status die Biologie in der Philosophie der Wissenschaften hat. Diese Frage und die Antworten darauf betreffen alle Bereiche des Umgangs mit der Biologie und damit letztlich auch Fragen der Logik, Methodologie und der konkreten Forschungspraxis.[5]

Geschichte

Als „Begründer der Philosophie der Biologie“ gilt Aristoteles, der selbst zunächst als Biologe tätig war. Seine Philosophie prägte das westliche Denken über Organismen, ihrer Teile und Organisation bis ins 19. Jahrhundert. <grene>

Anfang des 20. Jahrhundert, nach dem beispiellosen Aufschwung der modernen Physik, war das Hauptanliegen der damaligen Philosophie der Biologie die Frage nach den Unterschieden zwischen der Physik und der Biologie darzustellen. Diskutiert wurden holistische und prozessphilosophische Ansätze. Insbesondere vitalistische Positionen erlebten noch einmal einen kurzen Aufschwung. Durchgesetzt hat sich aber die mechanistisch-naturalistische Auffassung. Hervorzuheben ist lediglich Joseph Henry Woodger, dessen Veröffentlichungen Biological Principles (1929), aber besonders und The Axiomatic Method in Biology (1937) großen Einfluss auf die Wissenschaftstheorie ausübte. Darin versucht er im Sinne des logischen Empirismus der Physikalisten seiner Zeit die Biologie axiomatisch zu rekonstruieren. Es blieb allerdings bei diesem einen Versuch, das die Methodologie Hypothetisch-Deduktiven Rekonstruktion nur schlecht auf die Bereiche der Biologie anwendbar ist. Ansonsten konzentrierte sich das Interesse der Philosophen auf die Physik und Psychologie. Zwei Entwicklungen, die Formulierung der Synthetischen Evolutionstheorie und die Geburt der Mokekularbiologie, in der Mitte des Jahrhunderts verhalfen auch der Philosophie der Biologie zu einem Aufschwung.[6]

Analytische Wissenschaftstheorie

Ontologie und Epistemologie

Die zentrale Bedeutung der Evolutionstheorie für die moderne Biologie wurde schon häufig festgestellt. Unter ihrem Einfluss wird die unbelebte und insbesondere auch die belebte Natur als etwas Veränderliches betrachtet. Gegenüber den essentialistischen Konzepten, die jahrhundertelang das abendländische Denken beherrschten, ist dies ein radikaler Umbruch. War bei Platon noch die überzeitliche „Idee“ das Wirkliche und die konkreten Formen das davon Abgeleitete, so sind im Kontext der biologischen Evolution die konkreten, zeitlichen und veränderlichen Objekte das Reale. [7]

Die Anzahl der betrachteten Objektklassen ist in der Biologie im Verhältnis zu den Naturwissenschaften Physik und Chemie allerdings wesentlich höher. Während die Physik nur einige dutzend Objektklassen wie Sterne, Planeten und Atome kennt, gibt es in den verschiedenen Teildisziplinen der Biologie hunderte – wie Organe, Zellen und Arten. Umso schwieriger ist die Bestimmung des ontologischen und biologischen Status der einzelnen Objektklassen. Es stellt sich auch die Frage welches die elementaren Objekte, im Sinne eines naturwissenschaftlichen Ansatzes, sind. So war beispielsweise bei Rudolf Virchow[8] die Zelle (Biologie) der „Elementarorganismus“ und seit der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts liegt der Fokus auf dem Genom.

Die überaus einflussreiche Formulierung eines ontologischen Dualismus bei René Descartes ermöglichte in der Folge auch eine methodologische Trennung in eine materielle und eine geistige Welt. In der Tradition erlebte die Physik einen bis dahin unvergleichlichen Aufschwung und die daran orientierte Wissenschaftstheorie ist auf einem materialistischen und naturalistischen Naturverständnis aufgebaut. Auf der Suche nach grundlegenden Gesetzen und fundamentalen Strukturen versucht man die Eigenschaften und Merkmale aller Forschungsobjekte auf Gesetzmäßigkeiten diese Strukturen zurückzuführen. Dieser ontologische Reduktionismus stößt aber bei der Betrachtung vieler biologischer Phänomene an seine Grenzen. Da in verschiedenen Fachbereichen der Biologie wie der Soziobiologie oder der Neurobiologie auch nicht-materielle Phänomene wie Wahrnehmungen, Bewusstsein und der Wille thematisiert werden, greift ein radikaler Reduktionismus zu kurz. Ausgehend von einem monistischen Physikalismus gibt es zwar mehrere Ansätze aber noch keine überzeugenden Lösung für die Beschreibung und Erklärung von intentionalen und phänomenalen Zuständen.[9] Ein radikaler mechanistischer Physikalismus („alles ist Physik“) würde dagegen nicht nur die Abgrenzung der Biologie von der Physik unmöglich machen. Für einige Philosophen so ein Physikalismus schon allein deshalb unhaltbar, da er den Unterschied zwischen Leben und Tod leugnen würde. [10] Ähnlich verhält es sich mit dem offensichtlichen Unterschied zwischen der unbelebten und belebten Natur. Dieser wurde seit der Antike meist damit erklärt, dass die Lebewesen im Besitz spezieller immaterieller Kräfte oder Entitäten sind. Nachdem diese aber mit den bekannten naturwissenschaftlichen Methoden nicht isoliert und beschrieben werden konnten, verlor dieser Vitalismus immer stärker an Bedeutung, bis die Debatte in der Biologie zwischen Vitalisten und Mechanisten in den 30er Jahren des 20. Jahrhunderts endgültig eingeschlafen ist.[11].

Zum anderen wurde der Streit dadurch entschärft, dass das vorherrschende Organismusmodell in der Biologievom Maschinenmodell zum Programmmodell wechselte. Die aufkommende Kybernetik und nicht zuletzt die Entdeckung des „genetischen Codes“ rückte funktionalistische Informationsmodelle in den Mittelpunkt. Der hochkomplexe Organismus kann aus dieser Sicht nur als Ganzes funktionieren. Das Nebeneinander von mentalen und materiellen Phänomenen wird heute vor allem anhand von emergenztheoretische Positionen oder dem Konzept der Selbstorganisation diskutiert.

Methodologie und Experiment

Die verwendeten Forschungsmethoden in den biologischen Teildisziplinen sind ebenso sehr umfangreich wie die untersuchten Objektklassen. Sie reichen von Ingenieurwissenschaftlichen Methoden in der Biotechnologie, narrativen Methoden in den Neurowissenschaften und Einflüsse von historischen Wissenschaften in der Paläontologie bis hin zu bioethische Fragestellungen.

Erklärende Theorien in den Fachbereichen der Biologie haben eher den Charakter allgemeiner Regeln mit vielfältigen Ausnahmen und nur selten den Geltungsanspruch universeller Gesetze wie sie beispielsweise die Physik formuliert sind.[12] Eine wichtige Fragestellung ist aber, ob sich Theorien in der Biologie auf physikalische reduzieren lassen. Den klassischen Ansatz einer Theorienreduktion von Ernest Nagel (1961) wird geht den meisten Philosophen zu weit. Anhand der Gendefinition bestreitet Philip Kitcher beispielsweise, dass sich der Genbegriff der klassischen Genetik auf den Genbegriff der Molekularbiologie zurückführen lässt und nennt insbesondere drei Gründe: 1. Die klassische Genetik und die Molekulargenetik entsprechen nicht der Konzeption von Theorien die Nagel verwendet 2. Der Begriff „Gen“ aus der klassischen Genetik kann nicht in biochemischen Begriffen beschrieben werden. 3. Jede Ableitung einer Theorie wäre nicht-erklärend.[13] Dagegen ist eine „Konstitutive Reduktion“ also eine Übernahme der Theorien und Begriffe über die materielle Zusammensetzung von organischen und anorganischen Dingen in der Biologie und Philosophie allgemein akzeptiert. Weiterhin sind Theorien in der Biologie in der Regel probalistisch formuliert und beschreiben keinen strikten Determinismus wie in der klassischen Physik oder der Chemie. Die wird unter anderen damit begründet, dass die betrachteten lebenden Systeme hochkomplex, offen und individuell sind. So sind biologische Theorie meist mit Ausnahmen formuliert, die einen begrenzten Anwendungs- und Gültigkeitsbereich bestimmen.[14]

Grundprobleme der Biophilosophie

= Was ist Leben?

Leben wird in der naturwissenschaftlichen Biologie heute definiert als ein System von Eigenschaften von Dingen.[15] So listet Georg Toepfer zwei dutzend historische - und immerhin noch sechs seit 1980 gängige – Definitionen auf, die sich alle mehr oder weniger unterscheiden.[16]

Status und Struktur der Evolutionstheorie

Die heutige Synthetische Evolutionstheorie unterscheidet sich stark von den bekannten, mathematisch formulierten Theorie aus der Physik und Chemie. Der Versuch sie gemäß des logischen Empirismus zu formulieren birgt zudem einige Schwierigkeiten. Identifiziert man die „natürliche Selektion“ als grundlegendes Axiom, so fällt es schwer den Begriff der „fitness“ daraus abzuleiten, da einerseits eine allgemeine Gesetzmäßigkeit sich nicht erkennen lässt, aber andererseits eine relative Definition trivial ist. Der aktuelle Status in der Philosophie der Biologie zu diesem Problem ist die Auffassung, dass eine höhere Fitness lediglich die Erwartung auf mehr Nachkommen erhöht.[17] Wenn man weiterhin die Vielzahl an Teilgebieten der Evolutionstheorie, wie die Palöontologie, vergleichende Anatomie oder Biogeographie, und die immense Anzahl an verschiedenen Befunden und Begriffen berücksichtigt, dann wird klar, dass eine (Re-)konstruktion im Sinne des logischen Empirismus für die Evolutionstheorie nicht möglich ist. Insofern bleibt der erkenntnistheoretische Status der Evolutionstheorie in der Philosophie der Biologie unklar.[18]

  • Auch die Güte und der Nutzen der Evolutionstheorie wird unterschiedlich dargestellt.

Die Einheit der Selektion

Die Begründer der Evolutionstheorie, Charles Darwin und Alfred Russel Wallace waren sich in der Frage wo die natürliche Selektion ansetzt nicht einig. Während Darwin das Individuum als die einzige Einheit der Selektion ansah, argumentierte Wallace, dass Selektion auch auf der Ebene der Gruppen stattfindet. Danach wurde nahezu 100 Jahre eine Gruppenselektion in der Biologie für möglich gehalten, mit der Entwicklung der Molekulargenetik in den 60er Jahren des 20. Jahrhunderts kamen aber ganz neue Argumente ins Spiel. Da sich nur das Individuum direkt aus den Genen entwickelt, wurde das nicht nur als Argument für die Selektion des einzelnen Organismus' gewertet, sondern die Gen selbst wurden als Ebene der Selektion vorgeschlagen. In der Folge war das Thema in der Philosophie der Biologie eines der wichtigsten und wurde vielfach diskutiert. Dabei zeigte sich, dass die „Genselektion“ viele Beispiele in der Natur nicht hinreichend erklären konnte. Insbesondere versagt sie bei der Erklärung von systematischen Fluktuationen in der Häufigkeit von Genotypen.[19] Ebenso müsste es eine eindeutige Kausalkette zwischen Genotyp und Phänotyp geben, damit ein Reproduktionsserfolg direkt auf die Gene wirkt. Elisabeth Anne Lloyd schlug 1988 vor, die Kriterien für mögliche Selektionseinheiten genauer zu fassen. Demnach muss eine Einheit direkt mit ihrer Umwelt interagieren. Die meisten Wissenschaftler kamen daraufhin zu der Überzeugung, dass eine Genselektion unhaltbar ist.

Anfang des zwanzigsten Jahrhunderts wurde in der Evolutionsbiologie verstärkt die Frage diskutiert, ob es altruistischen Verhalten zwischen nicht-verwandten Individuen im Tierreich gibt und wie dessen Existenz mithilfe der Evolutionstheorie erklärt werden könnte. Darwin selbst brachte zwar schon die sogenannte Gruppenselektion ins Spiel[20] aber seine klassische Lehre der natürlichen Selektion kennt nur das Individuum als Reproduktionseinheit. In den sechziger Jahren des 20. Jahrhunderts mit der Entwicklung der Molekulargenetik wurden auch die Gene als die Einheiten der Selektion identifiziert. Wie von George C. Williams 1966 vorgeschlagen, „benutzen“ die Gene [[Chronosemen, Zellstrukturen und den gesamten Organismus zur erfolgreichen Reproduktion. Das Individuum ist somit nur die äußere Erscheinung, die eigentlichen Subjekte der Selektion sind die Gene.[21] Erst von da an begann eine systematische Beschäftigung mit der Frage in der Biophilosophie. So stellten Stephen J. Gould (1980) und Robert Brandon (1984) fest, dass Gene nach Außen nicht „sichtbar“ sind und vom Organismus quasi „verdeckt“ werden. David Hull (1981) wollte daraufhin zunächst klären, ob die Einheiten der Selektion lediglich als „Replikatoren“ gedacht werden können oder mit ihrer Umwelt um den reproduktiven Erfolg kausal interagieren müssen. Im zweiten Fall würde Gene als Träger kaum in Frage kommen.

Elliott Sober benutzte das Beispiel einer Dominant-rezessiven Vererbung, um zu zeigen, dass Gene nicht kausal an der natürlichen Selektion beteiligt sein können. Im Gegenzug stellt er die Theorie einer pluralistischen und hierarischen Sicht der Selektion auf, die bis heute die vorherrschende ist. Es wird aber weiterhin kontrovers diskutiert, wie sich diese „Ebenen der Selektion“ gegenseitig beeinflussen und ob sie zumindest teilweise aufeinander reduzierbar sind. (Sober, 2003)[22]

Mit der Aufkommen der Evolutionären Entwicklungsbiologie hat sich die Auffassung durchgesetzt, dass die manifeste Erscheinungen der Organismen (Phänotyp, manifest traits) nicht nur das Produkt der Gene sind, sondern sich aus dem Zusammenspiel der DNA, weiteren Molekülen und Zellstrukturen, sowie den Umwelteinflüssen entwickelt.

Klassifikation

Die Frage des ontologischen und epistemologischen Status von Spezies ist einer der am meisten diskutierten in der Philosophie der Biologie. Die Vorstellung, dass es eindeutig getrennte Arten gibt, wird in der Biologie meistens als gegeben unhinterfragt vorausgesetzt. Bei näherem Hinsehen ist aber alle Versuche einer eindeutigen Trennung mit verschiedenen Schwierigkeiten verbunden. Zunächst muss man klären, ob Arten oder alle Taxa als mathematische Klasse angesehen werden können. Folgen davon wären unter anderem, dass die Objekte abstrakte, eindeutige Eigenschaften haben müssen und dass Klassen über ihre Objekte definiert werden. Die Vorstellung statischer Klassen widerspricht dagegen dem Evolutionsgedanken der veränderlichen Arten. Mit dem Konzept der Familienähnlichkeit hat Ludwig Wittgenstein dagegen eine Möglichkeit formuliert, wie man durch unscharfe – un damit realistischere - Eigenschaftsdefinitionen ebenso Klassifizieren kann.

  • „natural kinds“

Ernst Mayr definierte Arten als eine Anhäufung von Populationen oder Reproduktionsgemeinschaften. Eine biologische Art ist demnach die Summe ihrer konkreten Varianten und kein „Idealtyp“ oder Mittelwert. Anstelle von deskripten Merkmalen dient das Konzept der Herkunfts- und Existenzbedingungen. Diese Definition stößt aber an Grenzen, wenn man beispielsweise Lebewesen betrachtet, die sich asexuell fortpflanzen oder wenn man ausgestorbene Organismen klassifizieren will. Mayrs Definition der Arten als Reproduktionsgemeinschaften war ein großer Erfolg und setzte sich in der Biologie weitgehend durch. Aber ebenso wichtig in der Evolutionsbiologie ist eine Einteilung der Spezies durch ihre Abstammungsverwandtschaft. So hat sich heute in der biologischen Praxis die Bestimmung von Spezies anhand von morphologischen und evolutorischen Eigenschaften durchgesetzt.

1974 überraschte der Biologe Michael Ghiselin mit dem Vorschlag das abstrakte und statische mathematische Klassenkonzept durch ein raumzeitliches Individuum zu ersetzen. Spezies sind demnach eher wie Organismen mit einem individuellen Lebenszyklus und konkreten Beziehungen in Abstammung und Lebensgemeinschaft. Der Nachteil dieser Konzeption ist allerdings, dass die Anwendung mathematischer und insbesondere numerischer Verfahren zur Bestimmung der Spezies („numerical Taxonomy“) eher zweifelhaft ist. Zudem ist es unmöglich, dass Arten nach dem Aussterben erneut auftreten.[23]

Organismusmodelle

Lebewesen sind bei Aristoteles wie alles andere auch durch Materie und Form bestimmt. Die „Form der Organismen“ ist dabei die Gliederung in Organe. Form und Wesen entsprechen der Seele, wodurch der Unterschied zwischen Belebtem und Unbelebten über das Beseelte und Nicht-Beseelte bestimmt wird. Die Seele nutzt den Körper wie ein Werkzeug. Diese funktionale Werkzeuganalogie bezieht sich sowohl auf einzelne Organe, als auch auf den Körper als Ganzes.[24]

René Descartes vollzog im 17. Jahrhundert eine radikale Wende indem er der Materie selbst das Vermögen aktiver Tätigkeit zusprach. Ihr gegenüber setzte er den menschlichen, denkenden Geist, das Konzept der Seele als formgebendes, aktives Prinzip verschwand fast völlig. Leben wird bei Descartes zum Automatismus des Materiellen und die Maschinenanalogie zum vorherrschenden Organismusmodell. Heutige Versuche die Maschinenanalogie zu einer Maschinentheorie zu erweitern, haben sich nicht durchgesetzt, da Lebewesen einfach alle Maschinenmetaphern mit ihren Fähigkeiten sprengen.

Um Organismen und Populationen in heutigen wissenschaftlichen Theorien zu beschreiben, benötigt die Biologie formalisierte Modelle. Ausgehend von einer naturwissenschaftlichen Modellbildung werden Organismen als physikalisch-chemische Systeme beschrieben. Da aber sowohl die Physik als auch die Chemie die Lebendigkeit der Organismen nicht abbildet, gilt ein rein mechanistischer Ansatz als unhaltbar. [25] Einen weiteren Ansatz in der Modellbildung findet sich in der sogenannten Konstruktions-Morphologie. Organismen werden dabei als mechanische Energiewandler betrachtet. Neben physiologischen Aspekten werden auch die Struktur und Form der Organismen, besonders aber ihre Funktionsweise anhand von Analogien zur Hydraulik beschrieben. Konstruktions-Morphologische Modelle haben sich in der Forschungspraxis schon häufiger bewährt.

Mit Erwin Schrödingers Buch „Was ist Leben?“ (“What ist life?““,1944) fand die Idee der Information Eingang in die Biologie. Träger dieser Information ist demnach der „genetische Code“[26]

  • Informationsmodelle


Funktionen und Teleologie

Gendefinition

Literatur

  • Francisco Jose Ayala, Robert Arp (Hgg.): Contemporary Debates in Philosophy of Biology, Wiley-Blackwell, Malden, MA 2010.
  • Marjorie Grene, David Depew: The Philosophy of Biology: An Episodic History, Cambridge University Press, 2004, ISBN 0-521-64380-5.
  • David L. Hull, Michael Ruse (Hgg.): The Cambridge Companion to the Philosophy of Biology, Cambridge University Press, Cambridge 2008, ISBN 9780521616713. (D. Boersema: Review)
  • David L. Hull, Michael Ruse: The Philosophy of Biology, Oxford Readings in Philosophy, Oxford University Press, Oxford 1998, ISBN 0198752121.
  • Ulrich Krohs, Georg Toepfer (Hrsg.): Philosophie der Biologie. Eine Einführung. Suhrkamp, Frankfurt 2005.
  • Martin Mahner, Mario Bunge: Philosophische Grundlagen der Biologie. Springer, Heidelberg 2000.
  • M. Matthen, C. Stephens (Hgg.): Philosophy of Biology, Handbook of the Philosophy of Science, Elsevier, Amsterdam 2007.
  • Ernst Mayr: Das ist Biologie. Spektrum Akademischer Verlag, Heidelberg 1998.
  • Ernst Mayr: Eine neue Philosophie der Biologie. Piper, München 1991.
  • Anthony O'Hear: Philosophy, Biology and Life, Royal Institute of Philosophy Supplements, Cambridge University Press, Cambridge 2005.
  • Alex Rosenberg, Daniel W. McShea: Philosophy of Biology. A Contemporary Introduction, Routledge Contemporary Introductions to Philosophy, Routledge, New York 2008.
  • Michael Ruse: The Philosophy of Biology, London 1973.
  • Sahotra Sarkar, Anya Plutynksi (Hgg.): A Companion to the Philosophy of Biology, Blackwell Companions to Philosophy, Blackwell, London 2008.
  • Julius Schaxel: Grundzüge der Theoriebildung in der Biologie. Gustav Fischer, Jena 1922.
  • Elliott Sober: Philosophy of Biology, Dimensions of Philosophy Series, Oxford University Press, Oxford 1993
  • Kim Sterelny, Paul E. Griffiths: Sex and Death. An Introduction to Philosophy of Biology. University of Chicago Press, Chicago 2000. (D. Boersema: Review)
  • Gerhard Vollmer: Biophilosophie. Reclam: Stuttgart 1995.
  • Gerhard Vollmer, Biophilosophie, in: P. Sitte (Hg.): Jahrhundertwissenschaft Biologie. Die großen Themen, München 1999, 381-406.
  • Marcel Weber: Philosophy of Experimental Biology, Cambridge Studies in Philosophy and Biology, Cambridge University Press, Cambridge / New York 2005.
  • Guenther Witzany: Biocommunication and Natural Genome Editing, Springer, Dordrecht 2010, ISBN 978-90-481-3318-5.

Einzelnachweise

  1. Edward Osborne Wilson, ‚‘Die Einheit des Wissens‘‘, Berlin, 1998, S 110
  2. Philip Kitcher, Philosophy of Biology, in Frank Jackson, The Oxford handbook of contemporary philosophy, Oxford, 2005, S. 820
  3. Kristian Köchy, "Biophilosophie zur Einführung", Junius, 2008, S. 11 ff.
  4. Ernst Mayr, „Eine neue Philosophie der Biologie.“ Piper, München, 1991, S. XI ff.
  5. Alexander Rosenberg, „The Structure of Biological Science“, Cambridge University Press, 1985, Kap. 2, S. 13ff.
  6. Philip Kitcher, Philosophy of Biology, in Frank Jackson, The Oxford handbook of contemporary philosophy, Oxford, 2005, S. 819
  7. Martin Mahner, Mario Bunge: Philosophische Grundlagen der Biologie. Springer, Heidelberg 2000, S. 30
  8. Kristian Köchy, "Biophilosophie zur Einführung", Junius, 2008, S. 169
  9. Achim Stephan, ‘‘Emergente Eigenschaften‘‘in ‘‘Philosophie der Biologie‘‘ Hrsg. Ulrich Krohs und Georg Toepfer, Suhrkamp, Frankfurt am Main, 2005, S.90
  10. Martin Mahner, Mario Bunge: Philosophische Grundlagen der Biologie. Springer, Heidelberg 2000, S. 136ff
  11. http://plato.stanford.edu/entries/life/
  12. Ernst Mayr, „Eine neue Philosophie der Biologie.“, Piper, München 1991, Seite VI
  13. Philip Kitcher, Philosophy of Biology, in Frank Jackson, The Oxford handbook of contemporary philosophy, Oxford, 2005, S. 834
  14. Ernst Mayr, „Eine neue Philosophie der Biologie.“ Piper, München, 1991, S. 24-31
  15. Martin Mahner, Mario Bunge: Philosophische Grundlagen der Biologie. Springer, Heidelberg 2000, S. 30
  16. Georg Toepfer, ‘‘Der Begriff des Lebens‘‘ in ‘‘Philosophie der Biologie‘‘ Hrsg. Ulrich Krohs und Georg Toepfer, Suhrkamp, Frankfurt am Main, 2005, S. 164
  17. Philip Kitcher, Philosophy of Biology, in Frank Jackson, The Oxford handbook of contemporary philosophy, Oxford, 2005, S. 821/822
  18. Philip Kitcher, Philosophy of Biology, in Frank Jackson, The Oxford handbook of contemporary philosophy, Oxford, 2005, S. 822/823
  19. “Peter Takacs, Michael Ruse, „The Current Status of the Philosophy of Biology“, Springer Science+Business Media B.V., 2011, S. 3ff.
  20. Carles Darwin, „Die Abstammung des Menschen und geschlechtliche Zuchtwahl“. In „Charles Darwin's gesammelte Werke“, Schweizerbart'sche Verlagshandlung, 1875, S. 170ff.
  21. Philip Kitcher, Philosophy of Biology, in Frank Jackson, The Oxford handbook of contemporary philosophy, Oxford, 2005, S. 824
  22. Philip Kitcher, Philosophy of Biology, in Frank Jackson, The Oxford handbook of contemporary philosophy, Oxford, 2005, S. 825
  23. Philip Kitcher, Philosophy of Biology, in Frank Jackson, The Oxford handbook of contemporary philosophy, Oxford, 2005, S. 830-832
  24. Marianne Schark, Organismus – Maschine: Analogie oder Gegensatz, in ‘‘Philosophie der Biologie‘‘ Hrsg. Ulrich Krohs und Georg Toepfer, Suhrkamp, Frankfurt am Main, 2005, S. 418ff.
  25. Martin Mahner, Mario Bunge: Philosophische Grundlagen der Biologie. Springer, Heidelberg 2000, S. 137
  26. Ernst Peter Fischer, „Was ist Leben – Mehr als vierzig Jahre später“ in Erwin Schrödinger, „Was ist Leben“, 1989, Vorwort, S. 16