Das Neue Kurhaus in Aachen, erbaut in den Jahren 1914 bis 1916, ist ein neoklassizistisches Gebäude in Aachen. Das Kurhaus liegt am Rande des Aachener Stadtgartens zur Monheimsallee, und hat die Lagebezeichnung Monheimsallee 44. Das Bauwerk steht unter Denkmalschutz.

Historie
Die aufblühende industrielle Entwicklung behinderte ab der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts zunehmend das Kurleben in Aachen. Die städtischen Kuranlagen waren über die Innenstadt verteilt und standen oft in unmittelbarer Nachbarschaft zu Fabrikgebäuden. Die Folge davon war ein Rückgang der Kurgäste, insbesondere aus der zahlungskräftigen Klientel. Bereits um die Wende zum 20. Jahrhundert suchte die Stadt nach Wegen, um den Kurbetrieb neu zu beleben. Man entschloss sich zum Neubau eines Kurhauses in der Nähe des Stadtzentrums auf dem Areall des damaligen Spitalsgarten am Fuß des Wingertsberges. Auf diesem Gelände befand sich seit 1855 das 'Maria-Hilf-Spital (Bauzeit 1848–1855).[1] , das auch noch zu Beginn des 20. Jahrhunderts mit 386 Betten zu den modernsten Krankenanstalten Aachens gehörte. Ende 1913 wurde das Maria-Hilf-Spital in das Josephinum an der Goethestraße verlegt. Vom 1. Februar 1914 bis 1. April 1914 brach man die Krankenhausgebäude ab, um Platz für das Neue Kurhaus zu schaffen.
Zur Bezeichnung Neues Kurhaus entschied man sich aufgrund der Traditionsfolge der bisherigen Kurhäuser in Aachen. Als erstes Kurhaus war im 18. Jahrhundert die Alte Redoute in der Komphausbadstraße 11 genutzt worden, die ab 1786 durch die Neue Redoute besser bekannt als Altes Kurhaus abgelöst worden war.
Die Stadt Aachen verpachtete das Gelände um den Stadtgarten an die 1914 gegründete "Aktiengesellschaft für Kur- und Badebetrieb der Stadt Aachen". Die Planung für die gesamte Kuranlage an der Monheimsallee wurde von Münchener Architekten Theodor Fischer (1862–1938) zmusammen mit Karl Stöhr übernommen, der auch die Bauausführung leitete.
Zu der gesamten Kuranlage gehörten:
- das Neue Kurhaus
- eine Wandelhalle mit Trinkbrunnen
- ein Kurmittelhaus
- das Palasthotel Quellenhof
Die Fertigstellung der Kuranlage war für den 1. Mai 1915 vorgesehen. Aufgrund des Ausbruchs des Ersten Weltkrieges verbunden mit Material- und Arbeitskräftemangel, verzögerte sich die Fertigstellung um mehr als ein Jahr, so dass das Neue Kurhaus erst am 8. Juni 1916 eröffnet werden konnte. Im neu errichteten Kurhaus befanden sich zwei Konzertsäle, wobei der Große Konzertsaal bis zu 850 Besucher fassen konnte. Darüber hinaus verfügte das Gebäude über Lesesäle, Raucherzimmer, Gesellschafts- und Spielräume sowie über zwei Frauensäle. Zu den gastronomischen Einrichtungen gehörten ein Speisesaal sowie ein Weinsalon und mehrere Kaffeeräume. Einer von ihnen führte auf eine zweistufige, elektrisch beleuchtete Wein- und Bierterrasse, die zum Konzertplatz hin geöffnet war.[2]
Während des Zweiten Weltkriegs wurde das Gebäude schwer beschädigt. Nach der Wiederherstellung erfolgte die Wiedereröffnung erfolgte am 5. Februar 1953 mit einer Karnevalssitzung.[3] Das Haus war Veranstaltungsort für Konzerte, Karnevalsevents mit einer großen Holz-Rutschbahn im Foyer und ist seit dem 2. Juli 1976 auch Sitz der Spielbank Aachen, der ersten Spielbank in Nordrhein-Westfalen. Im angrenzenden gläsernen Lenné-Pavillon auf der ehemaligen Terrasse befindet sich ein spezieller Gastronomiebereich.
Architektur
Theodor Fischer stellte das Neue Kurhaus als ein Quellheiligtum, einen Äskulap-Tempel dar. Das Neue Kurhaus ist ein zweigeschossiges Gebäude. Als Haupteingang dienen hinter dem Portikus drei rundbogige Fenstertüren, über diesen sind im Obergeschoss rechteckige Fenstertüren mit französischem Balkonen angeordnet . Die sich an den Portikus anschließenden Flügel des Gebäude verfügen jeweils über acht Fensterachsen, das Obergeschoss ist bei diesen mezzaninartig gestaltet mit kleineren oktogonalen Fenstern. Der Schmuck der unteren Fensterbekrönungen besteht abwechselnd aus Ährenhorn, Papagei und Delphin in paarweiser Anordnung. Am letzten linksseitigen Schmuck ist eine Rekonstruktion eines stilisierten Delphinpaars zu erkennen. Das erste Fenster neben dem Portikus ist mit einem Reliefteil je zweigeteilt in Ober- und Unterlicht.
Das Gebäude ist inspiriert von den klassizistischen Bauten Johann Peter Cremers in Aachen, dem Elisenbrunnen und dem Stadttheater. Der Portikus des Haupteinganges wird von sechs Säulen getragen, deren Kapitellvorderseite ein Muschelmotiv zwischen zwei seitlich stilisierten Voluten ziert. Im Tympanonfeld des Portikus stellen Reliefs den thronenden Äskulap mit Stab und Äskulapnatter, flankiert von zwei einschwänzigen Quellnymphen, die je aus einer Muschel Wasser herabfließen lassen, dar. Auf diese Weise wiederholt sich das Muschelmotiv. Fischer wählte für das Bildprogramm das naheliegende Thema Wasser, personifiziert durch Gestalten der griechischen Sagenwelt. Eine positive Pyramiden-Treppe mit 11 Stufen, einem modernen mittig angeordneten doppelläufigen Handlauf und zwei Rampen, eine architektonische Promenade, führen zum Haupteingang, den ein bärtiger Kopf schmückt, die beiden Seiteneingänge weisen weibliche Köpfe auf.
Hinter dem Giebel des Portikus erstreckt sich ein langer Gebäudetrakt mit Satteldach, der in einen großen apsidialen Saalbau übergeht. Der Festsaal dieser Raumfolge verfügte 850 Sitzplätze [4]. An den Seiten des Saalbaues befinden sich hinter den beiden Flügelbauten der Hauptfassade die beiden Binnenhöf. Sie sind nicht gleich gestaltet. Der von der Monheimsalle aus gesehen rechte Binnenhof ist größer als der linke Hof, letzterer hat hingegen einen im Vergleich langrechteckerigen Grundriss. Auch im Innenhof findet sich der Papagei als Schmuckmotiv.
Die Ostseite des Kurhauskomplexes ging in Terrassen und einem Konzertplatz mit Leuchtfontäne in den Stadtgarten über. Bewachsene Pergolen schmückten das Gelände.
Benachbarte Kuranlagen
An der Westseite folgte, im rechten Winkel angeordnet, die neoklassizistische Wandelhalle mit einem Thermaltrinkbrunnen aus Marmor an deren nördlichen Ende. Westlich davon schließt sich das neoklassizistische Palasthotel Quellenhof an.
Die Thermalwasser-Badehalle des Quellenhof wurde seit 1936 von der Rosenquelle in der Komphausbadstraße gespeist. Das 46°C heiße Thermalwasser wurde über eine unterirdische Leitung zum Quellenhof und zur Wandelhalle geleitet.[5]
Direkt neben dem Neuen Kurhaus befindet sich ein Musikpavillion, der früher in der Kursaison zu täglichen Kurkonzerten genutzt wurde. Heute finden hier nur noch selten Veranstaltungen statt.
Die Benutzung der Kuranlagen war kostenpflichtig. Eintrittsgelder oder Kurtaxen wurden an kleinen Kassenhäuschen an verschiedenen Eingängen des Parks erhoben.
Bildergalerie
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Stadtgarten Platz vor dem Mariahilfkrankenhaus.
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Großer Festsaal
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Konversationssaal
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Lesezimmer
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Eingangshalle
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Mosaik
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Innenhof
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Blick in die Konditorei
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Wandelhalle
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Delphine Fensterschmuck
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Papageien Fensterschmuck
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Haupteingang
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Tympanonrelief
Literatur
- Wilhelm Weßberge (Stadtgartendirektor): Die wichtigsten Baumarten unserer städtischen Gartenanlagen. La Ruelle, Aachen 1908.
- Aktiengesellschaft für Kur- und Badebetrieb der Stadt Aachen: Rheuma-Bad Aachen. Graphische Kunstanstalt Geulen & Nebe, Aachen, 1918
- Albert Huyskens: Aachen. DARI, Berlin-Halensee, 1925.
- Albert Huyskens: Aachen. DARI, Berlin-Halensee, 1928
- Landeskonservator Rheinland (Hrsg.): Denkmälerverzeichnis, 1.2: Aachen, übrige Stadtteile. (unter Mitwirkung von Hans Königs, bearbeitet von Volker Osteneck) Rheinland Verlag, Köln 1978, S.24, 34.
- Bemerkenswerte Bäume in der Stadt Aachen. Zeitzeugen der Stadtgeschichte. Hrsg. Stadt Aachen, Der Oberbürgermeister, Aachener Stadtbetrieb und Umweltdezernat. Aachener Stiftung Kathy Beys. Klenkes, Aachen, 2002.
Weblinks
- Commons: Neues Kurhaus – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
- Spielcasino Aachen
- Casino Aachen - Lenné-Pavillon
Einzelnachweise
- ↑ Der Name Maria-Hilf-Straße erinnert heute an dieses ehemalige Gebäude. Die Straße führt von der Monheimsallee auf die Alexander Straße gegenüber der Peterskirche.
- ↑ Aktiengesellschaft für den Kur- und Badebetrieb der Stadt Aachen: Rheumabad Aachen", Aachen 1918, S. 28
- ↑ Stadt Aachen: Aachen im Aufbau 1952 - Verwaltungsbericht der Stadt Aachen für das Jahr 1952, Aachen 1953, S. 87
- ↑ Aktiengesellschaft für Kur- und Badebetrieb der Stadt Aachen: Rheuma-Bad Aachen. Graphische Kunstanstalt Geulen & Nebe, Aachen, 1918
- ↑ Joseph Buchkremer: Die jüngsten öffentlichen Bauten. in: Huyskens: Aachen DARI, Berlin-Halensee 1925, S.53–61; 51, 54, 58, 59 (Abb.Eingang, Wandelhalle, Konversationsraum u. Lesezimmer)
Koordinaten: 50° 46′ 53,8″ N, 6° 5′ 35,3″ O