Kriegsgefangener
Kriegsgefangener ist ein Kombattant (im allgemeinen Soldat) oder ein bestimmter Nichtkombattant, der von einer gegnerischen Streitmacht während eines bewaffneten Konfliktes gefangen genommen wird. Für die Behandlung von Kriegsgefangenen gelten die völkerrechtlichen Regelungen der Haager Landkriegsordnung von 1907 (Artikel 4 bis 20) und das III. Genfer Abkommen (ein Teil der Genfer Konvention) von 1949. Kriegsgefangene werden z.B. mit dem Signet POW für „Prisoner of war“ auf der Bekleidung gekennzeichnet.

Die vier Genfer Abkommen haben den Kreis der regulären Kombattanten erweitert und tendenziell zu einer Unsicherheit geführt, welche Personen genau dazu gehören und welche nicht.
Als Kriegsgefangene gelten die vom Gegner gefangen genommenen Personen folgender Kategorien:
- Mitglieder der regulären Streitkräfte einschließlich der eingegliederten Milizen
- Personen, die keine Militärpersonen sind, aber für die Streitkräfte tätig sind
- Die Bevölkerung eines angegriffenen Gebietes, die beim Herannahen des Feindes zu den Waffen gegriffen hat
Auch alle übrigen Personen, die kriegerische Handlungen vorgenommen haben, sind im Zweifelsfalle so lange als Kriegsgefangene zu behandeln, bis durch zuständige Gerichte über ihren Status entschieden ist. Die Kriegsgefangenen unterstehen der Gewalt des Gewahrsamsstaates, nicht den Personen und Truppenteilen, die sie gefangen genommen haben.
Einzelpersonen dürfen nicht über Kriegsgefangene entscheiden, auch dann nicht, wenn diese offensichtlich gegen die Regeln der Kriegsführung verstoßen haben.
Sanitätspersonal, auch wenn zur Selbstverteidigung eine Handfeuerwaffe führend, sowie religiöses Personal zählt nicht zu den Kombattanten. Sie werden daher formal auch in Gefangenschaft keine Kriegsgefangene, genießen aber den selben Schutz. Sie dürfen ihre Tätigkeit weiter ausüben und sind in dieser zu unterstützen. Sanitäter dürfen nur so lange vom Gewahrsamsstaat zurückgehalten werden, wie sie zur Versorgung ihrer verwundeten Landsleute benötigt werden.
Söldner, die speziell für den bewaffneten Konflikt angeworben wurden, haben kein Recht auf den Kriegsgefangenenstatus.
Rechte und Pflichten Kriegsgefangener
Kriegsgefangene sind keine Strafgefangenen, sondern Sicherungsgefangene, die dem Gewahrsamsstaat als Staatsgefangene unterstehen. Der Gewahrsamsstaat ist für die Behandlung verantwortlich, unmenschliche und entwürdigende Behandlung sowie Repressalien sind verboten.
Kombattanten, die die Waffen strecken, wehrlos oder sonst kampf- bzw. verteidigungsunfähig sind oder sich ergeben, dürfen nicht bekämpft werden. Sie dürfen entwaffnet und gefangen genommen werden.
Kriegsgefangene sind baldmöglichst außer Gefahr zu bringen. Soweit sie aufgrund der Kampfbedingungen nicht weggeschafft werden können, sind zu freizulassen. Dabei sind die praktisch möglichen Maßnahmen für ihre Sicherheit zu treffen.
Der Kriegsgefange ist nur verpflichtet Name, Vornamen, Geburtsdatum, Dienstgrad und Personenkennziffer zu nennen. Militärische Ausrüstung und Waffen sind ihm abzunehmen. Persönliche Sachen einschließlich Stahlhelm, ABC-Schutzausrüstung, Verpflegung, Bekleidung, Dienstgrad- und Nationalitätskennzeichen sowie Auszeichnungen darf er behalten. Nur auf Offiziersbefehl dürfen ihm Geld und Wertgegenstände gegen Quittung abgenommen werden, sie sind ihm bei Entlassung zurückzugeben.
Mannschaftsdienstgrade kann der Gewahrsamsstaat zu nichtmilitärischen Arbeiten heranziehen. Die Heranziehungsmöglichkeiten für Unteroffziersdienstgrade beschränkt sich auf Aufsichtsarbeiten. Offiziere können nicht zu Arbeiten herangezogen werden sondern werden bevorzugt behandelt. Gesundheitsschädliche Arbeiten oder besonders gefährliche Arbeiten dürfen nur freiwillig übernommen werden.
Soweit der flüchtende Kriegsgefangene (auch im Wiederholungsfall) keine Gewalt gegen Personen anwendet, dürfen Fluchtversuche nur disziplinar geahndet werden.
Die Verletzung dieser Rechte kommt in beinahe jedem Krieg vor und provoziert bei der Gegenseite meist ähnliche Übergriffe. Besonders schwere Rechtsbrüche, die nicht selten eine größere Anzahl gegnerischer Armeeangehöriger betreffen, können als Kriegsverbrechen gewertet werden.
Siehe auch: Haager Landkriegsordnung, Genfer Kriegsgefangen-Konvention
Heutige Entwicklung des Kriegsgefangenenstatus
Mit den von den USA als Krieg gegen den Terror bezeichneten kriegerischen Auseinandersetzungen kam es durch die Festnahme vieler Taliban-Anhänger durch die USA und deren Deportation und Inhaftierung in Guantanamo zur öffentlichen Diskussion über die Rechtmäßigkeit dieser Maßnahmen. Amnesty International und andere unabhängige Beobachter werfen den USA vor, dass sie gegen geltendes Völkerrecht verstoßen, da fortdauernd die im Völkerrecht verankerten Rechte der Gefangenen missachtet würden. Des weiteren steht zur Diskussion, ob die Taliban-Kämpfer vor dem Gesetz rechtmäßig als Kriegsgefangene eingestuft werden können. Die konservative Bush-Regierung vertritt die Meinung, dass es sich bei den Taliban- und Al-Kaida-Kämpfern um „illegale Kombattanten“ (ein von den USA neu eingeführter Begriff) handelt, da sie keiner regulären Armee angehören, sondern Mitglieder einer terroristischen Vereinigung seien. Berichte verschiedener Guantanamo-Gefangener über schwere Folterungen durch die Gefangenenwärter verschärfen die Diskussion. Die US-amerikanischen Gerichte nehmen zunehmend eine von der US-Regierung abweichende Position ein.
Die gleiche Problematik zeigt sich im durch die USA und ihre Verbündeten durchgeführten, von der UN nicht legitimierten Angriffskrieg gegen den Irak mit der Festnahme des Ex-Diktators Saddam Hussein.
Literatur
- Andreas Hilger: Deutsche Kriegsgefangenenschaft in der Sowjetunion 1941-1956. Kriegsgefangenenpolitik, Lageralltag und Erinnerung. 486 Seiten. Klartext-Verlag, März 2000
- Jörg Echternkamp (Hrsg.): Die deutsche Kriegsgesellschaft 1939-1945. Das Deutsche Reich und der Zweite Weltkrieg; Band 9 in zwei Halbbänden';' Deutsche Verlags-Anstalt, München, 2004/05; 933 S. und 1112 S.
- Guido Knopp: Die Gefangenen. C.Bertelsmann Verlag 2003, 416 Seiten
- Rüdiger Overmans (Hg.): In der Hand des Feindes: Kriegsgefangenschaft von der Antike bis zum Zweiten Weltkrieg, Böhlau, Köln, 1999, ISBN 3-412-14998-5
- Rüdiger Overmans: Soldaten hinter Stacheldraht. Deutsche Kriegsgefangene des Zweiten Weltkriegs. 336 Seiten, Ullstein Tb, März 2002.
- James Bacque: Der geplante Tod, Ullstein, 382 S., 2002, ISBN 3-548-33163-7, (Dt. Kriegsgefangene in amerikanischen und französischen Lagern 45 - 46)
(mittlerweile widerlegte, tendenziöse Publikation: Bacque behauptete - hauptsächlich von einer Fehlinterpretation der deutschen militärischen Verlustzahlen im zweiten Weltkrieg ausgehend - daß mehr als eine Million deutscher Kriegsgefangener in amerikanischem und französischem Gewahrsam ums Leben gekommen sei)
Weblinks
- Die deutschen Kriegsgefangenen des 2. Weltkrieges
- Sowjetische Kriegsgefangene und Zwangsarbeiter in Schleswig-Holstein (KZ-Gedenkstätte Kaltenkirchen: Siehe "Archivtexte / Geschichtliches / Im Schatten des Vernichtungskrieges")
- Als Bauarbeiter in der Sowjetunion - Bericht aus vier Jahren Kriegsgefangenschaft
- Bert-Oliver Manig: Der Bluthund ist zurück. In DIE ZEIT 37/2005.
- Zu den Spätheimkehrern aus sowjetischer Gefangenschaft gehörte 1955 auch einer der brutalsten Nazi-Militärs: Generalfeldmarschall Ferdinand Schörner. In Bonn war die Verlegenheit groß.