Als Kanonenbahn wird die strategische Eisenbahnstrecke zwischen Berlin und Metz bezeichnet. Diese Verbindung wurde ab 1875 durch den preußischen Staat aus militärstrategischen Erwägungen hauptbahnmäßig erbaut bzw. ausgebaut.
Die Gesamtstrecke lässt sich in mehrere Abschnitte gliedern:
- Berlin-Wetzlarer Eisenbahn
- Berlin - Blankenheim
- Blankenheim - Leinefelde (Strecke Halle - Kassel)
- Leinefelde - Treysa
- Treysa - Lollar (Main-Weser-Bahn)
- Lollar - Wetzlar (Umfahrung Gießen)
- Lahntalbahn ab Wetzlar
- Moselstrecke
- Obermoselstrecke
Begriffsbestimmungen
Die Eisenbahnstrecke Berlin – Metz wurde nie offiziell als „Kanonenbahn“ bezeichnet. Dieser Begriff hat sich in der Umgangssprache eingebürgert. Allerdings gibt es im hessischen Treysa eine Straße, die „An der Kanonenbahn“ heißt. Kanonenbahn wurden aber auch andere Strecken genannt; die Bezeichnung ist ein umgangssprachlicher Name für strategische Eisenbahnstrecken.
Als „die“ Kanonenbahn wird die Strecke Berlin – Metz bezeichnet. Für diese Strecke bzw. Teilstrecken gibt es eine Reihe weiterer Namen:
- Berlin – Wetzlarer Eisenbahn
- Berlin – Metzer-Bahn
- Wetzlarer Bahn
- Berlin – Coblenzer Eisenbahn (BCE)
- Berlin – Blankenheimer Bahn
- Moselstrecke
Wahrscheinlich wurden entsprechend der vier Eisenbahndirektionen, die für die Bauleitung zuständig waren, regional unterschiedliche Namen verwendet.
- Beispielsweise firmierten die offiziellen Ausschreibungen zum Bahnbau im Eichsfeld unter der Bezeichnung Berlin–Coblenzer Eisenbahn. So in einer Ausschreibung im „Obereichsfelder Kreisanzeiger“ vom 14.10.1876. Die Initialen „BCE“ sind dort noch auf Bänken und Stühlen auf Bahnhöfen und verschiedenen Bauwerken zu finden.
- Zur offiziellen Eröffnung der Teilstrecke Wetzlar – Lollar veröffentlichte die Königliche Eisenbahn-Direction im Wetzlarer Anzeiger am 13. Oktober 1878 eine Bekanntmachung, in der von der Berlin-Metzer-Bahn die Rede ist.
Als strategische Eisenbahnstrecke werden diejenigen Strecken bezeichnet, die aus militärstrategischen Gründen ohne Rücksicht auf eine wirtschaftliche oder zivile verkehrliche Bedeutung in Friedenszeiten gebaut wurden. Bestimmte Entwurfsparameter wie Kurvenradius, Steigung und Traglast müssen eingehalten werden. Geplant waren sie als zweigleisige Strecken mit dem Ziel, möglichst Ballungsräume zu umfahren.
Vorgeschichte
Zur Entwicklung der Militärstrategien wird auf den Artikel „strategische Bahn“ verwiesen. Spätestens 1871 gab es erste Pläne für die Eisenbahnstrecke. Am 12. Juni 1872 stellte der „Verein für die Gründung einer directen Eisenbahn von Berlin nach Frankfurt am Main“ ein Konzessionsgesuch an den Preußischen Minister für Handel, Gewerbe und öffentliche Arbeiten. Dieses Gesuch wurde schon 14 Tage später mit der Begründung abgelehnt, dass „die Regierung die Herstellung einer directen Verbindung zwischen dem östlichen und westlichen Staatsbahncomplex und damit auch zwischen Berlin nach Frankfurt am Main für Staatsrechnung beabsichtigt“. 1872 schon wurden beispielsweise im Bereich Lollar – Wetzlar von Geometern und Ingenieuren die geplante Streckenführung abgesteckt.
Das sogenannte „Kanonenbahngesetz“
"Gesetz, betreffend die Aufnahme einer Anleihe in Höhe von 120 Millionen Thalern zur Erweiterung, Vervollständigung und besseren Ausrüstung des Staatseisenbahnnetzes, vom 11. Juni 1873"
Streckenabschnitte
Die gesamte Strecke hat eine Länge von etwa 804 km. Insgesamt lässt sich die realisierte Kanonenbahn aus ihrer Baugeschichte in 23 Einzelabschnitte einteilen. 12 Abschnitte wurden im Rahmen des Kanonenbahngesetzes gebaut, 11 Abschnitte sind Teilstrecken vorhandener Bahnen. Dies sind die Hauptbahn Cassel – Halle, die Main – Weser – Bahn und die Lahntalbahn. Zu dem Projekt Kanonenbahn gehörte aber auch der Ausbau dieser vorhandenen Strecken wie der zweigleisige Ausbau der Lahntalbahn.
Für die Bauleitung der Kanonenbahn waren vier Königliche Eisenbahndirektionen (KED) und die Kaiserliche General-Direktion der Eisenbahnen in Elsaß-Lothringen zuständig:
- Berlin – Nordhausen: KED Berlin
- Nordhausen – Eschwege – Treysa – Lollar: KED Casssel, ab 1. April 1876 KED Frankfurt (M)
- Lollar – Wetzlar, Oberlahnstein – Coblenz – Güls, Hohenrhein – Niederlahnstein: KED Wiesbaden
- Güls - Ehrang – Grenze bei Sierck: KED Saarbrücken
Leinefelde – Eschwege
Kilometrierung und Stationen:
- km 0,00 Leinefelde, Bahnhof 1. Klasse
- km 3,41 Birkungen, Haltepunkt
- km 8,22 Silberhausen Trennungsbf., Bahnhof 4. Klasse
- km 10,14 Dingelstädt, Bahnhof 2. Klasse
- km 12,70 Küllstedt, Bahnhof 3. Klasse
- km 23,83 Effelder, Haltepunkt
- km 25,85 Großbartoff, Haltepunkt
- km 31,35 Lengenfeld unterm Stein, Bahnhof 4. Klasse
- km 34,66 Geismar, Bahnhof 4. Klasse
- km 38,25 Abzw. St. Frieda,
- km 41,27 Schwebda, Bahnhof 3. Klasse
- km 43,33 Grebendorf, Haltepunkt
- km 45,91 Eschwege, Bahnhof 1. Klasse
Eschwege – Niederhone
Kilometrierung und Stationen:
- km 0,00 Eschwege, Bahnhof 1. Klasse
- km 3,29 Niederhone, Bahnhof 1. Klasse
Niederhone – Malsfeld
Kilometrierung und Stationen:
- km 0,00 Niederhone, Bahnhof 1. Klasse
- km 4,44 Reichensachsen West, Haltepunkt
- km 7,82 Bischhausen, Bahnhof 4. Klasse
- km 13,06 Waldkappel, Bahnhof 3. Klasse
- km 19,30 Burghofen, Bahnhof 4. Klasse
- km 24,11 Bischofferode, Haltepunkt
- km 30,78 Spangenberg, Bahnhof 3. Klasse
- km 36,20 Mörshausen, Haltepunkt
- km 40,41 Malsfeld, Bahnhof 2. Klasse
(Stand: 1. April 1916)
Malsfeld – Treysa
Kilometrierung und Stationen:
- km 0,00 Malsfeld, Bahnhof 2. Klasse
- km 7,61 Niederbeisheim, Haltepunkt
- km 11,73 Oberbeisheim, Bahnhof 4. Klasse
- km 14,33 Remsfeld, Haltepunkt
- km 19,32 Homberg (Bez. Cassel), Bahnhof 2. Klasse
- km 22,82 Sondheim, Haltepunkt
- km 23,86 Wernswig, Haltepunkt
- km 27,94 Frielendorf, Bahnhof 3. Klasse
- km 32,41 Leimsfeld, Haltepunkt
- km 36,49 Ziegenhain Nord, Bahnhof 4. Klasse
- km 40,38 Treysa, Bahnhof 1. Klasse
Lollar - Wetzlar
Der 18,04 km lange Streckenabschnitt Lollar - Wetzlar wurde als Umfahrung von Gießen geplant. Von der Main-Weser Bahn von Norden kommend zweigt die Kanonenbahn in Lollar auf die Neubaustrecke ab und trifft in Wetzlar auf die Lahntalbahn, auf der sie weiter nach Westen führt.
Die ersten Vermessungsarbeiten für die Strecke wurden 1872 durchgeführt, die Bauarbeiten gegangen am 1. Juli 1875 und endeten mit der Fertigstellung der Strecke im Juli 1878. Offiziell eröffnet wurde die Strecke am 15.10.1878.
Strecke:
- km 0,00 Lollar
- km 1,49 Lahnbrücke
- km 2,44 Wißmar, Bahnhof 4. Klasse
- km 4,44 Launsbach, Haltepunkt unbesetzt
- km 5,68 Krofdorf-Gleiberg, Haltepunkt unbesetzt
- km 8,01 Abendstern, Bahnhof 4. Klasse
- km 9,85 Kinzenbach¸ Bahnhof 4. Klasse
- km 11,88 Atzbach, Haltepunkt unbesetzt
- km 12,92 Dorlar, Bahnhof 4. Klasse
- km 16,46 Garbenheim, Haltepunkt unbesetzt
- km 18,04 Wetzlar
Siehe auch
Literatur
- Fromm, Günter; Die Geschichte der Kanonenbahn. Leinefelde - Eschwege 1880-1945 - Leinefelde - Geismar 1880-1992. Langensalza 2000 ISBN 3-932554-98-1
- Hoppstädter, Kurt; Die Eisenbahnen im Moseltal nach den Akten des Staatsarchivs Koblenz. Eigendruck der Bundesbahndirektion. Saarbrücken 1973
- Klee, Wolfgang; Die Kanonenbahn Berlin - Metz. Stuttgart 1998 ISBN 3-613-71082-X
- Krebs, Jürgen; Kanonenbahn Berlin - Sangerhausen. Zwischen Fläming und Mansfelder Land. Herdam Fotoverlag 2004 ISBN 3-933178-09-6
- Lauerwald, Paul; Die Kanonenbahn Leinefelde - Eschwege West. Quedlinburg 1998 ISBN 3-933178-01-0
- Winter, Emil; Die Bahnstrecke Lollar - Wetzlar oder Die Kanonenbahn 1878 bis 1990. Heuchelheim 1995 ISBN 3-926923-17-2