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Birkenpech

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Birkenpech oder Birkenteer ist ein schwarzes, teerartiges Destillat, das aus der Rinde von Birken gewonnen wird und seit der Vorzeit als vielseitiger Klebstoff und zum Abdichten von Gefäßen verwendet wurde. Die ältesten Funde datieren in die mittlere Altsteinzeit und wurden bei Ausgrabungen am Fundplatz Königsaue bei Aschersleben in den 1960er Jahren entdeckt. Das Alter wird mit mindestens 80000 Jahren vor heute angegeben. Birkenpech wurde an zahlreichen Lager- und Siedlungplätzen von der Mittleren Steinzeit (rd. 8500 - rd. 5000 v.Chr.) und der Jungsteinzeit (rd. 5500 - 2200 v.Chr.) gefunden und konnte anscheinend mit relativ einfachen Mitteln problemlos und in beliebigen Mengen für den täglichen Gebrauch hergestellt werden.

Moderne chemische Untersuchungen und Experimente haben gezeigt, dass Birkenpech durch einen Verschwelungsprozess, genauer durch eine sog. trockene Destillation, hergestellt worden sein muss. Bei den Experimenten unter Laborbedingungen wurde der Rohstoff Birkenrinde in einem weitgehend luftdicht abgeschlossen Behälter (Glasretorte) auf eine relativ konstante Temperatur zwischen 340 und 400 °C erhitzt. Dabei verschwelt die Birkenrinde nahezu rückstandslos zu Birkenteer bzw. -pech. Auf diesem Wege konnten zwar die Rahmenbedingungen der Birkenpechherstellung geklärt werden, allerdings ist - unbeschadet anderslautender Behauptungen in der Literatur - nach wie vor völlig unbekannt, wie diese Bedingungen in der Steinzeit geschaffen worden sind. Zahlreiche experimentalarchäologische Versuche haben indes gezeigt, dass die Herstellung von Birkenpech viel Erfahrung erfordert, da sonst der Verschwelungsprozess misslingt.

Birkenpech, wie auch dessen Zwischenprodukt Birkenteer, ist seit der Steinzeit ein gebräuchlicher Allzweck-Klebstoff. Er wurde vor allem zur Schäftung von Werkzeugen und Waffen verwendet und hat sich in Form von schwarzen Spuren an vielfältigen Geräten wie z.B. Pfeilspitzen, Pfeilschäften, Feuerzeuggriffen u.a.m. erhalten. Außerdem wurde damit zerbrochene Keramik geflickt, und wahrscheinlich wurden auch Behältnisse aus organischen Materialien (Holz, Rinde o.ä.) abgedichtet. Schliesslich zeigen Zahnabdrücke auf erhaltenen Birkenteerklumpen, dass Birkenpech gekaut worden ist. Ob dies zur Zahnpflege oder bei Verwendung als Genussmittel Kaugummi geschah, ist unbekannt. Eine alternative Erklärung könnte sein, dass Birkenpech auf diese Weise vor der endgültigen Verarbeitung bereits weitgehend weich gemacht worden ist.


Literatur

  • Jürgen Weiner: Praktische Versuche zur Herstellung und Verwendung von Birkenpech Archäologisches Korrespondenzblatt 18, 1988, 329-334.
  • Jürgen Weiner: European Pre- and Protohistoric Tar and Pitch: A Contribution to the History of Research 1720-1999. Acta Archaeometrica 1, 1999, 1-109. (Coburg).