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Glycerin

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
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Strukturformel
Strukturformel von Glycerin
Allgemeines
Name Glycerin
Andere Namen
  • Glycerol
  • 1,2,3-Propantriol
  • Propantriol
Summenformel C3H8O3
Kurzbeschreibung

farblose, schwerbewegliche Flüssigkeit[1]

Externe Identifikatoren/Datenbanken
CAS-Nummer 56-81-5
Wikidata Q132501
Arzneistoffangaben
ATC-Code
Eigenschaften
Molare Masse 92,10 g·mol−1
Aggregatzustand

flüssig

Dichte

1,26 g·cm−3 (20 °C)[2]

Schmelzpunkt

18 °C[2]

Siedepunkt

290 °C (unter Zersetzung)[2]

Dampfdruck

< 0,1 Pa (20 °C)[2]

Löslichkeit
Brechungsindex

1,4735

Sicherheitshinweise
Bitte die Befreiung von der Kennzeichnungspflicht für Arzneimittel, Medizinprodukte, Kosmetika, Lebensmittel und Futtermittel beachten
GHS-Gefahrstoffkennzeichnung{{{GHS-Piktogramme}}}

H- und P-Sätze H: {{{H}}}
EUH: {{{EUH}}}
P: {{{P}}}
MAK

50 mg·m−3[2]

Thermodynamische Eigenschaften
ΔHf0

−669 kJ/mol.

Wenn nicht anders vermerkt, gelten die angegebenen Daten bei Standardbedingungen (0 °C, 1000 hPa). Brechungsindex: Na-D-Linie, 20 °C

Glycerin (von gr. glykerós = süß [4], nach IUPAC Glycerol, auch Glyzerin) ist der Trivialname und die gebräuchliche Bezeichnung von Propantriol bzw. Propan-1,2,3-triol. Als Lebensmittelzusatzstoff trägt es das Kürzel E 422. Glycerin ist der einfachste dreiwertige Alkohol. Der Name Glycerol wurde eingeführt, da er die korrekte Endung -ol für einen Alkohol besitzt (die Endung -in steht für Alkine oder Amine).

Gewinnung und Darstellung

Die Herstellung kann petrochemisch aus Propen mit den Zwischenprodukten Allylchlorid und Epichlorhydrin oder chemisch als Nebenprodukt bei der Verseifung von natürlichen Fetten und Ölen zur Gewinnung von Seifen (= Alkalisalze der Fettsäuren) geschehen. Früher wurden dazu vor allem tierische Fette eingesetzt.

Inzwischen werden große Mengen Glycerin als Nebenprodukt der Biodieselherstellung erzeugt. Dies geschieht durch eine Umesterung von meist pflanzlichen Ölen mit Methanol. Ein Fettmolekül (Triacylglycerid) wird mit drei Methanolmolekülen zu Glycerin und drei Fettsäuremethylestern (FAME) umgesetzt. Das -R steht für einen Fettsäurerest mit - je nach Herkunft - unterschiedlicher Kettenlänge.

Auch eine biotechnologische Herstellung durch Fermentation ist möglich. Hefen können durch Sulfitzusatz die Gärung von Ethanolbildung auf Glycerinbildung umstellen. Als Substrat wurde oftmals Melasse verwendet, da diese neben einem hohen Anteil an Zucker auch viel Sulfit enthält. Diese Form der Gärung wurde 1918 von Neuberg als 2. Neuberg'sche Gärungsform bezeichnet.[5]

Glycerin ist in unterschiedlichen Reinheiten im Handel. Für industrielle Zwecke wird es als Rohglycerin und für pharmazeutische Zwecke (Pharmaglycerin) in den Qualitäten 99,8-prozenzig, 99,5-prozentig und etwa 86-prozentig angeboten. 86-prozentig ist es wegen des niedrigeren Schmelzpunkts (10 Grad geringer) und der niedrigeren Viskosität (100 mPa weniger) technisch einfacher zu handhaben. Die Aufbereitung erfolgt durch mehrstufige Destillation, Desodorierung und Filtration.[6]

Eigenschaften

Glycerin ist bei Raumtemperatur eine farb- und geruchlose, viskose und hygroskopische Flüssigkeit, die süßlich schmeckt. Glycerin hat eine Viskosität von 1760 mPa·s (20 °C).

Reaktionen beim Erhitzen

Glycerin bildet unter Hitzeeinwirkung weißen Rauch. Beim Erhitzen unter Sauerstoffmangel zersetzt es sich zu dem in Wasser gut (267 g/l) löslichen sowie giftigen ungesättigten Aldehyd Propenal, das auch Acrylaldehyd oder Acrolein genannt wird.

Verwendung

Glycerin ist eine sehr vielseitig verwendbare Substanz. Unter anderem ist der Stoff wegen seiner wasserbindenden Eigenschaften in Kosmetikartikeln als Feuchtigkeitsspender enthalten. Als Feuchthaltemittel findet Glycerin Anwendung, etwa bei Datteln oder Kaugummi. Das Triol trägt hierfür die Bezeichnung E 422. Zu Shisha-Tabak wird oft nachträglich Glycerin beigegeben, um ihn feucht zu halten oder um ihm die ursprüngliche Feuchtigkeit zurückzugeben, nebenbei entsteht dadurch mehr und dichterer Rauch. Dieser Effekt wird auch genutzt, wenn Glycerin Nebelfluiden zur Erhöhung der Standzeit des Nebels beigesetzt wird.

Glycerin wird als Frostschutzmittel, Schmierstoff, Weichmacher und Süßungsmittel verwendet. Bei der Herstellung von Kunststoffen, Microchips, Farbstoffen sowie Zahnpasta wird die Substanz als Edukt benötigt.[6] Bei der Reaktion mit einem Gemisch konzentrierter Salpetersäure und konzentrierter Schwefelsäure entsteht „Glyceroltrinitrat“. Diese Verbindung ist der als „Nitroglycerin“ bekannte Explosivstoff, der zu dem Sprengstoff Dynamit weiterverarbeitet wird.

Glycerin wird in der Medizin in Form von Tabletten oder Infusionen als Medikament zur Behandlung des Hirnödems eingesetzt. In Form glycerinhaltiger Zäpfchen dient es als osmotisches Laxans im Enddarm; zusätzlich erweicht es als Flüssigkeit den Stuhl selbst. Es gibt Forschungen, die auf die Verwendung von Glycerin als Frostschutzmittel im menschlichen Körper hinzielen, dies könnte zur Hibernation während schwieriger medizinischer Operationen verwendet werden, um Hirn- und Organschäden zu vermeiden. Inspiration für diese Forschungen ist der kanadische graue Laubfrosch Hyla versicolor, der diese Methode zur Überwinterung nutzt.

Aufgrund der zeitweise deutlich gesunkenen Preise werden neue Anwendungsgebiete für Glycerin gesucht. Neben der Verbrennung zur Energieerzeugung sind dabei insbesondere die Nutzung als zusätzliches Nährmedium (Cosubstrat) in Biogasanlagen zur Erzeugung von Biogas sowie die Nutzung als Fermentationssubstrat in der Industriellen Biotechnologie Alternativen. Bei wachsenden Futtermittelpreisen findet Glycerin als Futtermittel für Wiederkäuer, Schweine und Hühner Interesse.[6] Weiterhin wird geforscht, Glycerin mit Isobuten zu Glycerin-tert-Butylether (GTBE; analog zu MTBE und ETBE) umzusetzen für den Einsatz als Kraftstoffzusatz.[7] Glycerin lässt sich in einem neuen Verfahren unter Einwirkung von Ameisensäure zu einem chemischen Grundbaustein - dem Allylalkohol - umsetzen.[8]

Biologische Bedeutung

Strukturformel von Tristearin, ein Triacylglycerid mit drei gesättigten Fettsäureresten mit 18 C-Atomen (Stearinsäurereste)

Die meisten tierischen und pflanzlichen Fette und Öle sind Triacylglyceride (Triglyceride). Sie bestehen aus dem dreiwertigen Alkohol Glycerin, der über die Hydroxylgruppen (-OH) dreifach mit Fettsäuren verestert ist. Sie sind Energiespeicher im Fettgewebe oder in Samen von Ölpflanzen, wie Raps, Soja und Sonnenblume. Ähnlich aufgebaut sind Phosphoglyceride. Statt der dritten Fettsäure ist eine Phosphatgruppe verestert und an diese ein Rest gekoppelt, wie Cholin im Lecithin. Somit erhält das Molekül einen polaren und einen apolaren Bereich, was die Bildung einer Membran (Zellmembran) ermöglicht.

Nahezu alle natürlich vorkommenden Glycerinderivate weisen die sn-Konfiguration auf, welche die räumliche Anordnung der Substituenten am mittleren Kohlenstoffatom des Glycerins festlegt.[9]

Wiktionary: Glycerin – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen

Einzelnachweise

  1. a b c Elisabeth Schwab: Glycerol. In: Römpp Lexikon Chemie. Online - Version 3.5, Thieme Verlag, Stand Mai 2004.
  2. a b c d e f Eintrag zu CAS-Nr. 56-81-5 in der GESTIS-Stoffdatenbank des IFA (JavaScript erforderlich).
  3. Eintrag in der ChemIDplus-Datenbank der United States National Library of Medicine (NLM) (Seite nicht mehr abrufbar).
  4. http://www.brockhaus.de/wissen/glycerin
  5. Hans G. Schlegel: Allgemeine Mikrobiologie, Herausgeber: Georg Fuchs, Georg Thieme Verlag, Stuttgart; 8. völlig überarbeitete u. erweiterte Auflage erschienen im September 2006, ISBN 3-13-444608-1
  6. a b c Was ist Glycerin, Informationsseite der Deutschen Melasse Handelsgesellschaft (DMH), abgerufen am 12. Januar 2010
  7. Entwicklung von GTBE aus Glycerin; Bericht im Innovationsreport
  8. Neue Methode erlaubt Herstellung von chemisch interessanten Grundbausteinen aus Glyzerin und Erythritol
  9. Gregor Cevc: Phospholipids Handbook. CRC Press, 1993, ISBN 9780824790509, S. 2

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