Science-Fiction
Science-Fiction (kurz SF) ist eine Form der Literatur und des Films, die den Einfluss neuer wissenschaftlicher oder gesellschaftlicher Entwicklungen auf den Einzelnen, die Gesellschaft oder die Umwelt betrachtet. Diese Betrachtungen sind oft in eine erdachte Zukunft, eine alternative Zeit oder auf ferne Welten gelegt.
Übersicht und Richtungen
Der Begriff Science-Fiction wird heute allgemein für Werke verwendet, die über die bekannte Wirklichkeit hinausgehen, und sich gleichzeitig nicht in rein Übernatürlichen befinden. Letztere Thematik wird unter Horror oder Fantasy gefasst. Als Übergeordneter Begriff mag die Phantastik gelten.
Obwohl also Mary Wollstonecraft Shelleys Roman Frankenstein und Robert Louis Stevensons Strange Case of Dr. Jekyll and Mr. Hyde übernatürliche Elemente enthalten, enthalten sie immer noch eine Extrapolation wissenschaftlicher Ideen. Dagegen ist Bram Stokers Dracula reine Fantasy.
Viele unter dem Überbegriff SF laufende Werke nutzen den Weltraum oder eine zukünftige Welt allerdings nicht, um über Fragen menschlicher Entwicklungen zu spekulieren, sonden als exotische Kulisse, vor der traditionelle Genres (Abenteuer, Romanze) ablaufen. In diesem Sinne kann man auch Fernsehserien wie Raumschiff Enterprise (Star Trek) oder Krieg der Sterne (Star Wars) als Fantasy verstehen.
Nicht immer scharf von der Science-Fiction zu trennen ist die Utopie, deren Ziel es ist, einen vollständigen Gesellschaftsentwurf in Romanform zu liefern, während die SF sich oft mit der Darstellung von Teilaspekten technischer und gesellschaftlicher Entwicklungen begnügt. Dies gilt ebenfalls für das Gegenteil der Utopie, die Dystopie, mit der oft mögliche negative Auswirkungen von aktuellen technischen und sozialen Entwicklungen dargestellt werden.
Verlage versuchen erst gar nicht, eine derartige Trennung durchzuführen, und führen eine "SF&F"-Reihe, in der Science-Fiction, Fantasy und manchmal auch Horror zusammengefasst sind. Hierfür wurde auch der Begriff Speculative Fiction als alternative Deutung der Abkürzung SF geprägt. Im Deutschen spricht man auch von "Phantastischer Literatur".
In der eigentlichen SF werden zwei große Richtungen unterschieden: "Hard-SF" und sonstige oder "Soft-SF".
Hard Science-Fiction
Hard-SF bezeichnet eine Richtung, in der beschriebene Technologien, Gesellschaftsformen und Weiterentwicklungen nicht im Widerspruch zu den wissenschaftlichen Erkenntnissen stehen (natürlich nur soweit zum Zeitpunkt der Entstehung bekannt).
Die Hard SF ist oft durch ein Betonen technischer Ideen gekennzeichnet; die Entwicklung der handelnden Personen rückt dabei in den Hintergrund. In der Hard SF liegt der Reiz oft in überraschenden Anwendungen der vorgestellten Technik.
Soft Science-Fiction
Die Soft-SF befasst sich mehr mit philosophischen, psychologischen, politischen oder gesellschaftlichen Themen, und benutzt technische Errungenschaften eher am Rande und als Hilfsmittel, um die Handlung einzubetten. Der Begriff soft stammt aus dem Englischen, und grenzt dort die genannten Geisteswissenschaften gegen die (harten, oder 'exakten') Naturwissenschaften ab.
Ein Beispiel der Soft-SF stellt Frank Herberts Wüstenplanet-Serie dar, in der ein Universum fortgeschrittener Technik, aber gleichzeitig mit einer feudalen Struktur erdacht ist. Die Rolle der Führungsschicht, Fragen von Verantwortung und Ethik sind eine der Facetten in der Handlung.
Ein weiteres Beispiel ist die SF Stanislaw Lems, in der er Fiktionen über psychochemische Weltverbesserung oder politische Ideen ins Extreme getrieben hat.
Zuletzt sei noch ein weiterer Meister der utopischen Satire genannt: Robert Sheckley. Er versteht es wie kein anderer, gesellschaftliche und technologische (Fehl)Entwicklungen mit beißender Ironie zu kommentieren, auf die Tücken des Alltags und die Gefahren des Weltalls hinzuweisen.
Geschichte der Science-Fiction
Vorläufer
Die Science-Fiction im engeren Sinne konnte erst mit der Entwicklung von Wissenschaft und Technik entstehen. Neben dem in allen Kulturen vorhandenen sagenhaften, märchenhaften und phantastischen Erzähl- und Literaturgut, das zwar Anregung gegeben haben mag, aber nicht als Vorläufer im eigentlichen Sinne verstanden werden kann, gibt es im Europa des ausgehenden Mittelalters einige Ansätze.
Nach der Entwicklung des Fernrohrs wurde der Mond als ausgedehnter Himmelskörper erkannt, und im Zeitalter der Entdecker wurde sogleich von Mondreisen geträumt (Johannes Kepler: Somnium, dt. Der Traum, 1634; Cyrano de Bergerac: Comical History of the States and Empires of the Moon, 1656). Voltaire führte seine Leser im Micromégas (1752) in den weiten Weltraum, während Jonathan Swift in Gulliver's Travels (1726) fremde Völker und Kulturen auf der Erde erkundet.
Im 19. Jahrhundert finden sich Elemente der SF bei Autoren wie Edgar Allan Poe, Nathaniel Hawthorne, und Fitz-James O'Brien.
siehe hierzu auch: Entwicklung der Science Fiction
Frühe Werke
Im ausgehenden 19. Jahrhundert begann in Europa die Zeit der eigentlichen Science-Fiction. Bekannteste Vertreter sind Jules Verne mit seinen wissenschaftlich-romantischen Abenteuern und H. G. Wells mit technisch-gesellschaftskritischen Werken. Ein deutscher Vertreter dieser Periode ist Kurd Laßwitz, nach dem der wichtigste Preis für deutsche Science-Fiction Literatur benannt ist.
In Amerika trat die Science-Fiction vorwiegend in der Kurzgeschichte an ihr Publikum. Das bekannteste periodisch erscheinende SF-Magazin dieser Zeit war das von Hugo Gernsback herausgegebene Amazing Stories, das sich ausschließlich der Veröffentlichung von SF-Geschichten widmete. Allerdings war die von Hugo Gernsback gewählte Bezeichnung scientifiction, und danach wird diese Periode der SF auch "scientifiction" genannt.
Die aus dieser Zeit stammende Assoziation der SF mit 'billigen' Magazinen und aufreißerisch gestalteten Titelseiten (scheußliche Monster und halbnackte, hilflose Frauen) machen es der SF bis heute schwer, als 'seriöse' Literatur anerkannt zu werden.
Das Golden Age in den USA
Eine Aufwertung der SF geschah, als John W. Campbell, Jr. der Herausgeber von Astounding Science Fiction wurde. Er brachte Geschichten später bekannter und erfolgreicher Autoren (Isaac Asimov, Arthur C. Clarke, Robert Heinlein) heraus. Insgesamt ist die SF weltweit stark von US-Autoren dieser Zeit beeinflusst.
Aber auch eine Reihe von Autoren, die nur bedingt der SF zuzurechnen sind, versuchten sich im Genre, und brachten der SF ein seriöseres Image. (Karel Capek, Aldous Huxley, C. S. Lewis, Ray Bradbury, Kurt Vonnegut, George Orwell)
Nach dem 2. Weltkrieg
Die Nachkriegszeit sah insbesondere in den USA eine wachsende Popularität der SF. Eine Reihe bekannter SF-Autoren hatten Bestsellererfolge. Viele monumentale Romane, Space opera genannt, entwarfen Visionen eines Universums, das nur darauf wartet, von tapferen Helden erobert zu werden.
Moderne SF
Seit den 60-er Jahren des 20. Jahrhunderts fand ein Richtungswechsel in der SF statt: Die Soft-SF gewann deutlich an Boden.
Als Beginn dieser Zeit wird oft Frank Herberts Wüstenplanet genannt, der politische Intrige in einem zukünftigen Universum beschreibt. Im Film machte Raumschiff Enterprise sein Debut, und obwohl es heute antiquitiert erscheint, war es mit Themen wie Universalismus und Humanismus, nicht-europäischen Schauspielern in Schlüsselrollen ein Meilenstein für das US-Fernsehen.
Es wurde zu dieser Zeit seltener, die Handlung durch rein technische Errungenschaften dominieren zu lassen.
Eine Weiterentwicklung im Film brachte die SF einem weiten Publikum: 2001: Odyssee im Weltraum und Planet der Affen (beide 1968), Unheimliche Begegnung der Dritten Art und Krieg der Sterne (beide 1977). (Siehe auch: Liste der Science-Fiction Filme)
Eine zunehmend gedanklich und gesellschaftlich geprägte SF fand sich seitdem auch ausserhalb der USA. Insbesondere in den Ländern des Warschauer Pakts konnte die SF eine verdeckte Gesellschaftskritik üben. Bekannte Autoren umfassen Stanislaw Lem und die Brüder Arkadi und Boris Strugazki.
Eine relativ neue Richtung der Science-Fiction ist der Cyberpunk, in dem insbesondere die Idee der "Virtuellen Realität" im Computer verfolgt wird. Als Begründer dieser Richtung sind vor allem William Gibson (Mona-Lisa Overdrive, Neuromancer, Count Zero) und Bruce Sterling zu nennen, daneben Pat Cadigan und in jüngster Zeit Neal Stephenson (Snow Crash, Cryptonomicon). Filme wie Tron oder Die Matrix fallen hierunter.
Die größte Science-Fiction-Serie und damit das größte Science-Fiction-Universum stellt Perry Rhodan dar. Ebenfalls sehr umfangreich ist der Kosmos von Star Trek.
Fandom
Das SF-Genre zeichnet sich durch eine starke Fan-Gemeinde (engl. Fandom) aus, in der viele der Autoren sich aktiv beteiligen. Neben vielfältigen Publikationen (Fan-Magazin, Fanzine) gehen viele der SF-Konferenzen ebenfalls auf die Initiative engagierter Fan-Gemeinden zurück.
Ein verbreitetes deutschsprachiges Fanzine ist der von Franz Rottensteiner herausgegebene "Quarber Merkur", ein wichtiges Internetmagazin ist Alien Contact.
Die bedeutendste SF-Konferenz ist das Worldcon, auf welcher der Hugo Award, einer der begehrtesten Preise der SF-Literatur, vergeben wird.
Siehe auch: Sciencefiction-Film, Entwicklung der Science Fiction, Science-Fiction-Autoren, Fantasy, Rollenspiel, Nebula Award, Hugo Award, Science Fiction im Fernsehen, Alternativweltgeschichte
Weblinks
- Eintrag ScienceFiction im BücherWiki
- Die Definition der Science Fiction in The Encyclopedia of Science Fiction
- SF-Fan.de
- SF-Magazin Alien Contact
- Bibliographie deutschsprachiger Science Fiction & Fantasy-Taschenbücher
- Bibliographie deutschsprachiger Science Fiction-Stories und Bücher
- Open Directory Science Fiction
- http://isfdb.tamu.edu/ - Internet Speculative Fiction Database (englisch)