Unterart

taxonomische Rangstufe direkt unterhalb der Art
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Die Unterart (auch Subspezies, abgekürzt: subsp. oder ssp.) ist die Kategorie der biologischen Systematik unterhalb des Artniveaus. Die Kategorie „Unterart“ enthält biologische Taxa von Rang „Unterart“, die dementsprechend als Unterarten oder Subspezies bezeichnet werden. Die noch heute gültige Definition der Unterart wurde von Ernst Mayr 1969 in Principles of Systematic Zoology entwickelt:

  • Eine Subspezies ist die Zusammenfassung phänotypisch ähnlicher Populationen einer Art, die ein geographisches Teilgebiet des Areals der Art bewohnen und sich taxonomisch von anderen Populationen der Art unterscheiden.[1]

Im Gegensatz zur biologischen Art ist die Unterart keine Einheit der Natur, sondern lediglich Hilfsmittel der Taxonomen, also ein synthetisches Konstrukt: „Im Hinblick auf die vielen Fälle falscher Benutzung des Terminus muß betont werden, daß die Unterart eine von der Art grundverschiedene Kategorie darstellt. Es gibt kein Kriterium zur Definition der Kategorie Subspezies, das nicht künstlich wäre. Die Unterart ist auch keine Evolutionseinheit, - es sei denn sie stellt zugleich ein geographisches Isolat dar.“[2]

Zur Unterteilung von Arten in Unterarten existiert kein zwingender biologischer oder taxonomischer Grund. Eine biologische Klassifikation ist nur auf dem Artniveau zwingend, unterhalb des Artniveaus ist die Einteilung nur eine Frage der Zweckmäßigkeit.[3] Daher werden viele Arten nicht weiter unterteilt, obwohl es theoretisch denkbar wäre jede einzelne Population oder sogar Subpopulationen zu einer Unterart zu erklären und mit einem eigenen Trinomen zu versehen.

Im Überlappungsbereich ihrer Verbreitungsgebiete (Hybridisationszone) sind Unterarten in der Regel durch so genannte Übergangspopulationen mit einander verbunden. Der Grund für die fließenden Übergänge der Formen liegt in dem stetig fortlaufenden Prozess der Artbildung (siehe hierzu: Evolution), wie sie Charles Darwin beschrieben hat.

Heute werden zur Abgrenzung von Unterarten in der Regel keine kontinuierlich über die Gesamtpopulation variierenden Merkmale (klinale Variation) herangezogen und diese Population dadurch völlig willkürlich unterteilt, sondern es werden distinkte Merkmalsunterschiede verwendet, die sich im Laufe einer zeitweisen geographischen Isolation ausgebildet haben.

Geschichtliche Entwicklung des Begriffs

In den Anfängen der Taxonomie existierte ausschließlich das essentialistische Artkonzept. Man versuchte Arten anhand ihrer Essenz zu klassifizieren, von der man annahm das sie in der äußeren Gestalt der Lebewesen, ihrer Morphologie ihren Ausdruck fände. Die Essentialisten wussten nicht wie sie mit Variationen, also Abweichungen des Idealtypus umgehen sollten, besaßen doch per Definition alle Angehörigen einer Art die selbe Essenz. Fand man Individuen, die stark von der Norm abwichen, dann hielt man sie für eine andere Art; differierten sie nur wenig, so galten sie als Varietät (varietas).

Die Varietät wurde von Carl von Linné eingeführt und war neben dem aus der Tierzucht entlehnten Terminus Rasse (race) die einzige Unterteilung der Art die von den frühen Taxonomen anerkannt wurde, sie beinhaltete jede Abweichung vom Idealtyp einer Art. Linné selbst verwandte den Begriff jedoch uneinheitlich. In seinem Werk Philosophia Botanica von 1751 definierte er die Varietät als eine umweltbedingte, reversible und nicht vererbliche Abänderung des Phänotyps:

Es gibt so viele Varietäten, als verschiedenartige Pflanzen aus dem Samen derselben Art hervorgekommen sind. Die Varietät ist eine Pflanze, die aus einer zufälligen Ursache verändert ist: Klima, Boden, Wärme, Winde usw., die daher auf geändertem Boden wieder zurückschlägt.[4]

Im Bezug auf das Tierreich verstand er unter Varietäten jedoch auch genetisch bedingte Varianten, wie Haustierrassen und diverse Sorten von Varianten innerhalb von Populationen: „weiße und schwarze, große und kleine, fette und magere Kühe, Kühe mit glattem und wolligem Fell, ebenso die Rassen des Haushundes.“[5] Zusätzlich bezeichnete er zum Teil auch noch individuelle Abweichungen vom Idealtyp, die er als unvollkommene Manifestation der einer Spezies innewohnenden Idee, ihrer Essenz, auffasste als Varietäten.

Dieses heterogene Durcheinander verschiedener Sorten von Rassen und Varietäten, die sich mal auf erbliche, mal auf erworbene Eigenschaften, mal auf Eigenschaften von Individuen und mal auf Eigenschaften von Populationen oder Gruppen von Populationen bezogen hielt fast zweihundert Jahre an und ist zum Teil auch noch in zeitgenössischer Literatur zu finden. Als Konsequenz dieser Verwirrung gerieten diese wissenschaftlich untauglichen Begriffe bald in Misskredit und wichen mehr und mehr dem Terminus Unterart, der im Laufe des 19. Jahrhunderts in Gebrauch kam als sich allmählich das Populationsdenken in der Biologie abzuzeichnen begann und das typologische Denken verdrängte.

Besondere Bedeutung kam dabei den so genannten „geographischen Varietäten“ oder „geographischen Rassen“ zu. Peter Simon Pallas, Eugen Johann Christoph Esper und andere Naturforscher erkannten bereits im 18. Jahrhundert, dass die Unterschiede zwischen den verschiedenen Populationen einer Art mit zunehmen, je weiter sie voneinander entfernt sind und das es sich dabei um ein universales Phänomen im Tier und Pflanzenreich zu handeln schien. Die Ursachen der geographischen Variation sind einerseits die relative Isolation, also der abnehmende Genaustausch bei zunehmender geographischer Entfernung und andererseits durch unterschiedliche Umweltfaktoren bedingte unterschiedliche Selektionsbedingungen sowie der ungerichtete, zufällige Prozess der Gendrift.

Als man erkannte, dass geographische Variationen etwas völlig anderes sind als das was bislang als Rassen oder Varietäten bezeichnet wurde, versuchte man das auch terminologisch zum Ausdruck zu bringen und mit der Zeit bezeichnete man sie als Unterarten, behandelte sie aber immer noch völlig typologisch. Etwa bis Ende des 19. Jahrhunderts galt die Unterart als eine taxonomische Einheit ähnlich der Morphospezies, jedoch von niederem taxonomischem Rang. Viele Autoren benutzten die Termini Subspezies und Unterart ähnlich unkritisch und unspezifisch wie zuvor schon Rasse oder Varietät und bezeichneten damit beliebige unterscheidbare Einheiten, die weniger verschieden waren als Arten. Dabei vernachlässigten sie die wesentliche Komponente des neuen Begriffes, die geographische (und zeitliche) Isolation. Unterarten sind allopatrisch und allochron.

Anwendung

In der Zoologie und in der Botanik werden Gruppen von ähnlichen Individuen als Unterarten bezeichnet, wenn sie einerseits offenkundig untereinander paarungsfähig sind (also ein wichtiges Kriterium der Abgrenzung von Arten nicht erfüllen), andererseits aber als Gruppe (als Sippe) hinreichend eindeutig gegen andere Gruppen (Sippen) abgrenzbar sind und zudem eine bestimmte geographische Unterregion des Verbreitungsgebietes der Art bewohnen. Die Systematiker führen somit Unterarten vor allem bei besonders formenreichen Arten ein, wobei eine wirklich scharfe Abgrenzung dieser infraspezifischen Taxa nicht immer gelingt. Rezente Unterarten sind stets räumlich oder zeitlich unterschiedlich ausgebreitet (vikariierend), aber oft nicht völlig isoliert. Bei Kreuzung bilden sie in der Regel fertile Bastarde (abgekürzt: nothosubsp. oder nssp., griech. nothós = Unecht, unehelich).

In der biologischen Nomenklatur wird die Unterart mit einer dreiteiligen Bezeichnung, dem Trinomen, gekennzeichnet. So steht das Trinomen Panthera leo massaicus beispielsweise für eine Unterart des Löwen. In der Botanik ist noch zusätzlich die Abkürzung subsp. einzufügen (z.B. Lilium pardalinum subsp. pitkinense), vom Gebrauch des häufig zu findenden Kürzels „ssp.“ wird mittlerweile vom ICBN abgeraten.

Rasse

Der unscharfe und unspezifische Begriff Rasse, im Sinne eines Taxons oder einer infraspezifischen Kategorie, wird in den biologischen Wissenschaften nicht mehr verwendet. An seine Stelle trat die Unterart, bzw. Subspezies. Der einzige verbliebene Anwendungsbereich als Fachwort ist die Tierzucht, wo Zuchtformen von Haus- und Nutztieren damit bezeichnet werden. Diese Rassen wurden durch gezielte Auslese, Isolation und Kreuzung auf einen speziellen Typus hin gezüchtet, so das bei ihnen zoologische Formengruppen vorliegen, die nach „Rassekriterien“, also typologisch, beschrieben werden. Die „Typen“, die die frühen Taxonomen in natürlichen Populationen zu erkennen glaubten, liegen hier tatsächlich vor. Sie wurden jedoch vom Menschen erschaffen und sind das Ergebnis der Zucht.[6]

Siehe auch

Literatur

  • Rudolf Schubert & Günther Wagner: Botanisches Wörterbuch. Ulmer, Stuttgart, 11. Auflage, 1993. ISBN 3-8252-1476-1
  • Ernst Mayr: Grundlagen der zoologischen Systematik., Blackwell Wissenschaftsverlag, Berlin 1975, ISBN 3-490-03918-1
    • 2. überarbeitete Neuauflage: Ernst Mayr, Peter D. Ashlock: Principles of Systematic Zoology, Mcgraw-Hill College, 1991, ISBN 0070411441
  • Ernst Mayr: Die Entwicklung der biologischen Gedankenwelt, Springer, Berlin 2002, ISBN 3-540-43213-2
  • Ernst Mayr: Artbegriff und Evolution, Parey, Hamburg 1967

Einzelnachweise

  1. Ernst Mayr: Die Entwicklung der biologischen Gedankenwelt, S. 232; Ernst Mayr: Grundlagen der zoologischen Systematik., S. 45
  2. Ernst Mayr: Die Entwicklung der biologischen Gedankenwelt, S. 232; Ernst Mayr: Grundlagen der zoologischen Systematik., S. 45
  3. Ulrich Kattmann: Warum und mit welcher Wirkung klassifizieren Wissenschaftler Menschen in: Heidrun Kaupen-Haas / Christian Saller: Wissenschaftlicher Rassismus. Analysen einer Kontinuität in den Human- Naturwissenschaften. Campus Verlag, Frankfurt a.M. 1999, ISBN 3-593-36228-7, S. 79
  4. Zitiert nach: Ernst Mayr: Die Entwicklung der biologischen Gedankenwelt, S. 231
  5. Zitiert nach: Ernst Mayr: Die Entwicklung der biologischen Gedankenwelt, S. 231
  6. Vgl. Ulrich Kattmann: Warum und mit welcher Wirkung klassifizieren Wissenschaftler Menschen in: Heidrun Kaupen-Haas / Christian Saller: Wissenschaftlicher Rassismus. Analysen einer Kontinuität in den Human- Naturwissenschaften. Campus Verlag, Frankfurt a.M. 1999, ISBN 3-593-36228-7, S. 78f