Lunker

bei Erstarrung gegossener Teile entstandener Hohlraum
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Der Lunker ist ein fehlerhafter Hohlraum in Gussstücken, der durch Schwindung (Volumenabnahme) entsteht. Mit Lunker wird der einzelne Gussfehler bezeichnet, tritt er im gleichen Gussstück mehrfach oder an gleichen Gussstücken regelmäßig auf, wird von Lunkerung gesprochen.

Ursache

Mit seltenen Ausnahmen setzt ein Lunker oder eine Lunkerung eine Volumenkontraktion beim Erstarren einer Schmelze voraus. Weniger häufig ist sie bei schneller Erstarrung zu finden, wie in einer metallische Dauerform der Fall, häufiger bei langsam erstarrenden Schmelzen, wie im Sandguss die Regel.

In Gießereien kann die Spanne zwischen der Temperatur der Schmelze und der des erstarrten Gussstücks mehr als 1500° C betragen und entsprechend Zeit zur Abkühlung in Anspruch nehmen. Großteile benötigen für eine durchgehende Erstarrung sogar einige Tage. in Eisengießereien kein Sonderfall.

Um das Ausmaß der Volumenverringerung einer erstarrten Schmelze zu verdeutlichen, sei Aluminium angeführt, dessen gießbereite Schmelzen 650 bis max. 800°C heiß sind. Die Volumenschrumpfung bis zur vollendeten Erstarrung beträgt für Reinaluminium 7%, für Legierungen des Aluminiums 2-7%.

Würde diese erhebliche Volumenverminderung unberücksichtigt bleiben, wäre es nicht möglich, auch nur ein einfaches Gußstück in einer geschlossenen Form herzustellen. Immerhin wussten schon die „frühen Giesser“ um das Problem und auch wie das Schwindmaß schon bei der Herstellung eines Modells zu berücksichtigen war.

Im technischen Zeitalter ist es der Modellbauer, dessen Wissen und Fertigkeiten ins Modell eingehen und es ermöglichen zeichnungsgetreue Gußstücke herzustellen. Im 21. Jahrhundert hilft ihm die Gießsimulation, die zeigt, wie ein bestimmtes Gußstück erstarren wird und wo und in welchem Ausmaß Volumendefizite, zu denen auch das lineare Schwindmaß zählt, bei der Erstarrung in der Form zu berücksichtigen sind. Dies gilt besonders ansehens zumeist sehr unterschiedlicher Wandstärken und sich daraus bis zur endgültigen Gefügeausbildung ergebender, unterschiedlicher Erstarrungszeiten.

In Berücksichtigung aller Voraussetzungen und Möglichkeiten sollte eigentlich die zu den Gußfehlern zählende Lunkerung im Gießereibetrieb die Ausnahme sein. Dagegen spricht, daß es sich in Gießereien um Chargenbetrieb handelt und insoweit schon eine Schmelze nicht wie die andere ausfällt. Hinzutritt der Einfluss der Form und des Formstoffs, der Formfüllungstechnik, sowie nicht zuletzt der„ menschliche Faktor.“

Erscheinungsformen der Lunkerung

unechte Lunkerung

Ein Hohlraum in einem Gußstück wird zwar verbreitet als Lunker angesprochen, indessen trifft der Ausdruck nur zu auf Hohlräume im Gußstück zu, die mit der Erstarrungsschwindung zu tun haben. Hohlräume, die durch Lufteinschlüsse oder gasbildende Faktoren, wie Luft oder Wasserdampf aus der Formfeuchte oder aus Kernen entstanden sind, sind Blasen, die sofern klein, auch Poren genannt werden.

Typische „Nichtlunker“ sind ungeachtet der Bezeichnung die sogenannten „Blaslunker“. Sie entstehen, wenn Formfeuchtigkeit beim Einströmen der Schmelze in die Form zu Wasserdampf wird und dieser mit seinem Entstehungsdruck (Dampfdruck) keinen anderen Ausweg findet, als durch die noch nicht gehärtete Schale des Gußstücks in dieses einzudringen und als Blase eingeschlossen zu werden.

Ein anderer, besonders bei Aluminium, aber auch Kupfer, vorkommender Fall ist einer Mikro- oder Feinlunkerung zwar sehr ähnlich und zeigt sich genauer erst bei Vergrösserung, denn Blasen sind im Inneren stets glattwandig, wogegen Lunkerwandungen eine kristalline Rauigkeit aufweisen. Es ist die Wasserstoffporosität, die darauf zurückgeht, daß die Schmelze gelösten Wasserstoff enthält, der entweder bereits im Einsatzgut enthalten war, etwa als mitgeführte Aluminiumhydroxydschicht, oder im Kontakt der Schmelze mit Feuchtigkeit - dazu zählt auch Luftfeuchtigkeit- durch eine Reduktion entstanden ist, die zu Aluminiumoxyd und atomarem Wasserstoff führt. Bei der Erstarrung der Schmelze geht deren Fähigkeit, den Wasserstoff in Lösung zu behalten sehr stark zurück - von 1ccm/100g Aluminium auf nur noch 0,05 ccm. Der überschüssig gewordene Wasserstoff entweicht zum Teil und soweit nicht, verbleibt er kraft seines Ausscheidungsdruckes als mehr oder weniger feine Porosität im Gußstück um dort oft fälschlich als Feinlunkerung angesprochen zu werden.

Verwandt mit der Wasserstoffporosität ist die Wasserdampfporosität. Deren Ursache liegt in der Fähigkeit des Wasserstoffs mit Oxyden, wie Kupferoxyd, unter Bildung von Wasserdampf zu reagieren, der sofern er nicht entweichen kann, zu Poren- oder Blasenbildung im Gussstück führt.

Porosität ist also nicht ohne nähere Beurteilung als Lunkerung zu bezeichnen.

echte Lunkerung

Voraussetzungen des Auftretens

Echte Lunker entstehen nur durch Volumenabnahme (Schrumpfung) beim Erstarren von Metallschmelzen.Sie verläuft phasenweise und beginnt mit einer Volumenschwindung im noch flüssigen Zustand der Schmelze (Flüssigkeitskontraktion), die sich bereits unterhalb der Gießtemperatur TG, aber noch oberhalb der Erstarrungstemperatur TS befindet. Fällt die Temperatur weiter ab und erreicht den Solidus (Erstarrungspunkt) TS kommt es sprunghaften Volumenschwindung Erstarrungskontraktion,gefolgt von weiter anhaltender Schrumpfung (Festkörperkontraktion) im bereits festen Zustand (unterhalb TS bis die Schmelze sich vollständig der Raumtemperatur angeglichen hat. Bestimmender Faktor der Lunkerungist, ob beim Phasenübergang von flüssig zu fest im Gußstück enstehende Hohlräume durch die Zufuhr (noch) flüssiger Schmelze ausgeglichen werden können.

Soweit ein solcher Ausgleich nicht gelingt kommt es zu einer echten Lunkerung, die in Ausmaß und Erscheinungsform unterschiedlich ist. Reinmetalle haben andere Schwindungsvolumina als Legierungen. Hilfreich bei deren Vorausberechnung sind Zustandsschaubilder (Phasendiagramme) binärer,und ternärer Systeme, die durch die thermische Analyse erstellt werden.[1]


Erscheinungsformen

1. Offene Lunker

Zu den offenen Lunkern, auch Außenlunker genannt und stets zu deb Groblunkern zählend , die dennoch nicht in jedem Fall Gußfehlern bedingen, zählen die „Sauglunker“ am Eingußtrichter und gußstückbedingt aufgesetzten Speisern. Sie beweisen jedenfalls, daß eine Nachspeisung zum Ausgleich von Volumendefiziten bei der Erstarrung stattfand. Sorgfältige Abtrennung vom Gußstück zeigt, ob der Lunker sich auf den Einguß - auch zweiseitiger Einguß ist möglich - begrenzt, oder in das Gussstück hineinreicht und sich insofern als unzulänglich bemessen erweist. Gleiches gilt von den Speisern.

Ebenfalls zu den offenen, weil sichtbaren Lunkern gehört der „Drucklunker“, fachsprachlich auch „Nachsatz“ genannt. Er zeigt sich als Einfallstelle an einer Gußoberfläche. Verursacht wird er dadurch, daß zwar eine Schalenbildung in der Form begann, danach aber Flüssigmetall in andere Bereiche abgesaugt wurde und die bestehende Schale aufgrund ihres Eigengewichts in den unter ihr entstandenen Hohlraum einsank.

Auch Querschnittsübergange am Gußstück sind für offene Lunkerung anfällig, weil die bereits erstarrten stärkeren Partien von den benachbarten schwächeren und bereits erstarrten keine Nachspeisung erfahren.


2, Geschlossene Lunker

Sie sind für die betriebliche Ausschußquote nachteilig, weil sie erst bei einer Dichteprüfung oder der kostenträchtigen Bearbeitung des Gußstücks erkannt werden. Abhängig von der Art der Schmelze treten sie in starkwandigen Partien eines Gußstücks, die nicht ausreichend nachgespeist wurden. entweder als „Groblunker“ auf, oder das bestehende Volumendefizit führt zu einer zwischenkristallinen Fein- oder „Mikrolunkerung“, die nur makroskopisch von einer Gasporosität unterschieden werden kann.

Lunkervermeidung

Der Lunker als Gußfehler verursacht entweder Ausschuß und Totalverlust der bisher für das Gußstück aufgelaufenen Kosten (abzüglich des reinen Materialwerts), oder er verlangt kostenträchtige Nacharbeit, insbesondere dann, wenn es um große Teile geht, bei denen eine Reparatur des Fehlers ohne Einbussen an der Gußqualität möglich ist. Die Maßnahmen zur Vermeidung von Lunkern richten sich nach deren Art,

manuelle Eingriffe

Eine der einfachsten Möglichkeiten besteht darin, die Nachspeisung dadurch zu begünstigen, daß der Einguß durch ständiges Rühren so lange als möglich offen gehalten wird, um mit Flüssigmetall nachspeisen zu können.

formtechnische Maßnahmen

Sinnvoller erscheint es im Vergleich, zur Abhilfe die Form und das gesamte Formfüllungssystem zu überprüfen. In der regel werden Eingußtrichter mit reichlich dimensioniertem Durchmesser verlangt. Nach einer Fausrtregel soll der Querschnitt des Eingußtrichters vor der Form mindestens so stark sein, wie die Summe aller die Schmelze in das Gußstück leitenden, vom Einlauf abzweigenden Anschnitte. Einem "Verhungern" des Gußstücks ist damit in einem ersten Schritt vorgebeugt.

Als Nächstes gilt, daß sich da heißeste einer Form zugeführte Metall im Einguß findet und das kälteste in der am weitesten von ihm entfernten Zone. Ist diese starkwandig, kann sich bereits der der Beginn einer Volumenschrumpfung anzeiegen, dser zu Lunkerbildung führt. Dem ist nur zu begegnen, indem der Form in diesen Bereichen heißes Flüssigmetall zur Verfügung steht. An insoweit kritischen Bereichen werden der Form Speiser mit starkem Querschnitt aufgesetzt, in denen das Metall länger als in der Form flüssig bliebt und vom erstarrenden Gußstück „nachgesaugt“ werden kann.


gießtechnische Maßnahmen

Da sich die Lunkerbildung oder die dafür verantwortliche Erstarrungsschrumpfung nicht verhindern lässt, sollte die Erstarrung durch konstruktive oder gießtechnische Maßnahmen so beeinflusst werden, dass Lunker nur außerhalb des eigentlichen Gussstückes entstehen.

Das gezielte Nachfüllen der entstehenden Lunker bezeichnet man als Speisen. Hierbei dienen der Steiger oder Speiser außerhalb des eigentlichen Gussstücks als Schmelz-Reservoirs, aus denen die Schmelze in das Gussstück nachfließen kann. Dabei ist wichtig, dass das Reservoir erst nach Erstarrung des Gußstückes selbst erstarrt, damit die speisende Funktion während des Erstarrungsprozesses gewährleistet bleibt. Dies wird durch ein entsprechend großes Speiservolumen oder durch Isolation oder Beheizen des Speisers erreicht.

Um das stetige Nachfließen innerhalb eines Gussstückes zu erreichen, ist die Erstarrung so zu lenken, dass diese in der am weitesten vom Speiser entfernten Stelle (in der Endzone) beginnt und dann weiter bis zum Steiger hin ausbreitet. Damit wird erreicht, dass sich Lunker nur im Speiser ausbilden. Eine Möglichkeit, die Erstarrung derart zu lenken, ist die stetige Erweiterung des Gussteil-Querschnitts zum Steiger hin.

An Materialanhäufungen im Gussstück bleibt der Werkstoff länger flüssig als in anderen Teilen des Werkstückes, hier kommt es also auch vermehrt zu Lunkerbildung. Daher sind Materialanhäufungen durch konstruktive Gestaltung zu vermeiden oder durch Verwendung eines Kerns aufzulösen.

Bei komplizierten Gussstücken, bei denen die für die Lunkerbildung kritischen Stellen nicht vermieden werden können, kann der Erstarrungsprozess durch gezieltes Heizen bzw. Kühlen mittels Kühleisen in der Form gelenkt werden.

Das Lunker-Volumendefizit ist im Unterschied zwischen den spezifischen Volumen im flüssigen und festen Aggregatzustandes des vergossenen Materials begründet und lässt sich somit nicht vermeiden, sondern nur an definierte Stellen verschieben (Speiser bei Gussteilen). Je nach Lage der Erscheinung gibt es Außenlunker (Einfallstellen) oder Innenlunker im jeweiligen Material. Die Größenordnung des Fehlers (bei Lokalisierung im Endprodukt) unterscheidet Makro- und Mikrolunkerhohlräume.

 
zerstörende Werkstückprüfung eines Gussstückes auf Lunker

Der Lunkerbegriff in nichtmetallurgischen Bereichen

Der Begriff „Lunker“ wird außer in der Metallurgie,noch in der Kunststoff-Verarbeitung, im Bauwesen(Beton und Mauerwerk) und in der Hochspannungstechnik verwendet.

Baustoffe

  • Im Beton ist ein Lunker ein Lufteinschluss, der durch schlechte Verdichtung beim Betonieren entstanden ist, oder wenn Zuschlagkörner zu wenig mit Zement umhüllt sind, weil der Beton schlecht gemischt wurde.
  • In Mauerwerk entsteht ein Lunker durch schlechte Vermörtelung der Steine; bei Bruchsteinmauerwerk gibt es diese Löcher besonders oft wegen der unregelmäßigen Form der Bruchsteine, weil die Zwischenräume schlecht mit Mörtel gefüllt werden können.
  • Die Lunker setzen die Dichte und die Festigkeit herab und erhöhen die Durchlässigkeit.

Lunker können einige Millimeter bis Zentimeter groß sein. Lunker an der Betonoberfläche werden sichtbar, wenn die Schalung abgenommen wird. Sie können dann mit Spachtel etc. geschlossen werden.

Hochspannungstechnik

In der Elektrotechnik wird eine Fehlstelle (Hohlraum) in einem Isolator als Lunker bezeichnet. Die Problematik besteht darin, dass die Dielektrizitätskonstante im Lufteinschluss viel kleiner ist als die im Isolatormaterial, verbunden mit einer vergleichsweise geringen dielektrischen Festigkeit. Beim Anlegen einer hohen Spannung wird die eingeschlossene Luft ständig durchschlagen (Teilentladungen), was das umliegende Isolationsmaterial stark beansprucht und im Laufe der Zeit den Isolator von innen heraus „auffrisst“. Dieser Vorgang wird Treeing oder Bäumchenwachstum genannt.


Literatur

Giesserei Lexikon, 17. Auflage, Schiele& Schön, Berlin, ISBN 3 7949 0606 3 Gussfehler-Atlas, Band 1- Klassifikation, Fehler allgemeiner Art und Graugussfehler; Giesserei-Verlag GmbH, Düsseldorf Bergmann, W.: Werkstofftechnik 2: Werkstoffherstellung - Werkstoffverarbeitung - Werkstoffanwendung 2001, Carl Hanser Verlag, ISBN 3-446-21639-1

Einzelnachweise und Fußnoten

  1. bekanntestes Beispiel ist das Eisen-Kohlenstoff -Diagramm