Zum Inhalt springen

Türken

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Dies ist eine alte Version dieser Seite, zuletzt bearbeitet am 2. Mai 2008 um 20:06 Uhr durch Dr. 91.41 (Diskussion | Beiträge) (Zusammenfassung Steinbach S. 17). Sie kann sich erheblich von der aktuellen Version unterscheiden.

Die Türken (türk.: Türk, pl. Türkler) sind eine ethnische Gruppe in Anatolien, auf Zypern sowie auf dem Balkan/in Südosteuropa. Als nicht-autochthone Gemeinden leben sie zudem in der Diaspora in verschiedensten Ländern der Welt überwiegend in europäischen und asiatischen Ländern - vor allem in der Bundesrepublik Deutschland. Der Großteil der Türken lebt in der Türkei. Die Türken werden in der Turkologie auch als Türkeitürken bezeichnet, worunter aber auch die Balkan- und Zypern-Türken fallen. Sie machen ca. 70-80% der Bevölkerung der Türkei aus (also ca. 57 Millionen Menschen).

Die Türken sind ein Turkvolk und sind sprachlich und ethnisch verwandt mit einigen Völkern Zentral- und Mittelasiens. Die Turkvölker sind eine weit verbreitete eurasische Völkergruppe. Die Türken haben jedoch im Laufe ihrer Geschichte auch sehr viele arabische, persische und französische Elemente in ihre Sprache und Kultur aufgenommen.

Seit 1965 wird bei Volkszählungen in der Türkei nicht mehr zwischen den einzelnen Turkvölkern (z. B. Kasachen, Kirgisen, Mescheten, Aserbaidschaner) bzw. zwischen den Stämmen (z. B. den Afscharen) auf dem Staatsgebiet der Türkei unterschieden; sie bilden nun einheitlich das „türkische Staatsvolk“ bzw. die „türkische Nation“. Allein die Volksgruppe der Uiguren besitzt in der Türkei einen bescheidenen Minderheitenstatus.

Geschichte

Reich der Göktürken

Ursprünge der Türken

Die Urheimat der heutigen Türkei-Türken liegt im östlichen Zentralasien und erstreckt sich auf ein Territorium, das von dem Altai-Gebirge im Westen, den Tienschan im Osten, den Baikalsee im Norden und bis zum Altyn-Tag im Süden reicht.[1] Von hier aus migrierten türkische Stammesgruppen über Mittelasien bis nach Anatolien.

Die Volksbezeichnung Türk wird erstmals in chinesischen Chroniken des 6. Jahrhunderts als T'u-küe erwähnt, und war wahrscheinlich eine ethnische Selbstbezeichnung mit der Bedeutung von mächtig.[1][2] Jedoch existierten ethnische Türken schon lange, bevor sie mit den Namen Türk in die Annalen der Geschichte eingingen.[1]

Der erste große Zusammenschluss, an den ethnische Türken beteiligt waren, war wahrscheinlich der Stammesbund der ostasiatischen Hunnen[1][3], die unter ihren Anführer Mao-tun im dritten 3. Jahrhundert v. Chr. zur Großmacht aufstiegen und für das chinesische Kaiserreich eine solch große Gefahr darstellten, dass sie der Grund für die Errichtung der großen Mauer waren.[4]

Im sechsten Jahrhundert begründete der in den alttürkischen Inschriften Bumin genannte Kagan der Köktürken (Blaue oder himmlische Türken) auf den Gebiet der späteren Mongolei ein mächtiges Reich[5], das sich zeitweise von der Halbinsel Krim in Osteuropa bis nach Ostasien erstreckte[6], und als das erste – mit Sicherheit – türkische Staatswesen angesehen kann.[7] Aus der Zeit der Köktürken stammen die berühmten Orchon-Inschriften. Die alttürkischen Inschriften stellen die frühesten schriftlichen Zeugnisse des türkischen Volkes dar und künden von der Macht und den Selbstbewusstsein der türkischen Kagane.[8]

Die türkische Landnahme Anatoliens

Das Osmanische Reich

Religion der frühen Türken Zentralasiens war überwiegend der Schamanismus.[9] Erst im 10. Jahrhundert nahmen die Türken den Islam freiwillig an.[10] Für die Geschichte der islamischen Welt sollte die türkische Annahme des muslimischen Glaubens herausragende Bedeutung haben.[11]

Der Aufstieg der Türken zur islamischen Großmacht begann bereits im 11. Jahrhundert, als die Großseldschuken ein riesiges Gebiet eroberten, das vom Mittelmeer bis nach Zentralasien reichte.[12] Es waren die Seldschuken, die mit der siegreichen Schlacht von Manzikert im Jahre 1071 die türkische Landnahme Anatoliens einleiteten.[13] In den Jahren nach der Schlacht von Manzikert wurde Anatolien von einer großen Zahl türkischer Einwanderer besiedelt[14], was zur Folge hatte, dass sich das ethnische Bild Anatoliens deutlich veränderte: Schon vor den Aufstieg der Osmanen dürften Türken einen Großteil der anatolischen Bevölkerung ausgemacht haben.[15] Die türkischen Einwanderer stellen ethnisch gesehen im Wesentlichen die Urahnen der heutigen Türken dar.[16] Nach der Eroberung weiter Teile Anatoliens durch die Türken gründete ein Zweig der Großseldschuken das Sultanat Rum. Das Sultanat von Rum stellte den ersten kulturellen und politischen Höhepunkt der Türkenherrschaft in Anatolien dar.[17]

Das Osmanische Reich – Weltmacht der Türken

Auf die anatolischen Seldschuken folgten die türkischen Osmanen[18], die bald darauf große Teile Anatoliens unter ihrer Herrschaft brachten und im Jahr 1453 Konstantinopel eroberten. Mit gewaltigen Kriegszügen eroberten die Osmanen ein Reich, das von Armenien bis nach Ungarn, von der südrussischen Steppe bis nach Nordafrika reichte.[19] Auch große Teile der arabischen Halbinsel und des Mittelmeerraums gehörten zum türkischen Imperium.

Religion

Die überwiegende Mehrheit der Türken sind sunnitische Muslime hanefitischer Rechtsschule. Die zweitgrößte religiöse Gruppe bilden die Aleviten. Es existieren auch schiitische, jüdische und christliche Volksgruppen der Türken, darunter auch die Karamanlı und die Gagausen.

Siehe auch

Quellen

  1. a b c d Udo Steinbach: Die Türkei im 20. Jahrhundert, Bergisch-Gladbach 1996, S. 17
  2. Wolfgang-Ekkehard Scharlipp: Die frühen Türken in Zentralasien. Eine Einführung in ihre Geschichte und Kultur, Darmstadt 1992, S. 13
  3. Scharlipp (1998), S. 2
  4. Herbert Franke: Das Chinesische Kaiserreich (Fischer Weltgeschichte, 19), Frankfurt am Main 1968, S. 75
  5. Klaus Kreiser: Kleine Geschichte der Türkei, Stuttgart 2003, S. 19-20; Josef Matuz: Das Osmanische Reich. Grundlinien der Geschichte, Darmstadt 1995, S. 9; Udo Steinbach: Die Türkei im 20. Jahrhundert, Bergisch-Gladbach 1996, S. 18; Claudia Römer: Die beiden alttürkischen Kaghanate, in: Zentralasien. 13. Bis 20. Jahrhundert. Geschichte und Gesellschaft. hg. von Andreas Kappeler, Wien 2006, S. 64
  6. Römer (2006), S. 64; Steinbach (1996), René Grousset: Die Steppenvölker, München 1970
  7. Matuz (1985), S. 9
  8. Römer (2006), S. 65; Steinbach (1996), S. 18
  9. Steinbach (1996), S. 18
  10. Steinbach (1996), S. 21
  11. Steinbach (1996), S. 21
  12. Matuz (1985)
  13. Steinbach (1996), S. 22; Matuz (1985), S. 16
  14. Matuz (1985), S. 16; Steinbach (1996), S. 22
  15. Matuz (1985), S. 21
  16. Matuz (1985), S. 16; Steinbach (1996), S. 22
  17. Steinbach (1996), S. 23
  18. Steinbach (1996), S. 27
  19. Steinbach (1996), S. 30

Literatur

  • Europa und die Türken in der Renaissance, hrsg. von Bodo Guthmüller und Wilhelm Kühlmann, Tübingen: Niemeyer 2000, 451 S., ISBN 3-484-36554-4