Christologie werden die christlichen Deutungen der Person Jesus von Nazaret sowie die theologische Reflexion dieser Deutungen genannt.
Ausgangspunkt aller Christologie sind die Christusaussagen des Neuen Testaments. Sie bieten eine Vielzahl von Titeln, Bildern und Akzentsetzungen, die nicht ohne Weiteres harmonisierbar sind (Messias, Lamm Gottes, Erlöser, Menschensohn, Sohn Davids, König der Juden, Hoherpriester, guter Hirte, Brot des Lebens u.v.a.).
Als Grundbekenntnisse gelten:
- "Jesus ist der Herr" (Phil. 2,11 u.v.a.). "Herr" (griech. kyrios) ist dabei die bewusste Übertragung der jüdischen Gottesanrede (s. JHWH) auf Jesus und bezieht dessen Herrschaft auf den ganzen Kosmos.
- "Jesus war/ist der Sohn Gottes" (Mark. 15,39 u.v.a.). Dieses Bekenntnis ist Reflex der pointierten Gottesanrede Jesu: "Vater" (aram. familiär abbah) und seiner Selbstaussage (Mark. 14,61f).
Mit diesen Grundbekenntnissen ist die Frage der Menschlichkeit oder Göttlichkeit Jesu bzw. des Verhältnisses zwischen beiden gestellt. Hoheit und Vollmacht einerseits, Ohnmacht und Leiden andererseits stehen in allen Jesuserzählungen der Evangelien dicht beieinander.
Wenn seine Menschlichkeit und sein Leiden Ausdruck einer freiwilliger Erniedrigung aus der Sphäre Gottes war, ergibt sich die Vorstellung seiner Präexistenz, d.h. seines ewigen Seins beim Vater schon vor der Menschwerdung (Phil. 2,6f; Joh. 1 u.v.a.).
Die darin enthaltenen Paradoxien und Denkschwierigkeiten wurden zum Hauptgegenstand der Theologie der ersten christlichen Jahrhunderte - und blieben es auch nach der dogmatischen Definition von 451:
Gegen den Arianismus, der in Jesus einen von Gott beauftragten und über alle anderen erhobenen Menschen sah, und gegen den Monophysitismus, der Jesus als Gott und seine Menschlichkeit als Schein und Verkleidung interpretierte, entschied das Konzil von Chalcedon, Jesus sei wahrer Gott (die zweite Person der Trinität) und wahrer Mensch zugleich, ungetrennt und unvermischt (vgl. Nicäno-Konstantinopolitanum).
Dieses Dogma ist die Grundlage des Hauptstroms der Christologie bis heute. Tatsächlich aber wurde lange in Wort und Bild die Gottheit Christi einseitig betont, während moderne Theologen eher Wege einer Christologie "von unten" (ausgehend von der Menschlichkeit) versuchen - ohne immer "ganz oben" anzukommen.
Konsens unter allen Christen besteht darüber, dass christlicher Glaube die Hinwendung zu einem Gott ist, der allmächtiger Vater und Schicksalsgefährte menschlicher Ohnmacht ist - und in beidem Gott.