Andrea Ypsilanti

Andrea Ypsilanti (* 8. April 1957 in Rüsselsheim als Andrea Dill) ist eine deutsche Politikerin (SPD). Sie ist Mitglied des Hessischen Landtages und seit März 2003 Landesvorsitzende der hessischen SPD. Außerdem ist sie seit Januar 2007 Vorsitzende der SPD-Landtagsfraktion und damit Oppositionsführerin im hessischen Landtag. Bei der Landtagswahl am 27. Januar 2008 trat sie als Spitzenkandidatin der hessischen SPD an.
Biografie
Andrea Dill wuchs als mittlere von drei Töchtern einer Hausfrau und eines Opel-Arbeiters im hessischen Rüsselsheim auf. Nach dem Abitur jobbte sie, heiratete einen Griechen und folgte ihm nach Spanien. Später war sie als Flugbegleiterin bei der Lufthansa beschäftigt. Nach ihrer Rückkehr in die Heimat trennte sie sich von ihrem Ehemann, behielt aber dessen Familiennamen Ypsilanti bei.[1]
In Frankfurt am Main studierte sie schließlich von 1986 bis 1992 Soziologie, Politikwissenschaft und Pädagogik. 1992 schloss sie das Studium als Diplom-Soziologin ab. Sie amtierte von 1991 bis 1993 als Vorsitzende der hessischen Jusos, bis sie 1994 für Ministerpräsident Hans Eichel als Referatsleiterin in der Staatskanzlei tätig wurde. 1999 zog sie über die Landesliste in den Landtag ein. Ypsilanti betreut den Wahlkreis Frankfurt am Main (Nord/Ost). Im März 2003 wurde sie zur Vorsitzenden des hessischen SPD-Landesverbandes gewählt. Im November 2005 folgte die Wahl in den Bundesvorstand der Partei.
Mit ihrem neuen Lebensgefährten und ihrem Sohn lebt sie in Frankfurt am Main.[2]
Landtagswahl Hessen 2008
Im August 2006 erklärte Andrea Ypsilanti, sich beim SPD-Nominierungsparteitag als Spitzenkandidatin für die hessische Landtagswahl 2008 bewerben zu wollen. Zuvor hatte der ehemalige Offenbacher Oberbürgermeister Gerhard Grandke, der bis dahin parteiintern als Herausforderer des amtierenden Ministerpräsidenten Roland Koch favorisiert wurde, eine eigene Kandidatur ausgeschlossen. Ypsilanti wurde schließlich am 2. Dezember 2006 auf dem hessischen Landesparteitag im zweiten Wahlgang mit knapper Mehrheit (175 gegen 165 Stimmen) gegen Jürgen Walter zur Spitzenkandidatin gewählt.[3] Zuvor hatte sich die SPD-Basis auf Regionalkonferenzen in ihrer Mehrheit für Jürgen Walter ausgesprochen.[4] Am 16. Januar 2007 übernahm Andrea Ypsilanti auch den Fraktionsvorsitz.
Bei der Landtagswahl am 27. Januar 2008 trat sie als Spitzenkandidatin der hessischen SPD an. Sie gewann gegenüber früheren Umfrageergebnissen hinzu, erreichte aber insgesamt nur das zweitschlechteste Wahlergebnis der SPD im Land Hessen. Die CDU blieb trotz schwerer Verluste mit einem Zehntelprozent mehr stärkste Partei (CDU, 36,8 %, 42 Sitze/SPD 36,7 %, 42 Sitze). Ypsilanti beanspruchte dennoch den Wahlsieg und bekräftigte ihren Anspruch auf das Amt der Ministerpräsidentin wie auch den Vorrang bei Einladungen zur Regierungs- und Koalitionsbildung für sich. Dies wurde ihr auch parteiintern als grober taktischer Fehler ausgelegt. Susanne Kastner (SPD) etwa bezeichnete das Vorgehen der Partei in Hessen als "Fiasko" und forderte Ypsilanti dazu auf, stattdessen Ministerpräsident Koch ohne Mehrheit regieren zu lassen und vor sich herzutreiben.[5]
Die Bildung einer großen Koalition lehnt Ypsilanti ab. Auch Perspektiven für eine Ampelkoalition der SPD mit FDP und den Grünen bestehen nicht. Ypsilanti erklärte daher, dass sie eine Rot-Grüne Minderheitsregierung anstrebe. Dies hätte bedeutet, sich mit den Stimmen der Partei Die Linke zur Minsterpräsidentin wählen zu lassen. Vor der Wahl hatte Ypsilanti jede Zusammenarbeit mit der Linken kategorisch abgelehnt. Ypsilanti erklärte in diesem Zusammenhang, dass sie dieses Wahlversprechen "nicht halten kann".[6]
Daraufhin kündigte die erstmals und direkt gewählte Landtagsabgeordnete Dagmar Metzger (SPD) an, dieser Konstellation aus Gewissensgründen ihre Stimme zu verweigern.[7] Nach einem misslungenen Versuch, Metzger umzustimmen, erklärte Ypsilanti schließlich am 7. März, doch nicht bei einer Wahl zur Ministerpräsidentin im hessischen Landtag zu kandidieren.[8] Metzger erklärte einen Tag später, dass sie überlege, ihr Mandat niederzulegen, um sich nicht als einzelnes Fraktionsmitglied gegen einen gefassten Parteitagsbeschluss zu stellen.[9] Der auf Frau Metzger ausgeübte Druck führte im März 2008 zu Anzeigen gegen Ypsilanti und die Landes-SPD wegen Nötigung eines Verfassungsorgans.[10]
Politische Positionen
Andrea Ypsilanti wird zum linken Spektrum der SPD gezählt. Bundesweit bekannt wurde sie, als sie 2003 die sogenannten „Hartz-Reformen“ als sozial unausgewogen kritisierte und sich damit gegen Bundeskanzler Gerhard Schröder stellte.
Sie erreichte im Februar 2005 Aufmerksamkeit mit der Forderung, die Deutsche Bank zu boykottieren. Das Unternehmen hatte zuvor angekündigt, 6400 Mitarbeiter zu entlassen.[11] Ypsilanti ist darüber hinaus Befürworterin einer „solidarischen Bürgerversicherung“. Für Hessen fordert Ypsilanti flächendeckende Ganztagsschulen und ein gemeinsames Lernen bis zur zehnten Klasse. Sie erklärte außerdem in einem „100-Tage-Programm“, Studiengebühren in Hessen abschaffen zu wollen. Außerhalb der Schul- und Sozialpolitik will sie sich als Ministerpräsidentin für die Einführung von Mindestlöhnen stark machen.[12] Ypsilanti setzt sich außerdem für einen flächendeckenden Einstieg in erneuerbare Energien ein.
Weblinks
Fußnoten
- ↑ Andrea Ypsilanti will es schaffen taz.de, 19. Januar 2008.
- ↑ Biographie www.andrea-ypsilanti.de
- ↑ vorwärtsHESSEN. Informationen des SPD-Landesverbandes und der SPD-Fraktion Hessen. Dezember 2006 / Januar 2007 (PDF; 516 KB)Stimmen
- ↑ Ypsilanti fordert Koch heraus sueddeutsche.de, 2. Dezember 2006.
- ↑ Fiasko und Humbug sueddeutsche.de, 9. März 2008.
- ↑ Ypsilanti bekennt sich zum Wortbruch fr-online.de, 5. März 2008.
- ↑ Die Frau, die Ypsilanti in die Krise stürzt Spiegel Online, 6. März 2008.
- ↑ Ypsilanti gibt Links-Experiment auf - Verzicht auf Wahl zur Ministerpräsidentin Spiegel Online, 7. März 2008.
- ↑ SPD-Rebellin Metzger will aufgeben - und den Weg für Ypsilanti frei machen Spiegel Online, 8. März 2008.
- ↑ Ypsilanti drohen Ermittlungen FR, 20. März 2008.
- ↑ SPD-Politikerin fordert Deutschen-Bank-Boykott Spiegel Online, 8. Februar 2005.
- ↑ Ypsilanti will Studiengebühren abschaffen tagesspiegel.de, 4. Januar 2008.
| Personendaten | |
|---|---|
| NAME | Ypsilanti, Andrea |
| ALTERNATIVNAMEN | Dill, Andrea (früherer Name) |
| KURZBESCHREIBUNG | deutsche Politikerin, Spitzenkandidatin der SPD bei der hessischen Landtagswahl 2008 |
| GEBURTSDATUM | 8. April 1957 |
| GEBURTSORT | Rüsselsheim |