Talgo

mehrere Bauarten von leichten Gliederzügen des Herstellers Patentes Talgo S.A.
Dies ist eine alte Version dieser Seite, zuletzt bearbeitet am 26. November 2007 um 16:43 Uhr durch 84.57.139.195 (Diskussion) (Präsentationsbetrieb im Frühjahr 1994). Sie kann sich erheblich von der aktuellen Version unterscheiden.
Talgo-Hotelzug IntercityNight der DB NachtZug

Talgo-Hotelzug InterCityNight der DB NachtZug

Talgo (span. tren articulado ligero Goicoechea Oriol, leichter Gliederzug nach Goicoechea Oriol) ist eine spanische Firmengruppe, die seit 1950 Gliederzüge und Hotelzüge baut, betreibt und wartet. Der Hauptsitz liegt in Madrid; weitere Niederlassungen befinden sich auch in Deutschland und Finnland.

Das Talgo-Konzept

Das Konzept der Talgo-Züge entstand 1941. Alejandro Goicoechea entwickelte es als Möglichkeit zur Gewichtsreduzierung der damals noch sehr schweren Züge. Anstelle des bisherigen Ansatzes, die Wagen auf Drehgestelle mit Rädern aufzusetzen, hängte Goicocechea sie zwischen den Rädern auf, die als Bindeglied zwischen den einzelnen Wagen fungierten. Dabei hat jeder Wagen nur zwei Räder und liegt auf dem vorherigen auf. Dadurch war ein Kuppeln und Entkuppeln nur noch in der Werkstatt möglich, da sich immer zwei Wagen die dazwischenliegenden zwei Räder teilten. Man spricht deshalb von einem Gliederzug. Da die Wagen aber nicht mehr auf den Drehgestellen aufliegen, sind sie nicht so hoch wie normale Wagen: die Züge bieten durchgehend Niederflureinstiege.

Damit der Gliederzug auch in Bögen gut laufen kann, sind die Wagen mit ihren 13,14 m deutlich kürzer als reguläre Eisenbahnwagen, weshalb die Wagen in selbsttragender Aluminium-Leichtbauweise gebaut werden können. Die Räder zwischen den Wagen sind nicht auf einer gemeinsamen Achse montiert, sondern einzeln aufgehängt. Dadurch laufen die Räder immer parallel zur Schiene, der Zug rollt in Bögen wesentlich ruhiger. Jeder Wagen hat nur zwei Räder und ist auf dem vorderen Waggon gedeichselt. Durch dieses Konstruktionsprinzip ist eine einfache und zuverlässige Lenkung der Räder möglich, wodurch der Sinuslauf vermieden wird.

Diese Prinzipien sind auch heute noch grundlegender Bestandteil der Talgo-Züge, ebenso wie die Instandhaltung aller Talgo-Züge durch die Firma Talgo selbst.

Entwicklung

 
in der Wartungshalle Berlin (Radumrissbearbeitung)
 
vor der Wartungshalle Berlin, rechts unten die Absaugvorrichtung der Toiletten
 
Talgo 350

1950 wurden erstmals Talgozüge in Spanien eingesetzt. Das Konzept war erfolgreich und der Verkehr sollte nach Frankreich und in die Schweiz ausgedehnt werden.

Um von der spanischen Breitspur ohne Austausch der Achsen oder Fahrgestelle auf Normalspur-Gleise wechseln zu können, entwickelte Talgo so genannte Spurwechselradsätze. Die Wagen rollen im Schritttempo durch eine Umspuranlage und können nach Ankuppeln einer anderen Lokomotive weiterfahren. Anlagen dieser Art befinden sich in Madrid, Córdoba, Sevilla, Lleida, Portbou und Irún um den Übergang zwischen dem spanischen Hochgeschwindigkeitseisenbahnnetz bzw. dem europäischen Netz (Regelspur) und dem Netz in spanischer Breitspur zu ermöglichen. Talgo entwickelt die Umspurtechnik weiter, um diese ggf. auch für den Übergang von Personen- und Güterwagen an anderen Schnittstellen zwischen Regel- und Breitspur in Europa einsetzen zu können. 1969 begann der Betrieb der ersten spurwechselfähigen Bauart, Talgo RD (rodadura desplazable), der dem Talgo III äußerlich ähnelt, als Talgo Catalán zwischen Barcelona und Genf. Aktuell sind etwa ein Drittel der spanischen Talgo Pendular-Fahrzeuge und alle der Nachfolgebauarten Talgo 200 und Talgo 7 spurwechselfähig.

Seit 1980 gibt es mit dem Talgo Pendular auch Talgo-Züge mit (passiver) Neigetechnik.

Seit 2001 baut Talgo zusammen mit Bombardier den bis zu 330 km/h schnellen Talgo 350 für die Hochgeschwindigkeitsstrecke Madrid–Barcelona.

Seit 2006 werden Talgo 250 Züge gebaut, die sowohl auf den bestehenden Strecken in spanischer Breitspur wie auch auf den Hochgeschwindigkeitsstrecken verkehren können. Bei diesen Zügen können nicht nur die Wagen, sondern auch die Triebköpfe die Spurweite wechseln.

Talgo bietet ferner mit dem Talgo 22 einen „echten“ Doppelstockzug an, der sowohl im unteren als auch im oberen Stock durchgängig begehbar ist.

Talgo-Züge fahren heute in Spanien, Deutschland, USA, Kanada, Frankreich, Schweiz, Italien, Portugal und Kasachstan.

Talgo-Züge in Deutschland

Anfang der 90er-Jahre entschied sich die damalige Deutsche Bundesbahn auch in Deutschland Talgo-Züge einzuführen, vorgesehen waren ausschließlich Nachtzüge. Die Firma Talgo begann somit 1993 mit dem Bau der für Deutschland vorgesehenen Züge, Beginn des planmäßigen Talgo-Verkehrs in Deutschland war Sonntag, der 29. Mai 1994 (Beginn Sommerfahrplan). Die neuen Nachtzüge wurden auch in Deutschland als "Hotelzug" vermarktet, sie sollten sich deutlich vom Komfort konventioneller lokbespannter Nachtzüge abheben, weshalb die DB eigens die neuen Züge die Zuggattung InterCityNight (ICN) kreierte, diese bis Dezember 2002 verwendete Bezeichnung war ausschließlich den mit Talgo-Garnituren gefahrenen Nachtzügen vorbehalten.

Die Fahrzeuge der DB

Erstes Lieferlos

Das erste Lieferlos an die DB umfasste fünf Garnituren mit insgesamt 112 Wagen. Obwohl sich darunter auch Wagen mit Baujahr 1993 befanden wurden die Züge erst unmittelbar vor der Aufnahme des fahrplanmäßigen Verkehrs abgeliefert, sie wurden im einzelnen wie folgt abgenommen:

  • 6. Mai 1994
  • 20. Mai 1994
  • 20. Mai 1994
  • 25. Mai 1994
  • 27. Mai 1994

Zehn dieser 112 Wagen waren dabei als sogenannte "Maschinenendwagen" (ohne Passagierräume) ausgeführt. Darunter befinden sich jeweils fünf Wagen vom Typ Ddz 881 ("Maschinenendwagen I" ohne Fahrrad- und Mehrzweckabteil) und fünf Wagen vom Typ Ddz 882 ("Maschinenendwagen II" mit Fahrrad- und Mehrzweckabteil). Diese Spezialwagen bilden jeweils den konstruktiven Abschluss einer Talgo-Garnitur, desweiteren dienen sie der Energieversorgung des antriebslosen Talgo-Zuges. Zunächst konnte die DB mit ihren 112 vorhandenen Talgo-Wagen also maximal fünf verschiedene Züge bilden.

Zweites Lieferlos

In einem zweiten Lieferlos beschaffte die DB dann im Jahre 1996 weitere zwei Talgo-Züge mit zusammen 38 Wagen (davon vier Maschinenendwagen), beide Züge wurden am 22. August 1996 in Dienst gestellt.

Auflösung zweier Garnituren

Nach Einstellung des Nachtzugs Hamburg - Stuttgart - Hamburg (letzter Betriebstag: 14. Dezember 2002) löste die DB zwei ihrer insgesamt sieben Talgo-Züge mangels weiterem Bedarf de facto dauerhaft auf, ein Teil der Mittelwagen wurde jedoch fortan zur Verstärkung der verbliebenen fünf Züge verwendet.

Beheimatung

Von Beginn an wurde die Wartung aller vorhandenen Talgo-Wagen der DB im sogenannten Talgo-Werk Berlin Warschauer Strasse konzentriert, wo die Züge bis heute beheimatet sind. Nur die dortige Werkstatt ist speziell für die Wartung der Gliederzüge ausgerüstet, sie wird in Kooperation mit der eigens hierfür gegründeten Tochterfirma Talgo Deutschland GmbH betrieben.

Lackierung

Als Besonderheit sind die Talgo-Gliederzüge der DB bis heute in den sogenannten "Produktfarben" lackiert, dieses Farbkonzept wurde 1986 von der früheren Deutschen Bundesbahn eingeführt, es sollte die äußerliche Unterscheidbarkeit der verschiedenen Zuggattungsgruppen ermöglichen. Obwohl die Talgo-Züge der DB anfangs als InterCityNight bezeichnet wurden, tragen sie die blaue Kennfarbe (welche im Konzept der Produktfarben eigentlich für Fernzüge unterhalb der Kategorie InterCity vorgesehen war). Abgesehen von drei weiteren konventionellen Nachtzugwagen (Barwagen des früheren Nachtzugs "Luna" - Gattung WGmh 854) sowie zwei Zuggarnituren des früheren Fernschnellzugs (FD) "Königssee", wurde die blaue Kennfarbe ausschließlich für die frühere Zuggattung Interregio verwendet (mit welcher das blaue Design der deutschen Talgo-Züge von den meisten Betrachtern auch assoziiert wird).

Technische Daten der deutschen Talgo-Wagen
  • Länge: 13.140 mm (ausgenommen die beiden etwas kürzeren Maschinenendwagen)
  • Breite: 2.942 mm
  • Höhe: 3365 mm
  • Gewicht: 14,2 t

Die Höchstgeschwindigkeit der deutschen Talgo-Züge ist - in erster Linie wegen der fehlenden Magnetschienenbremse - auf 140 km/h begrenzt. Aufgrund ihrer Bauweise als Gliederzug können die Züge nur in ihrem Heimatwerk Berlin Warschauer Strasse getrennt oder zusammengefügt werden.

Talgo-Einsätze in Deutschland

Präsentationsbetrieb im Frühjahr 1994

Vor der Aufnahme des fahrplanmäßigen Verkehrs zum Sommerfahrplan 1994 wollte die DB den für Deutschland noch ungewohnten Zugtyp bereits zur Hannover Messe im April 1994 einem breiteren Publikum vorstellen. Weil damals aber noch keine einzige eigene Talgo-Garniture vorhanden war (die erste Talgo-Garnitur der DB wurde erst am 6. Mai 1994 abgenommen), mietete man zu diesem Zweck von der spanischen Staatsbahn RENFE Talgo-Garnituren an. Diese geliehenen Züge wurden dann im Sonderverkehr zur Hannover Messe eingesetzt (unter anderem von München aus) und gaben den Fahrgästen auf diese Weise einen Vorgeschmack auf den bevorstehenden planmäßigen Talgo-Betrieb bei der DB.

29. Mai 1994 bis 28. September 1996

Mit Abnahme aller fünf Garnituren wurde ab dem 29. Mai 1994 zunächst ein viertägiger Umlauf gefahren, bedient wurden dabei zwei ICN-Relationen (jeweils jede Nacht in beiden Richtungen, die fünfte Garnitur diente als Reserve):

  • Berlin - Bonn - Berlin
  • Berlin - München - Berlin
29. September 1996 bis 14. Dezember 2002

Mit Lieferung der zwei weiteren Garnituren Anfang 1997 wurde der Plan dann auf einen sechstägigen Umlauf erweitert, die siebte Garnitur diente als Reserve (gleichzeitig wurde jedoch die Strecke nach Bonn gestrichen - auf der Route zwischen der alten und der neuen Bundeshauptstadt verkehrten fortan gar keine Nachtzüge mehr):

  • Berlin - München - Berlin (ICN 1500/1501)
  • München - Hamburg - München
  • Hamburg - Stuttgart - Hamburg (ICN 1906/1907)
15. Dezember 2002 bis 9. Dezember 2006

Zum Fahrplanwechsel im Dezember 2002 wurde die bis dato exklusiv den Talgo-Zügen vorbehaltene Zuggattung InterCityNight wieder abgeschafft, die DB-Talgos werden seither (zusammen mit konventionellen Nachtzügen) unter der allgemeinen Bezeichnung DB NachtZug (abgekürzt NZ) geführt. Gleichzeitig wurde auch der Nachtzug Hamburg - Stuttgart - Hamburg eingestellt (auch für diese Relation gab es im Nachtverkehr keinen Nachfolgezug) - der Talgo-Umlaufplan wurde wieder auf vier Plantage reduziert (wie bereits zu Beginn des Einsatzes bei der DB im Jahre 1994). Die zwei fortan nicht mehr benötigten Garnituren wurden anschließend aufgelöst, ein Teil ihrer Zwischenwagen wurde dabei zur Verstärkung der fünf weiterhin benötigten Garnituren verwendet, die restlichen Wagen wurden bis auf weiteres in Berlin abgestellt):

  • Berlin - München - Berlin (NZ 1900/1901)
  • München - Hamburg - München (NZ 1988/1989)
Aktuelle Fahrplanperiode

Seit Einstellung der Verbindung nach Stuttgart bedient die DB mit ihren Talgo-Zügen wie zu Beginn des Talgo-Zeitalters nur noch zwei Relationen mit ihren Hotelzügen, zum einen die Strecke München Ost - Berlin-Lichtenberg - München Ost (Zugpaar NZ 1400/1401 „Pluto“) und zum anderen die Strecke München Ost – Hamburg-Altona (Zugpaar NZ 1488/1489 „Meteor“). Planmäßig sind jede Nacht vier Garnituren gleichzeitig im Einsatz (die fünfte noch vorhandene Garnitur dient als Reserve). Zur Zeit (Stand: Jahresfahrplan 2007) sind alle fünf Talgo-Züge der DB jeweils 24-teilig, sie bestehen aus folgenden Komponenten (geordnet nach Bauartnummern):

  • 1 x Dz 881 (Maschinenendwagen I) - Ordnungsnummer 7
  • 1 x Ddz 882 (Maschinenendwagen II mit fünf reservierungspflichtigen Fahrrad-Stellplätzen) - Ordnungsnummer 30
  • 1 x Bpcbz 883 (behindertengerechter Sitzwagen mit 20 Plätzen) - Ordnungsnummer 18
  • 5 x Bpcz 884 (Sitzwagen mit jeweils 30 Plätzen) - Ordnungsnummern 19 bis 23
  • 1 x WRkz 885 (Bistro- und Rezeptionswagen)
  • 6 x Bvcz 886 (Kajütliegewagen mit jeweils 20 Plätzen) - Ordnungsnummern 24 bis 29
  • 1 x WRz 887 (Restaurantwagen mit 30 Sitzplätzen)
  • 8 x WLAz 889 (Schlafwagen mit jeweils 10 Betten in 5 Doppelkabinen) - Ordnungsnummern 8 bis 15

Jeder Zug bietet somit 170 Sitzplätze (ohne Restaurant), 120 Liegeplätze und 80 Schlafplätze. Beiden Zugpaaren werden außerdem zusätzlich noch jeweils zwei Autotransportwagen des Typs Ddm beigegeben. Als Besonderheit sind die Talgo-Gliederzüge der DB bis heute in den noch von der früheren Deutschen Bundesbahn eingeführten sogenannten "Produktfarben" lackiert. Obwohl sie anfangs als InterCityNight bezeichnet wurden, tragen die Talgo-Züge der DB dabei die blaue Kennfarbe für Fernzüge unterhalb der Kategorie InterCity, ansonsten wurde diese Kennfarbe fast ausschließlich für die frühere Zuggattung Interregio verwendet.

ab 9. Dezember 2007

Ab dem nächsten Fahrplanwechsel werden alle Nachtzüge der DB einheitlich als CityNightLine (abgekürzt CNL) bezeichnet. Darunter fallen dann auch die mit Talgos gefahreren Züge (die Zuggattung DB NachtZug entfällt komplett, desweiteren werden die beiden Talgo-Zugpaare künftig keine Autotransportwagen mehr mit sich führen):

  • München Ost - Berlin-Lichtenberg - München Ost (CNL 1200/1201 „Pluto“)
  • München Ost - Hamburg-Altona - München Ost (CNL 1488/1489 „Meteor“)
Weitere Planungen

Marktchancen bietet der Verkehr in verschiedene Nachfolgestaaten der Sowjetunion (mit Umspurung); ab 2008 soll ein Touristikzug aus Talgo-Wagen in der Sommersaison von Berlin über Kaliningrad und Riga nach Sankt Petersburg fahren.[1] Für eine diesbezügliche Präsentationsfahrt wurde bereits eine (verkürzte) Talgo-Garnitur umlackiert, ihre Wagen präsentieren sich seither in einem abweichenden Design (dunkelblaues Fensterband mit roten Zierstreifen).

Modelleisenbahn

Mehrere Modelleisenbahn-Hersteller haben die unterschiedlichen Talgo-Varianten im Programm. Am weitesten auf Modellbahnanlagen verbreitet ist das H0-Modell des deutschen InterCityNight von Märklin, sowie von Minitrix in Spur N, welche in Kooperation mit dem spanischen Hersteller Electrotren gefertigt wurden. Electrotren liefert außerdem die spanischen, deutschen und amerikanischen Varianten in H0 und N und hat als Neuheit für 2006 den Talgo 350 in H0 angekündigt. Weniger bekannt sind Modelle des spanischen Herstellers Ibertren, welcher insbesondere Modelle des Talgo III im Maßstab H0 fertigt.

Siehe auch

Quellen

  1. Artikel des „Russlandsjournals“ über das Talgo-Projekt Berlin-St. Petersburg
Commons: Talgo – Album mit Bildern, Videos und Audiodateien