Hallig

Die Halligen sind kleine, nicht eingedeichte Inseln im dänischen und nordfriesischen Wattenmeer an der Nordseeküste Schleswig-Holsteins und Dänemarks. Der "sichtbare" Unterschied zwischen einer Hallig und einer Insel besteht darin, dass eine Hallig während einer starken Flut mit Ausnahme der Warften, künstlich aufgeschütteten Hügeln auf denen die Häuser stehen, überspült wird ("Landunter"). Wichtiger ist der nicht ersichtliche Unterschied, dass der Halligboden kein Süßwasser speichert und deswegen Regenwasser früher in sogenannten Fethingen gesammelt wurde - seitdem Wasserleitungen vom Festland zu den Halligen gebaut wurden, sind diese allerdings nicht mehr allgegenwärtig.
Die 10 bis 956 Hektar großen Halligen sind meist Reste des Festlandes oder von Inseln, die als Überbleibsel des in Sturmfluten untergegangenen Landes stehengeblieben sind und teilweise durch Aufschwemmungen der Nordsee entstanden.
Geschichte
Das Wort "Hallig" kann von "hol" abgeleitet werden, was "niedrig", "flach" bedeutet - übrigens derselbe Wortstamm wie "Holland". Im 16. Jahrhundert wurde mit "Hallig" allgemein das häufig überflutete Vorland bezeichnet.
Erstmal erwähnt werden einzelne Halligen (Oland und Jordsand) 1231 im Waldemar-Erdbuch als Inseln, auf denen der König ein Haus besaß. Damals gehörten die heutigen Halligen zu den Uthlanden, dem von Prielen durchzogenen, durch Sturmfluten häufig in seiner Gestalt veränderten Marschland. Mit niedrigen Deichen und Warften schützten die Bewohner ihre Häuser. Die erste Grote Mandränke von 1362 zerriss das Land endgültig. Von die westlichen Harden verloren jeweils mehrere Kirchspiele. Übrig blieben "Halligen", auf denen die Überlebenden sich niederließen. Bedingt durch fehlenden oder nur geringen Küstenschutz und die damit verbundenen häufigeren Überschwemmungen gab es weiterhin große Veränderungen an der Küstenlinie und deutlich mehr Halligen, die ihre Form häufig änderten. Manche existierten nur für kurze Zeit, andere vergrößerten sich und wuchsen wie zum Beispiel Nordmarsch und Langeneß zum heutigen Langeneß zusammen. Der genaue Vorgang ist nur schwer zu rekonstruieren, da es aus der Zeit vor 1700 nur wenige Karten gibt.
Da Landwirtschaft auf den Halligen nicht möglich war, arbeiteten die Männer als Seefahrer und Walfänger, während die Frauen Heu machten und sich um das Vieh, auch Sommervieh vom Festland, kümmerten. Bis in die 1930er Jahre herrschte auf Hooge Almendewirtschaft, während auf anderen Halligen das Land jedes Jahr neu vermessen und aufgeteilt wurde. Durch Verarbeitung der Schafwolle und Verkauf der Erzeugnisse verdienten die Frauen Geld hinzu.
Für die tägliche Ernährung war man darauf angewiesen, was man auf und um die Hallig fand (Krabben, Fische, Vogeleier und Seevögel). Baumaterialien musste von weither zu den baumlosen Halligen gebracht werden, weshalb man gerne Strandgut nutzte. Als Brennmaterial wurde bis ins letzte Jahrhundert hinein der Schafkot aus den Winterställen gesammelt und zu Ditten geformt in der Sonne getrocknet. Als Alternative konnte bei Ebbe Seetorf gewonnen und getrocknet werden.
Geld verdienen auf der Hallig ließ sich fast nur durch Torfabbau und Salzsiederei, auch wenn der Anteil, den König und Herzog forderten, enorm war. Geschützt durch Kajedeiche wurde Salztorf abgebaut, getrocknet und verbrannt. Die Asche wurde mit Salzwasser vermischt und in der "Salzbude" in einem Kessel gesiedet, bis das Salz vollkommen trocken war. Alleine auf Galmsbüll hat es 16 Salzbuden gegeben. Allerdings war die Torfgewinnung im hohen Maße gefährlich für die Hallig, wenn die abgebauten Gebiete unter das Niveau des mittleren Hochwassers gerieten. 1515 wurde der Salzabbau verboten, um den Landverlust zu stoppen, trotzdem wurde auf Galmsbüll noch bis 1782 Salz abgebaut. 1800 musste die stark geschrumpfte Hallig aufgegeben werden.
Während auf dem Festland und den größeren Inseln schon im 14./15. Jahrhundert mit Eindeichungen und Landgewinn begonnen wurde und immer bessere Deiche das Land schützten, blieben die weiter außen liegenden Halligen den Fluten ausgesetzt. Zwieschen 1717 und 1720 soll ein Viertel der Landfläche verlorengegangen sein, wie aus einem Schreiben des Ratmanns von Oland an den König hervorgeht, in dem er um Minderung der Abgaben bittet.
Seit dem großen Landverlust bei der sogenannten Halligflut von 1825, die alle außer den heute noch existierenden Halligen verschlang, übernahm der Staat die Aufsicht über den Küstenschutz. In den folgenden Jahrzehnten wurden die Halligkanten befestigt. Manche Halligen wie Hooge erhielten einen Sommerdeich. Allerdings wehrten sich die Halligbewohner oft gegen diese Maßnahmen, vorallem, weil sie sie selbst zu bezahlen hatten, aber auch, weil sie u.a. die Priele, die nun abgedämmt werden mussten, um dem Meer keine Angriffsfläche zu bieten, als Hafen benutzten.
Heutige Situation
Wohn- und Wirtschaftsgebäude befinden sich auf meterhohen, künstlich aufgeschütteten Hügeln, den Warften, um so vor Sturmfluten geschützt zu sein. Auf manchen Halligen, beispielsweise auf Hooge, gibt es auch einen Sommerdeich. Der Begriff Halligen ist eher eine generische Charakterisierung als eine geographische Bezeichnung. Dennoch gruppieren sich die zehn deutschen Halligen kreisförmig um die Insel Pellworm, die selber jedoch keine Hallig ist.
Auf den Halligen leben insgesamt weniger als 400 Menschen. Ihren Erwerb beziehen sie heute hauptsächlich von Tourismus, Küstenschutz und Landwirtschaft. Letztere umfasst vor allem Viehzucht durch Grasen auf den fruchtbaren, häufig überfluteten Salzwiesen im Auftrage von Landwirten, die auf dem Festland wohnen.
Die zehn deutschen Halligen befinden sich im Nationalpark Schleswig-Holsteinisches Wattenmeer. Die bewirtschafteten Halligen Nordstrandischmoor, Gröde, Oland, Langeneß und Hooge sind vom Schutzgebiet umgeben, aber nicht in dieses Gebiet integriert. Die kleineren Halligen Habel, Südfall, Süderoog, Norderoog, sowie die Hamburger Hallig sind Bestandteil des Nationalparks. Wattwanderungen und Informationsveranstaltungen werden von Fremdenverkehrsämtern und von der Nationalparkverwaltung angeboten.
Zum Schutz der Halligen tragen die vorgelagerten Außensände bei.
Literarisch sind die Halligen in dem Halligroman Landunter von Wilhelm Lobsien verarbeitet worden.
Fauna und Flora
Da der Großteil der Halligen mehrmals im Jahr überflutet wird, gedeihen dort nur Pflanzen, die Salzwasser ertragen können. Berühmt ist die Halligfliederblüte im Hochsommer. Meerstrandswegerich, der als Suden geerntet und gekocht wurde, kommt heute nur noch selten vor. Bäume wachsen nur auf den Warften.
In der Zugzeit sind die Halligen mit Ringelgänsen übervölkert. Anfang Mai werden die Ringelganstage begangen.
Liste der Halligen
Deutsche Halligen
Die zehn deutschen Halligen gehören alle zum Kreis Nordfriesland:
| Nr. | Hallig | Warften | Bevöl- kerung |
Fläche km2 |
Gemeinde | Amt | Verbindung zum Festland |
|---|---|---|---|---|---|---|---|
| 1 | Langeneß | 16 | 110 | 9,56 | Langeneß | Amt Pellworm | • Lorendamm über Oland nach Dagebüll (nur Güter und Halligbewohner) • Autofähre nach Schlüttsiel (nach Fahrplan) |
| 2 | Hooge | 10 | 120 | 5,74 | Hooge | Amt Pellworm | • Autofähre nach Schlüttsiel (nach Fahrplan) oder Touristenschiff von Sankt Peter-Ording |
| 3 | Gröde | 2 | 17 | 2,77 | Gröde | Amt Pellworm | • Schiff nach Schlüttsiel (unregelmäßig) nach Absprache mit Kapitän der MS Rungholt |
| 4 | Nordstrand- ischmoor |
4 | 18 | 1,75 | Nordstrand | Amt Nordstrand | • Lorendamm zum Beltringharder Koog |
| 5 | Oland | 1 | 30 | 0,96 | Langeneß | Amt Pellworm | • Lorendamm nach Dagebüll • Schiff nach Schlüttsiel (unregelmäßig) |
| 6 | Süderoog | 1 | 2 | 0,60 | Pellworm | Amt Pellworm | Naturschutzgebiet: Zutritt nur mit Sondergenehmigung • Wattenweg nach Pellworm |
| 7 | Südfall | 1 | - | 0,50 | Pellworm | Amt Pellworm | • Wattenweg (tidenabhängig) Naturschutzgebiet: Besuch nach Anmeldung beim Vogelschutzwart |
| 8 | Hamburger Hallig |
2 | - | 1,10 | Reußenköge | amtsfrei | • Straße zum Sönke-Nissen-Koog (Kraftfahrzeug gebührenflichtig) |
| 9 | Norderoog | 1* | - | 0,09 | Hooge | Amt Pellworm | Naturschutzgebiet: Zutritt nur mit Sondergenehmigung |
| 10 | Habel | 1 | - | 0,07 | Gröde | Amt Pellworm | Naturschutzgebiet: Zutritt nur mit Sondergenehmigung • Wattenweg (60 min.) zum Ockholmer Deich |
| Halligen | 38 | 297 | 23,14 |
* Statt einer Warft weist Norderoog eine Pfahlbaukonstruktion auf.
Vorgelagerte Außensände
Den deutschen Halligen sind im Westen, zum offenen Meer hin, drei Außensände vorgelagert, die durch ihre wellenbrechende Wirkung zum Halligschutz beitragen. Hierbei handelt es sich um flache, ungeschützte, unbewachsene Sandbänke, die in der Regel trockenfallen, aber nicht als Festland zählen. Sie setzen sich im nordwärts im Kniepsand vor Amrum und dem Sylter Sandstrand fort, und südwärts im Sandstrand von Sankt Peter-Ording. Die Außensände gehören daher weder zu Gemeinden noch handelt es sich um gemeindefreie Gebiete. Sie tauchen weder in der Flächenstatistik des Landes Schleswig-Holsteins noch der Bundesrepublik Deutschland auf, da es sich völkerrechtlich um Meeresgebiet handelt.
Die Rücken dieser Hochsände liegen etwa einen Meter über mittlerem Hochwasser. Im Sommer wird der trockene Sand zu mehrere Meter hohen Dünen aufgeweht. Darauf wachsen vorübergehend einzelne Pflanzen wie Strandweizen.
Die Außensände stehen unter Naturschutz und haben ökologische Bedeutung als Vogelbrutstätten und werden auch von Seehunden aufgesucht. Von der Hallig Hooge aus werden Wattwanderungen zum 5 km weiter westlich gelegenen Japsand angeboten. Die Außensände gehören zum Nationalpark Schleswig-Holsteinisches Wattenmeer und dürfen mit Ausnahme des nördlichen Japsandes nicht betreten werden. Auf dem Süderoogsand wurde 1987 ein 19 Meter hoher Leuchtturm auf 08°29'O, 54°26'N errichtet (wiederaufgebaut). Der Unterbau besteht aus einer Holzbalkenkonstruktion. Der Leuchtturm wird mit Solarstrom betrieben und besitzt einen Zufluchtsraum für Schiffbrüchige.
| No. | Außensand | Fläche km2 |
|---|---|---|
| 1 | Japsand | 3 |
| 2 | Norderoogsand | 10 |
| 3 | Süderoogsand | 15 |
| Außensände | 28 |
Dänische Halligen
Nicht mehr bestehende Halligen


Seit der Entstehung der Halligen bis zum 19. Jahrhundert sind etwa 100 Halligen verschwunden. Nicht alle von ihnen waren bewohnt. Teils wuchsen sie mit anderen Halligen zusammen, teils wurden sie durch Eindeichung mit dem Festland verbunden. Und viele gingen unter, manche ganz ohne je irgendwo schriftlich erwähnt zu sein.
Die Dagebüller Bucht entstand 1566, als die Wiedingharde durch Eindeichung des Gotteskoogs landfest wurde. In ihr befanden sich viele kleine Halligen
- Nordtoft
- de Wisch
, die durch die veränderte Strömung in den folgenden Jahren verloren. Die größeren Halligen erhielten erst einen Sommerdeich und wurden zum Festland eingedeicht:
- Ockholm 1515
- Fahretoft 1686
- Dagebüll 1703
- Galmsbüll, die nördlichste deutsche Hallig, ging Anfang des 19.Jhds durch Deichbau verloren.
- Appelland (zusammengewachsen mit Gröde)
- Hingstneß (in der ersten Grote Mandränke untergangenes Kirchspiel zwischen Oland und Gröde, 1436 noch recht groß mit 5 Steuerpflichtigen, 1560 ist die Kirche verschwunden, 1711 wird die Hallig letztmals erwähnt)
- Nordmarsch (zusammengewachsen mit Butwehl und Langeneß)
- Butwehl (zusammengewachsen mit Nordmarsch und Langeneß)
- Herst (1 Haus)
- Oselichshallig
- Lundingland (abgetragen, östlich von Habel)
- Südhörn (abgetragen, östlich von Habel)
- Beenshallig (1634 Rest des Nordstrander Kirchspiels Westerwoldt, ab ~1800 unbewohnt, um 1890 verschwunden)
- Hayenshallig (abgetragen, östlich von Hooge)
- Moderhallig (abgetragen (1756 verschwunden), südlich der Hamburger Hallig)
- Harmelfshallig (abgetragen (1756 verschwunden), südlich der Hamburger Hallig)
- Silboll
- Pohnshallig (unbewohnt, 1634 von Nordstrand abgerissen und 1866 eingedeicht (Pohnshalligkoog))
- Audtshallig (südlich von Nordstrandischmoor, um 1590 verschwunden)
- Trentham (südlich von Nordstrandischmoor, um 1590 verschwunden)
- Utheregge
- Syll
- Gardsland
- Ebland
- Neeß
- Nielandt (Pellwormharde, 5 Häuser)
- Nübell oder Nubel (leer, abgetragen, zwischen Südfall und Süderoog)
Siehe auch: Deutsche Inseln, Nordfriesische Inseln
Literatur
- Georg Quedens: Die Halligen. ISBN 3-7793-1114-3.
- Ulli Harth, Untergang der Halligen, Rendsburg 1990 ISBN 3-87550-118-7