Operation Attain Document
Attain Document ist der Codename für im Jahr 1986 durchgeführte militärische Operationen von Schiffsverbänden der USA im Mittelmeer, nördlich und in der Großen Syrte. Die als Manöver unter voller Kampfbereitschaft ausgeführten Operationen waren eine Reaktion der USA auf vorangegangene Terrorakte durch Gruppierungen der PLO, deren Hauptquartier sich damals in Libyen befand. Offizieller Vorwand der Übungen war die Unterstreichung der Navigationsfreiheit in internationalen Gewässern, da Libyen die Große Syrte, eine weite Bucht im südlichen Mittelmeer, völkerrechtswidrig als Hoheitsgewässer beanspruchte. Während der Operationen kam es wiederholt zu militärischen Auseinandersetzungen zwischen den libyschen und amerikanischen Streitkräften.
Vorgeschichte
1985 wurde das Kreuzfahrtschiff Achille Lauro im Mittelmeer durch eine palästinensische Splittergruppe, die PLF (Palestinian Liberation Front), entführt. Bei den Aktionen zur Gefangennahme und späteren Verurteilung der Entführer kam es zu komplizierten politischen, militärischen und juristischen Verwicklungen zwischen den USA, Italien und Ägypten.
Siehe dazu die ausführliche Schilderung der Entführung und deren Folgen im Artikel Achille Lauro (Schiff).
Entführung einer EgyptAir-Maschine
Am 23. November 1985 wurde EgyptAir Flug 648 von Athen nach Kairo durch drei Angehörige von Abu Nidals FRC (Fatah Revolutionary Council) nach Malta entführt. Ein ägyptischer Sky Marshal an Bord erschoß einen der Entführer, wurde dann aber selbst getötet. Es kam durch die Schüsse zu einer Kabinendekompression, doch konnte die Maschine in Malta landen, obwohl die Landebahnbeleuchtung des Flughafens La Valetta ausgeschaltet worden war. In den darauffolghenden Stunden schossen die Entführer auf drei israelische und zwei amerikanische Passagiere und stießen sie durch eine offene Tür des Flugzeugs hinaus. Ein Israeli und ein Amerikaner starben an ihren Schußverfletzungen. Malta autorisierte ägyptische Sicherheitskräfte zur Erstürmung des Flugzeugs um die Geiseln zu befreien. Amerikanische Beteiligung wurde von den Maltesern - möglicherweise aus Furcht vor dem nahe helegenen und säbelrasselnden Libyen - nur in beratender Funktion erlaubt (Delta Force Offiziere und zwei Antiterror-Spezialisten). Flugzeuge des amerikanischen Flugzeugträgers USS Coral Sea eskortierten die Maschinen der am 24. November einfliegenden ägyptischen Kommandotruppe 777 und flogen Patrouillen zur Abschirmung gegen das unberechenbare Libyen. Noch am gleichen Abend erstürmte ein ägyptisches Kommando die entführte Maschine. Es wurden zu viele Rauchgranaten eingesetzt und vermutlich auch zu viele Kommandokräfte. Es kam zu einer chaotischen, wegen des starken Rauchs ziellosen Schießerei an Bord. Außer den Entführern wurden von 98 (Passagiere + Crew) 57 Geiseln durch Rauchvergiftung und Schußverletzungen getötet.
Terroranschlag am Flughafen in Rom
Am 27. Dezember 1985 kam es am römischen Flughafen Leonardo da Vinci zu einem Amoklauf von vier (andere Quellen: fünf) Arabern, die zu Abu Nidals FRC gehörten, wie sich später herausstellte. Sie warfen zwei Handgranaten unter die Passagiere am El Al Schalter und eine in ein Café, und schossen danach mit AK-47 Schnellfeuergewehren auf die Menschen an den Schaltern der El Al, TWA und PanAm. Italienische Sicherheitskräfte konnten die Terroristen erst nach einem langen Feuergefecht "ausschalten". Danach gab es 17 Tote und über 70 Verwundete.
Terroranschlag am Flughafen in Wien
Fast zeitgleich zu den Ereignissen in Rom, also ebenfalls am 27. Dezember 1985, geschah ähnliches auf dem Wiener Flughafen Schwechat. Drei Männer, die ebenfalls der FLC angehörten, warfen Handgranaten auf wartende Passagiere des El Al Flugs 364 und eröffneten danach das Feuer, etwa zwei Minuten lang. Nach einer kurzen Jagd wurden zwei der Entführer von Sicherheitsleuten getötet und einer gefangengenommen. Es gab 4 Tote und über 30 Verletzte.
Die Untersuchungen der drei Terrorakte ergaben viele Hinweise und Verbindungen nach Libyen, die deutlich machten, daß Libyen den Terrorgruppen aktive logistische Unterstützung geboten hatte.
Reaktion der USA
Am 6. Januar 1986 berief Präsident Ronald Reagan eine Sitzung des National Security Council ein, bei der u.a. Außenminister [[George Shultz], Verteidigungsminister Caspar Weinberger und der CIA-Director William Casey zugegen waren. Es ging um die Frage, was in Bezug auf Libyen zu tun sei. Im Hinblick auf die öffentliche Meinung und Unterstützung durch die Aliierten äußerte wegen spärlicher Beweise William Casey Bedenken gegenüber Militäraktionen; Syrien und Iran gewährten Abu Nidal ebenfalls Unterstützung. Es wurden diverse militärische Optionen diskutiert, wie Bombardierung durch F-111 oder B-52-Bomber durch in Großbritannien stationierte Einheiten, aber auch "pinpoint strikes" durch Tomahawk-Marschflugkörper. Weinberger mahnte klare Vorgaben an (Erinnerung an das Fiasko im Libanon). Shultz schlug eine Kombination aus ökonomischen Sanktionen und Militärpräsenz vor. Dieser Vorschlag wurde angenommen. Für die nichtoffensive, aber aggressive militärische Stärkedemonstration durch Flottenverbände im Mittelmeer sollten jedoch auch offensive Optionen geplant und für alle Fälle "im Ärmel" bereitgehalten werden. Am 7. Januar 1986 kündigte der amerikanische Präsident Reagan öffentlich umfassende Sanktionen gegen Libyen an, um das Land zu isolieren, außerdem kündigte er Schiffsmanöver in der Nähe Libyscher Gewässer an.
Planung
Gleichzeitig zur Ankündigung der Sanktionen und der Flottenmanöver beauftragte Präsident Reagan das Militär mit der Planung eventueller offensiver militärischer Optionen. Der Einsatz von B-52-Bombern und Tomahawk-Marschflugkörpern wurde ausgeschlossen, um sie wegen ihrer strategischen, abschreckenden Rolle nicht zu kompromittieren. Noch im Januar begann General Bernard Roberts von EUCOM mit seinen wichtigsten Untergebenen die Evaluierung möglicher libyscher Ziele und Verteidigungsanlagen. Vizeadmiral Frank B. Kelso bereitete die im Mittelmeer stationierte 6. US-Flotte für die geplanten Manöver und mögliche Offensivaktionen vor.
Operation Attain Document
26. - 30. Januar 1986
Freedom of navigation exercise als Antwort auf libysch geförderten Terrorismus (siehe Vorgeschichte). Nördlich des 32. Breitengrades (32° 30' N).
- USS Saratoga Battle Group
- USS Coral Sea Battle Group
Operation Attain Document II
12. - 15. Februar 1986
Fortgesetzte Operationen nahe libyscher Hoheitsgewässer (innerhalb der FIR von Tripoli).
- USS Saratoga Battle Group
- USS Coral Sea Battle Group
Operation Attain Document III / Operation Prairie Fire
23. - 29. März 1986
Überschreitung des 32. Breitengrades ("Todeslinie") und Eskalation. Libysche Angriffe und Implementierung der Operation Prairie Fire durch Vizeadmiral Kelso. Versenkung von 2 libyschen Kriegsschiffen und einem weiteren unbekannter Herkunft, möglicherweise syrisch.
- USS Saratoga Battle Group
- USS Coral Sea Battle Group
- USS America Battle Group
- Surface Action Group
Siehe auch
- Große Syrte
- Muammar al-Gaddafi
- Achille Lauro (Schiff) - Einige Aspekte der verwickelten Vorgeschichte
Quellen
- Daniel P. Bolger: Americans at War. 1975-1986, An Era of Violent Peace, 1988, Presidio Press, ISBN 0-89141-303-0