Ausbildungsplatzabgabe

politisches Mittel zur Steuerung des Ausbildungsplatzangebots
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Eine Ausbildungsplatzabgabe ist in Deutschland als politisches Mittel zur Steuerung des Ausbildungsplatzangebots seit den 1980er Jahren in der Diskussion. Unter ihr versteht man eine Sonderabgabe, die ein Betrieb an den Staat oder eine noch einzurichtende Stelle abführen muss, wenn der Betrieb nicht genügend Auszubildende beschäftigt. Das Geld, abzüglich des erforderlichen Verwaltungsaufwandes, soll der Subventionierung von Ausbildungsplätzen dienen.

Aktion der Gewerkschaftsjugend Hamburg

Diese Diskussion nimmt regelmäßig an Heftigkeit zu, wenn das Angebot an Ausbildungsplätzen knapp wird im Verhältnis zu ausbildungswilligen Jugendlichen (Ausbildungsquote), so auch 2003/2004.

Andere Bezeichnungen für Ausbildungsplatzabgabe: Ausbildungsabgabe, Ausbildungsplatzumlage, Azubi-Abgabe, Ausbildungsumlage und Lehrstellenumlage, "Berufsausbildungssicherungsabgabe".

Hintergrund

Blieben Anfang der 1990er Jahre noch regelmäßig mehr als 100.000 Ausbildungsplätze pro Jahr unbesetzt, so ist diese Zahl bis zum 30. September 2003 auf 14.840 gefallen. Diesen offenen Stellen standen 35.015 Lehrstellenbewerber gegenüber, die keine Lehrstelle gefunden haben. Es wird befürchtet, dass mit Eintritt der Schulabgänger des Jahres 2004 in den Arbeitsmarkt sich dieses Missverhältnis noch beträchtlich verschlimmern wird. Da viele Unternehmen aufgrund der wirtschaftlichen Situation nur wenige oder gar keine Lehrstellen anbieten können, werden Überlegungen angestellt, ausbildende Betriebe gegenüber nicht ausbildenden besser zu stellen.

Ziel

Ziel einer Ausbildungsplatzabgabe ist es, durch einen finanziellen Anreiz mehr Unternehmen zur Ausbildung von Lehrlingen zu motivieren. Bei einer verstärkten Ausbildung in den Betrieben könnte auch die durch den Staat organisierte Ausbildung wieder zurückgefahren werden, zu der sich der Staat veranlasst sieht, um dem Manko an Ausbildungsplätzen entgegenzuwirken. So könnte auch das duale System der Berufsausbildung in Deutschland wieder gestärkt werden. Durch die Einführung einer Ausbildungsplatzabgabe könnten sich Unternehmen auch nicht mehr ohne eigene Nachteile aus der Ausbildung zurückziehen - sie würden dann zumindest die Ausbildung in anderen Unternehmen mitfinanzieren, von der sie schließlich auch profitieren.

Ausgestaltung

Die Idee ist, die Anzahl der benötigten Lehrstellen eines Jahres festzustellen und aufgrund dieser Zahl jedem Betrieb eine Quote zuzuweisen, die er ausbilden müsste. Hat ein Betrieb weniger Auszubildende, als dieser Quote entsprechen, so muss er entsprechend in einen Ausbildungsfonds einzahlen. Aus diesem Fonds sollen dann die Betriebe unterstützt werden, die mehr Auszubildende eingestellt haben, als ihrer Quote entspräche. Zur Vermeidung von Härtefällen bei Kleinbetrieben soll diese Regelung nur für Betriebe mit mindestens zehn Beschäftigten gelten.

Bedenken

Neben den allgemeinen volkswirtschaftlichen Nachteilen, die Abgaben und Steuern mit sich bringen ist dieser Ansatz zur Steuerung des Ausbildungsplatzangebots ausgesprochen umstritten.

Kritiker der Umlage weisen darauf hin, dass eine solche Aktion zusätzlichen Verwaltungsaufwand seitens der beteiligten Behörden und aller Unternehmen bedeuten würde, der letztlich die Ausbildungskosten in die Höhe treibt.

Daneben wird befürchtet, dass sich Unternehmen mit Hilfe dieser Regelung von der Ausbildung freikaufen und darauf vertrauen, dass andere Unternehmen und gegebenenfalls der Staat diese Ausbildung übernehmen. Bei wirtschaftlichen Verhalten der Akteure ist dies aber nicht zu erwarten. Dies zeigt auch die Reaktion auf die drohende Einführung, die zur Schaffung von Ausbildungsplätzen führte.

Viele Wirtschaftsexperten befürchten, dass eine Ausbildungsplatzabgabe die Kosten für Unternehmen in Deutschland erhöhen und manche so zum Verlagern von Betriebsstätten bringen könnte. Dadurch würde die Zahl der Arbeitsplätze in Deutschland abnehmen. Dies ist aber ein Argument das ständig bei jeder Gelegenheit herangezogen wird. Tatsächlich verlagern weniger Unternehmen deutsche Arbeitsplätze in das Ausland als allgemein angenommen und weiter machen viel dieser wenigen Unternehmen auch noch schlechte Erfahrungen damit.

Politische Situation

Während die Gewerkschaften für eine Ausbildungsplatzabgabe sind, sind CDU und Unternehmerverbände strikt dagegen. Die SPD ist momentan über diese Frage zerstritten, allerdings ist die Umlage seit dem Kölner Parteitag 1996 Beschlusslage der Partei.

Im März 2004 wurde bekannt, dass selbst die Gewerkschaften, die seit langem vehement für eine Einführung einer Ausbildungsplatzabgabe eintreten, ihren eigenen Forderungen nicht gerecht werden. Bei einer Umfrage unter mehreren Gewerkschaften erreichte nur eine einzige mehr als die von den Gewerkschaften selbst geforderte Ausbildungsquote von 7 %. Von den 4000 Beschäftigten der Gewerkschaft ver.di waren gar nur 16 Personen Auszubildende, was einer Quote von 0,4 % entspricht; ein Sprecher von ver.di sagte gegenüber dem Spiegel, man zahle die Abgabe und unterstütze so die Ausbildung in den Betrieben.

Am 7. Mai 2004 wurde die Ausbildungsplatzabgabe im Bundestag mit den Stimmen der Regierungskoalition verabschiedet. Bundeswirtschaftsminister Wolfgang Clement blieb der Abstimmung aus Protest fern. In der beschlossenen Form des Gesetzes ist es allerdings unklar, ob die Ausbildungsabgabe tatsächlich in Kraft treten wird, da einige Klauseln großen Interpretationsspielraum lassen.

Siehe auch

Nationaler Pakt für Ausbildung und Fachkräftenachwuchs