Die Meerwasser- oder Seewasseraquaristik beschäftigt sich mit der Haltung mariner Organismen und unterscheidet sich von der Süßwasseraquaristik vor allem durch den erhöhten Salzgehalt des Wassers.

Riffbarsche und Lederkoralle
Meerwasser
Natürliches Meerwasser ist eine Lösung der Ionen verschiedener Salze (v.a. Kochsalz, Magnesiumsulfat, Magnesiumchlorid, Calciumchlorid und Natriumhydrogencarbonat) . Der durchschnittliche Salzgehalt liegt bei ca. 3,4% (34 g/L), wobei im Einzelfall auch Abweichungen möglich sind (Rotes Meer bis zu 4.2 %). Für aquaristische Zwecke wird Seewasser meist hergestellt, in dem man Leitungswasser durch Umkehrosmose reinigt und mit Meersalzmischungen versetzt. Zoos und öffentliche Großaquarien, die an der Küste liegen, verwenden auch manchmal natürliches Meerwasser, wenn es sauber genug ist. Mit einem Aräometer oder einem Refraktometer kann der Salzgehalt kontrolliert werden.
Korallenriffaquarium
Das Korallenriffaquarium ist heute die bei Privatleuten meistverbreitete Meerwasseraquarienart. Fortschritte im Verständnis des Ökosystems Korallenriff und technischer Fortschritt ermöglichen es heute, sich einen winzigen Ausschnitt aus der bunten Welt der Riffe nach Hause zu holen. Fische, wirbellose Tiere und die notwendige Technik werden über Fachhändler vertrieben.
Technik
Ein Korallenriffaquarium sollte nicht zu klein sein. Das für Einsteiger in die Süßwasseraquaristik übliche Format von 60 Litern ist zu klein. Ein Volumen von 250 bis 300 Litern ist die Mindestgröße für eine sinnvolle Seewasseraquaristik. Das größere Volumen hilft auch schnelle Änderungen von Wasserwerten wie Dichte, PH-Wert, Kalziumgehalt usw. zu vermeiden und trägt zur Stabilität bei. Es gibt verschiedene Methoden, ein Meerwasseraquarium zu betreiben, z.B. das Berliner System, Jaubert-System, Deep Sand Bed, Zeovith-Methode, Miracle Mud oder Algenrefugium. Sie alle dienen vor allem dem Nährstoffabbau. Klassische Filter wie in der Süßwasseraquaristik haben sich nicht bewährt. Meistens übernehmen ein Eiweißabschäumer und lebende Steine die Funktion der Filter.
Alle Riffaqarien brauchen eine starke Beleuchtung, da die Korallen in Symbiose mit einzelligen Algen, den Zooxanthellen leben. Diese erzeugen durch Photosynthese aus Kohlendioxid und Wasser Sauerstoff und organische Verbindungen, die der Ernährung der Korallen dienen. Heute werden Halogenstrahlern (HQI), optional mit blauen T5- oder T8-Leuchten kombiniert, oder reine moderne T5-Leuchten verwendet.
Außerdem ist eine starke Wasserbewegung nötig, für die Strömungspumpen eingesetzt werden. Das Aquarienwasser sollte mindesten zehn mal in der Stunde komplett umgewälzt werden. Die Strömung ist notwendig, damit das Wasser durch die lebenden Steine diffundiert, und damit die Stoffwechselprodukte der sessilen Korallen abtransportiert werden.
In Korallenriffaquarien sollt eine Temperatur von 24 bis 28°C herrschen. Oft erzeugen die Pumpen sowie die Beleuchtung so viel Abwärme, das eine zusätzliche Stabheizung wie in der Süßwasseraquaristik nicht nötig ist. In den Sommermonaten haben viele Steinkorallenfreunde Probleme mit der Wassertemperatur. Sie sollte 30°C nicht übersteigen.
Fische
Heute werden in mit Korallen besetzten Riffaquarien vor allem Korallenfische wie Riffbarsche, die zu ihnen gehörenden Anemonenfische, Grundeln, Lippfische oder Zwergkaiserfische gehalten. Doktorfische findet man fast in jedem Riffaqarium. Besonders beliebt ist der Gelbe Segelflossendoktor. Sie sollen als Pflanzenfresser die Algen kurz halten, die bei übermäßigem Wachstum Korallen überwuchern können. Man sollte sie aber nur in Aquarien ab 500 Liter, große Arten in Aquarien ab 1.000 Liter halten. Zwergkaiserfische, Kammzahnschleimfische und algenfressende Wirbellose wie einige Einsiedlerkrebse und Schnecken können in kleineren Aquarien die Algen kurz halten. In reinen Fischaquarien können auch Falterfische, Drückerfische oder Feilenfische, die sich oft an Wirbellosen vergreifen, gehalten werden.
Fast alle gehandelten Fische sind Wildfänge, die in Korallenriffen gefangen wurden. Ausnahmen hiervon sind Anemonenfische und Zwergbarsche, die in Aquafarmen gezüchtet werden können. Eine Zucht der meisten anderen Fische ist wegen winziger Larvenstadien und deren langer, planktonischer Lebensweise bisher nicht möglich.
Wirbellose
In der Riffaquaristik werden vor allem sessile Nesseltiere wie Steinkorallen, Weichkorallen, Krustenanemonen, Scheibenanemonen gehalten. Seeanemonen sind nicht mehr so beliebt, da sie oft im Aquarium umherwandern und festsitzende Wirbellose vernesseln. Weitere aquarientaugliche Wirbellose sind Einsiedlerkrebse, Putzer- und Scherengarnelen, Riesenmuscheln, Schlangensterne, Federwürmer und Kalkröhrenwürmer.
Besonders bei den Nesseltieren kann der Aquarienfreund auf ein breites Angebot nachgezüchteter Tiere zurückgreifen. Einige Züchter haben sich darauf spezialisiert besonders farbige Steinkorallen zu vermehren. Auch Garnelen und einige Einsiedlerkrebse kann man inzwischen im Aquarium vermehren.
Weitere Aquarientypen
Für die Haltung von marinen Tieren die nicht in Korallenriffen leben gibt es weitere Typen von Meerwasseraquarien.
Nordseeaquarium
In einem Nordseeaquarium werden Fische und Wirbellose aus der Nordsee gehalten. Da sie nicht im Handel sind, müssen die Bewohner vom Aquarianer selber gefangen oder von Fischern bezogen werden. Die Temperatur eines Nordseeaquarium muß zwischen 10°C im Winter und nicht mehr als 20°C im Sommer betragen. Das lässt sich meist nur durch ein Kühlaggregat verwirklichen. Während es in öffentlichen Schauaqarien oft Nordseeaquarien gibt, sind sie bei Privatleuten sehr selten.
Mittelmeeraquarium
Ähnliches gilt für die Haltung von die Bewohnern des Mittelmeeres. Man muß sie selber fangen. Hier kann die Temperatur im Sommer bis zu 24°C steigen. Es gibt viele öffentliche Schauaqarien, die Mittelmeertiere zeigen, bei Privatleuten wurden sie fast vollständig von den farbigeren Bewohner tropischer Meere verdrängt.
Mangrovenaquarium
Im Mangrovenaquarium werden Bewohner der Mangrovenzone gehalten. Oft leben die Tiere amphibisch, halb an Land. Schlammspringer, andere im Flachwasser lebende Grundeln, Winker- und Landkrabben sind typische Bewohner. Das Aquarium kann mit Setzlingen der Roten Mangrove (Rhizophora mangle) bepflanzt werden. Dieser Aquarientyp lässt sich auch als Brackwasseraquarium verwirklichen.
Aquarium für Großfische
In öffentlichen Aquarien und Zoologischen Gärten werden oft attraktive Großfische wie Haie, Rochen, Muränen, Zackenbarsche, Schnapper oder Stachelmakrelen gehalten. Bei sehr großen Anlagen können die Besucher oft in einem gläsernen Tunnel durch das Aquarium laufen. Es sind erhebliche technische Aufwendungen nötig um das Wasser sauber zu halten. Dazu zählen sehr große Eiweißabschäumer, Rieselfilter und Sandfilter.
Tiefseeaquarium
In einigen wenigen öffentlichen Aquarien wie dem Zooaquarium Berlin kann man Fische aus größeren Tiefen der Weltmeer sehen. Die Becken sind dunkel oder nur sehr wenig beleuchtet, so daß man nur die funkelnden Leuchtorgane der Tiefseefische sieht. Die in der Natur in Tiefen bis 400 Meter lebenden Tannenzapfenfische gehören zu den wenigen deren Haltung bisher möglich ist. Im Zoo Rotterdam gibt es seit neuestem ein Aquarium für die Haltung von Tiefsee-Gorgonien.
Literatur
- S. A. Fosså, & A. J. Nilsen: Korallenriff-Aquarium, Band 1 bis 6, Birgit Schmettkamp Verlag, Bornheim.
- Meerwasser Atlas, Band 1 bis 7, Mergus Verlag
- J. Ch. Delbeek, Julian Sprung: Das Riffaquarium, Band 1 und 2, Dähne
- Daniel Knop, Riffaquaristik für Einsteiger, 2005, Dähne, ISBN 3-9351-7526-4
- Rüdiger Latka, Das Riffaquarium Praxis für Neueinsteiger, 2005, Rüdiger Latka Verlag, ISBN 3-9810-5700-7