Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb

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Das Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb ist ein von der (deutschen) Rechtsprechung im Rahmen des § 823 I BGB entwickeltes sonstiges absolutes Recht. Es umfasst alles, was in seiner Gesamtheit den wirtschaftlichen Wert eines Betriebes ausmacht. Dazu gehören zum Beispiel: Bestand, Erscheinungsform, Tätigkeitskreis und Kundenstamm.

In Abgrenzung zu den sonstigen absoluten Rechten ist es ein sogenanntes Rahmenrecht: Die Rechtswidrigkeit einer Verletzung dieses Rechts anhand einer umfassenden Güter- und Interessenabwägung muss positiv festgestellt werden, und der Eingriff muss auf den Betrieb bezogen sein. Diese Einschränkungen sind nötig, um den sehr weiten Anwendungsbereich einzugrenzen. Die Rechtswidrigkeit ist insbesondere dann gegeben, wenn das schadensursächliche Verhalten als solches gegen Gebote der gesellschaftlichen Rücksichtnahme verstieß (Palandt, 71. Auflage, § 823, Rn. 25). Die Betriebsbezogenheit ist dann gegeben, wenn eine unmittelbare Schädigung vorliegt und sich der Eingriff spezifisch gegen den betrieblichen Organismus oder die unternehmerische Entscheidungsfreiheit richtet.

Nötig ist auch, dass der Eingriff über eine bloße Belästigung oder sozialübliche Behinderung hinausgeht. Ferner ist das Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb als Rahmenrecht immer subsidiär, also nachrangig zu prüfen, wenn keine andere Verletzung eines sonstigen absoluten Rechts in Betracht kommt.

Anerkannte Fallgruppen von Eingriffen in das Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb sind:

  • unberechtigte Schutzrechtsverwarnungen;
  • Boykott von Geschäften;
  • schädigende Werturteile oder Verbreitung abträglicher wahrer Tatsachen.

Nach Ansicht des BGH (BGHZ 111,349,356) und des BVewG (BVerwGE 81,49 (54) erfasst Art. 14 GG auch das Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb. Das BVerfG hat diese Frage bisher ausdrücklich offen gelassen (vgl. BVerfG NJW 2005,589,590).