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Kronland (Österreich)

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Kronländer hießen 1804–1867 die Teilgebiete des Kaisertums Österreich als Einheitsstaat und 1867–1918 der westlichen Reichshälfte der Österreichisch-Ungarischen Monarchie. Es waren die historischen Länder, die die Habsburger im Laufe von Jahrhunderten in Mitteleuropa erworben und in Personalunion regiert hatten. Beginnend mit dem 16. Jahrhundert waren die habsburgischen Länder einem fortschreitenden Integrations- und Staatsbildungsprozess unterworfen, an dessen vorläufigem Ende 1804 das Kaisertum Österreich proklamiert wurde.

Überblick

Struktur vor 1867

Die Kronländer der Donaumonarchie hatten bis 1861 im Gegensatz zu den Gliedern heutiger Bundesstaaten (Republik Österreich, USA, Bundesrepublik Deutschland) keine verfassungsmäßig festgeschriebenen Rechte der Mitwirkung an der Politik des Kaisertums als Gesamtstaat; diese Mitwirkung wurde vom Kaiser jeweils zugestanden oder nicht. Ihre eigenen Landesparlamente und Landesämter mit historisch gewachsenen politischen und rechtlichen Besonderheiten stammten noch aus dem von der Aristokratie dominierten Feudalsystem. Die Einwohner waren Untertanen des Landesherrn, keine Staatsbürger im modernen Sinn. Auf Grund ihrer jahrhundertelangen eigenständigen Geschichte waren die Kronländer aber mehr als bloße Verwaltungsbezirke. Die österreichische Staatswissenschaft hat dafür im 19. Jahrhundert den Begriff der historisch-politischen Individualitäten geprägt.

1861 erließ der Kaiser die in der Geschichtsschreibung Februarpatent genannte Verfassung, in deren Anhang für jedes Kronland eine eigene Landesordnung bestimmt wurde. Nach dem Ausscheiden Ungarns aus dem Kaisertum Österreich durch den Ausgleich von 1867 wurde die staatsrechtliche Struktur in der Dezemberverfassung angepasst.

Struktur 1867–1918

Nach dem Österreichisch-Ungarischen Ausgleich von 1867, der die Verfassung der Habsburgermonarchie auf eine neue Grundlage stellte, galten das Königreich Ungarn (samt dem 1866 mit Ungarn voll vereinigten Großfürstentum Siebenbürgen) und das zur ungarischen Krone gehörige Königreich Kroatien und Slawonien nicht mehr als Kronländer (der Begriff wurde nur in Cisleithanien weiter verwendet). Die Länder der heiligen ungarischen Krone, kurz Transleithanien genannt, bildeten nun einen eigenen Staat, der mit dem Rest des Kaisertums Österreich (kurz Cisleithanien, offiziell: Die im Reichsrat vertretenen Königreiche und Länder, ab 1915 Österreichische Länder) im Sinn einer Realunion bis 31. Oktober 1918 den Monarchen, das Heer, die Kriegsmarine, die Außenpolitik und die Währung gemeinsam hatte.

Cisleithanien erhielt im Dezember 1867 die so genannte Dezemberverfassung, bis 1918 rechtliche Grundlage des Staates. Die cisleithanischen Kronländer hatten gemäß dem Gesetz vom 19. Mai 1868 über die Einrichtung der politischen Verwaltungsbehörden Landeschefs, die vom Monarchen als Vertreter seiner Person und der kaiserlichen Regierung bestellt wurden (§ 2 des Gesetzes).[1] In Salzburg, Kärnten, Krain, Österreichisch-Schlesien und der Bukowina trugen die Landeschefs gemäß § 5 des Gesetzes[1] den Titel Landespräsident und standen einer Landesregierung vor, in den anderen Kronländern trugen sie den Titel (k. k.) Statthalter und standen einer Statthalterei vor. Die Funktion war die gleiche: den Verwaltungsapparat zu führen und die Politik der Regierung in Wien umzusetzen, an deren Weisungen die Landeschefs gebunden waren.

Unter Aufsicht des Landeschefs nahm der Landesausschuss (der Exekutivausschuss des Landtages) im Einvernehmen mit dem Landtag die autonomen Agenden des Landes wahr. Die Landtage waren bis 1848 traditionelle Ständeversammlungen, sie wurden nach der Revolution 1848 von der kaiserlichen Regierung aufgelöst und erst nach 1860 in neuer Form einberufen. Seitdem hatten einige Mitglieder ihren Sitz qua Amt (beispielsweise Bischöfe), andere wurden gewählt. Es galt dabei aber kein allgemeines und gleiches Wahlrecht, sondern eine Mischung aus Privilegien- und Zensuswahlrecht für Männer. Ein Beispiel ist der Dalmatinische Landtag.

Nicht vollzogener Umstrukturierungsplan 1918

Im Rahmen des am 9. Februar 1918 mit der Ukraine geschlossenen „Brotfriedens“ von Brest-Litowsk hatte sich Österreich-Ungarn verpflichtet, bis zum 31. Juli 1918 den mehrheitlich von Ukrainern bewohnten Ostteil Galiziens mit der Bukowina zu einem separaten autonomen Kronland zusammenzufassen. Der Plan wurde nicht umgesetzt, am 4. Juli 1918 kündigte Österreich-Ungarn das Abkommen.

Die österreichischen Kronländer von 1867 bis 1918

1. Königreich Böhmen
2. Herzogtum Bukowina
3. Herzogtum Kärnten
4. Herzogtum Krain
5. Königreich Dalmatien
6. Königreich Galizien und Lodomerien
7. Gefürstete Grafschaft Görz und Gradisca, Markgrafschaft Istrien und Reichsunmittelbare Stadt Triest
8. Erzherzogtum Österreich unter der Enns
9. Markgrafschaft Mähren
10. Herzogtum Salzburg
11. Herzogtum Ober- und Niederschlesien
12. Herzogtum Steiermark
13. Gefürstete Grafschaft Tirol
14. Erzherzogtum Österreich ob der Enns
15. Land Vorarlberg (seit 1861 eigener Landtag, von Tirol mitverwaltet)
Karte Österreich-Ungarns

Unter Plannummer 7 sind hier drei 1861 gebildete Kronländer zusammengefasst, die zuvor seit 1852 das Österreichische Küstenland gebildet hatten; gemeinsam blieb hier nur mehr der Statthalter, der in Triest residierte. Da es sich um relativ kleine Kronländer handelte, wurde die zusammenfassende Bezeichnung Küstenland bis 1918 weiterverwendet.

Das Königreich Ungarn (Plannummer 16) und das Königreich Kroatien und Slawonien (17) waren ab 1867 keine österreichischen Kronländer mehr. Das von Österreich und Ungarn 1878–1918 über das gemeinsame Reichsfinanzministerium verwaltete, erst 1908 annektierte Gebiet Bosnien und Herzegowina (18) gehörte ebenfalls nicht zu den österreichischen Kronländern.

Siehe auch

Einzelnachweise

  1. a b RGBl. Nr. 44 / 1868 (= S. 77)

Literatur

  • Wilhelm Brauneder: Österreichische Verfassungsgeschichte. Manz, Wien 2001, ISBN 3-214-14873-7.