Das Prädikat in der syllogistischen Logik
Spätestens seit Aristoteles wird in der logischen Analyse von einfachen (kategorischen) Aussagen und Urteilen unterschieden zwischen dem, von dem etwas gesagt wird (der Gegenstand, das Subjekt), und dem, das von etwas gesagt wird (das Prädikat). Dabei meint im strengen Sinn Subjekt den Gegenstand von dem etwas gesagt wird und Prädikat das, was ihm in der Ausage zugeschrieben wird, wie z.B. eine Eigenschaft. Der Teil der Aussage, die auf den Gegenstand verweist, ist dagegen der Subjektsterm und und der Teil der Aussage, die dem Subjekt das Prädikat zuschreibt, der Prädikatsterm. Faktisch wird aber (anders als in diesem Artikel) in der Regel "Subjekt" auch im Sinne von "Subjektsterm" und "Prädikat" im Sinne von "Prädikatsterm" verwandt. Der Akt der Zuschreibung selbst ist die Prädikation.
Beispiele von einfachen Aussagen sind:
- Sokrates ist ein Mensch.
- Der Hund meines Nachbarn schläft.
- Sokrates liebt es, bei langen Weinabenden über Philosophie zu diskutieren.
In den Beispielen 1 und 3 ist Sokrates (der Mensch) das Subjekt, "Sokrates" (der erste Teil der Aussagen 1 und 2) der Subjektsterm. Im Beispiel 2 ist der Hund meines Nachbarn (das Tier, das mich jeden morgen anbellt) das Subjekt und "Der Hund meines Nachbarn" der Subjektsterm.
Beispiel 2 zeigt, daß grammatikalisches Subjekt ("Der Hund") und logisches Subjekt (genauer:Subjektsterm) nicht übereinstimmen müssen. (Grammatikalisch ist "meines Nachbarn" konstitutives Attribut zum Subjekt.)
Die Prädikate in den Beispielsätzen sind die Eigenschaften ein Mensch zu sein, zu schlafen und es zu lieben, bei langen Weinabenden über Philosophie zu diskutieren. Die Prädikatsterme sind "ist ein Mensch", "schläft" und "liebt es, bei langen Weinabenden über Philosophie zu diskutieren".
Das erst und letzte Beispiel zeigen, daß das logisches Prädikat (genauer: der Prädikatsterm) nicht mit dem grammatikalischem Prädikat ("ist" bzw. "liebt") übereinstimmen müssen. (Grammatikalisch ist "ein Mensch" ein Gleichsetzungsnominativ, "bei langen Weinabenden über Philosophie zu diskutieren" ein Akkusativobjekt.)
Als Teile einer einfachen Aussage sind Prädikatsterm und Subjektterm unvollständig und selbst keine Aussagen. Sie können nicht für sich wahr oder falsch sein.
Im Beispiel 1 ist der Prädikatsterm aus zwei Teilen zusammengesetzt: Der Kopula "ist" und dem Prädikatsnomen "der Mensch". In der Syllogistik hat es sich eingebürgert auch die Prädikate in Beispielen 2 und 3 in dieser Form zu schreiben, da sie dann im Rahmen des formalen, syllogistischem Schließens unmittelbar verwendbar sind. Also etwa:
- Der Hund meines Nachbarn ist ein Schlafender.
- Sokrates ist ein Badener.
Im weiteren Sinn können auch Relationen, also Beziehungen zwischen zwei oder mehr Gegenständen als Prädikate verstanden werden. In der Aussage "Sokrates ist ein Schüler von Platon" wäre dann die Beziehung des "Schülerseins von" (als Prädikat) von Sokrates in Bezug auf Platon ausgesagt. Prädikatsterm ist "ist ein Schüler von", "Sokrates" und "Platon" sind Gegenstandsterme. Bei dem Beispiel handelt es sich um eine Beziehung zwischen zwei Gegenständen. Das Prädikat (bzw. der Prädikatsterm) wird deshalb "zweistellig" genannt. Abhängig von der Zahl der Gegenstände zwischen denen eine Beziehung ausgesagt wird, spricht man auch von "drei-", "vier-", usw. "stelligen" Prädikaten, oder allgemeiner von "n-" oder unbestimmt "mehrstelligen".
Das Prädikat in der mathematischen Logik
Anders als die traditionelle Syllogistik untersucht die moderne mathematische Logik nicht das logische Schließen mit Hilfe normalsprachiger Sätze, sondern das Schließen in genau beschriebenen formalen Sprachen, bzw. Systemen. Für Prädikatenkalküle gehören zu den beschriebenen Ausdrücken der Sprache ein- und mehrstellige Prädikatensymbole, Prädikatenkonstanten bzw. Prädikatoren, oft geschrieben als Großbuchstaben, gefolgt von einem Klammerausdruck mit durch Komma getrennte Leerstellen. Ein einstelliges Prädikatensymbol wäre also z.B. "P( )", ein zweistelliges "S( , )". Diese Prädikatensymbole entsprechen den Prädikatstermen der syllogistischen Logik.
In der Interpretation einer formalen Sprache eines Prädikatenkalküls wird einem jeden Prädikatensymbol "P( , , ...)" eine Relation P in der Menge aller Invidividuen (Gegenstände. Entitäten) der in dieser Interpretation betrachteten Welt, dem sogenannten universe of discourse, zugeordnet. (Das universe of discourse ist also die Gesamtheit aller Gegenstände, von denen in der betrachteten Interpretation in der betrachteten Sprache die Rede ist.) Dabei werden einstellige Prädikatensymbole auch einstelligen Relationen, zweistellige Prädikatensymbole zweistelligen Relationen usw. zugeordnet.
Außerdem kann einem jedem n-stelligen Prädikatensymbol "P( , , ...)" ein Prädikat, d.h. eine Funktion P(x1, x2, ... x1) aus der Menge des Kartesischen Produkts Un in die Menge der Wahrheitswerte (Wahr, Falsch) zugeordnet werden, so daß P(x1, x2, ... xn) = Wahr genau dann, wenn für die "P( , , ...)" zugeordnete Relation P gilt: (x1, x2, ... xn) &isin P
Gegeben die Definition bzw. Konstruktion von P und P(x1, x2, ... xn) gilt für alle (x1, x2, ... xn) &isin U:
(x1, x2, ... xn) &isin P &hArr P(x1, x2, ... xn) = Wahr
Deshalb werden (x1, x2, ... xn) &isin P und P(x1, x2, ... xn) auch als gleichbedeutend verwendet.
Als einfaches Beispiel eine Dreiecksgeschichte. Das universe of discourse U besteht aus Ulrich, Heiner und Anna:
U = {Ulrich, Heiner, Anna}
Wir haben zwei Prädikatssymbole "F( )" (einstellig) und "L( , )" (zweistellig). Wir ordnen das Prädikatensymbol "F( )" der einstelligen Relation (d.h. einer Teilmenge von U) {Anna} zu. Das Prädikatensymbol "L( , )" der zweistelligen Relation {(Anna, Heiner), (Heiner, Anna), (Ulrich, Anna)}. Unsere Prädikate sind F(x) und L(x1, x2). F(x) ist genau dann wahr, wenn x = Anna. In unserer Interpretation gilt also: F(Anna).
Die weiter Entwicklung des Dramas bleibt als Übung dem Leser überlassen.