Freiburger Münster

Kirchengebäude in Freiburg im Breisgau, Kathedralkirche des r.-k. Erzbistums Freiburg
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Der Bau des Freiburger Münsters oder Münster Unserer Lieben Frau durchlief drei stilistische Bauphasen: die "konradinisch"-romanische, die "bertholdinisch"-spätromanische und die gotisch-spätgotische. Die konradinische Phase ist nach dem Zähringer Konrad III. benannt und beginnt um 1120; in diesem Jahr erhielt das schon früher gegründete Freiburg von ihm das Stadtrecht verliehen, der daher als "Stadtgründer" gilt. Von diesem ersten Bau existieren nur noch Fundamentreste. Unter dem letzten Zähringer Berthold V. begann 1210/1220 die zweite Bauphase in spätromanisch-dreischiffigem Stil mit Westturm, Querhaus, Chorapsiden und Chortürmen; hiervon sind nur noch das Querhaus und die Stümpfe dieser Türme erhalten. Die dritte um 1230 begonnene Bauphase brachte das Münster praktisch in die heutige Gestalt.

Grundriss des Freiburger Münsters

Das Münster ist die Stadtkirche von Freiburg im Breisgau und erst seit 1827 Bischofssitz. (Erzdiözese Freiburg) Somit ist die Kirche heute formell eine Kathedrale und wird nur aus Tradition noch Münster genannt. Während der Bau in einer lateinischen Urkunde vom 27. Mai 1298 noch als Pfarrkirche ("ecclesia parochialis") bezeichnet wird, erscheint die Bezeichnung Münster erstmals am 24. Dezember 1356 in einer Urkunde der Pfalzgräfin Klara von Tübingen, der Tochter des am 9. November 1356 gestorbenen Grafen Friedrich von Freiburg: "zuo Friburg in dem münster". Man hatte also den inzwischen zur Bezeichnung von Großkirchen gewordenen Namen für den gotischen Erweiterungsbau übernommen.

Architektur

 
Vorderansicht des Münsters
 
Seitenansicht
 
mit städtischer Umgebung

Der markante Turm des Münsters, vom Schweizer Kunsthistoriker Jacob Burckhardt einst als „Schönster Turm in der Christenheit“ bezeichnet, ist 116 Meter hoch.

Am Fuße des Turms ist der Bau fast quadratisch im Grundriss; die Mauern sind wuchtig und fast ohne Durchbruch. Ungefähr auf der Mitte des Turmes wird dieser von der 12-eckigen Sterngalerie umgeben. Oberhalb der Galerie setzt sich der Turm als Achteck fort. Der achteckige Teil geht über in die sog. Laterne, die auch begehbar ist. Auf dieser Höhe ist der Turm bereits vielfach durchbrochen; von dessen acht hohen Spitzbogenfenstern geben vier den Blick nach außen frei. Über der Laterne befindet sich der ebenfalls achteckige, filigrane und vielfach durchbrochene Turmhelm. Die Rippenbögen sind mit Krabben besetzt. Seine Ausdruckskraft gewinnt der Turm durch die architektonisch vollendeten, wie spielerischen Übergänge von der viereckigen über die zwölfeckige zur achteckigen Form in den Turmhelm bis zur Helmblume auf der höchsten Spitze.

Es ist der einzige derartige gotische Kirchenturm in Deutschland, der noch im Mittelalter vollendet wurde (um 1330) und seitdem fast wie ein Wunder die Zeit überdauert hat, auch den Bombenangrif vom 27. November 1944, der die Häuser in der nächsten Umgebung des Turmes zerstörte. Allerdings wurde das Gebäude durch die Erschütterungen stark in Mitleidenschaft gezogen. Dass auch der filigrane Turmhelm die Erschütterungen überstand, wird auf die Bleianker zurückgeführt, die als Verbindung der einzelnen Segmente des Turmhelmes dienen. Die Fenster waren vor dem Angriff herausgenommen worden und überstanden deshalb ebenfalls die Erschütterungen.

Zur Zeit des Münsterbaus war Freiburg kein Bischofssitz; daher besitzt die Kirche im auffallenden Kontrast zu anderen gotischen Kathedralen nur einen Turm. Zwei Türme waren allein Bischofskirchen vorbehalten. Zum Bischofssitz wurde Freiburg erst 1827.

Berthold V., der letzte Herzog der Zähringer († 1218), wollte eine angemessene Grabstätte schaffen und den konradinischen Bau, die zu klein gewordene Pfarrkirche aus der Gründungszeit der Stadt, ersetzen. Anfänglich wurde mit dem Bau im spätromanischen Stil, nach dem Vorbild des Basler Münsters, begonnen. Davon sind heute noch das Querschiff und die Stümpfe der Seitentürme erhalten. Ab ca. 1230 wurde der Bau aber im neuen Stil der französischen Gotik fortgesetzt mit dem Langhaus und dem Turm. Anschließend wurde der spätgotische Chor mit Kapellenkranz errichtet, zu dem am 24. März 1354 der Grundstein gelegt wurde (mit mittelhochdeutschem Text: „von gottes geburt mcccliiii jar an unser frowen abent in der uasten leit man den ersten stein an disen kor“). Nach einer Bauunterbrechung von ca. 100 Jahren wurde der Chor 1513 vollendet; erst kurz zuvor hatte man um 1475 den spätromanischen Chor abgebrochen, um den herum der neue Chor gebaut worden war. Im 16. Jahrhundert wurde an die Südfassade des romanischen Querschiffs die Renaissancevorhalle angefügt. Besonders beachtenswert ist die Zahl an bizarren Wasserspeiern, die nur an wenigen anderen gotischen Kirchen ihresgleichen hat.

Der Turm beherbergt 16 Glocken, die älteste ist die "Hosanna"-Glocke aus dem Jahr 1258, sie wiegt 3290 kg und ist eine der ältesten erhaltenen Glocken in dieser Größe. Den Glockenklang der Hosanna kann man donnerstagabends nach dem Angelus, freitags um 11.00 Uhr (deshalb „Spätzleglocke“), samstagabends und an jedem 27. November hören.

Innenausstattung

 
Im Freiburger Münster
 
Eines der Fenster des Freiburger Münster (Juli 2004)

Die bedeutendsten Stücke sind der Hochaltar von Hans Baldung Grien und ein Altar von Hans Holbein dem Jüngeren in einer der Chorkapellen.

Die Fenster wurden von den Handwerkszünften gestiftet, deren Symbole wie Brezel, Stiefel usw. sich auf ihnen wiederfinden. Seit 2003 wird der Chor in der Fastenzeit mit dem Fastentuch von 1612 verhängt. Dieses wurde restauriert und mit einem stützenden Stoff versehen. Es muss deshalb zukünftig mit einem Schwertransporter aus der Werkstatt ins Münster gebracht werden, da es ein Gewicht von über einer Tonne aufweist.

Im Chor befindet sich das vom Bildhauer Johann Christian Wentzinger entworfene Grabmal des habsburgischen Generals v. Roth. Frisch renoviert präsentiert sich seit November 2004 die gotische Portalhalle im Westturm in neuem Glanz. Sie zeigt auf dem Tympanon eine Weltgerichtsdarstellung, die um Szenen aus dem Leben Jesu (Geburt und Passion) erweitert ist. Im Mittelpunkt steht Christus als barmherziger Richter. Die Archivolten zeigen wichtige Figuren des Alten Bundes und weisen so auf die Kontinuität von Altem und Neuem Bund hin. Das Portalgewände ist von einem Marienzyklus besetzt, in dessen Zentrum eine großartige Mariendarstellung auf dem Trumeaupfeiler des Portals steht. Bei der Renovierung und Säuberung der Figuren wurde bewusst der Zustand der vorangegangenen Renovierung aus den 90er Jahren des 19. Jahrhunderts wieder hergestellt, für die damals der Freiburger Glasmaler und Künstler Fritz Geiges verantwortlich war.

Die rechtliche Situation

In Bezug auf die rechtliche Situation ist das Freiburger Münster eine Besonderheit. Von Beginn an gehörte das Münster nicht der Kirche. Der Bau wurde von der Freiburger Bürgerschaft vorangetrieben. Im Mittelalter änderte sich die Lage dergestalt, dass das Münster quasi "sich selbst" gehörte. Verwaltet wurde der Bau durch einen von der Stadt bestellten Münsterpfleger. In der Neuzeit wurde der Münsterbauverein gegründet, der auch rechtlich gesehen Eigentümer des Münsters ist.

Denkmalpflege

Zur Erhaltung des Münsters wurde 1890 der Freiburger Münsterbauverein gegründet. Der Verein muss im Jahr mehrere Millionen Euro aufbringen um das Freiburger Münster zu sichern und zu erhalten. Derzeitige Münsterbaumeisterin (Stand: Nov. 2005) ist die Architektin Yvonne Faller. Vorsitzender des Vereins ist Regierungspräsident Sven von Ungern-Sternberg.

Im Gebäude der Alten Münsterbauhütte betreibt der Verein einen kleinen „Münsterladen“.

Physik im Freiburger Münster

 
Physik im Freiburger Münster: Messingeinlassungen unterhalb der Turmspitze

Wer mit offen Augen durch das Freiburger Münster läuft, kann durchaus etwas über Physik lernen. Unterhalb des Glockenturms sind im Boden zwei Messingpunkte eingelassen. Deren größerer ist der Punkt, der sich, geometrisch gesehen, direkt senkrecht unterhalb der Turmspitze des Glockenturms befindet. Der kleinere Punkt ist der, an dem ein Gegenstand auftreffen würde, wenn man ihn direkt von der Spitze des Turmes fallen lassen würde. Die Diskrepanz zwischen dem geometrischen Punkt und dem Aufschlagspunkt entsteht durch die Erdrotation.

Siehe auch