Basisdaten | ||||||
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Hochschulort: | München, Deutschland | |||||
Gründung: | 7. Februar 1848 in München | |||||
Verband: | Deutsche Burschenschaft (DB) | |||||
Farben: | Weiß-Grün-Rosa
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Webseite: | danubia.de |
Die Burschenschaft Danubia München ist eine pflichtschlagende Burschenschaft (Studentenverbindung) mit Sitz in München. Die Danubia ist Mitglied im Dachverband Deutsche Burschenschaft und gehörte vor dem Ersten Weltkrieg bereits dessen Vorgängerorganisationen an. In der Öffentlichkeit wird sie häufig mit dem rechtsextremen Spektrum in Zusammenhang gebracht.[1]
Allgemeines
Die Burschenschaft Danubia ist ein Lebensbund, in dem Studenten nach ihrem Studienabschluss Mitglied der Altherrenschaft der Burschenschaft werden, die die jungen Studenten (Aktivitas) finanziell und ideell unterstützt (umgekehrter Generationenvertrag). Außerdem ist sie nach dem Conventsprinzip organisiert, d. h. Entscheidungen werden in Abstimmungen und Wahlen getroffen, wobei die Mehrheit entscheidet.
Die Danubia trägt die Farben Weiß-Grün-Rosenrot mit silberner Perkussion, weiße Mützen im Münchner Tellerformat, und führt den Wahlspruch „Frei in Rede, kühn in Tat!“. Sie verlangt von ihren Mitgliedern das Schlagen von drei genehmigten Mensuren.
Historische Entwicklung
Die Gründung
Die Burschenschaft Danubia wurde am 7. Februar 1848 im Zuge der Auseinandersetzungen um die Tänzerin Lola Montez und König Ludwig I. (Bayern) gegründet. Sie war damals Teil der bürgerlich-revolutionären Bewegung von 1848 und musste sich wegen ihrer Beteiligung an der Revolution in München am 1. Mai 1853[2] zeitweilig auflösen. Schon zuvor war der erste Sprecher der Danubia wegen Hochverrats verhaftet worden, das Verfahren wurde jedoch später eingestellt. 1871 wird einer der einstigen Revolutionäre, Nepomuk Fäustle, schließlich königlich bayerischer Justizminister.
1874 gründeten Passauer und Straubinger Abiturienten eine zwanglose Vereinigung Passavia, die sich im Wintersemester 1875/76 in Danubia umbenannte und welche die gleichen Farben und den gleichen Zirkel wie die ursprüngliche Danubia trug und deren Ideale vertrat; ab dem 23. Mai 1877 nannte sich die Danubia Burschenschaft.[3]
Die Zeit bis ins Jahr 1945
1877 wurde sie in den Eisenacher Deputierten-Convent (EDC) aufgenommen[4] und wechselte 1881 zum Allgemeinen Deputierten-Convent (ADC)[3], aus dem später die Deutsche Burschenschaft hervorging. Für einige Jahre trat die Danubia aus dem ADC aus und gehörte in den Jahren 1883 bis 1886 keinem Dachverband an.[3] 1890 schlossen sich die Mitglieder der Danubia von 1848 als Alte Herren der neuen Burschenschaft Danubia an.[3] 1898 erfolgte die endgültige Aussöhnung mit dem Haus Wittelsbach, als Prinz Ludwig von Bayern (später Ludwig III. (Bayern)) das 50. Stiftungsfest der Burschenschaft besuchte.
Im Ersten Weltkrieg fielen 30 Bundesbrüder.[5] 1919 waren Mitglieder der Danubia an der gewaltsamen Niederschlagung der Münchner Räterepublik in Bayern beteiligt, auch gehörten viele Danuben dem Freikorps "Epp" an. Am 10. Januar 1920 gründete die Danubia zusammen mit weiteren Burschenschaften die Rote Richtung. 1923 traten alle Mitglieder der freien Verbindung Avaria zur Danubia über.[5] Mit Walther Schmadel stellte sie 1927–29 den Vorsitzenden des damaligen AStA-Dachverbands Deutsche Studentenschaft.[6]
1935 löste sich die Danubia erzwungenermaßen selbst auf, da sie sich der Eingliederung in den Nationalsozialistischen Deutschen Studentenbund widersetzte und vor allem das damit verbundene Führerprinzip strikt ablehnte. Im Verlauf des Zweiten Weltkriegs fielen 44 Bundesbrüder.[5]
Die Nachkriegszeit
Ab April 1946 kam es erneut zu regelmäßigen Treffen der ehemaligen Danuben in München.[5] 1949 gründete sich die Burschenschaft Danubia wieder und nahm noch im selben Jahr den Aktivbetrieb auf. Am 15. Juni 1950 war sie an der Wiederbegründung der Deutschen Burschenschaft beteiligt.[5] 1953 wurde sie durch den akademischen Senat in das Verzeichnis der an der Universität München bestehenden Vereinigungen aufgenommen.
In den 1960er Jahren waren mehrere Mitglieder der Danubia aktiv am Südtirolkampf beteiligt. Am 15. Juli 1961 wurde auf dem Haus der Danubia die Burschenschaftliche Gemeinschaft (BG) gegründet. 1967 errang sie zusammen mit anderen Korporationen zum letzten mal die Mehrheit im AStA.
Die Burschenschaft Danubia hatte bisher dreimal (1930, 1955, 1977) den Vorsitz der Deutschen Burschenschaft inne.
Aktivitäten
Bogenhausener Gespräche
Seit den 1980er Jahren veranstaltet die Burschenschaft Danubia regelmäßig die Bogenhausener Gespräche in ihrem Verbindungshaus in München-Bogenhausen. Bei diesem Gesprächen waren neben Auschwitzleugnern wie Wilhelm Stäglich (Autor des Buches „Der Auschwitz-Mythos“) österreichische wie deutsche Rechtsextremisten eingeladen (z. B. Pierre Krebs, Günter Deckert).[7]
Kontakte zur Neuen Rechten
Die Burschenschaft Danubia ist seit längerem wegen Kontakten zur Neuen Rechten umstritten. Im Juli 1961 wurde die als rechtsgerichtet geltende Gruppierung „Burschenschaftliche Gemeinschaft“ innerhalb der Deutschen Burschenschaft im Haus der Danubia gegründet.
In den 70er Jahren waren einige Mitglieder der Danubia gleichzeitig in der NPD-Studentenorganisation „Nationaldemokratischer Hochschulbund“ (NHB) aktiv. Am 21. Juli 1977 überfielen 20 Neonazis unter Führung eines NPD-Funktionärs mehrere Studenten vor der Universität München, um der Burschenschaft einen Platz vor der Mensa zu sichern. Im Gerichtsverfahren 1979 kam heraus, dass die gewaltbereite Gruppe aus Regensburg auf Anforderung der Danubia als sogenannte Schutztruppe für einen Infostand anreiste.[8] Die Zeitschrift Der Spiegel und mehrere Münchner Tageszeitungen berichteten über den Vorfall.
1989 wurde der „Republikanische Hochschulverband“ (RHV), der Studentenverband der Partei Die Republikaner, ebenfalls im Haus der Danuben gegründet. 1998 erregte im Rahmen der Bogenhausener Gespräche ein Vortrag von Bernd Rabehl unter dem Titel „Dreißig Jahre nach 68 – Wege das geistige Vakuum in Deutschland zu überwinden“ bundesweites Aufsehen.
Die Burschenschaft verweist darauf, dass seit Jahren kein Mitglied der Aktivitas Mitglied der NPD sei, aber einige der CSU, FDP oder vereinzelt der SPD[9] angehörten.[10] So hat sich z. B. der ehemalige Leipziger Juso-Vorsitzende[11] und jetzige Alte Herr Sascha Jung erfolgreich bei Gericht wieder in die SPD eingeklagt.[12]
Beobachtung durch den Verfassungsschutz 2001 bis 2006
Im Januar 2001 fand der flüchtige Christoph Schulte im Haus der Danubia Unterschlupf, nachdem er als Haupttäter bei einem ausländerfeindlichen Überfall mit rechtsextremem Hintergrund einen Griechen schwer verletzt hatte.[13] Ein Mitglied einer anderen Burschenschaft hatte ihn damals unmittelbar nach der Tat zum Haus der Danubia gefahren, von wo aus ihm die Flucht in die Niederlande gelang, nachdem es die Polizei am Folgetage versäumt hatte, diesen trotz persönlichen Vorsprechens unmittelbar in Gewahrsam zu nehmen. Er konnte sodann erst drei Wochen später von den Ermittlern in den Niederlanden aufgespürt werden. Auch ein Mitorganisator der Geburtstagsfeier, an deren Rande der Übergriff stattfand, war zu diesem Zeitpunkt Mitglied der Danubia. Ein Verfahren gegen ihn wurde allerdings später mangels Beweises eingestellt. Die Burschenschaft Danubia bestreitet bis heute, in der betreffenden Nacht von der Schlägerei gewusst zu haben. Weder gegen die Burschenschaft selbst, noch gegen Einzelmitglieder wurde ein Ermittlungsverfahren angestrengt. Gegen anderslautende Berichte in den Medien ging die Burschenschaft Danubia bereits mehrfach juristisch vor und erhielt Recht; zuletzt in einem Verfahren gegen die Frankfurter Rundschau. Diese Vorgänge und die dadurch verursachten negativen Medienberichte im Jahr 2001 haben die Burschenschaft Danubia zu einer der bekanntesten Burschenschaften im deutschsprachigen Raum gemacht. Dieser Umstand hat ihr aber weder in ihrem Dachverband noch in Hinblick auf ihren Nachwuchs geschadet, obwohl die Aktivitas der Danubia 2001 erstmals auch im Bericht des bayerischen Verfassungsschutz erwähnt wurde. Bis einschließlich 2006 führte der bayerische Verfassungsschutz die Aktivitas der Danubia in seinen Berichten bei den sonstigen erwähnenswerten rechtsextremen Organisationen auf.[14] Seit 2004 wurde auf eine ausführliche Darstellung verzichtet, weil rechtsextremistische Aktivitäten „nicht feststellbar waren“, obwohl sie aufgrund der "nach wie vor bestehenden Nähe zum Rechtsextremismus" weiterhin unter Beobachtung des Landesamts stand.[15] Seit 2007 wurde sie nicht mehr aufgeführt. Als Grund wurde angegeben, dass die Aktivitas lediglich aus 15 Studierenden bestehe, deren Bedeutung nicht mehr dem dargestellten Maßstab entspreche. Die Klage der Burschenschaft Danubia habe gegen die Berichterstattung in den Jahren 2001 bis 2006 keine Rolle für die Nichterwähnung ab 2007 gespielt.[16]
Zu den exponierten Verteidigern der Danubia gegenüber dem Verfassungsschutz gehören der emeritierte Politologe Hans-Helmuth Knütter[17], der Historiker Ernst Nolte und der Völkerrechtler Alfred de Zayas.
2005 wurde Sascha Jung, Alter Herr der Danubia, die Übernahme in den höheren Justizdienst des Freistaates Bayern verweigert. Die Ablehnung mit der Begründung, „das Bekenntnis des Bewerbers zur Verfassungstreue“ erscheine „nicht glaubhaft“, bezog sich auf Jungs Mitgliedschaft in der Aktivitas der Danubia von 1994–2002. Bayerns Innenminister Günther Beckstein intervenierte im selben Jahr und verhinderte eine bevorstehende Anstellung Jungs an der Universität Bayreuth.[18]
Verhältnisse zu anderen Verbindungen
Danubia gehört der Burschenschaftlichen Gemeinschaft und steht mit der Burschenschaft Teutonia Wien und der Alten Breslauer Burschenschaft der Raczeks zu Bonn im Kartell (Ostdeutsches Kartell). Zur Burschenschaft Brixia Innsbruck besteht ein Freundschaftsverhältnis.
Danubia hat auf den Häusern zahlreicher Münchener Verbindungen anderer Dachverbände Hausverbot. Die Corps des Münchner Senioren-Convents verhängten zudem ein Kontaktverbot.
Das Haus der Danubia
Das heutige Verbindungshaus der Burschenschaft in der Möhlstraße verkauften 1939 − laut Danubia schon 1938[19] − die damaligen Eigentümer, das jüdische Bankierehepaar Julius und Luise Kaufmann, kurz vor ihrer Auswanderung aus Deutschland an die bisherigen Mieter, die Familie der Freiherren von Leonrod. Der Sohn der neuen Besitzer, Ludwig Freiherr von Leonrod, nahm als Wehrmachtsmajor an der Verschwörung gegen Hitler am 20. Juli 1944 teil. Er wurde am 25. August 1944 hingerichtet.[20]
Bekannte Mitglieder
- Franz Josef Delonge (1927–1988), Rechtsanwalt und Stadtrat in München; Vorsitzender der CSU-Stadtratsfraktion (1978–1984)
- Hermann Esser (1900–1981), Journalist und Politiker
- Johann Nepomuk von Fäustle (1828–1887), Königlich Bayerischer Justizminister (1871–1887); Auftraggeber des Münchner Justizpalastes
- August Geislhöringer (1886–1963), Innenminister des Freistaates Bayern (1954–1957)
- Bernd Kallina (* 1950), Politikwissenschaftler und Journalist
- Hans-Ulrich Kopp (* 1962), Publizist
- Willy Merkl (1900–1934), Bergsteiger
- Michael Vogt (* 1953), Verschwörungstheoretiker und ehemals Honorarprofessor für Public Relations und Kommunikationsmanagement
- Luitpold Weegmann (1885–1966), Oberbürgermeister von Bamberg
- Ernst Wrede (1914–2008), Präsident des bayrischen Arbeitgeberverbandes; Mitglied des Bayerischen Senats
Quellen und Einzelnachweise
- ↑ Darstellung der Bundeszentrale für politische Bildung.
- ↑ Hans-Georg Balder: Die Deutsche(n) Burschenschaft(en) – Ihre Darstellung in Einzelchroniken. Hilden 2005, S. 319.
- ↑ a b c d Max Droßbach und Hans Hauske (Hrsg.): Handbuch für den Deutschen Burschenschafter. 6. Aufl., Berlin 1932, S. 434.
- ↑ Max Droßbach und Hans Hauske (Hrsg.): Handbuch für den Deutschen Burschenschafter. 6. Aufl., Berlin 1932, S. 433.
- ↑ a b c d e Hans-Georg Balder: Die Deutsche(n) Burschenschaft(en) – Ihre Darstellung in Einzelchroniken. Hilden 2005, S. 320.
- ↑ Helge Dvorak: Biographisches Lexikon der Deutschen Burschenschaft. Band I Politiker, Teilband 5: R–S. Heidelberg 2002, S. 255.
- ↑ Thomas Grumke, Strukturen. Rechtsextreme Vordenker: Diskursbestimmende Organisationen und Personen des deutschen Rechtsextremismus, In: Bulletin 3/2003: Volksgemeinschaft gegen McWorld. Rechtsintellektuelle Diskurse zu Globalisierung, Nation und Kultur, Schriftenreihe des Zentrum Demokratische Kultur, Leipzig: Ernst Klett Schulbuchverlag 2003, S. 66
- ↑ Süddeutsche Zeitung, 28./29. Juli 2001, München Teil S.3, Alexander Krug, Erfrischungen für das Rollkommando (Das Verfahren hatte das Aktenzeichen 6 KLS 113Js 4610/77
- ↑ Vorwärts (Onlineversion): „Teufel und Weihwasser passen nicht zusammen“
- ↑ Interview der Jungen Freiheit mit dem damaligen Sprecher der Danubia Michael Schumm
- ↑ Jusos-Leipzig.de
- ↑ http://www.sueddeutsche.de/muenchen/795/367612/text/
- ↑ www.klick-nach-rechts.de/ Nazis in München: Nur Gewalt wird zum Problem (2001)
- ↑ Bayerischer Verfassungschutzbericht 2006, S. 145. (PDF; 5,1 MB)
- ↑ Bayerischer Landtag, Drucksache 15/3836: Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Florian Ritter (SPD) vom 7. Juni 2006 und Antwort des Staatsministeriums des Innern vom 13. Juli 2005
- ↑ Bayerischer Landtag, Drucksache 16/287, 3. März 2009, Schriftliche Anfrage der Abgeordneten Christine Stahl BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN vom 10. Dezember 2008 und Antwort vom 22. Januar 2009
- ↑ Das Knütter-Gutachten (PDF; 254 kB)
- ↑ Der Fall Sascha Jung / Geschichte eines Skandals. Berufsverbot: Wie aus dem Fall der Burschenschaft Danubia der Fall Sascha Jung wurde, Junge Freiheit, 22/07 25. Mai 2007
- ↑ Sascha Jung: Klageschrift Danubia gegen Freistaat Bayern vom 18. Dezember 2007 (PDF; 157 kB)
- ↑ Benedikt Weyerer: München 1933-1949, Stadtrundgänge zur politischen Geschichte, München 1996, S. 294