Nicht nur die optische, auch die akustische Wahrnehmung ist Täuschungen unterworfen. Wir hören Töne, die gar nicht vorhanden sind.
Mit der Frage, wie wir Klänge nicht nur hören, sondern verarbeiten, beschäftigt sich die Psychoakustik.
Kombinationstöne
Das Ohr zerlegt Klänge in Töne. Bei einem Chor hören wir unschwer die verschiedenen Tonlagen heraus, auch wenn die Melodie mehrstimmig gesungen wird.
Läßt man 2 reine Flötentöne erklingen, hören wir einen Dreiklang! Die Kombinationstöne treten besonders deutlich als Differenzfrequenz der Ausgangstöne hervor, f1 - f2. Geschulte Musiker hören weitere Kombinationen von Differenzen und Summen der Vielfachen der Frequenzen.
Ungeübten fällt es schwer, die vorhandenen Töne und Obertöne von den Kombinationstönen zu unterscheiden. Erzeugt man einen konstanten Ton der Frequenz f1 und überlagert ihm einen Ton ansteigender Frequenz f2, fällt die Beobachtung leichter: Neben der Frequenz f1 und der anwachsenden Frequenz f2 hören wir einen dritten Ton der Frequenz 2*f1-f2, dessen Frequenz abnimmt!
Die Kombinationstöne entstehen erst durch Nichtlinearitäten im Ohr, als Schall existieren sie nicht.
An sich sollte es keine Schwebungen bei Tönen fast gleicher Tonlage geben. Denn auch die sog. Schwebungsfequenz ist als Frequenz nicht im Klangspektrum enthalten.
Residualklang
Ein Klang besteht aus einem Grundton und harmonischen Obertönen. Wir können den Grundton aufgreifen und nachsingen. Wenn wir den Grundton und einige niederfrequente Harmonische herausfiltern, nehmen wir den gefilterten Restklang, das ist der Residualklang oder Residuum (J. F. Schouten (1940)), in veränderter Klangfarbe wahr, aber in derselben Grundfrequenz. Wir hören die Grundfrequenz, die gar nicht vorhanden ist!
Dieses Phänomen beobachten wir beim Klang einer Glocke, die oft nur während des kurzen Anschlagens in ihrer Grundfrequenz schwingt.
Unsere akustische Wahrnehmung rekonstruiert die Grundfrequenz aus den Obertönen. Die Harmonischen sind Vielfache des Grundtons, ihr kleinster gemeinsamer Teiler ist die Grundfrequenz.
Bedingt durch anatomische Eigenarten des Innenohrs hört ein Mensch von zwei Tönen, die bezüglich ihrer Frequenz nahe beieinander liegen, sich jedoch von der Lautsärke stark unterscheiden, nur den lauteren. Der leisere wird verdeckt. Unter anderem wird dieser Effekt bei der MPEG-Codierung ausgenutzt. Der Effekt tritt bei Tönen, die im gleichen Terz-Band liegen, auf.