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Altorientalistik

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Die Altorientalistik ist die Wissenschaft von Sprachen, Geschichte und Kulturen des Alten Orients vom Auftreten der ersten Keilschrifttexte im späten 4. bis zum Erlöschen der Keilschrift am Ende des 1. Jahrtausend v. Chr. Da die ersten größeren Ausgrabungen im antiken Assyrien stattfanden, wurde die Altorientalistik früher und traditionell bisweilen bis heute als Assyriologie bezeichnet. Der geographische Raum der Altorientalistik umfasst weite Teile des Vorderen Orients auf dem Gebiet der modernen Staaten Irak, Syrien (das antike Mesopotamien), Türkei (Kleinasien) und Iran sowie benachbarter Länder.

Die Altorientalistik ist eine philologisch-historische Disziplin. Ihre Hauptquelle der Altorientalistik sind etwa 550.000 Texte, die mit Keilschrift auf Tontafeln geschrieben sind und die Jahrtausende überdauert haben. Diese Keilschrifttexte stellen neben dem altägyptischen Textkorpus das älteste und nach dem altgriechischen das umfangreichste des gesamten Altertums dar. Der größte Teil dieser Texte liegt allerdings noch unpubliziert in zahlreichen Museen und Privatsammlungen der Welt; archäologische Ausgrabungen bringen zudem jährlich neue Tontafeln zum Vorschein, so dass die Zahl der Texte immer weiter wächst.

Die Untersuchung der materiellen Zeugnisse des Alten Orients ist Aufgabe der Vorderasiatische Archäologie. Nicht zum Gegenstand des Faches gehört das Alte Ägypten, das von der Ägyptologie behandelt wird, auch wenn unter der Bezeichnung "Alter Orient" im weiteren Sinne bisweilen das alte Vorderasien und das alte Ägypten zusammengefasst werden. Das Alte Palästina, die Welt des Alten Testaments, obwohl historisch und sachlich zum Alten Orient gehörig, wird traditionellerweise von der (Alttestamentlichen) Theologie untersucht.

Die Altorientalistik gliedert sich in folgende nach den Sprachen definierte Teilgebiete (zur umfassenden Übersicht und Klassifikation siehe Altorientalische Sprachen):

akkadischen Akkadistik, die (ost)semitische (d. h. mit dem Arabischen verwandte) Sprache der Babylonier und Assyrer, einst in Mesopotamien (Irak, Syrien) gesprochen, darüber hinaus im gesamten Vorderasien gebräuchlich und vom 3. bis zum 1. Jahrtausend v. Chr. durchgehend belegt. Das Akkadische ist geographisch und chronologisch die am weitesten verbreitete und nach der Zahl und Diversität der Texte die best bezeugte Sprache des Alten Orients.

[[Sumerische Sprache|sumerischen]Sumerologie, die mit keiner anderen Sprache verwandte, ältest überlieferte Sprache der Menschheit, die Sprache der Schrifterfinder aus dem südlichsten Viertel Mesopotamiens, vom 3. bis zum frühen 2. Jahrtausend v. Chr. (und im Kult und der Wissenschaft auch noch später) belegt.

hethitischen Hethitologie, die ältest belegte indoeuropäische (d. h. mit dem Deutschen, Englischen, Lateinischen, Griechischen und Altindischen verwandte) Sprache der Bewohner Kleinasiens (Türkei) aus der Mitte des 2. Jahrtausends v. Chr. Neben dem Hethitischen stehen die nur unzureichend bekannten Sprachen Luwisch (in Keilschrift sowie einer eigenen Hieroglyphen-Schrift geschrieben), Palaisch (beide mit dem Hethitischen verwandt) sowieHattisch (eine isolierte, mit keiner anderen verwandte Sprache).

Amurritisch, Ugaritisch, Phönizisch (kanaanäischen Sprachen) und Altaramäisch (Aramäisch), vier miteinander eng verwandte, (nordwest)semitische Sprachen aus dem 2. und 1. Jahrtausend v. Chr., gesprochen in Syrien. Amurritisch ist nur durch eine sehr große Zahl von Personennamen und einige Lehnwörter im Akkadischen rekonstruierbar. Die anderen drei Sprachen sind durch Texte in den ältesten Alphabeten der Welt überliefert. Eng verwandt ist auch das Althebräische, die Sprache des Alten Testaments der Bibel, die im Rahmen des Bachelorstudienganges Altorientalistik/Hebraistik studiert wird.

Hurritisch und Urartäisch, zwei miteinander verwandte, aber sonst an keine andere Sprache genetisch anbindbare Idiome, erstere im 3. und vor allem 2. Jahrtausend in Mesopotamien (Irak, Syrien) und Kleinasien (Türkei), letztere im 1. Jahrtausend v. Chr. in der Südosttürkei und Armenien gesprochen.

Elamisch, eine isolierte Sprache aus dem Südwesten Irans, vom 3. bis zum 1. Jahrtausend v. Chr., allerdings etwas ungleichmäßig belegt.

Altpersisch, die indoeuropäische Sprache des Achämenidenreichs aus der 2. Hälfte des 1. Jahrtausends v. Chr., in einer eigenen Keil-Silbenschrift geschrieben.

Auf der Basis der Erforschung von Sprachen und Schriften behandelt die Altorientalistik alle Aspekte der altorientalischen Kulturen, soweit sie nicht primär materieller Quellen bedürfen: politische Geschichte, Alltagsgeschichte, Religionsgeschichte, Rechtsgeschichte, Literaturgeschichte, Wissenschaftsgeschichte, Wirtschafts- und Sozialgeschichte, Gender Studien etc.

Neben solchen speziellen Themen umfassen die wesentlichen Arbeitsfelder die Edition und Übersetzung der ], (babylonisch-assyrischen) und .

Weiterhin beschäftigt sich die Altorientalistik auch mit anderen in Keilschrift geschriebenen Sprachen Vorderasiens: , , , . Eine Rolle spielen auch teilweise in anderen Schriften abgefasste Texte in den Sprachen , Luwisch, Karisch, Lykisch, Pisidisch, Sidetisch, Phrygisch, Lydisch, (u.a Moabitisch, Hebräisch, Phönizisch-Punisch), und Altpersisch.

Altorientalistik wird an den folgenden deutschen Universitäten unterrichtet: Freie Universität Berlin, Leipzig, Mainz, Jena mit der stattlichen Hilprecht-Sammlung vorderasiatischer Altertümer, Göttingen, Münster, Marburg, Würzburg, Erlangen-Nürnberg, Heidelberg, Tübingen, Universität Freiburg und München. Für die altorientalische bzw. vorderasiatische Archäologie ist darüber hinaus das Deutsche Archäologische Institut (DAI) sowie die Deutsche Orient-Gesellschaft (DOG) zu nennen. In Österreich wird Altorientalistik an den Universitäten Wien und Innsbruck gelehrt, in der Schweiz an den Universitäten Bern und Genf.

Literatur

  1. Vom Paläolithikum bis zur Mitte des 2. Jahrtausends.
  2. Das Ende des 2. Jahrtausends.
  3. Die erste Hälfte des 1. Jahrtausends.