Literaturhaus Salzburg
Das Literaturhaus Salzburg ist ein seit 1991 bestehendes Literaturhaus für österreichische und internationale Gegenwartsliteratur und gilt als eine der größten Literatureinrichtungen im deutschen Sprachraum. Es ist Veranstaltungsstätte, Sitz von mehreren Literaturgruppen und sieht sich als Treffpunkt mit breitem Angebot und vielfältigem Service. Getragen wird das Haus vom Verein „Salzburger Literaturhaus Eizenbergerhof“.

Geschichte
Das Literaturhaus Salzburg wurde am 13. Oktober 1991 im denkmalgeschützten Eizenbergerhof, dem ältesten Gebäude im Salzburger Stadtteil Lehen eingerichtet. 1904 war das Haus mit wechselvoller Geschichte – urkundlich erstmals erwähnt um 1600 – von der Stadt Salzburg erworben, in den 1980er Jahren renoviert und anschließend der Literatur zur Verfügung gestellt worden. 1994 wurde der Trägerverein „Salzburger Literaturhaus Eizenbergerhof“ von Autoren, Verlegern und Literaturvermittlern gegründet, entscheidend wirkte dabei der österreichische Dichter und Büchnerpreisträger H. C. Artmann mit. Er war im Vorstand für Öffentlichkeitsarbeit zuständig. Nach seinem Tod wurde nach Vorschlag des Literaturhauses der Platz davor offiziell von der Stadt als H. C. Artmann-Platz benannt.
Struktur
Träger des Hauses ist der Verein „Salzburger Literaturhaus Eizenbergerhof“. Fixer Bestandteil des Literaturhauses sind von Beginn an fünf bestehende Literatureinrichtungen: der Verein Salzburger Literaturforum Leselampe (gegründet 1968, Herausgeber der Literaturzeitschrift „Salz“), die Salzburger Autorengruppe (seit 1981), die Salzburger Zweigstelle der Grazer Autorenversammlung (seit 1987), erostepost (seit 1987, Herausgeber einer gleichnamigen Literaturzeitschrift) und der Verein prolit (1988, mit Kleinverlag Edition Eizenbergerhof). Die eingemieteten Literatureinrichtungen sind autonom in Budget und Programm. Der Trägerverein „Salzburger Literaturhaus Eizenbergerhof“ ist Hauptmieter des historischen Gebäudes, verantwortlich für Infrastruktur, Werbung, Kartenreservierung etc. und betreibt die hauseigene Bibliothek und Mediathek sowie das Literaturhaus-Café, seit 2008 benannt nach dem Dichter H. C. Artmann als h.c.café. Der Verein Literaturhaus ist der größe Veranstalter im Literaturhaus, das monatliche Programm wird von allen sechs Literaturveranstaltern im Literaturhaus (sowie Vermietungen) gestaltet. Seit 1991 wurden über 225.000 Besucher bei rund 4.000 Veranstaltungen mit tausenden Autoren und Künstlern gezählt.
Erster Literaturhaus-Leiter war Harald Friedl (1991–1993), Musiker und Filmemacher. Seit Sommer 1993 leitet der ehemalige ORF-Literaturredakteur Tomas Friedmann das Literaturhaus Salzburg, 1994 wurde er auch Geschäftsführer des neu gegründeten Vereins „Salzburger Literaturhaus Eizenbergerhof“, der Haus und Liegenschaft von der Stadt Salzburg anmietet. Der fünfköpfige Vorstand besteht aus Mitgliedern der Literaturszene, aktueller Vorsitzender ist der Germanist Norbert Christian Wolf (seit 2010), der den beiden Germanisten Josef Donnenberg (1994–1997) und Karl Müller (1997–2010) nachfolgte. Der Verein besteht aus über 400 Mitgliedern und Förderern, wird von der öffentlichen Hand (Stadt und Land Salzburg sowie dem Kulturministerium in Wien) finanziell unterstützt und erwirtschaftet selbst einen Teil des Budgets durch Eintrittsgelder, Vermietungen (z.B. regelmäßig für Tango-Veranstaltungen) etc.
Zweck
Der Verein Literaturhaus wurde 1994 mit dem Zweck gegründet, die Gegenwartsliteratur des In- und Auslandes sowie den öffentlichen und interdisziplinären Diskurs über Literatur zu fördern. Diese Ziele verwirklichen Vorstand, Programmleitung und Team durch Literaturförderung, Autorenförderung, Leseförderung und durch die Bereitstellung von Räumlichkeiten für Literaturgruppen. Besonderes Augenmerk werden auf die lebendige und engagierte Vermittlung von Literaturen und Sprachen und den kritischen Diskurs gelegt – mit dem Anspruch möglichst viele Altersgruppen und soziale Schichten anzusprechen. Konkret passiert die Literaturvermittlung des Vereins Literaturhaus über (mehrsprachige) Lesungen und Disskionsveranstaltungen, (Literatur-)Ausstellungen, das „Junge Literaturhaus“ (Kinderprogramm, Aktivitäten für Jugendliche, Workshops) und interdisziplinäre Veranstaltungsformen sowie durch Kooperationen mit Medien, Verlagen und anderen Kulturveranstaltern.
Die fünf Einrichtungen im Haus haben unterschiedliche Zielsetzungen, gemeinsam ist allen das Bemühen um die Förderung der Gegenwartsliteratur. Im Zentrum der Aktivitäten des Literaturforums Leselampe (gegründet 1968) steht die Begegnung zwischen Autoren und Lesern, die Vermittlung von Literatur wird über Lesungen, ein monatliches Literaturfrühstück, Literaturfahrten, Schreibwerkstätten etc. gefördert. Die Salzburger Autorengruppe (gegründet 1981) organisiert für ihre Mitglieder Gemeinschaftslesungen, hält Symposien zu literaturwissenschaftlichen Themen ab und berät Autoren. Die Grazer Autorenversammlung/Salzburg, das Regionalbüro der GAV (gegründet 1973, Sitz: Wien), setzt sich auch in Veranstaltungen mit kulturpolitischen Themen auseinander und fördert ihre in Stadt und Land Salzburg lebenden schreibenden Mitglieder. Das Unternehmen erostepost (gegründet 1987) fördert vor allem junge Literatur, die sie oft in Verbindung mit Aktionen und Experimenten präsentiert. Der Verein prolit (gegründet 1988) fördert und vermittelt zeitgenössische Literatur mit Schwerpunkt auf Literatur aus osteuropäischen Ländern und führt kulturelle und soziale Bereiche zusammen (z.B. in Schreibwerkstätten mit behinderten Autoren).
Programm
Als Veranstalter organisiert der Verein Literaturhaus Lesungen mit österreichischen und internationalen Schriftstellern, Diskussionen, Hörspiel-, Film- und Vortragsabende, Literatur & Jazz sowie Ausstellungen. Besonders erfolgreich ist das Kinder- und Jugendprogramm mit Lesungen, Workshops und Theater, vielbeachet seit 1995 das Festival „Europa der Muttersprachen“, das jeweils im Frühling Literatur und Kultur eines europäischen Sprachgebiets vorstellt. Seit 2009 findet im Herbst unter dem Titel „PENG!“ ein Krimi-Fest mit bekannten Autoren aus dem In- und Ausland statt. Insgesamt gibt es jährlich im Literaturhaus Salzburg über 200 Veranstaltungen mit rund 15.000 Besuchern. Durch Kooperationen werden Akzente auch außerhalb des Literaturhauses gesetzt, Stipendien und Preise (mit) vergeben, Autoren beraten und Nachwuchs gefördert. 2012 wurde vor dem Haus eine Büchertankstelle errichtet (eine zweite steht vor der ARGEkultur), zu Bücherschränken umgebauchte Telefonzellen, die Tag und Nacht als Tauschbörse für gebrauchte Bücher offen steht.
Als Mitglied des Netzwerks der Literaturhäuser literaturhaus.net wird seit 2002 jährlich ein deutschsprachiger Autor mit dem Preis der Literaturhäuser ausgezeichnet. Seit 2008 vergibt der Verein gemeinsam mit der Stadt Salzburg das H.C. Artmann-Stipendium, ein mehrmonatiges Artist in Residence-Stipendium, das bisher an den deutschen Autor und Übersetzer Stefan Weidner, an den Schweizer Lyriker Armin Senser, an den litauischen Schriftsteller und Kritiker Sigitas Parulskis, an die Berliner Autorin Ruth Johanna Benrath und an die makedonische Dichterin Lidija Dimkovska verliehen wurde.
Im Haus werden zwei Literaturzeitschriften produziert: „Salz“ (seit 1975, herausgegeben vom Verein Leselampe) dokumentiert das literarische Leben Salzburgs und veröffentlicht Texte internationaler und Salzburger Autoren. „Erostepost“ (seit 1987, herausgegeben vom gleichnamigen Literaturverein) fördert in erster Linie junge deutschsprachige Autoren. Der Literaturverein prolit gibt als Kleinverlag in der „Edition Eizenbergerhof“ zeitgenössische österreichische Literatur heraus (von 1992 bis 1996 unter dem Namen „edition prolit“).
Auf Radiofabrik 107,5 gestaltet das Literaturhaus die Sendung Radio Literaturhaus: Spannendes zur Literatur und den Veranstaltungen des Hauses.
Partner
Das Literaturhaus Salzburg ist Gründungsmitglied von literaturhaus.net, ein Netzwerk von elf großen Literaturhäusern im deutschen Sprachraum. Das Netzwerk der Literaturhäuser setzt jährlich gemeinsame Schwerpunkte und vergibt jedes Jahr den Preis der Literaturhäuser; Medienpartner ist der französisch-deutsche TV-Kultursender ARTE. Das Salzburger Literaturhaus ist außerdem Teil des Netzwerks österreichischer Literaturhäuser und Literaturzentren, die seit 2004 gemeinsam das Projekt „mitSprache“ organisieren, und auch Mitglied der IG-Kultur Österreich und des Dachverband Salzburger Kulturstätten.
Publikationen
- Tomas Friedmann, Peter Fuschelberger, Petra Nagenkögel (Hrsg.): salzburger literatouren, literarische wege durch stadt und land salzburg. Edition Eizenbergerhof, Salzburg 2001.
- Ines Schütz, Veronika Leiner (Hrsg.): best of literaturhaus. Doppel-CD. Edition Eizenbergerhof, Salzburg 2001/2006.
Literatur
- Martina Pohn (Verfasserin) und Tomas Friedmann (Hrsg.): Literaturhaus Salzburg – Die Geschichte des Eizenbergerhofs ab 1600. Edition Eizenbergerhof, Salzburg 2012, ISBN 978-3-901243-38-7