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Bei MGM sollte sich Keaton dem rigiden Studio-System unterwerfen. So wurde etwa verlangt, strikt nach einem vorliegenden [[Drehbuch]] zu arbeiten. Das widersprach Keatons bisherigem Arbeitsstil, der - ähnlich wie andere Stummfilmkomiker - den Großteil seiner Ideen aus der Improvisation schöpfte. Es kam zu ernsthaften Spannungen zwischen dem mächtigen Produzenten [[Louis B. Mayer]] und Keaton, der sich vorerst einen gewissen Freiraum erkämpfen konnte. Sein erster Film bei MGM ''[[The Cameraman]]'' (1928) gilt als der letzte im Stile Keatons. Den großen Erfolg des Films verbuchte das Studio für sich und entzog Keaton nicht nur langjährige Mitarbeiter, die mit ihm zu MGM gewechselt waren, sondern auch künstlerischen Einfluss. Stattdessen bekam er Berater zur Seite gestellt, die lenkend in die Entwicklung des Films eingreifen sollten. Seinem letzten Stummfilm ''Spite Marriage'' (1929) ist das deutlich anzumerken - auch wenn einige typische Keaton-Gags auftauchen. Obwohl diesmal streng nach einem genauen Drehbuch entstanden, wirkt der Film nach Meinung von Kritikern viel weniger stringent als die klassischen Keaton-Komödien. Eine Beobachtung, die bei den meisten folgendenen Filmen bei MGM zutreffend scheint. |
Bei MGM sollte sich Keaton dem rigiden Studio-System unterwerfen. So wurde etwa verlangt, strikt nach einem vorliegenden [[Drehbuch]] zu arbeiten. Das widersprach Keatons bisherigem Arbeitsstil, der - ähnlich wie andere Stummfilmkomiker - den Großteil seiner Ideen aus der Improvisation schöpfte. Es kam zu ernsthaften Spannungen zwischen dem mächtigen Produzenten [[Louis B. Mayer]] und Keaton, der sich vorerst einen gewissen Freiraum erkämpfen konnte. Sein erster Film bei MGM ''[[The Cameraman]]'' (1928) gilt als der letzte im Stile Keatons. Den großen Erfolg des Films verbuchte das Studio für sich und entzog Keaton nicht nur langjährige Mitarbeiter, die mit ihm zu MGM gewechselt waren, sondern auch künstlerischen Einfluss. Stattdessen bekam er Berater zur Seite gestellt, die lenkend in die Entwicklung des Films eingreifen sollten. Seinem letzten Stummfilm ''Spite Marriage'' (1929) ist das deutlich anzumerken - auch wenn einige typische Keaton-Gags auftauchen. Obwohl diesmal streng nach einem genauen Drehbuch entstanden, wirkt der Film nach Meinung von Kritikern viel weniger stringent als die klassischen Keaton-Komödien. Eine Beobachtung, die bei den meisten folgendenen Filmen bei MGM zutreffend scheint. |
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Seine Aussprache und Stimme stellten für Keaton kein Problem dar. Doch er musste sich in die Rollen und Filme fügen, die das Studio für ihn vorsah. Zudem machte visuelle Komik meist albernen Dialogen Platz, was nicht Keatons Vorstellung vom [[Tonfilm]] entsprach. Jede dieser meist anspruchslosen Komödien hatte er drei oder viermal zu drehen, jedesmal in einer anderen Sprache: Auf diese Weise wurden Tonfilme aus Hollywood Anfang der 1930er Jahre weltweit vermarktet. |
Seine Aussprache und Stimme stellten für Keaton kein Problem dar. Doch er musste sich in die Rollen und Filme fügen, die das Studio für ihn vorsah. Zudem machte visuelle Komik meist albernen Dialogen Platz, was nicht Keatons Vorstellung vom [[Tonfilm]] entsprach. Jede dieser meist anspruchslosen Komödien hatte er drei oder viermal zu drehen, jedesmal in einer anderen Sprache: Auf diese Weise wurden Tonfilme aus Hollywood Anfang der 1930er Jahre weltweit vermarktet. |
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Version vom 25. Oktober 2006, 01:36 Uhr
BUSTER KEATON
Buster Keaton (eigentlich Joseph Francis Keaton) (* 4. Oktober 1895 in Piqua, Kansas, USA; † 1. Februar 1966 in Woodland Hills, Kalifornien, USA) war ein US-amerikanischer Schauspieler, Komiker und Regisseur.
Keaton zählte neben Charles Chaplin und Harold Lloyd zu den erfolgreichsten Komikern der Stummfilmzeit. Wegen seines bewusst ernsten, stoischen Gesichtsausdrucks wurde er The Great Stoneface und Der Mann der niemals lachte genannt. Ein weiteres Markenzeichen ist sein runder, flacher Filzhut (pork pie hat).
Im Zuge des finanziellen Misserfolgs seines aufwendigen Films The General wurde er Schauspieler bei MGM und geriet bald in Vergessenheit. Doch mit der Wiederentdeckung seiner Filme wurde er noch zu Lebzeiten als Genie des Kinos gefeiert. Heute zählen seine technisch innovativen Stummfilmkomödien wie The Navigator, Sherlock Jr. und The General zu den bedeutensten Werken der Filmgeschichte.
Leben und Werk
Kindheit und Jugend
Joseph Francis war das erste Kind von Joseph und Myra Keaton, die als Vaudeville–Komödianten durch das Land zogen. Einer Familientradition entsprechend wurde der Sohn nach seinem Vater benannt. Den Namen Buster gaben ihm seine Eltern angeblich, weil er unverletzt einen gefährlichen Sturz die Treppe hinunter überstand, was den Entfesselungskünstler Harry Houdini zur Bemerkung veranlasst haben soll: „That's quite a buster the baby took“ (etwa: „Das war ein ganz schöner Sturz, den das Baby da hingelegt hat“). Marion Meade äußerte in ihrer Keaton-Biographie jedoch die Vermutung, dass der legendäre Houdini erst nachträglich in die Anekdote Einzug fand. Gesichert ist, dass Buster Keaton von klein auf große Gelenkigkeit zeigte und sämtliche Stürze scheinbar unbeschadet überstand. Schon als Dreijähriger trat er gemeinsam mit seinen Eltern in deren Vaudeville–Nummer als „menschlicher Mop“ auf, der vom Vater rücksichtslos, aber zum Gaudium des Publikums in die Kulissen geschleudert wurde. Dabei lernte er früh, dass die Zuschauer umso mehr lachten, je weniger Emotion er zeigte. Rasch wurde das Kind zum Star der akrobatisch-komischen Darbietungen der Three Keatons. Die Eltern wurden seitens der Behörden immmer wieder des Kindesmissbrauchs verdächtigt, doch der Fortbestand der einträglichen Nummer konnte gerettet werden. Unterrichtet wurde Buster von den Eltern, eine schulische Ausbildung hatte er nie erfahren. Mit 21 sagte er sich von seiner Familie los, um eine Solo-Karriere zu starten. Zudem war der Vater nach anhaltenden Problemen mit Behörden und Bühnenbetreibern zum Alkoholiker geworden, was die gemeinsamen Auftritte erschwerte.
Weg zum Film
Buster Keaton sollte im März 1917 in New York in einer extravaganten Musik-Revue auftreten, als er zufällig einen alten Freund aus seiner Kindheit traf, der nun in einem Filmstudio arbeitete. Lou „Dutch“ Anger lud Keaton ein, das Studio-Gelände zu besuchen und stellte ihm Roscoe „Fatty“ Arbuckle vor, dessen chaotischen und weithin anspruchslosen Filmkomödien zu den beliebtesten neben jenen von Charlie Chaplin zählten. Obwohl Keaton wie sein Vater dem Filmgeschäft sehr skeptisch gegenüberstand, beeindruckte ihn die Technik zutiefst. Arbuckle, bekannt für sein freundliches Wesen, ließ Keaton sofort in seinem Film auftreten. The Butcher Boy war der Beginn der engen wie freundschaftlichen Zusammenarbeit Keatons mit Arbuckle. Für die Filmarbeit ließ Keaton seinen einträglicheren Bühnenvertrag auflösen.
Filmen mit „Fatty“
Bis 1920 drehte Keaton 15 Two-Reeler (Kurzfilme von etwa 20-25 Minuten Länge, wobei eine Filmrolle rund 10 Minuten Filmmaterial entsprach) als Partner von Arbuckle und wurde so mit jeder Facette der Filmproduktion vertraut gemacht. Auch wenn er sich seit Kindheit an das „Poker-Face“ für seine Auftritte angewöhnt hatte, ist Buster zu diesem Zeitpunkt in seiner Karriere teilweise hysterisch lachend zu sehen. Doch Keatons subtiles Humorverständnis und seine Erfahrungen im Vaudeville prägten im Laufe der Zeit den Stil der Filme Arbuckles immer stärker. Er entwarf nicht nur den Großteil der Gags und der Handlung, sondern führte bald neben Arbuckle Regie.
Nach dem Kriegsdienst 1918 in Frankreich kehrte Buster Keaton trotz einträglicher Angebote anderer Studios zu Arbuckle zurück. Als 1920 Paramount Arbuckle anbot, Star mehrerer Spielfilme des Studios zu werden, nahm dieser schließlich an. Arbuckles bisheriger Produzent Joseph Schenck machte Keaton das Angebot, Arbuckles Stelle einzunehmen und eigene Filme in kreativer Freiheit herzustellen. Zuvor sollte Keaton jedoch in einem Film der neuen Metro, später Metro-Goldwyn-Mayer, die Hauptrolle in The Saphead übernehmen. Metro (MGM) würde auch den Verleih von Keatons Filmen übernehmen.
Unabhängigkeit und Ruhm
Two-Reeler
Buster Keaton drehte seine Filme im alten Studio von Charlie Chaplin. Dabei war er ehrgeizig genug, seinen gelungenen, aber nicht umwerfenden Erstling The High Sign (1920) erst später zu veröffentlichen. Seine erste Veröffentlichung One Week zählt heute zu den Klassikern des Genres. Der originelle, aufwendige und klug konsturierte Kurzfilm handelt von dem letzlich desaströsen Versuch eines verliebten Pärchens, sich ein Fertigteil-Haus nach Anleitung zu zimmern.
Der außergwöhnliche Beginn von The Playhouse (1921) illustriert Keatons Zugang zum Medium Film und seinen Humor: Buster löst eine Karte für eine Varieté-Vorstellung, in der jeder Musiker, jeder Künstler auf der Bühne, der Bühnenarbeiter und sogar jeder Zuschauer niemand anderer ist als Buster Keaton, wie Buster Keaton überrascht feststellen muss. Durch mehrfache Doppelbelichtungen des selben Filmmaterials ist Keaton bis zu neun Mal in der selben Szene zu sehen. Er selbst betonte stets die Wichtigkeit seines Filmteams, ohne dem seine Filme so nicht möglich wären.
Von seinen insgesamt 19 Kurzfilmen zählt heute Cops (1922) zu seinen bekanntesten: Am Höhepunkt jagen hunderte Polizisten Buster durch die Straßen von New York. Dieses Motiv findet sich variiert wieder in seinen abendfüllenden Komödien Seven Chances (hier sind es erst hunderte heiratswillige Bräute, schließlich unzählige Felsbrocken) und Go West (mit einer Rinderherde in Chicago).
Abendfüllend
Erst relativ spät - verglichen mit den anderen großen Stummfilmkomikern der Zeit, Charlie Chaplin und Harold Lloyd - verlegte sich Keaton auf abendfüllende Komödien. Während sein erster Versuch Three Ages (1923) im Pinzip aus drei Kurzfilmen bestand und den typischen, comic-artigen Humor der Kurzfilme aufwies, änderte Keaton seinen Stil grundlegend mit Our Hospitality. Ab jetzt legte er höchsten Wert auf Glaubwürdigkeit der Gags, aus der Überzeugung, das Publikum sonst nicht an die Geschichte fesseln zu können.
In Our Hospitality ist neben seinem Vater Joe Keaton das einzige Mal seine damalige Ehefrau in einem seiner Filme zu sehen. Natalie Talmadge war die Schwägerin des Produzenten Joe Schenk. Keaton heiratete sie 1921. Ihr erster gemeinsamer Sohn James ist im Alter von einem Jahr ebenfalls in dem Film zu sehen. Doch schon in dieser Zeit stand es um die Ehe nicht zum Besten.
Mit The Navigator schloß Keaton endgültig zu den beiden populärsten Filmkomikern der Zeit, Chaplin und Lloyd, auf. Es wurde Keatons finanziell erfolgreichste Produktion. In dem 1924 gedrehten Film verschlägt es ihn und seine Partnerin Kathryn McGuire auf ein verlassenes, riesiges Schiff, das ziellos im Ozean treibt.
Die nächsten Filme (Seven Chances, Go West, Battling Butler) bestätigten die außergewöhnliche Popularität Keatons, dessen Ruhm auch darauf gründete, dass er spektakuläre Stunts erfand und selbst ausführte. Die Dreharbeiten waren so stets mit großem Risiko verbunden: Bei einer Szene am Höhepunkt von Our Hospitality (einem Stunt an einem Wasserfall) schluckte er zuviel Wasser; sein Magen musste ausgepumpt werden. Bei Sherlock, jr. (1924) wurde er mit Wucht gegen Gleise geschleudert und brach sich fast das Genick.
Finanzielle Desaster
Mit The General, einer 1926 gedrehten, epischen Komödie, die zur Zeit des Amerikanischen Bürgerkriegs spielt, trieb Keaton seinen Anspruch in Sachen Glaubwürdigkeit und Authentizität auf die Spitze: Er ließ eine historische Dampflokomotive in die Tiefe stürzen. Diese einzelne Szene zählt zu den teuersten der ganzen Stummfilm-Epoche. Das zeitgenössische Publikum konnte sich für den Film jedoch nicht begeistern, und auch von Kritikern wurde das Werk bestenfalls als langweilig abgetan. The General, Keatons wichtigster Film, floppte.
Sein Produzent Joe Schenk übernahm daraufhin verstärkt die Kontrolle über die Produktionen Keatons und stellte diesem - gegen Keatons Willen - Drehbuchautoren und Regisseure zur Seite. Vor allem achtete er strenger auf das Budget. Der folgende Film College (1927) litt deutlich unter den neuen Beschränkungen, wenn auch Keatons Handschift unverkennbar ist. Letztlich spielte die eher konventionelle Komödie an den Kinokassen nicht mehr Geld ein als The General.
In Steamboat Bill Jr. (1928) realisierte Keaton den vielleicht gefährlichsten und legendärsten Stunt seiner Karriere, indem er eine Hausfassade auf sich kippen ließ und nur durch ein kleines Giebelfenster verschont bleibt. Es sollte sein letzter, unabhängig produzierte Film werden. Die Kosten wurden noch einmal in die Höhe getrieben, als das Finale des Films samt bestehender Bauten geändert werden musste (weil vor Kurzem eine verheerende Überschwemmung in Amerika Schlagzeilen machte, sollte aus der geplanten Flut am Ende des Films ein Hurrikan werden). Die Einnahmen des Films blieben hinter denen von The General und College zurück.
Noch während der Dreharbeiten löste Produzent Joe Schenk, inzwischen Präsident der United Artists, seinen Vertrag mit Keaton. Diesem legte er nahe, einen Vertrag mit MGM, dem mittlerweile größten Filmstudio, zu unterzeichnen. Sowohl Chaplin als auch Lloyd warnten Keaton vor dem kontraproduktiven Studiosystem. Doch Keaton ließ sich von Joseph Schenk überzeugen. Später sprach er über diesen Schritt als den größten Fehler seines Lebens.
Niedergang bei MGM
Bei MGM sollte sich Keaton dem rigiden Studio-System unterwerfen. So wurde etwa verlangt, strikt nach einem vorliegenden Drehbuch zu arbeiten. Das widersprach Keatons bisherigem Arbeitsstil, der - ähnlich wie andere Stummfilmkomiker - den Großteil seiner Ideen aus der Improvisation schöpfte. Es kam zu ernsthaften Spannungen zwischen dem mächtigen Produzenten Louis B. Mayer und Keaton, der sich vorerst einen gewissen Freiraum erkämpfen konnte. Sein erster Film bei MGM The Cameraman (1928) gilt als der letzte im Stile Keatons. Den großen Erfolg des Films verbuchte das Studio für sich und entzog Keaton nicht nur langjährige Mitarbeiter, die mit ihm zu MGM gewechselt waren, sondern auch künstlerischen Einfluss. Stattdessen bekam er Berater zur Seite gestellt, die lenkend in die Entwicklung des Films eingreifen sollten. Seinem letzten Stummfilm Spite Marriage (1929) ist das deutlich anzumerken - auch wenn einige typische Keaton-Gags auftauchen. Obwohl diesmal streng nach einem genauen Drehbuch entstanden, wirkt der Film nach Meinung von Kritikern viel weniger stringent als die klassischen Keaton-Komödien. Eine Beobachtung, die bei den meisten folgendenen Filmen bei MGM zutreffend scheint.
Tonfilm und Sucht
Seine Aussprache und Stimme stellten für Keaton kein Problem dar. Doch er musste sich in die Rollen und Filme fügen, die das Studio für ihn vorsah. Zudem machte visuelle Komik meist albernen Dialogen Platz, was nicht Keatons Vorstellung vom Tonfilm entsprach. Jede dieser meist anspruchslosen Komödien hatte er drei oder viermal zu drehen, jedesmal in einer anderen Sprache: Auf diese Weise wurden Tonfilme aus Hollywood Anfang der 1930er Jahre weltweit vermarktet.
Zu seinem ersten Tonfilm Free and Easy (1930, MGM) vermerkt Jim Kline in seinem Buch The Complete Films of Buster Keaton: „Buster talks! Buster sings! Buster dances! Buster looks depressed!“ Heute fast vergessen, spielten dieser und die folgenden Filme (unter anderem mit Jimmy Durante) mehr Geld ein als die Stummfilme der Keaton-Studios.
In dieser Zeit wurde Keaton zum Alkoholiker. Zu Drehterminen erschien er teilweise angetrunken oder gar nicht. Seine Frau Natalie Talmadge reichte 1932 die Scheidung ein - lange Auseinandersetzungen über Aufteilung des Vermögens und Sorgerecht der beiden Kinder folgten. 1933 wurde sein Vertrag nach mehreren Streitigkeiten mit Louis B. Mayer gekündigt. Im selben Jahr verstarb mit Roscoe „Fatty“ Arbuckle sein vielleicht engster Freund. Dessen Ruf und Karriere war inzwischen trotz Freispruch nach einer Mordanklage ruiniert. Keaton selbst machte negative Schlagzeilen. Die privaten, beruflichen und finanziellen Probleme verstärkten seine Alkoholsucht. Er heiratete seine private Krankenschwester Mae Scibbens, die ihm während des Entzugs helfen sollte. Die Ehe wurde nach weniger als drei Jahren wieder geschieden. Mit der Unterstützung seines Arztes und seiner Familie gelang es Keaton, sich von der Sucht weitestgehend zu befreien und mit kleinen Engagements sich und seine Familie über Wasser zu halten.
Arbeiten im Hintergrund
Für die breite Öffentlichkeit war er praktisch von der Bildfläche und aus dem Bewusstsein verschwunden. Er trat zunächst in billig produzierten Kurzfilmen der kleinen Educational Studios auf. Die vielversprechende französische Produktion Le Roi des Champs-Élysée (1934) mit Keaton in der Hauptrolle fand nicht die erhoffte Aufmerksamkeit. Ab 1937 arbeitete Keaton erneut bei MGM - vornehmlich als „Gagman“ hinter den Kulissen, für einen Bruchteil seines letzten Gehalts. Unter anderem ersann er Gags für Filme mit Red Skelton, den Marx-Brothers und Laurel und Hardy. Während er sowohl mit Red Skelton befreundet war und Laurel und Hardy sehr schätzte, äußerste er sich später negativ über den Arbeitsstil der Marx-Brothers: Sie nähmen die Komik nicht ernst. 1939 bekam er die Gelegenheit, für Columbia zehn Kurzfilme zu drehen, die - trotz knapper Budgets und Ideen - dazu beitrugen, Keatons Reputation im Filmgeschäft langsam wieder herzustellen.
1940 heiratete Keaton zum dritten Mal. Die um 23 Jahre jüngere Eleanor Norris, die bei MGM als Tänzerin unter Vertrag stand, hatte er etwa zwei Jahre zuvor kennengelernt. Die glückliche Ehe hielt bis zum Ende seines Lebens.
Wiederentdeckung
1949 erinnerte der einflussreiche Filmkritiker James Agee in einem Artikel im Life Magazine an Keatons Stummfilme. Amerikanische Filmclubs begannen, seine Filme - soweit vorhanden - wieder zu zeigen. Filmarchivierung hatte keine Tradition, darüberhinaus waren Stummfilme seit der Etablierung des Tonfilm für kommerzielle Interessen uninteressant. Bis auf The General, The Navigator und einige seiner Kurzfilme galten Keatons Stummfilme als zerstört oder verschollen.
Neue Engagements
Das aufkeimende, neue Interesse an Buster Keaton führte zu einigen Engagements für Bühnen- und Varietéprodutkionen. Unter anderem absolvierte Keaton im prestigeträchtigen Cirque Medrano in Paris einige erfolgreiche Gastauftritte. Auch das Fernsehen entdeckte Keaton neu. Für The Buster Keaton Comedy Show (aufgezeichnet vor Live-Publikum, 1949) und The Buster Keaton Show (1950 - 51) spielte Keaton in neuen Sketchen - meist mit seiner Frau. Keaton beendete jedoch diese Reihen nach kurzer Zeit. Es folgten Gastauftritte in Talk-Shows, Serien und anderen Sendungen (unter anderem in Candid Camera, der Originalversion von Vorsicht Kamera). Auch im Bereich der Werbung taten sich für Buster Keaton neue Betätigungsfelder auf. So wurde er Star einiger Industriefilme und drehte zwischen 1956 und 1964 Fernseh-Werbespots für Colgate, Alka-Seltzer, 7-Up, Ford, Milky Way, Budweiser und andere.
Von seinen wieder zahlreichen Gastauftritten in Filmen verschiedenster Studios ist besonders Billy Wilders Sunset Boulevard (1950) hervorzuheben: Er stellt quasi sich selbst in einer makaber anmutenden Bridgerunde vergessener Stummfilmstars dar. Zwei Jahre später kam es zu einem ähnlichen denkwürdigen, wenn auch kurzen Auftritt in Charlie Chaplins Limelight: Erstmals sind die beiden größten Komiker der Stummfilmzeit gemeinsam in einem Film zu sehen, bezeichnenderweise als alternde Vaudeville-Komiker am Ende ihrer Karriere.
Paramount produzierte 1957 die Filmbiographie The Buster Keaton Story (Drehbuch und Regie: Sidney Sheldon). Keaton stand zwar als Berater auf der Gehaltsliste, seine Einwände wurden jedoch selten beachtet. Auch Hauptdarsteller Donald O'Connor distanzierte sich von dem Film, der Keatons Leben teils unwahr wiedergibt. Mit dem Geld, das ihm der Film mit seinem Namen brachte, erwarb Keaton eine Ranch in Kalifornien, die er mit seiner Frau für den Rest seines Lebens bewohnte. Seine „Italian Villa“ in Beverly Hills, die er am Höhepunkt seines Ruhmes besaß, musste er in den 30er Jahren aufgeben.
Gefeierte Klassiker
1952 sorgte James Mason als neuer Besitzer der einstigen Villa Keatons für eine Überraschung: In einer versteckten Abstellkammer entdeckte Mason längst vergessene Kopien von Keatons Filmklassikern. Durch den chemischen Zerfall des Filmmaterials, das früher auf Nitrat basierte, war dieses teilweise beschädigt und höchst feuergefährlich. Der obsessive Filmsammler Raymond Rohauer, den Keaton 1954 bei einer der Wiederaufführungen von The General kennenlernte, investierte in die Rettung der Filme. Nach einer Vereinbarung mit Keaton sicherte sich Rohauer die Rechte an den noch exisitierenden Klassikern und übernahm den Vertrieb an Programmkinos und Festivals.
1959 wurde Keaton ein Ehren-Oscar für seine Verdienste um die Filmkomödie verliehen.
In Europa fanden 1962 bejubelte Wiederaufführungen seiner Stummfilme statt. Als Stargast des Filmfestivals von Venedig wurde Keaton 1965 mit stehenden Ovationen empfangen.
Die letzten Filme
Als lebende Legende griff er für seine Filmauftritte öfters auf sein typisches Outfit und Auftreten aus der Stummfilmzeit zurück. Der kanadische Kurzfilm The Railrodder (1965, Drehbuch und Regie: Gerald Potterton) ist eine Hommage an Keatons Stummfilme, vor allem aber an die Landschaft Kanadas. Während der Dreharbeiten zu The Railrodder entstand die Dokumentation Buster Keaton Rides Again. Neben biographischen Stationen gibt sie Einblicke in die Persönlichkeit und Arbeitsweise des alternden Keaton.
Im selben Jahr verwirklichte Samuel Beckett mit Keaton in der Hauptrolle seinen experimentellen Stummfilm Film.
Als letzte Kinoproduktion drehte er unter der Regie von Richard Lester A Funny Thing Happened on the Way to the Forum (1966). Zu der Zeit war er gesundheitlich bereits sehr angeschlagen, bei gefährlichen Stunts wurde er diesmal gedoubelt. Einem Gag zuliebe mit dem Kopf gegen einen Baum zu rennen ließ er sich dennoch nicht nehmen.
Tod
Buster Keaton starb am 1. Februar 1966 im Alter von 70 Jahren auf seiner Ranch an Lungenkrebs.
Erst Monate später hatte A Funny Thing Happened on the Way to the Forum Premiere.
Ein knappes Jahr nach seinem Tod kam der letzte Film mit Keaton in einer Nebenrolle in die Kinos. In der 1965 gedrehten amerikanisch-italienischen Co-Produktion War Italien Style spielte Keaton einen Nazi-General. In der letzten Szene lassen zwei Marines den gefangenen General (Buster) frei. Die Zivilisten-Kleidung, die sie ihm geben, entpuppt sich als die typische Buster-Outfit. Mit seinem ausgebeulten Frack und flachen Hut blickt Buster ein letztes Mal auf die Soldaten, wendet sich von der Kamera ab und wandert davon.
Insgesamt war Buster Keaton in über 150 Film- und Fernsehproduktionen zu sehen.
Zusatzinformationen
1987 legten die Filmhistoriker Kevin Brownlow und David Gill die dreiteilige Dokumentation Buster Keaton: A Hard Act to Follow vor. Die insgesamt 165 Minuten umfassende Fernseh-Dokumentation beeinhaltet neben Interviews mit Buster Keaton aus dem Archiv Gespräche mit Freunden und ehemaligen Mitarbeitern sowie seiner Witwe Eleanor. Dank seines umfangreichen Materials zählt sie zu den informativsten Portaits von Keatons Leben und Werk.
Auf die Frage, wie es für ihn möglich war, die erstaunlichsten Stunts zustandezubringen, soll Keaton seine zahlreichen Narben und Blutergüsse am Körper gezeigt haben.
Filmografie
Kurzfilme mit "Fatty" Arbuckle"
- 1917 - The Butcher Boy
- 1917 - A Reckless Romeo
- 1917 - The Rough House
- 1917 - His Wedding Night
- 1917 - Oh Doctor!
- 1917 - Coney Island
- 1917 - A Country Hero
- 1918 - Out West
- 1918 - The Bell Boy
- 1918 - Moonshine
- 1918 - Good Night, Nurse!
- 1918 - The Cook
- 1919 - Back Stage
- 1919 - The Hayseed
- 1920 - The Garage
Kurzfilme Keaton-Studio
- 1920 - The High Sign (Premiere 1921)
- 1920 - One Week
- 1920 - Convict 13
- 1920 - The Scarecrow
- 1921 - Neighbors
- 1921 - The Haunted House
- 1921 - Hard Luck
- 1921 - The Goat
- 1921 - The Playhouse
- 1921 - The Boat
- 1922 - The Paleface
- 1922 - Cops
- 1922 - My Wife's Relations
- 1922 - The Blacksmith
- 1922 - The Frozen North
- 1922 - Daydreams
- 1922 - The Electric House
- 1923 - The Balloonatic
- 1923 - The Love Nest
Langfilme (stumm) von und/oder mit Buster Keaton
- 1920 - The Saphead
- 1923 - Three Ages (Drei Zeitalter)
- 1923 - Our Hospitality (Verflixte Gastfreundschaft)
- 1924 - Sherlock Jr.
- 1924 - The Navigator (Der Navigator)
- 1925 - Seven Chances (Sieben Chancen)
- 1925 - Go West (Der Cowboy)
- 1926 - Battling Butler (Der Killer von Alabama)
- 1927 - The General
- 1927 - College (Der Musterschüler)
- 1928 - Steamboat Bill Jr.
- 1928 - The Cameraman (Der Kameramann) (MGM)
- 1929 - Spite Marriage (MGM)
Einige Tonfilme mit Buster Keaton
- 1930 - Free and Easy (erster Tonfilm)
- 1932 - The Passionate Plumber (erstmals als Partner von Durante)
- 1933 - What! No Beer? (letzter MGM-Film vor Kündigung)
- 1934 - Le Roi des Champs-Élysées
- 1939 - Hollywood Cavalcade (Keatons erster Farbfilm)
- 1950 - Sunset Boulevard
- 1952 - Paradise for Buster (erster Industriefilm)
- 1952 - Limelight
- 1956 - Around the World in 80 Days
- 1963 - It's a Mad Mad Mad Mad World
- 1965 - War Italian Style (Premiere 1967)
- 1966 - A Funny Thing Happened on the Way to the Forum
- 1966 - The Scribe (Industriefilm; letzter Filmauftritt)
Literatur
- Jim Kline: The Complete Films of Buster Keaton. Citadel Press, 1993, ISBN 0-8065-1303-9
- Wolfram Tichy: Buster Keaton. Mit Selbstzeugnissen und Bilddokumenten. Rowohlt, Reinbek 1983, ISBN 3-499-50318-2
- Robert Benayoun: Buster Keaton. Der Augen-Blick des Schweigens. Bahia, München 1983, ISBN 3-922699-18-9
- Wolfram Schütte, Peter W. Jansen (Hrsg.): Buster Keaton. [Reihe Film Band 3]. Hanser, München und Wien 1975, ISBN 3-446-12002-5
- Tom Dardis: Buster Keaton. The Man Who Wouldn't Lie Down. University Press, Minneapolis 2002, ISBN 0-8166-4001-7
- Eleanor Keaton: Buster Keaton Remembered. Abrams, New York 2001, ISBN 0-8109-4227-5
Weblinks
- Vorlage:IMDb Name
- Biografie auf film-zeit.de
- Fotogallerie Buster Keaton auf www.silentgents.com
- Who's Who - Buster Keaton
- Eine Hommage
- Die internationale Buster Keaton Gesellschaft
- 4 Kurzfilme von Buster Keaton mit abgelaufenem Urheberrecht als Bittorrent-Download
- 4 weitere Kurzfilme von Buster Keaton mit abgelaufenem Urheberrecht als Bittorrent-Download