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„Ekklesiologie (Quäkertum)“ – Versionsunterschied

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Dieser Artikel beschreibt die [[Ekklesiologie]] der [[Quäkertum|Quäker]].
Die '''Quäker''' (auch: ''Religiöse Gesellschaft der Freunde'') sind eine [[Christentum|christliche]] [[Religionsgemeinschaft]], die vor allem in den englischsprachigen Teilen der Welt und in Afrika Verbreitung fand. Sie entstand im [[17. Jahrhundert]] vor allem durch den Einfluss des englischen Handwerkers und Laienpredigers [[George Fox]] ([[1624]]-[[1691]]) auf andere, bereits bestehende lose Gruppierungen, vor allem den [[Seekers]]. Der Name ''Quäker'' stammt aus dem englischen ''to quake'': beben, zittern. Die Anhänger dieser Religionsgemeinschaft, die sich anfangs selbst noch ''Kinder des Lichtes'' nannten, verfielen in ihren Andachten teilweise in eine Art Ekstase, wo sie zu beben und zittern begannen. Deswegen wurden sie als „quaker“ verspottet.


== Verständnis der Mitgliedschaft ==
Ihre Lehre ist im Christentum begründet, unterscheidet sich aber in mehreren Aspekten von dem vorherschenden Verständnis. Quäker glauben daran, dass „etwas von Gott“ in jedem Menschen lebendig ist. Dies wird mit verschiedenen Begriffen, wie z. B. dem ''Inneren Licht'' oder dem ''Geist'' (für engl.: ''spirit'') beschrieben. Quäker kennen keine besonderen [[Sakrament]]e, sondern halten das ganze Leben für ein Sakrament. Dementsprechend wird keine Unterscheidung zwischen [[heilig]] und [[profan]] gemacht.
=== Anfänge ===
Über die Frage, ''wer'' ein Mitglied ist oder ''was'' jemanden dazu macht, wird kontrovers diskutiert.<ref>So zum Beispiel in den Artikeln
* in der Zeitschrift ''Quäker'', Jg. 83 (2008), Nr. 5 (Sep./Okt.), {{ISSN|1619-0394}}, herausgegeben von der Religiösen Gesellschaft der Freunde (Quäker) Deutsche Jahresversammlung e.&nbsp;V.
* von Olaf Radicke: ''Widerrede betreffend eines Artikels über die Mitgliedschaft'', 13. Oktober 2008, {{Webarchiv|url=http://www.the-independent-friend.de/?q=node/295 |wayback=20140312044925 |text=www.the-independent-friend.de |archiv-bot=2024-12-02 19:52:19 InternetArchiveBot }}</ref>
Historisch lassen sich die folgenden Formen und Verständnisse der Mitgliedschaft antreffen. Am Anfang stand die Mitgliedschaft ''by convincement'', da sich das Quäkertum erst in einem Prozess aus anderen Seekerbewegungen herausgebildet und ausdifferenziert hat. So war man Quäker, weil man sich zu einer bestimmten Überzeugung bekannte (und sie auch lebte). Während der ersten 85 Jahre gab es somit keine formale Mitgliedschaft.<ref>[https://neym.org/faith-and-practice/membership ''Membership in the Religious Society of Friends''], auf der Website des ''New England Yearly Meeting of Friends'', abgerufen am 12. April 2024.</ref> Mit den Gründungen der Monats-, Vierteljahres- und Jahresversammlungen gegen Ende der Verfolgungszeit bildete sich auch eine konstitutionelle Auffassung von Mitgliedschaft.


Bis dato war das Quäkertum ''eine'' Erweckungsbewegung unter vielen, die – wie andere auch – für sich in Anspruch nahm, das „wahre Christentum“ wiederentdeckt zu haben. Quäker ''sein'' oder ''nicht sein'', war gleichbedeutend mit ''Christ sein'' oder ''nicht Christ sein''. Das wird zum Beispiel in den Schriften von [[William Penn]] deutlich, wenn er schreibt:<ref>William Penn: ''Ohne Kreuz keine Krone'' (engl. ''No Kross No Krown''). 1825, Kapitel 2, § 10 ([http://de.wikisource.org/wiki/Ohne_Kreuz_keine_Krone online]).</ref>
Quäker gehen wie fast alle protestantischen Glaubensgemeinschaften vom [[Priestertum aller Gläubigen]] aus. Während es bei den frühen Quäkern [[Prediger]] und auch von Anfang an Predigerinnen gab, gibt es heute in konservativen Richtungen des Quäkertums [[Pastor]]en und Pastorinnen (vor allem in den USA und Afrika), während es in liberalen Richtungen des Quäkertums (ebenfalls in den USA und in Europa) meist auch keine Prediger und Predigerinnen mehr gibt. In ihren [[Andacht]]en wollen sie sich der Gegenwart Gottes öffnen. Dabei kann – während einer meist einstündigen, schweigenden [[Meditation]] – jeder, der sich dazu getrieben fühlt, das Wort ergreifen.
:„Aus dieser Einsicht nun, die dir in deinen traurigen Abfall vom ursprünglichen Christenthume, und in die wahre Ursache desselben, — die in nichts anders, als in deiner Vernachlässigung des täglichen Kreuzes Christi bestehet, — hier gegeben ist, wird es dir leicht seyn, dir selbst von dem Mittel zu deiner Wiederherstellung einen klaren Begriff zu machen. Denn, zu derselben Thür, aus welcher du hinausgegangen bist, mußt du auch wieder hereingehen; oder: so wie du dadurch, daß du das tägliche Kreuz sinken ließest, und dich demselben entzogest, dich um deinen glücklichen Zustand gebracht hast, eben so muß auch dein Wiederaufnehmen und dein tägliches ausdauerndes Tragen desselben dich wieder herstellen. Es ist ein und dasselbe Mittel, durch welches Sünder und Abtrünnige zu Jüngern Jesu gemacht werden.“


Das heißt: nicht das Bekenntnis oder die äußerliche rituelle Taufe lassen einen Menschen zum Mitglied der Kirche werden, sondern sein Lebenswandel und Überzeugung. Und so kommt er zu dem Schluss:<ref>William Penn: ''Ohne Kreuz keine Krone'', Kapitel 6, § 12 ([http://de.wikisource.org/wiki/Ohne_Kreuz_keine_Krone/Kap.6 online]).</ref>
Die frühen Quäker hatten viele für Außenstehende befremdliche Gebräuche (Anrede mit „Du“, [[Einheitstracht]], Verbot von Theater, Tanz und Jagd etc.). Ursache hierfür war ursprünglich die Betonung der Gleichheit aller Menschen und die Ablehnung eines „zügellosen“ Lebens. Heute sind die meisten dieser Gebräuche nicht mehr üblich, und insbesondere Kunst und Kultur wird von vielen Quäkern als Bereicherung für ihr spirituelles Leben geschätzt.
:''Denn sowie es damals ein äußeres gesetzliches Jerusalem gab, so giebt es jetzt ein evangelisches, geistliches Jerusalem, die Kirche Gottes, die aus den Gläubigen bestehet.''


=== In der etablierten Gemeinschaft ===
Nach der Überzeugung der Quäker ist niemand auf irgendwelche Glaubenssätze verpflichtet. Dies bedeutet jedoch nicht, dass nicht einzelne Quäker sehr wohl bestimmte Glaubenssätze für unaufgebbar halten. Allerdings besteht die Überzeugung, dass sich der innere Glaube nicht ädaquat in Worten mitteilen lässt. Anstelle von [[Dogma|Dogmen]] gibt es bei den Quäkern eine besonders starke Betonung des sozialen Handelns. Diese geht unter anderem auf die oben beschriebene Idee zurück, dass in jedem Menschen „etwas von Gott“ ist: hierdurch besitzt für die Quäker jeder Mensch eine unverlierbare Würde.
Mit der Konstituierung der Strukturen der Quäkergemeinschaft wurde es dann üblich, dass Mitglieder durch eine Monatsversammlung aufgenommen wurden. Das Prozedere dazu wurde in der ''Ordnung des Zusammenlebens'' (engl. ''The Book of Discipline'') festgelegt. Dabei ging es aber nicht um das Abfragen von Glaubensbekenntnissen, sondern es wurde in erster Linie nachgeforscht, ob der Lebenswandel einer – in ihrem Verständnis – christlichen Überzeugung entsprach. Hier bei mussten die vier [[Quäkerzeugnis]]se (Friedenszeugnis, Einfachheit, Integrität, Gleichheit) eingehalten werden, aber auch sittliches Verhalten (kein Alkohol, kein Tabak, kein Vergnügen, kein außerehelicher Geschlechtsverkehr etc.) musste gezeigt werden. Das Tragen eines Bartes konnte im 18. Jahrhundert schon ein Hindernis für die Mitgliedschaft darstellen.<ref>Claus Bernet: ''„Der Christus so zu Jerusalem eingeritten, sey ein Dieb und Huren Sohn“: Der Prozeß der Dechristianisierung in Preußen um 1800''. In: ''Forschungen zur Brandenburgischen und Preußischen Geschichte'', Neunte Folge, Band 18 (2008), Heft 1, S. 19–51, hier S. 44.</ref> Den Grund für dieses neue Verfahren nennt unter anderem Joseph Gurney Bevan in einer Schrift von 1792:<ref>Joseph Gurney Bevan: ''Abriss der Geschichte, der Lehre und der Zucht der Freunde, die man Quaker nennet. Aufgesezt auf Verlangen Ihrer Abgeordneten in London Wegen der Drangsale''. James Phillips, London 1792; abgedruckt in: Claus Bernet (Hrsg.): ''Deutsche Quäkerschriften'', Band 2: ''Deutsche Quäkerschriften des 18. Jahrhunderts''. Olms, Hildesheim 2007, ISBN 978-3-487-13408-6, S. 30–31.</ref>
:''Ob wir es daher gleich, zur aufbewahrung der zeugnisse die uns anvertrauet sind, und zur erhaltung des friedens und guter ordnung in der gesellschaft, für nötig halten, darfs die welche wir zu unseren mitgliedern aufnemen, vorläufig von den lehren solten überzeugt seyn, die wir für wesentlich halten; so fordern wir dennoch von ihnen kein förmliches unterschrieben irgend einiger artikel, weder als eine bedingung unter welcher sie mitglieder werden, noch auch um sich dienste der kirche fähig zu machen. Wir urteilen daher lieber von den menschen nach ihren früchten, indem wir uns auf die hülfe dessen, der durch seine propheten versprochen hat 'ein geist des rechts dem zu seyn, der zu gerichte sitzet.' Ohne dergleichen ist es gefährlich mitglieder in eine geselschaft aufzunemen.''


So wie die Jahresversammlungen weltweit unterschiedliche ''Ordnungen des Zusammenlebens'' haben, so kann sich im Detail das Aufnahmeverfahren anders gestalten. Nach wie vor ist aber in keinem Flügel der Quäkertums eine (Glaubens-)Taufe üblich, ein Priester oder Pastor nötig oder das Sprechen eines bestimmten Glaubensbekenntnisses. Die [[Deutsche Jahresversammlung]] hat zum Beispiel die Besonderheit, dass die Mitglieder nicht von der Monatsversammlung aufgenommen werden, sondern von der Vierteljahresversammlung (im Deutschen "Bezirksversammlung") und von der Jahresversammlung als Mitglieder geführt werden. Das hängt unter anderem damit zusammen, das viele keine Monatsversammlung regelmäßig besuchen können. Im deutschsprachigen Raum gibt es zudem noch eine weit verbreitete „Doppelmitgliedschaft“.
Weil die Quäker als Gesamtheit nicht dem ''Ökumenischen Konsens'' des [[Ökumenischer Rat der Kirchen|Ökumenischen Rates der Kirchen]] zustimmen können (Bekennen von [[Jesus Christus]] gemäß der [[Bibel|Heiligen Schrift]] als Gott und [[Heiland]]), sind sie nicht Mitglied des [[Ökumenischer Rat der Kirchen|Ökumenischen Rates der Kirchen]], obwohl sie sich für überkonfessionelle Verständigung einsetzen. In Deutschland haben sie in den [[Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen in Deutschland|Arbeitsgemeinschaften Christlicher Kirchen]] meist einen Gast- oder Beobachterstatus.


=== Besondere Formen der Mitgliedschaft ===
Die Quäkergemeinschaft zeichnet sich in ihrer Verwaltung dadurch aus, dass auf allen Ebenen durch die Suche nach einem Konsens Entscheidungen getroffen werden. Die dahinterstehende Idee ist, dass alle Entscheidungen die religiöse Gemeinschaft der Quäker betreffend allein durch das Suchen nach Gottes Wahrheit getroffen werden sollen. Dieser Wahrheitsanspruch wäre durch einen demokratisch gewählten Kompromiss nicht aufrechtzuerhalten. Kann ein Konsens nicht erzielt werden, wird bei einem Beschluss die abweichende Meinung ebenfalls erwähnt. Im deutschsprachigen Raum sind die einzelnen Quäkergemeinden in Regionalversammlungen organisiert, die sich wiederum in Jahresversammlungen organisieren. Die Gemeinden, Regional- und Jahresversammlungen bewahren eine weitestgehende Unabhängigkeit untereinander. Die Jahresversammlungen sind im ''Friends World Committee'' zusammengeschlossen.
Irgendwann bürgerte sich die ''Birthright Membership'' ein, also die Mitgliedschaft durch die Geburt in einer Quäkerfamilie. Auch hierüber wurde und wird z.&nbsp;T. noch gestritten. In den meisten Quäkergemeinschaften in Nordamerika und Europa gibt es diesen Status der Mitgliedschaft nicht.


Mit dem Begriff „Freund der Freunde“ werden Personen benannt, die der Quäkergemeinschaft sehr nahestehen, aber nicht formal Mitglied einer Versammlung sind. In der Ordnung des Zusammenlebens zum Beispiel des Ohio Yearly Meeting.<ref>{{Webarchiv|url=http://www.ohioyearlymeeting.org/discipline.htm |wayback=20090307121429 |text=''The Book of Discipline'' des Ohio Yearly Meeting }}</ref> gibt es noch weitere Begriffe der Mitgliedschaft: „Waiting Membership“, „Affiliate Membership“ und „Full and Active Membership“. Mit „Jungfreunde“ sind Jugendliche und junge Erwachsene gemeint, die in enger Verbindung zur Quäkergemeinschaft stehen, sei es durch Jugendgruppen oder Quäkereltern.
Die Quäker sind bekannt für ihren aktiven sozialen Einsatz:
*Sie setzten sich für die [[Religionsfreiheit]] ein, z. B. hatte der Quäkerstaat [[Pennsylvania]] schon im [[17. Jahrhundert]] absolute Religionsfreiheit für jedes Bekenntnis. Dies galt auch gegenüber den Indianern.
*Ebenso waren die Quäker bereits im [[18. Jahrhundert]] Vorkämpfer für die Abschaffung der [[Sklaverei]]. Die amerikanischen Quäker engagierten sich auch in der Sklavenbefreiung (ab 1820 „Underground Railroad“, ''Heimliche Eisenbahn'', genannt).
*Bei der Begründung der amerikanischen [[Frauenrechtsbewegung]] 1848 in Seneca Falls waren Quäkerinnen die Hauptbeteiligen.
*Sie zeichnen sich durch konsequenten [[Pazifismus]] aus, den sie auch offensiv vertreten, und streben einen internationalen [[Zivildienst]] für [[Kriegsdienstverweigerer]] aus Glaubens- und Gewissensgründen an.
*Zwischen den beiden Weltkriegen waren sie die energischsten Befürworter des [[Völkerbund]]es und der Erhaltung des [[Frieden|Weltfriedens]].
*Nach den [[Weltkrieg]]en retteten sie Tausende deutscher Kinder vor dem Verhungern ([[Quäkerspeisung]]).
*Folgerichtig erhielten ihre beiden Hauptorganisationen in [[London]] und [[Washington]] den [[Friedensnobelpreis]] [[1947]].


== Wahrnehmung und Beurteilung der Umwelt ==
Im deutschsprachigen Raum haben die Quäker ca. zweihundertfünfzig Mitglieder und noch einmal etwa dieselbe Anzahl von an ihren Andachten teilnehmende Menschen. International gibt es rund 300 000 Quäker.
In den Anfängen der Quäkerbewegung hatten Außenstehende oft große Probleme, Quäker von anderen – in ihren Augen – Sekten zu unterscheiden. In Kontinentaleuropa und vor allem in Deutschland gab es im 17. und 18. Jahrhundert eine Reihe von Hetzschriften gegen Quäker, in denen sie für ihnen wesensfremde Dinge angegriffen wurden, so zum Beispiel „[[Vielweiberei]]“, was unter Quäkern nie ein Thema war.<ref>Siehe hierzu auch [[Sünne Juterczenka]]: ''Über Gott und die Welt – Endzeitvisionen, Reformdebatten und die europäische Quäkermission in der Frühen Neuzeit.'' Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 2008, ISBN 978-3-525-35458-2.</ref>


Oft wurden sie auch mit [[Mennoniten]] verwechselt oder diesen gleichgestellt. So gab es einen jahrelangen Streit unter Historikern, welcher Denomination die Auswanderer unter [[Franz Daniel Pastorius]] zuzurechnen seien.
Ihr Zentrum in Deutschland befindet sich in [[Bad Pyrmont]].


{{Zitat|Über diese Auswanderung entzündete sich eine heftige Diskussion. Es ging dabei um die Frage, welcher Denomination die Auswanderer zuzurechnen seien. Die Diskussion ist wissenschaftshistorisch sowohl für Mennoniten- wie auch für Quäkerforscher von Interesse [...]. Die Diskussion eröffnete Christian Neff [...] mit dem Aufsatz 'Die Quäker in Kriegsheim bei Worms' (1911) [Dann folgte ein jahrelanger Schlagabtausch an dem sich beteiligen: W.Hubben mit drei Aufsätzen, (1926, 1928, 1938), W. Hull und S.W. Pennypacker (1927), F. Nieper und D. Cattepoel (1937), W. Fellmann, W.Niepoth (1953) und abschließend Boecken (1982)] Die damalige Auseinandersetzungen haben die wissenschaftlichen Beziehungen beider Kirchen, die in Deutschland nur wenige gegenseitige Kontakte pflegen, leider nachhaltig gestört. Wissenschaftshistorisch ist zu bemerken, daß der Irrtum Hulls nicht zu korrigieren ist, erst jüngst wurden von renommierter Seite die Krefelder Auswanderer irrtümlich wieder als Mennoniten bezeichnet.|Claus Bernet: ''Quäker und Mennoniten''. In: ders: ''400 Jahre Mennoniten in Krefeld''. Mennonitischer Geschichtsverein, Bolanden 2008, ISBN 978-3-921881-26-2, dort S. 50 und 51.}}
==Bekannte Quäker==
*[[Elisabeth Fry]], Gefängnisseelsorgerin
Bis heute sprechen einige – vor allem evangelikale – Gruppen dem Quäkertum ab, eine christliche Gemeinschaft zu sein. Kritisiert wird zum einen das fehlende Bekenntnis, die fehlende Taufe und das Verständnis von der [[Rechtfertigung (Theologie)|Rechtfertigung]]. Da – wie oben schon geschildert – der Lebenswandel ein entscheidendes Kriterium für die Aufnahme von Mitgliedern ist, wird hier der Gedanke der [[Werkgerechtigkeit]] zum Vorwurf gemacht.
*[[Johns Hopkins]], Geschäftsmann, [[Philanthrop]] und Stifter
*[[William Penn]], Gründer von Pennsylvania
*[[Robert Barclay]], Theologe
*[[Joseph Lister]], Arzt, Erfinder der Desinfektion


== Literatur ==
== Glossar ==
Für die im Artikel verwendeten Fachbegriffe siehe den Artikel [[Glossar Quäkertum]].


== Einzelnachweise ==
* R. C. Scott (Hrsg.): ''Die Quäker''. Evangelisches Verlagswerk 1974, ISBN 3771501636.
<references />


{{SORTIERUNG:Ekklesiologie #Quakertum}}
==Weblinks:==
[[Kategorie:Quäkertum]]
*[http://www.quaeker.org/ (Webseite der Quäker in Deutschland)]
[[Kategorie:Ekklesiologie]]
*[http://www.quaker.org.uk (Webseite der Quäker in GB, englisch)]
[[Kategorie:Kirchenwesen]]
*[http://www.quaker.org/ (internationale Überblicksseite, englisch)]

[[en:Religious Society of Friends]]
[[fr:Quaker]]

Aktuelle Version vom 2. Dezember 2024, 21:52 Uhr

Dieser Artikel beschreibt die Ekklesiologie der Quäker.

Verständnis der Mitgliedschaft

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Über die Frage, wer ein Mitglied ist oder was jemanden dazu macht, wird kontrovers diskutiert.[1] Historisch lassen sich die folgenden Formen und Verständnisse der Mitgliedschaft antreffen. Am Anfang stand die Mitgliedschaft by convincement, da sich das Quäkertum erst in einem Prozess aus anderen Seekerbewegungen herausgebildet und ausdifferenziert hat. So war man Quäker, weil man sich zu einer bestimmten Überzeugung bekannte (und sie auch lebte). Während der ersten 85 Jahre gab es somit keine formale Mitgliedschaft.[2] Mit den Gründungen der Monats-, Vierteljahres- und Jahresversammlungen gegen Ende der Verfolgungszeit bildete sich auch eine konstitutionelle Auffassung von Mitgliedschaft.

Bis dato war das Quäkertum eine Erweckungsbewegung unter vielen, die – wie andere auch – für sich in Anspruch nahm, das „wahre Christentum“ wiederentdeckt zu haben. Quäker sein oder nicht sein, war gleichbedeutend mit Christ sein oder nicht Christ sein. Das wird zum Beispiel in den Schriften von William Penn deutlich, wenn er schreibt:[3]

„Aus dieser Einsicht nun, die dir in deinen traurigen Abfall vom ursprünglichen Christenthume, und in die wahre Ursache desselben, — die in nichts anders, als in deiner Vernachlässigung des täglichen Kreuzes Christi bestehet, — hier gegeben ist, wird es dir leicht seyn, dir selbst von dem Mittel zu deiner Wiederherstellung einen klaren Begriff zu machen. Denn, zu derselben Thür, aus welcher du hinausgegangen bist, mußt du auch wieder hereingehen; oder: so wie du dadurch, daß du das tägliche Kreuz sinken ließest, und dich demselben entzogest, dich um deinen glücklichen Zustand gebracht hast, eben so muß auch dein Wiederaufnehmen und dein tägliches ausdauerndes Tragen desselben dich wieder herstellen. Es ist ein und dasselbe Mittel, durch welches Sünder und Abtrünnige zu Jüngern Jesu gemacht werden.“

Das heißt: nicht das Bekenntnis oder die äußerliche rituelle Taufe lassen einen Menschen zum Mitglied der Kirche werden, sondern sein Lebenswandel und Überzeugung. Und so kommt er zu dem Schluss:[4]

Denn sowie es damals ein äußeres gesetzliches Jerusalem gab, so giebt es jetzt ein evangelisches, geistliches Jerusalem, die Kirche Gottes, die aus den Gläubigen bestehet.

In der etablierten Gemeinschaft

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Mit der Konstituierung der Strukturen der Quäkergemeinschaft wurde es dann üblich, dass Mitglieder durch eine Monatsversammlung aufgenommen wurden. Das Prozedere dazu wurde in der Ordnung des Zusammenlebens (engl. The Book of Discipline) festgelegt. Dabei ging es aber nicht um das Abfragen von Glaubensbekenntnissen, sondern es wurde in erster Linie nachgeforscht, ob der Lebenswandel einer – in ihrem Verständnis – christlichen Überzeugung entsprach. Hier bei mussten die vier Quäkerzeugnisse (Friedenszeugnis, Einfachheit, Integrität, Gleichheit) eingehalten werden, aber auch sittliches Verhalten (kein Alkohol, kein Tabak, kein Vergnügen, kein außerehelicher Geschlechtsverkehr etc.) musste gezeigt werden. Das Tragen eines Bartes konnte im 18. Jahrhundert schon ein Hindernis für die Mitgliedschaft darstellen.[5] Den Grund für dieses neue Verfahren nennt unter anderem Joseph Gurney Bevan in einer Schrift von 1792:[6]

Ob wir es daher gleich, zur aufbewahrung der zeugnisse die uns anvertrauet sind, und zur erhaltung des friedens und guter ordnung in der gesellschaft, für nötig halten, darfs die welche wir zu unseren mitgliedern aufnemen, vorläufig von den lehren solten überzeugt seyn, die wir für wesentlich halten; so fordern wir dennoch von ihnen kein förmliches unterschrieben irgend einiger artikel, weder als eine bedingung unter welcher sie mitglieder werden, noch auch um sich dienste der kirche fähig zu machen. Wir urteilen daher lieber von den menschen nach ihren früchten, indem wir uns auf die hülfe dessen, der durch seine propheten versprochen hat 'ein geist des rechts dem zu seyn, der zu gerichte sitzet.' Ohne dergleichen ist es gefährlich mitglieder in eine geselschaft aufzunemen.

So wie die Jahresversammlungen weltweit unterschiedliche Ordnungen des Zusammenlebens haben, so kann sich im Detail das Aufnahmeverfahren anders gestalten. Nach wie vor ist aber in keinem Flügel der Quäkertums eine (Glaubens-)Taufe üblich, ein Priester oder Pastor nötig oder das Sprechen eines bestimmten Glaubensbekenntnisses. Die Deutsche Jahresversammlung hat zum Beispiel die Besonderheit, dass die Mitglieder nicht von der Monatsversammlung aufgenommen werden, sondern von der Vierteljahresversammlung (im Deutschen "Bezirksversammlung") und von der Jahresversammlung als Mitglieder geführt werden. Das hängt unter anderem damit zusammen, das viele keine Monatsversammlung regelmäßig besuchen können. Im deutschsprachigen Raum gibt es zudem noch eine weit verbreitete „Doppelmitgliedschaft“.

Besondere Formen der Mitgliedschaft

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Irgendwann bürgerte sich die Birthright Membership ein, also die Mitgliedschaft durch die Geburt in einer Quäkerfamilie. Auch hierüber wurde und wird z. T. noch gestritten. In den meisten Quäkergemeinschaften in Nordamerika und Europa gibt es diesen Status der Mitgliedschaft nicht.

Mit dem Begriff „Freund der Freunde“ werden Personen benannt, die der Quäkergemeinschaft sehr nahestehen, aber nicht formal Mitglied einer Versammlung sind. In der Ordnung des Zusammenlebens zum Beispiel des Ohio Yearly Meeting.[7] gibt es noch weitere Begriffe der Mitgliedschaft: „Waiting Membership“, „Affiliate Membership“ und „Full and Active Membership“. Mit „Jungfreunde“ sind Jugendliche und junge Erwachsene gemeint, die in enger Verbindung zur Quäkergemeinschaft stehen, sei es durch Jugendgruppen oder Quäkereltern.

Wahrnehmung und Beurteilung der Umwelt

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In den Anfängen der Quäkerbewegung hatten Außenstehende oft große Probleme, Quäker von anderen – in ihren Augen – Sekten zu unterscheiden. In Kontinentaleuropa und vor allem in Deutschland gab es im 17. und 18. Jahrhundert eine Reihe von Hetzschriften gegen Quäker, in denen sie für ihnen wesensfremde Dinge angegriffen wurden, so zum Beispiel „Vielweiberei“, was unter Quäkern nie ein Thema war.[8]

Oft wurden sie auch mit Mennoniten verwechselt oder diesen gleichgestellt. So gab es einen jahrelangen Streit unter Historikern, welcher Denomination die Auswanderer unter Franz Daniel Pastorius zuzurechnen seien.

„Über diese Auswanderung entzündete sich eine heftige Diskussion. Es ging dabei um die Frage, welcher Denomination die Auswanderer zuzurechnen seien. Die Diskussion ist wissenschaftshistorisch sowohl für Mennoniten- wie auch für Quäkerforscher von Interesse [...]. Die Diskussion eröffnete Christian Neff [...] mit dem Aufsatz 'Die Quäker in Kriegsheim bei Worms' (1911) [Dann folgte ein jahrelanger Schlagabtausch an dem sich beteiligen: W.Hubben mit drei Aufsätzen, (1926, 1928, 1938), W. Hull und S.W. Pennypacker (1927), F. Nieper und D. Cattepoel (1937), W. Fellmann, W.Niepoth (1953) und abschließend Boecken (1982)] Die damalige Auseinandersetzungen haben die wissenschaftlichen Beziehungen beider Kirchen, die in Deutschland nur wenige gegenseitige Kontakte pflegen, leider nachhaltig gestört. Wissenschaftshistorisch ist zu bemerken, daß der Irrtum Hulls nicht zu korrigieren ist, erst jüngst wurden von renommierter Seite die Krefelder Auswanderer irrtümlich wieder als Mennoniten bezeichnet.“

Claus Bernet: Quäker und Mennoniten. In: ders: 400 Jahre Mennoniten in Krefeld. Mennonitischer Geschichtsverein, Bolanden 2008, ISBN 978-3-921881-26-2, dort S. 50 und 51.

Bis heute sprechen einige – vor allem evangelikale – Gruppen dem Quäkertum ab, eine christliche Gemeinschaft zu sein. Kritisiert wird zum einen das fehlende Bekenntnis, die fehlende Taufe und das Verständnis von der Rechtfertigung. Da – wie oben schon geschildert – der Lebenswandel ein entscheidendes Kriterium für die Aufnahme von Mitgliedern ist, wird hier der Gedanke der Werkgerechtigkeit zum Vorwurf gemacht.

Für die im Artikel verwendeten Fachbegriffe siehe den Artikel Glossar Quäkertum.

Einzelnachweise

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  1. So zum Beispiel in den Artikeln
    • in der Zeitschrift Quäker, Jg. 83 (2008), Nr. 5 (Sep./Okt.), ISSN 1619-0394, herausgegeben von der Religiösen Gesellschaft der Freunde (Quäker) Deutsche Jahresversammlung e. V.
    • von Olaf Radicke: Widerrede betreffend eines Artikels über die Mitgliedschaft, 13. Oktober 2008, www.the-independent-friend.de (Memento des Originals vom 12. März 2014 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.the-independent-friend.de
  2. Membership in the Religious Society of Friends, auf der Website des New England Yearly Meeting of Friends, abgerufen am 12. April 2024.
  3. William Penn: Ohne Kreuz keine Krone (engl. No Kross No Krown). 1825, Kapitel 2, § 10 (online).
  4. William Penn: Ohne Kreuz keine Krone, Kapitel 6, § 12 (online).
  5. Claus Bernet: „Der Christus so zu Jerusalem eingeritten, sey ein Dieb und Huren Sohn“: Der Prozeß der Dechristianisierung in Preußen um 1800. In: Forschungen zur Brandenburgischen und Preußischen Geschichte, Neunte Folge, Band 18 (2008), Heft 1, S. 19–51, hier S. 44.
  6. Joseph Gurney Bevan: Abriss der Geschichte, der Lehre und der Zucht der Freunde, die man Quaker nennet. Aufgesezt auf Verlangen Ihrer Abgeordneten in London Wegen der Drangsale. James Phillips, London 1792; abgedruckt in: Claus Bernet (Hrsg.): Deutsche Quäkerschriften, Band 2: Deutsche Quäkerschriften des 18. Jahrhunderts. Olms, Hildesheim 2007, ISBN 978-3-487-13408-6, S. 30–31.
  7. The Book of Discipline des Ohio Yearly Meeting (Memento vom 7. März 2009 im Internet Archive)
  8. Siehe hierzu auch Sünne Juterczenka: Über Gott und die Welt – Endzeitvisionen, Reformdebatten und die europäische Quäkermission in der Frühen Neuzeit. Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 2008, ISBN 978-3-525-35458-2.