„Clearstream“ – Versionsunterschied
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'''Clearstream Banking S.A.''' (vormals '''Cedel''') ist eine [[Clearinggesellschaft]] mit Sitz in [[Luxemburg]]. Zu ihren Aufgaben zählen die Verwahrung von Wertpapieren ([[Custody]]), die Abwicklung von Wertpapiertransaktionen (Settlement) sowie Mehrwertdienstleistungen wie die Verwaltung von hinterlegen Sicherheiten (Collateral Management) und die Vermittlung von Wertpapierleihe zur Erhöhung der Settlement-Effizienz. |
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{{Infobox Unternehmen |
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Die Gesellschaft wurde in der Folge von mehreren [[Daewoo]]-Fabrikschließungen im Jahr 2000 in [[Lothringen|Lorraine]] ([[Frankreich]]) Gegenstand zweier Untersuchungsausschüsse (der [[Nationalversammlung (Frankreich)|französischen Nationalversammlung]] und des [[Europäisches Parlament|Europäischen Parlaments]]). |
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| Name = Clearstream International S.A. |
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In derselben Zeit wechselte der Geschäftsführer (1990-2001: André Lussi; seit 2001: André Roelants - zuvor bei [[Dexia]]). Die Gesellschaft ist eine hundertprozentige Tochter der [[Deutsche Börse]] AG. |
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| Logo = Clearstream logo.svg |
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| Unternehmensform = [[Société Anonyme (Luxemburg)|Société anonyme]] |
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| Gründungsdatum = 2000 |
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| Auflösungsdatum = |
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| Sitz = [[Luxemburg]] |
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| Leitung = |
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| Mitarbeiterzahl = 1.767<ref name="GB2018">{{Internetquelle |abruf=2019-08-27 |url=https://deutsche-boerse.com/resource/blob/1443022/b6de6a2ebe7efd65fc6e9b882db2ecd1/data/GDB-Geschaeftsbericht-2018.pdf |titel=Geschäftsbericht 2018 |werk=deutsche-boerse.com |format=PDF}}</ref> |
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| Umsatz = 727,3 Millionen [[Euro]]<ref name="GB2018"/> |
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| Stand = 2018-12-31 |
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| Branche = [[Clearinghaus]] |
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| Homepage = [https://www.clearstream.com www.clearstream.com] |
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'''Clearstream International S.A.''' ist eine im Jahr 2000 aus der Fusion der ''Deutsche Börse Clearing AG'' (vormals ''Deutscher Kassenverein AG'') und ''Cedel International'' hervorgegangene Abwicklungs- und Verwahrgesellschaft mit Sitz in [[Luxemburg]]. Clearstream fungiert auch als [[Zentralverwahrer]] für die internationalen Kapitalmärkte und für deutsche und luxemburgische inländische [[Wertpapier]]e. Das [[Unternehmen]] ist vollständig im Eigentum der [[Deutsche Börse|Deutschen Börse AG]].<ref>{{Internetquelle |zugriff=2017-02-19 |url=http://www.clearstream.com/clearstream-en/about-clearstream/who-we-are |titel=Who we are |hrsg=Clearstream}}</ref> Der Hauptkonkurrent ist [[Euroclear]]. |
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Bei Clearstream werden im Kundenauftrag Wertpapiere im Wert von 7,3 Billionen [[Euro]] verwaltet und jährlich über 60 Millionen Transaktionen mit einem Gesamt-Transfervolumen von etwa 10 Billionen Euro abgewickelt. (Stand Ende 2003). |
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== Unternehmensprofil == |
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'' Siehe auch '': [[Wertpapier]], [[Euroclear]], [[Settlement]], [[Deutsche Börse]], [[Custody]] |
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Das Kerngeschäft ist die Dienstleistung als Zentralverwahrer, also die Abwicklung und Verwahrung von Wertpapieren. Der Wert der von Clearstream verwahrten Wertpapiere belief sich 2018 im Jahresdurchschnitt auf etwa 11,303 Billionen Euro.<ref name="GB2018"/> Damit zählt Clearstream zu den größten weltweit tätigen Anbietern von Wertpapierdiensten. In [[Deutschland]] werden die meisten Wertpapiere technisch von Clearstream verwaltet. Außerdem bietet Clearstream Mehrwertdienste an, etwa die globale Wertpapierfinanzierung und Investmentfonds-Services. Eine besondere Rolle kommt der elektronischen Speicherung von Wertpapierinformationen zu. |
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Das Abwicklungsvolumen von Clearstream belief sich im Jahr 2018 auf 48,4 Millionen Transaktionen.<ref name="GB2018"/> |
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== Geschichte == |
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[[Datei:Bank des Berliner Kassenvereins 1850.JPG|mini|Aktie über 1000 Taler der Bank des Berliner Kassenvereins vom 1. Oktober 1850]] |
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[[Datei:Landesbank Saar 2006.jpg|mini|Sammelurkunde öffentlicher Pfandbriefe der Landesbank Saar vom März 2006 zur Verwahrung bei der Clearstream Banking AG]] |
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Die Wurzeln der [[Girosammelverwahrung]] in Deutschland reichen bis in das Jahr 1882 zurück, als die ''Bank des Berliner Kassenvereins AG''<ref>[http://www.historische-wertpapiere-deutschland.de/auktion51/katalog/Los1bis7.pdf Aktie und Geschichte der Bank des Berliner Kassenvereins] (PDF; 3 kB).</ref> in [[Berlin]] begann, die Funktion einer zentralen [[Wertpapiersammelbank]] auszuüben<ref>Reinhold Adrian, [[Karl Friedrich Hagenmüller]], Gerhard Diepen, Thomas Heidorn: ''Der Bankbetrieb'', Seiten 312 ff.</ref>. Es folgte im Jahr 1887 die ''Liquidationskasse in Hamburg'', die ''Kassenverein AG'' in Köln (1923) und die ''Rheinisch-Westfälische Kassenverein AG'' im Jahr 1924 in Essen. |
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Im Jahr 1942 übernahm die [[Reichsbank]] alle bis dahin bestehenden elf deutschen Kassenvereine samt deren Wertpapiersammel- und Abwicklungsgeschäft. |
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Im Jahr 1949 wurden mit Ausnahme von der [[Bremer Börse]] an jedem [[Regionalbörse|deutschen Börsenplatz]] neue Wertpapiersammelbanken (Kassenvereine) in Form von [[Aktiengesellschaft (Deutschland)|Aktiengesellschaften]] (wieder-)gegründet: |
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* 29. Juni 1949: ''Norddeutsche Kassenverein A.G.'' in Hamburg<ref>{{ Webarchiv | url=http://www.abendblatt.de/archiv/article.php?xmlurl=/ha/1949/xml/19490629xml/habxml49_7392.xml | wayback=20140808053413 | text= Historisches Archiv · Nr. 76 vom 29. Juni 1949 · Seite 11 }}</ref> |
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1970 wurde der ''[[Deutscher Auslandskassenverein|Deutsche Auslandskassenverein]]'' gegründet, deren Aktionäre die regionalen deutschen Kassenvereine waren. Am 29. Dezember 1989 fusionierten die sieben deutschen Kassenvereine zur ''Deutschen Kassenverein AG''. Im Oktober 1997 wurde die ''Deutscher Kassenverein AG'' in ''Deutsche Börse Clearing AG'' umbenannt. |
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Durch die Fusion der ''Deutsche Börse Clearing AG'' mit der Abwicklungsorganisation ''Cedel International'' entstand dann Anfang des Jahres 2000 die ''Clearstream International S.A.'' mit Hauptsitz in Luxemburg, deren Anteile sämtlich von der [[Deutsche Börse AG]] gehalten werden. |
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=== Affären === |
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==== 2001 ==== |
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Im Jahr 2001 mit der Veröffentlichung des Buches „Révélation$“ von Denis Robert und dem Ex-Clearstream-Mitarbeiter Ernest Backes wurde Clearstream beschuldigt, eine internationale Plattform für Geldwäsche und Steuerflucht über ein illegales System von Geheimkonten zu sein. Die Luxemburger Justiz hat eine Untersuchung durchgeführt und festgehalten, dass es keine Substanz zu derartigen Anklagen gab. |
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==== 2004 ==== |
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{{Hauptartikel|Clearstream-Affäre}} |
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Im Frühjahr 2004 kam es zur „zweiten Clearstream Affäre“, die mehr Aufmerksamkeit erregte. Der Richter [[Renaud van Ruymbeke]] erhielt anonym Listen zugespielt, die sich mit dem Frankreich-Taiwan-Fregatten-Skandal auseinandersetzten und aus denen hervorgegangen sein sollte, dass mehrere französische Politiker Geheimkonten bei Clearstream hätten, darunter [[Nicolas Sarkozy]], über die illegale Zahlungen abgewickelt worden seien. Der Richter stellte in der Untersuchung fest, dass die Listen gefälscht waren. Im Jahr 2006 erhoben die betroffenen Politiker Klage, woraufhin eine Untersuchung eröffnet wurde, die große Aufregung in der französischen Politik verursachte.<ref>{{Internetquelle |zugriff=2017-02-19 |url=https://www.heise.de/tp/features/Die-Clearstream-Affaere-3406155.html |titel=Die Clearstream-Affäre |werk=[[telepolis]] |datum=2006-05-09 |autor=Bernhard Schmid}}</ref><ref>{{Internetquelle |zugriff=2017-02-19 |url=http://newsv1.orf.at/ticker/219438.html?tmp=10512 |titel=Clearstream-Affäre: EADS-Manager in U-Haft |werk=[[ORF]]}}</ref> Drei Personen wurden im Januar 2010 verurteilt, Jean-Louis Gergorin, Imad Lahoud und Florian Bourges. Der Journalist Denis Robert wurde unter Berufung auf das Recht auf freie Meinungsäußerung freigesprochen. |
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=== Rechtsstreit um iranische Gelder === |
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Clearstream ist sowohl in Deutschland wie in den USA in einen Rechtsstreit im Zusammenhang mit dem US-Iran-Embargo verwickelt. |
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In dem US-amerikanischen Fall geht es um 2 Milliarden Dollar auf einem Konto bei [[Citigroup]], die nach Angabe des US-Schatzamtes (''US Treasury'') aus dem Iran stammen sollen. Das ''U.S. District Court for the Southern District of New York'' hatte im Juni 2008 entschieden, dass dieses Guthaben eingefroren werden soll. Grund dafür ist eine Klage von US-[[Marinesoldat]]en, die 1983 bei einem Terrorangriff auf Kasernen in [[Beirut]] getötet oder verletzt worden sind.<ref>{{Internetquelle |zugriff=2017-02-19 |url=https://www.wsj.com/articles/SB126057864707988237 |titel=U.S. Freezes $2 Billion in Iran Case |werk=[[The Wall Street Journal]] |datum=2009-12-12 |autor=Jay Solomon}}</ref> |
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In dem vor deutschen Gerichten anhängigen Fall ging es um die Schadensersatzforderung einer iranischen Bank, die eine Niederlassung in München unterhält und deren über eine deutsche [[Volksbank]] verwaltetes Wertpapierguthaben Clearstream als Wertpapiersammelbank eingefroren hatte. Das Landgericht Frankfurt am Main hat die Klage der iranischen Bank erstinstanzlich abgewiesen, das Oberlandesgericht Frankfurt hat die hiergegen von der iranischen Bank eingelegte Berufung mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass das mit den Hilfsanträgen geltend gemachte Unterlassungsbegehren und der die Zinsen und Rückzahlungsbeträge betreffende Feststellungsantrag jeweils hinsichtlich der Wertpapiere mit inländischer Wertpapierkennnummer, sowie der Antrag auf Feststellung der Pflicht zum Ersatz weiterer Rechtsanwaltskosten derzeit unbegründet sind. Der Bundesgerichtshof hat das Berufungsurteil auf die Revisionen beider Parteien aufgehoben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Oberlandesgericht Frankfurt zurückverwiesen; der iranischen Bank ständen zwar keine vertraglichen Schadensersatzansprüche gegen die Wertpapiersammelbank zu, die Wertpapiersammelbank habe aber durch das Einfrieren der Wertpapiere das Eigentum und ein sonstiges Recht der iranischen Bank im Sinne des § 823 Abs. 1 BGB verletzt.<ref>{{Internetquelle |zugriff=2025-03-21 |url=https://www.rechtslupe.de/wirtschaftsrecht/kapitalanlagerecht/die-deutsche-wertpapiersammelbank-und-das-us-amerikanische-iran-embargo-3286679 |titel=Die deutsche Wertpapiersammelbank – und das US-amerikanische Iran-Embargo |werk=[[Rechtslupe]] |datum=2025-03-21 |autor=Rechtslupe}}</ref> |
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=== Cum-Ex-Verwicklung === |
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Die [[ARD]]-Tagesschau berichtete am 27. August 2019 von staatsanwaltlich angeordneten Durchsuchungen der Geschäftsräume Clearstreams in [[Eschborn]] zwecks [[Beweismittel]]sicherung. Die Staatsanwaltschaft Köln veranlasste sie wegen hinreichenden Indizien für eine Verwicklung des Unternehmens in rechtswidrige [[Dividendenstripping|Cum-Ex]]-Geschäfte. Der Pressesprecher der Deutschen Börse sagte dazu, das Unternehmen werde „wie in der Vergangenheit vollumfänglich mit den Behörden kooperieren“.<ref>{{Internetquelle |url=https://www.tagesschau.de/wirtschaft/cum-ex-razzia-101.html |titel=Cum-Ex-Skandal Razzia bei Deutsche-Börse-Tochter |werk=www.tagesschau.de |abruf=2019-08-27}}</ref> |
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== Literatur == |
== Literatur == |
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* Denis Robert, Ernest Backes: ''Das Schweigen des Geldes. Der Clearstream-Skandal |
* Denis Robert, Ernest Backes: ''Das Schweigen des Geldes. Der Clearstream-Skandal''. Pendo-Verlag, Zürich 2003, ISBN 3-85842-546-X. |
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* David Loader |
* David Loader: ''Clearing, Settlement, and Custody''. Butterworth-Heinemann, Oxford 2002, ISBN 0-7506-5484-8, (''Operations Management Series''). |
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* [[Jean-Pierre Thiollet]], ''Beau linge et argent sale. Fraude fiscale internationale et blanchiment des capitaux''. Anagramme édition, Croissy-sur-Seine 2002, ISBN 2-914571-17-8. |
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* David M. Weiss |
* David M. Weiss: ''Global Securities Processing. The Markets, the Products''. New York Institute of Finance, Paramus, NJ u. a. 1998, ISBN 0-13-323965-9. |
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== Weblinks == |
== Weblinks == |
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*[ |
* [https://www.clearstream.com/ www.clearstream.com] – Webpräsenz des Unternehmens |
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*[http://www.heise.de/tp/r4/artikel/22/22635/1.html „Die Clearstream-Affäre“], [[Telepolis]], 9. Mai 2006 |
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*[http://www.jungle-world.com/seiten/2006/19/7723.php „Intrige im Elyséepalast“], [[Jungle World]], 10. Mai 2006, Nr. 19 |
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*[http://www.weltwoche.ch/artikel/?AssetID=13919&CategoryID=66 „Die Tage der langen Messer“], [[Weltwoche]], 11. Mai 2006, Nr. 19 |
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*[http://www.tagesspiegel.de/politik/archiv/20.05.2006/2545226.asp#art „Clearstream“: Villepin verstrickt sich], [[Tagesspiegel]], 20. Mai 2006 |
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== Einzelnachweise == |
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<references /> |
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[[Kategorie:Clearinggesellschaft]] |
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[[fr:Clearstream]] |
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[[Kategorie:Unternehmensgründung 2000]] |
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[[it:Clearstream]] |
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[[Kategorie:Finanzdienstleister (Luxemburg)]] |
Aktuelle Version vom 22. März 2025, 00:13 Uhr
Clearstream International S.A.
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Rechtsform | Société anonyme |
Gründung | 2000 |
Sitz | Luxemburg |
Mitarbeiterzahl | 1.767[1] |
Umsatz | 727,3 Millionen Euro[1] |
Branche | Clearinghaus |
Website | www.clearstream.com |
Stand: 31. Dezember 2018 |
Clearstream International S.A. ist eine im Jahr 2000 aus der Fusion der Deutsche Börse Clearing AG (vormals Deutscher Kassenverein AG) und Cedel International hervorgegangene Abwicklungs- und Verwahrgesellschaft mit Sitz in Luxemburg. Clearstream fungiert auch als Zentralverwahrer für die internationalen Kapitalmärkte und für deutsche und luxemburgische inländische Wertpapiere. Das Unternehmen ist vollständig im Eigentum der Deutschen Börse AG.[2] Der Hauptkonkurrent ist Euroclear.
Unternehmensprofil
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Das Kerngeschäft ist die Dienstleistung als Zentralverwahrer, also die Abwicklung und Verwahrung von Wertpapieren. Der Wert der von Clearstream verwahrten Wertpapiere belief sich 2018 im Jahresdurchschnitt auf etwa 11,303 Billionen Euro.[1] Damit zählt Clearstream zu den größten weltweit tätigen Anbietern von Wertpapierdiensten. In Deutschland werden die meisten Wertpapiere technisch von Clearstream verwaltet. Außerdem bietet Clearstream Mehrwertdienste an, etwa die globale Wertpapierfinanzierung und Investmentfonds-Services. Eine besondere Rolle kommt der elektronischen Speicherung von Wertpapierinformationen zu.
Das Abwicklungsvolumen von Clearstream belief sich im Jahr 2018 auf 48,4 Millionen Transaktionen.[1]
Geschichte
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Die Wurzeln der Girosammelverwahrung in Deutschland reichen bis in das Jahr 1882 zurück, als die Bank des Berliner Kassenvereins AG[3] in Berlin begann, die Funktion einer zentralen Wertpapiersammelbank auszuüben[4]. Es folgte im Jahr 1887 die Liquidationskasse in Hamburg, die Kassenverein AG in Köln (1923) und die Rheinisch-Westfälische Kassenverein AG im Jahr 1924 in Essen.
Im Jahr 1942 übernahm die Reichsbank alle bis dahin bestehenden elf deutschen Kassenvereine samt deren Wertpapiersammel- und Abwicklungsgeschäft.
Im Jahr 1949 wurden mit Ausnahme von der Bremer Börse an jedem deutschen Börsenplatz neue Wertpapiersammelbanken (Kassenvereine) in Form von Aktiengesellschaften (wieder-)gegründet:
- 29. Juni 1949: Norddeutsche Kassenverein A.G. in Hamburg[5]
1970 wurde der Deutsche Auslandskassenverein gegründet, deren Aktionäre die regionalen deutschen Kassenvereine waren. Am 29. Dezember 1989 fusionierten die sieben deutschen Kassenvereine zur Deutschen Kassenverein AG. Im Oktober 1997 wurde die Deutscher Kassenverein AG in Deutsche Börse Clearing AG umbenannt.
Durch die Fusion der Deutsche Börse Clearing AG mit der Abwicklungsorganisation Cedel International entstand dann Anfang des Jahres 2000 die Clearstream International S.A. mit Hauptsitz in Luxemburg, deren Anteile sämtlich von der Deutsche Börse AG gehalten werden.
Affären
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]2001
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Im Jahr 2001 mit der Veröffentlichung des Buches „Révélation$“ von Denis Robert und dem Ex-Clearstream-Mitarbeiter Ernest Backes wurde Clearstream beschuldigt, eine internationale Plattform für Geldwäsche und Steuerflucht über ein illegales System von Geheimkonten zu sein. Die Luxemburger Justiz hat eine Untersuchung durchgeführt und festgehalten, dass es keine Substanz zu derartigen Anklagen gab.
2004
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Im Frühjahr 2004 kam es zur „zweiten Clearstream Affäre“, die mehr Aufmerksamkeit erregte. Der Richter Renaud van Ruymbeke erhielt anonym Listen zugespielt, die sich mit dem Frankreich-Taiwan-Fregatten-Skandal auseinandersetzten und aus denen hervorgegangen sein sollte, dass mehrere französische Politiker Geheimkonten bei Clearstream hätten, darunter Nicolas Sarkozy, über die illegale Zahlungen abgewickelt worden seien. Der Richter stellte in der Untersuchung fest, dass die Listen gefälscht waren. Im Jahr 2006 erhoben die betroffenen Politiker Klage, woraufhin eine Untersuchung eröffnet wurde, die große Aufregung in der französischen Politik verursachte.[6][7] Drei Personen wurden im Januar 2010 verurteilt, Jean-Louis Gergorin, Imad Lahoud und Florian Bourges. Der Journalist Denis Robert wurde unter Berufung auf das Recht auf freie Meinungsäußerung freigesprochen.
Rechtsstreit um iranische Gelder
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Clearstream ist sowohl in Deutschland wie in den USA in einen Rechtsstreit im Zusammenhang mit dem US-Iran-Embargo verwickelt.
In dem US-amerikanischen Fall geht es um 2 Milliarden Dollar auf einem Konto bei Citigroup, die nach Angabe des US-Schatzamtes (US Treasury) aus dem Iran stammen sollen. Das U.S. District Court for the Southern District of New York hatte im Juni 2008 entschieden, dass dieses Guthaben eingefroren werden soll. Grund dafür ist eine Klage von US-Marinesoldaten, die 1983 bei einem Terrorangriff auf Kasernen in Beirut getötet oder verletzt worden sind.[8]
In dem vor deutschen Gerichten anhängigen Fall ging es um die Schadensersatzforderung einer iranischen Bank, die eine Niederlassung in München unterhält und deren über eine deutsche Volksbank verwaltetes Wertpapierguthaben Clearstream als Wertpapiersammelbank eingefroren hatte. Das Landgericht Frankfurt am Main hat die Klage der iranischen Bank erstinstanzlich abgewiesen, das Oberlandesgericht Frankfurt hat die hiergegen von der iranischen Bank eingelegte Berufung mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass das mit den Hilfsanträgen geltend gemachte Unterlassungsbegehren und der die Zinsen und Rückzahlungsbeträge betreffende Feststellungsantrag jeweils hinsichtlich der Wertpapiere mit inländischer Wertpapierkennnummer, sowie der Antrag auf Feststellung der Pflicht zum Ersatz weiterer Rechtsanwaltskosten derzeit unbegründet sind. Der Bundesgerichtshof hat das Berufungsurteil auf die Revisionen beider Parteien aufgehoben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Oberlandesgericht Frankfurt zurückverwiesen; der iranischen Bank ständen zwar keine vertraglichen Schadensersatzansprüche gegen die Wertpapiersammelbank zu, die Wertpapiersammelbank habe aber durch das Einfrieren der Wertpapiere das Eigentum und ein sonstiges Recht der iranischen Bank im Sinne des § 823 Abs. 1 BGB verletzt.[9]
Cum-Ex-Verwicklung
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Die ARD-Tagesschau berichtete am 27. August 2019 von staatsanwaltlich angeordneten Durchsuchungen der Geschäftsräume Clearstreams in Eschborn zwecks Beweismittelsicherung. Die Staatsanwaltschaft Köln veranlasste sie wegen hinreichenden Indizien für eine Verwicklung des Unternehmens in rechtswidrige Cum-Ex-Geschäfte. Der Pressesprecher der Deutschen Börse sagte dazu, das Unternehmen werde „wie in der Vergangenheit vollumfänglich mit den Behörden kooperieren“.[10]
Literatur
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Denis Robert, Ernest Backes: Das Schweigen des Geldes. Der Clearstream-Skandal. Pendo-Verlag, Zürich 2003, ISBN 3-85842-546-X.
- David Loader: Clearing, Settlement, and Custody. Butterworth-Heinemann, Oxford 2002, ISBN 0-7506-5484-8, (Operations Management Series).
- Jean-Pierre Thiollet, Beau linge et argent sale. Fraude fiscale internationale et blanchiment des capitaux. Anagramme édition, Croissy-sur-Seine 2002, ISBN 2-914571-17-8.
- David M. Weiss: Global Securities Processing. The Markets, the Products. New York Institute of Finance, Paramus, NJ u. a. 1998, ISBN 0-13-323965-9.
Weblinks
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- www.clearstream.com – Webpräsenz des Unternehmens
Einzelnachweise
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- ↑ a b c d Geschäftsbericht 2018. (PDF) In: deutsche-boerse.com. Abgerufen am 27. August 2019.
- ↑ Who we are. Clearstream, abgerufen am 19. Februar 2017.
- ↑ Aktie und Geschichte der Bank des Berliner Kassenvereins (PDF; 3 kB).
- ↑ Reinhold Adrian, Karl Friedrich Hagenmüller, Gerhard Diepen, Thomas Heidorn: Der Bankbetrieb, Seiten 312 ff.
- ↑ Historisches Archiv · Nr. 76 vom 29. Juni 1949 · Seite 11 ( vom 8. August 2014 im Internet Archive)
- ↑ Bernhard Schmid: Die Clearstream-Affäre. In: telepolis. 9. Mai 2006, abgerufen am 19. Februar 2017.
- ↑ Clearstream-Affäre: EADS-Manager in U-Haft. In: ORF. Abgerufen am 19. Februar 2017.
- ↑ Jay Solomon: U.S. Freezes $2 Billion in Iran Case. In: The Wall Street Journal. 12. Dezember 2009, abgerufen am 19. Februar 2017.
- ↑ Rechtslupe: Die deutsche Wertpapiersammelbank – und das US-amerikanische Iran-Embargo. In: Rechtslupe. 21. März 2025, abgerufen am 21. März 2025.
- ↑ Cum-Ex-Skandal Razzia bei Deutsche-Börse-Tochter. In: www.tagesschau.de. Abgerufen am 27. August 2019.